[Geschichte] Die Sterne über Dalaran

Melian

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OOC: Hallo lieber Buffies. Ich mag euch hier meine neuste Idee präsentieren, vor einigen Tagen ist sie mir beim Schwimmen in den Kopf gesprungen. Ich hoffe, ihr habt Spass am Lesen. Fortsetzung folgt. Ähnlichkeiten mit lebenden, toten oder imaginierten Personen/Chars sind nicht beabsichtigt - das hier ist reine Fiktion und basiert nicht auf tatsächlich geschehenem RP. Die Autorin weist auch noch darauf hin, dass das Ganze zeitlich gesehen ungefähr vor einem Dreiviertel bis einem Jahr spielt, also als der Turnierplatz noch relativ neu war, und der Sturm der Zitadelle kurz bevor stand. Auch möchte ich darauf hinweisen, dass ich mir Dalaran IC viel grösser darstelle, als es tatsächlcih enginemässig in World of Warcraft dargestellt wird. So, jetzt solls aber losgehen.

Sterne als Podcast: Kapitel 1.1



Die Sterne über Dalaran


Erster Abschnitt

Es war unüblich, dass die Sonne derart auf Dalaran niederbrannte, und die Temperaturen auf ein erträgliches Mass hochheizte. Seit die Magier der Kirin Tor unter der Aufsicht des obersten Magiers Rhonin die Stadt in den eisigen Norden Nordens überführt hatten, und sie dort über dem Kristallsangwald thronte, waren die Tage meistens eher frostig und die Nächste eiskalt. Selten schien die Sonne, doch wenn sie es tat, wärmte sie die Umgebung auf angenehme Temperaturen.

Ylaria Silbersang blickte in den Himmel, als sie wie üblich von der zweiten Nachmittagsstunde bis in den späten Abend Wachdienst schob. Neben ihr stand Verian Himmelswispern, der es sich zur Angewohnheit gemacht hatte, die Kunden zu mustern, die das Gasthaus „Zum gefeierten Helden" in der Silberbundzuflucht in Dalaran besuchten. Sie musste schmunzeln, als sie ihn dabei ertappte, wie er einen offensichtlich betrunkenen Menschen dabei beobachtete, wie der von seinem zwergischen Gefährten noch mehr besoffen gemacht wurde, und der ihm gleichzeitig mit immer abstruseren, halblegalen Wetten das Geld aus der Tasche zog. Allerlei Gestalten zogen während einem dieser belebten Nachmittage auf der Strasse vor ihnen vorbei, und sie hatten einfach die Aufgabe, zu sehen, dass niemand unbefugtes die Räumlichkeiten betrat, allen voran die Hordischen Geschöpfe. Sie schüttelte kurz den Kopf. Zum Glück waren diese gut zu enttarnen, denn ihre Körpergestalt und ihr teilweise arg strenger Geruch liessen kaum eine Tarnung je glücken. Selbst magische Tarnungen konnte die Quel´dorei gut durchschauen.

Sie zupfte ihren Wams zurecht, der das Zeichen des Silberbunds trug, und straffte sich. Es würde noch ein langer Nachmittag werden. „Verian", sagte sie zu dem Elfen, der neben ihr stand, und dessen silbrig-blonde Haare in der Nachmittagssonne schienen. „Hör auf, Leireth anzustarren und konzentrier dich". Links neben ihnen, vor dem Portalraum der Allianz, standen ebenfalls noch einmal zwei Wachen, eine davon war die hübsche Leireth, und Verian war hoffnungslos in sie verschossen, obwohl sie sein Werben deutlich, aber höflich zurückwies. Verian rollte mit den Augen, und blickte sie kurz an, dann wanderten seine Augen wieder über die Strasse, und er seufzte tief und etwas theatralisch. Ylaria seufzte ebenfalls. Das würde ein langer Nachmittag werden. Lang und nervenaufreibend. Sie konnte nur hoffen, dass Verian heute seine Schweige-Phase hatte, und sie nicht die ganze Zeit seinem Gequatsche zuhören musste.

Sie straffte sich etwas, und stellte den Stab, den sie trug, aufrecht vor sich hin.



XXXX​


„Herr Sonnenhoffnung, seid Ihr endlich soweit?"

Energisches Klopfen riss ihn aus seinen Gedanken. Natürliuch. Die Dienstmagd. „Gleich, gleich, Lady.. Ich bin noch am Packen", rief er und hoffte, man hörte es gut durch die Tür. Es war nicht einmal gelogen. Dairean liess seinen Blick durch den Raum schweifen. Auf dem etwas zu prunkvollen Himmelbett lagen seine wenigen Habseligkeiten, die er mit sich führte, zu einem Bündel geschnürt. Er würde es später bei Arille Azurlicht in Verwahrung geben, dem Verwalter des Zauberkastens, dem neutralen Gasthaus der Magierstadt Dalaran. Erneut blickte er kurz in den Spiegel, und strich sich über das Gesicht und belegte sein Gesicht mit einer kleinen magischen Illusion. Er grinste, als er sich selber nun aus strahlend blauen anstatt den üblichen, felgrünen Augen anschaute, dann durchquerte den Raum mit einem grossen Schritt. Er hörte, wie die Dienstmagd noch einmal an der Tür rüttelte, die – natürlich – versperrt war, und dann mit einem ziemlich wüsten Fluchwort ihr Aufgeben Kund tat. Dairean verzog sein Gesicht zu einem Grinsen, während er die diversen Waffen sorgfältig in diversen Teilen seiner Rüstung verstaute, die aus einfachem Leder und zweimal verstärktem und gefüttertem Stoff bestand. Er prüfte jede einzelne Schnürung doppelt, ebenso wie den Sitz der Waffen. Heute musste alles perfekt laufen. Den letzten Dolch schob er in eine dafür vorgesehene Halterung am Fussknöchel, die in den ledernen Stiefel hineinreichte. Von aussen kaum zu sehen, und eine perfekte Waffe, vor allem, da sie mit dem Gift einer Riesenspinne aus den Wäldern von Lordaeron eingeschmiert war. Lordaeron, murmelte er leise. Er korrigierte sich. „Silberwald". Als auch diese Waffe verstaut war, griff er zu seinem Meisterstück, einem magiegewobenen Umhang, der ihm einmal um den ganzen Körper reichte, wenn er wollte. Von einfachem, unscheinbarem Braun bedeckte er den Träger, und die Magie machte ihn zwar nicht unsichtbar, aber unscheinbar. Er war perfekt für sein Vorhaben. Die Kapuze konnte man tief ins Gesicht ziehen, und dennoch liessen sich zwei Aussparungen für die langen, elfischen Ohren öffnen, womit man ihn immer noch als Elf identifizieren könnte. Oder in seinem Fall als Quel´dorei. Er blickte auf das Bündel, welches immer noch auf dem Bett lag, und hob es hoch, schulterte es, und verliess endlich den Raum, den er sich für eine Nacht gemietet hatte. Als er es bei Arille Azurlicht abgegeben hatte, und versprach, später wiederzukommen, um es zu holen, dem weisshaarigen Elfen mehrere Goldstücke in die Hand drückte, trat er schliesslich aus dem Zauberkasten.

Er blickte hoch in die Sonne, und zog einen kleinen Beutel hervor, den er für diese Zwecke am Gürtelbund befestigt hatte, als eines der wenigen Dinge, die lose hinunter hingen, und nicht unbedingt einen festen Platz hatten. Er wanderte langsam und gemächlich, wie es die Bürger Dalarans taten, die Strassen hinunter und kurz vor dem Springbrunnen in der Mitte der Stadt hielt er inne, und rieb sich etwas von dem getrockneten Pulver aus dem Beutel auf das Zahnfleisch. Sofort tat seine Spezialmischung aus Blutdisteln und diversen anderen Kräutern seine Wirkung, und er fühlte sich berauscht, aber er hatte die Dosis sehr genau abgestimmt. Er war kein Distelsüchtiger, doch in manchen Situationen half ihm eine kleine Dosis des Krauts, klarer zu denken.

Er straffte sich, und dann führten ihn seine Schritte in die Richtung, in die er zu gehen hatte, um seinen Auftrag auszuführen. Die Sonne schien ihm in den Rücken, und er deutete es als gutes Omen. Die Sonne war ihm gnädig.

Er lächelte.



XXXXX​
 
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Nichts.. seit Stunden nichts Brauchbares. Dairean trank noch einen Schluck von dem furchtbaren Gesöff, welches sie hier als „Bier“ verkauften, und wunderte sich, wie die diversen Zwerge dies überhaupt aushielten, fernab vom eigenen Gebräu. Wobei er natürlich auch nicht wusste, ob sie den anderen Völkern vielleicht etwas von einem niederwertigen Fass ausschenkten, bloss um zu testen, wie weit sie gehen konnten. Quel’dorei waren hier nicht sonderlich beliebt, auch wenn der Silberbund und Rhonins Flittchen Vereesa eine Menge zu sagen hatten in der Magierstadt. Mit einem auffälligen Geräusch stellte er den halbvollen Krug wieder zurück an den Tresen. Er fuhr sich über den Mund, um einen imaginären Bierschnauz wegzuwischen und seufzte übertrieben laut „Aah...“, als ob er das Gesöff auch noch loben wollte. Dann stützte er die Ellbogen auf die dreckige Theke, und den Kopf in die Arme, und tat so, als würde er halb einschlafen. Doch in Wahrheit waren seine langen Ohren hochkonzentriert bei der Arbeit. Für alle sah er wohl aus wie ein einfacher Silberbundler, der gerade seine Freizeit versoff. Sollte ja vorkommen. Gut sichtbar, und gerade deswegen unscheinbar wie jeder andere Gast in der Schankwirtschaft sass er hier, und hatte gelauscht.

Dairean grinste leicht, und trank erneut einen Schluck des grässlichen Gebräus, als er die Ereignisse – oder sollte er sagen die Nicht-Ereignisse – des Nachmittags in seinem Kopf passieren liess.

Das Betreten des „Gefeierten Helden“ war ziemlich einfach gewesen. Ohne lang herumzudrucksen war er gemütlich, aber mit zielstrebigen Schritten von der Statue in der Mitte Dalarans bis hin vor das Gasthaus gegangen, und hatte es betreten, die Kapuze gerade noch weit genug im Gesicht, um nicht allzu viel zu verraten, aber nicht zu tief, um Verdacht zu erregen. Der Umhang um sich geschlungen, wie ein schützendes Schild, das einfache Graubraun deckte ihn zusätzlich. Er lächelte die weibliche Elfe leicht an, und grüsste gerade noch höflich, verschwand dann im Gasthaus. Er machte nicht den Anfängerfehler, sich verdächtigerweise in einen der eher dunkleren Nischen zu setzen, sondern suchte sich einen Platz an der Theke, wo er gut sichtbar war, und gerade dadurch unscheinbar. Aus gutem Grund konnte er so sein Gesicht von den meisten Gästen des Gasthauses abwenden, und würde so nur wenigen Leuten in der Erinnerung bleiben. Doch setzte er sich nicht direkt mittig hin, sondern etwas an der Seite, um nicht allzu auffällig zu wirken, sollte er dennoch einmal den Kopf heben wollen, um eine Person genauer zu mustern.

In den nächsten Stunden erfuhr er vom Verhältnis des Morgan Hammermeister, einem schwarzhaarigen, braungebrannten Menschen, dessen Akzent darauf hindeutete, dass es ihn aus Westfall hierher verschlagen hatte. „Man, ey.. die hat so einen Arsch, da kannste n Bierglas draufstellen, und s fällt nich runter, eh?“ Grinsend waren die Worte zu einem weiteren Menschen gesprochen worden, im Alter ungefähr 10 Jahre jünger, der kicherte wie ein Schuljunge. „Ich sags euch.. Evi Allenstein hats drauf, da kommt nich mal die Rote Spinne hin.“, grölte der glückliche Ehebrecher gerade, nicht bemerkend, dass die Gastwirtin, Marcella Blüher, soweit Dairean sich erinnerte, sich gerade zu ihrer Tochter hinab beugte, und mit ihr tuschelte, dabei auf Morgan deutend. Er unterdrückte ein Grinsen. Vermutlich wäre Morgan am nächsten Tage nur noch ein halber Mann, von der Strohwitwe zunichte gemacht. Oder die genannte Evi hatte etwas dagegen mit der grössten Bordellmutter Sturmwinds in einem Zuge genannt zu werden.

Er hatte von den Plänen der Gebrüder Flint und Gramsul Eisenbart gehört, die darüber sprachen, am nächsten Tage in die Sturmgipfel vorzudringen, auf der Suche nach Schätzen. „Ich sags dir, Flint, wir müssen da unbedingt hin. Die Forscherliga bezahlt kräftig Kohle und Met für so Schätze, die da zu Haufen rumliegen..“ Gramsul, der Ältere von beiden, dessen Bart soviel von seinem Gesicht bedeckte, dass man eigentlich nur noch die Nase aus dem krausen, rostroten Gewirre hinausschauen sah, schien der Wagemutigere von beiden zu sein. Flint putzte die meiste Zeit seine – wie könnte es anders sein – Schrottflinte, ein Kunstwerk zwergischer Herkunft, welchem man schon von weitem ansah, welchen Höllenlärm es machte, wenn man es betätigte, und brummelte nur ungehalten in seinen etwas weniger wuchernden, aber dennoch stattlichen und mit Zöpfen durchflochtenen Bart. Fast wäre ein Bierhumpen heruntergefallen, als Gramsul eine riesige Karte auf dem Tisch ausbreitete, und weiter schwafelte. Die Gnomische Bedienstete, die auf den Namen Inzi hörte, summte irgendwelche gnomischen Lieder, während sie die tische im oberen Stockwerk putzte, wo sie mittlerweile angekommen war. Dairean schien es, als wäre die Arbeit in einem Gasthaus endlos. Das kleine Geschöpf war auch schon um ihn herumscharwenzelt, und hatte mit einem Besen den gröbsten Dreck entfernt, und dabei der Bedienung hinter der Theke, einem gewissen Steven, immer wieder hübsche Blicke zugeworfen. Oder hatte sie nur begierig auf das Monokel gestarrt, welches der Mensch an seinem Hüftgurt befestigt hatte?

In der einen Ecke sass eine Lichtpriesterin, und sprach ununterbrochen Gebete, oder übte eine Ansprache. Auf jeden Fall klang das Ganze sehr gebetsmühlenartig zu ihm hin, wie sie das Licht lobte und pries, die Hände gefaltet, vor sich ein Pergament und ein Tintenfass inklusive Feder.

Dairean seufzte. Er hatte sogar die eine männliche Wache gehört, die immer wieder von einer Person namens Leireth anfing zu schwafeln, und höchst offensichtlich die Elfe, die neben ihm Wache stand, in den Wahnsinn trieb. Die Seufzer waren bis hierher zu hören. Diese Leireth musste eine wahre Heilige sein, so wie sie geschildert wurde.

Er hatte auch erfahren, dass die Truppenbewegungen im Norden sich vor allem auf den Aufbau des Turniers, der neusten Idee Fordrings, konzentrierten. Offenbar waren Befehle vom kürzlich zurückgekehrten Varian Wrynn nach Dalaran und in die Aussenposten gedrungen, man habe das Turnier unverzüglich und mit voller Kraft zu unterstützen. Ein etwas untersetzter, aber dennoch gut trainierter Mensch, der auf den Namen Simeon hörte, fluchte je mehr Alkohol seinen Buschigen Schnauzbart passiert hatte. Er war offenbar für eine Weile vom Dienst suspendiert worden, weil er den Alkohol zu sehr liebte, und dafür erwischt worden war.

Gerade herrschte im Gasthaus eine Aura der Stille. Es ging auf den Abend zu. Und noch immer hatte er nichts erfahren. Das alles waren Kinkerlitzchen, Vergnügungen für den Nachmittag, aber keine Ergebnisse. Weit und breit niemand, der sich die Zunge lockern liess. Er fluchte leise. Sein Auftraggeber wurde ungeduldig. Die Sonnenhäscher wurden ungeduldig.

Er sass hier nun schon den fünften Nachmittag in Folge, und mittlerweile betrachtete er das Ganze als grossen Unsinn.

Seufzend zählte er zwei Silbermünzen auf den Tisch, beide mit dem Bildnis des Ansirem Runenweber, dem Vorgänger Rhonins. Es war ein grosszügiges Trinkgeld dabei, dafür, dass das Bier wie Drachenfalkenpisse geschmeckt hatte.

Gerade als er aufstehen wollte, bemerkte er, dass offenbar Schichtwechsel bei den Wachen vor dem Gasthaus war. Pünktlich, so dass man sich eine gnomische Uhr danach richten könnte. Die eine Elfe betrat zusammen mit der männlichen, in Leireth verliebten Wache das Gasthaus, löste den imposanten, samtenen Umhang, und schmiss sich auf einen Stuhl, seufzte. „Ich schwör dir, Verian, ich dreh durch, wenn das so weitergeht. Soll das denn alle sein, immer nur dieses Gasthaus voller besoffenen und grölenden Taugenichtsen zu besuchen?“ Der angesprochene mit Name Verian zuckte nur mit den Schultern, und spähte zum Eingang. „Himmel. Sie wird sicher nicht herkommen...“, sagte die Elfe erneut, und strich sich durch das bis zum Ohr reichendende sonnengelbe Haar. Verian wurde leicht rot, brummelte ein „Hm... hm...“, und schaute plötzlich sehr interessiert seine Hände an. Die Elfe seufzte, und rief in Gemeinsprache nach etwas zu trinken. Die kleine Gnomin tippelte sofort mit zwei für ihre Grösse fast riesig anmutenden Gläsern zu den beiden Wachen ausser Dienst. „Danke Inzi“, sagte die Elfe, und lächelte die Gnomin an. „Bitte, Ylaria, es ist der beste Mondbeerensaft, direkt von den Nachtelfen gekl.. ich meine gekauft.“ Das Kichern des kleinen Geschöpfes klang perlenrein, und wie von einem kleinen Glöckchen. Ylaria schmunzelte, schob ihr eine Münze zu, und trank das Glas in einem Zug.

Dairean wandte den Blick nicht von ihr ab. Ylaria, wie die Elfe offensichtlich hiess, war eine schöne Frau, der die Stoffkleidung der Magierwachen des Silberbunds nur zu gut stand. Sie mochte um die 150 Jahre zählen, doch genau konnte man das bei den Kindern der Sonne nie genau sagen. Kinder der Sonne.. Er korrigierte sich. Die Augen der Elfe vor ihm leuchteten in einem strahlenden Blau, klar wie der Herbsthimmel, wenn er von Wolken befreit ist. Klar wie das Meer an der Küste des Immersangwalds. Klar wie die Springbrunnen auf dem Königlichen Markt Silbermonds. Dairean schüttelte den Kopf, und fluchte innerlich, dass er sich hatte ablenken lassen – und wie zu erwarten die einzigen interessanten Gesprächsfetzen nur halb aufgeschnappt. Er klinkte sich wieder ins Gespräch ein, und bekam gerade noch die Worte des Elfens namens Verian mit, der zu Ylaria sprach, offenbar besänftigend. „..weiss, wir können nicht wissen, ob sie uns auswählt, aber wir tun unsere Pflicht doch. Es wäre eine Abwechslung.. Sie hat von Arkanist Tyballin…“ „Du weisst doch nicht einmal, ob sie diesen Auftrag..“ „Unterbrich mich doch nicht, Ylaria. Arkanist Tyballin hat ihr den Auftrag gegeben, dem Gerücht nachzugehen. Sie wird sicher nicht allein losziehen.“ „Denkst du nicht Braedin ist für den Auftrag geeigneter?“ „Braedin ist doch für die Kämpfe um Tausendwinter verantwortlich. So schnell werden sie ihn da nicht abziehen, zumal es mittlerweile fast als Strafe angesehen wird, diesen Posten zu erledigen. Die Horde ist ziemlich angriffslustig, wenn es um die Ressourcen..“ Erneut wurde der Elf unterbrochen. „Langweil mich nicht mit diesem Geschwätz.. Ressourcenblabla.. Hrmpf..“ Sie schnappte nach Verians Glas, und trank es ebenso leer. „Wie dem auch sei. Braedin macht die stabilsten Portale, den werden sie sicher nicht schicken, um einem Gerücht nachzujagen.“ Verian schmunzelte. „Gerücht hin oder her.. Wenn es wahr ist, was man sich sagt, wird das eine Wende im Kampf darstellen.“ „Du glaubst doch nicht im Ernst, dass es wahr ist. Die Zwillingsklinge.. Lachhaft.“ Ylaria zuckte mit den Schultern. „Ich weiss es nicht. Aber lass uns hier nicht weiter darüber reden. Imenia wird uns schon unterrichten, wenn es weiter von Belang ist.“

Daireans Mundwinkel hob sich ein wenig, während er so tat, als betrachtete er interessiert den Barmann Steven beim Auswischen der Gläser mit einem sehr schmuddeligen Lappen. Konnte das die Spur sein, die er suchte? Er hoffte es. Es lohnte sich ihr nachzugehen, auch wenn es sein konnte, dass es schlichtweg dasselbe Gerücht war, welches auch die Sonnenhäscher erreicht hatte.

Die Zwillingsklinge, die Schwesterklinge. Quel´delar.



XXXX​
 
„Oh bei der gütigen Sonne, womit habe ich das verdient." Die Worte kamen leise über Ylarias Lippen. „Verian, jetzt komm schon.. Du hast sie definitiv genug angestarrt." Ylaria zupfte an Verians Ärmel, versuchte ihn dezent in die andere Richtung zu ziehen. Sie beide waren im östlichen Teil des Silberbundquartiers untergebracht, direkt angrenzend an den violetten Turm der Kirin Tor. Genau dorthin versuchte Ylaria Verian auch zu bewegen, aber der hatte bereits einen ganz anderen, törichten Entschluss gefasst. Verian hatte, nachdem sein erstes Glas von Ylaria ausgetrunken worden war, beschlossen, dem Alkohol zuzusprechen, obwohl sie ihn ermahnt hatte, das nicht zu tun. „Ein Glas, was kann das schon schaden..", fluchte Ylaria seine Worte vor sich hin, während Verian benebelt in die andere Richtung des Flurs blickte, wo er Leireth vermutete – und wo sie auch ziemlich sicher ihre Unterkunft hatte. „Lass mich zu meiner schönen Holden, sie erwartet mich im Scheine des Mondes und beim Plätschern des Brunnens", säuselte Verian eine Gedichtzeile des berühmten Dichters Sonnenfeder, wobei die Worte eher genuschelt unklar erklangen, als sie hätten sein können.
Die Hochelfen des Silberbunds hatten keine luxuriösen Behausungen, doch boten ihre kleinen Zimmer immerhin minimalste Privatsphäre für den einzelnen. Ylaria unterdrückte einen weiteren Fluch, als Verian sich an einem Wandbehang festhielt, was zeigte, wie genervt sie von ihm war. Sie fluchte sehr selten, schon gar nicht im Kampf, doch der sture Elf, der gerade intensiv in eine andere Richtung drängte, war ihr heute Abend zu viel. „Verian, hör auf, und komm. Sei vernünftig, wir haben morgen früh eine Truppübung mit Imenia, und du weisst wie streng sie ist. Du weisst doch, dass du das zwergische Gesöff nicht verträgst, warum hast du überhaupt getrunken.." Ohne Pause sprangen die Worte von ihren Lippen, als sie ihn weiter und weiterzog. Als sie beim zweiten östlichen Flur angekommen waren, hörte Verian plötzlich auf, in die andere Richtung zu drängen, und gab ihr einfach nach – was nur zur Folge hatte, dass sie das Gleichgewicht verlor, und stolperte, auf den Boden fiel. Verian krachte mit dem Kopf gegen die Wand, und sank benommen nieder. „Oh bei der gütigen Sonne, womit habe ich das verdient", seufzte sie zum zweiten Male an diesem Abend, hockte sich neben Verian, und versuchte ihn irgendwie aufzuheben. Wie zu erwarten war er ihr zu schwer. Zwei Finger ihrer Hand formten sich zu einem klauenähnlichen Gebilde, als sie etwas Wasser aus der Umgebung zog, es in ihrer Handfläche sammelte, und das Ganze Verian ins Gesicht klatschte. „Jetzt wach endlich auf, du sturer Bock", fast etwas verzweifelt klang ihre Stimme.
Verian prustete, öffnete die Augen. „Ja ja, ich komm ja schon", brummte er, und griff sich an den Kopf. „Du musst mir doch dafür nicht eins überziehen.." „Hab ich doch gar nicht, das war die Wand." „Die Wand.. mhm.. Ich mag zwar angetrunken sein, aber mir einen Drachenfalken aufbinden musst du dann doch wieder nicht.." Er musste kichern, und raffte sich hoch, sah nicht, wie Ylaria erneut die Augen verdrehte.
„Kann man euch helfen, Madame?", erklang plötzlich eine sonore Männerstimme von der Seite. Eine Gestalt war vor den beiden aufgetaucht. Sie sah einige wenige dunkle Haarsträhnen, die aus dem Kapuzenartigen Fortsatz des Mantels hervor lugten, der die Gestalt umhüllte. Die spitzen Ohren und das perfekt gesprochene Thalassisch, welches an ihre Ohren drang, liessen sie schlussfolgern, dass sie einen Elfen vor sich hatte. Sicher konnte sie sich jedoch nicht sein, denn in dem schwach ausgeleuchteten Flur erkannte sie nicht einmal welche Kleidung der Stoff hatte, der die Gestalt umhüllte. Irgendetwas hatte die Hälfte der Fackeln, die in den Fluren brannten, ausgelöscht. Oder war es nur der Wind gewesen, der die Ritzen der Stadt immerzu ausfüllte und sich durch sie verbreitete, selbst in die sonst so behaglichsten Quartiere? Die menschliche Bauweise der Stadt war definitiv nichts, was Dalaran zugute kam, besonders nicht im hohen Norden. Ylaria strich sich eine Strähne hinter das Ohr zurück, während sie vergebens versuchte, mehr zu erkennen. „Nun.. Ich möchte euch nicht aufhalten, der hier, " sie stupste Verian mit dem Fuss an, „der hier hat nur etwas.. zu viel getrunken. Eine Schande.." „Pff.. Schande.. ich wurde betrogen. Das war gar kein einfaches Bier", faselte Verian vor sich hin. „Scchhhttt", zischte Ylaria.
Der andere Elf blieb weiterhin in ungefähr zwei Metern Entfernung stehen. „Schande ist es nur, wenn man sich nicht weiss zu beherrschen," sprach er mit einem Lächeln, dann trat er näher, doch mied Ylarias Blick. Dann lud er sich ohne weiteren Kommentar Verian auf die Schulter, der nur kurz protestierte, und dann schwach die Arme baumeln liess. „Nun, sagt mir wohin ihr diesen unglückseligen Tropf haben wollt. Ich hoffe bloss, ihr habt einen Diwan oder ähnliches." „Einen Diwan..?" Kurz blickte sie verständnislos. „Ich denke, es wäre nur gerecht, würde der Herr heute nicht im Ehebett, sondern an einem anderen Orte schlafen.", sprach der Elf wieder mit sichtlichem Vergnügen in der Stimme. Ylaria erbleichte zuerst, dann wurde sie rot. „Hier lang", sprach sie, gleichzeitig die Richtung einschlagend.
Schweigend durchquerten sie einige weitere Flure, bis sie vor Verians Kammer stehenblieben. Sie öffnete die Tür mit einem Tritt – ein kaputtes Schloss konnte Verian verschmerzen – und trat in die einfache Kammer. „Legt ihn hier irgendwo hin, am besten auf das Bett. Andeutungen dieser Art, wie ihr sie vorher tatet, überhöre ich für gewöhnlich, aber ich kann euch versichern, dass sich dieses Individuum nicht mein Ehemann nennt. Wir sind bloss gut befreundet." Als der Elf Verian auf dem Bett niedergelegt hatte, schickte sie sich wieder an, das Zimmer zu verlassen. Als sie beide vor der lädierten Tür standen, setzte sie noch ein paar Worte nach. „Zu gut, denke ich. Aber danke Vielmals für eure Hilfe." „Nichts zu danken, Madame.", sprach der andere. „Auch wenn ich es natürlich alleine geschafft hätte.", fügte Ylaria noch hinzu. Ein leises Lachen erklang von ihrem Gegenüber, und sogleich stieg ihr erneut die Röte in den Kopf. Die ganze Situation war zu beschämend für sie, aber auch für Verian. „Natürlich", sprach der andere dann, und sie konnte klar die angedeutete Ironie in dessen Stimme hören. „Einen schönen Abend noch, Madame Ylaria". Er sprach die Worte, und noch bevor sie etwas sagen konnte, war er auch schon wieder verschwunden.
Erst später in ihrer eigenen Kammer, während sie sich die Haare auskämmte und sich für das Bett vorbereitete, wunderte sie sich darüber, warum er überhaupt ihren Namen gewusst hatte.



XXXX​


Er verschmolz mit den Schatten, und benutzte dabei die seinem Volke gegebenen Fähigkeiten. Viele Wesen verstanden sich darauf, sich unscheinbar zu machen, nur wenige konnten in den Schatten aufgehen, und ganz unsichtbar wurden nur die allermächtigsten Erzmagier. Für seinen Zweck genügte es, wenn er sich die Schatten zunutze machte, die sich neben dem Licht der Fackeln ebenso an den Wänden bildete. Kurz darauf huschte Ylaria an ihm vorbei, betrat einen weiteren Flur, der sie offensichtlich zu ihrem Quartier führen würde. Er war sich nicht sicher, was er sich dadurch erhofft hatte, ihr Hilfe anzubieten. Er zuckte mit den Schultern, während er ihr mit leisen Sohlen weiterhin folgte. Man konnte nie wissen, wie einem das Schicksal spielte. Er hatte nur Bruchteile einer interessanten Information erhalten, als er an diesem Abend weiter in der Taverne verweilte. Verian und Ylaria sprachen nichts weiter interessantes über die Gerüchte, auch schnappte er von keinem anderen Besucher etwas auf, was Ylaria zu seiner einzigen Bezugsperson für weitere Informationen machte, abgesehen von dem besoffenen Verian, der gerade in dem Moment aber zu kaum etwas fähig war.
„Gute Nacht, Lady Feuerblüte", erklang plötzlich Ylarias Stimme, an einer Tür, die geöffnet worden war für sie. Offenbar eine Art Versammlungsraum, konnte er doch Stühle und Tische erkennen. „Vergesst die Truppübung morgen nicht, Ylaria", erklang eine Frauenstimme als Antwort. „Natürlich nicht. Möge die Sonne euch scheinen, Offizierin." Ylaria zog sich nach den Worten offenbar zu ihrem eigenen Zimmer zurück. Gerade noch rechtzeitig konnte er sich hinter einem Kübel mit einer Pflanze verstecken, als die andere Elfe aus dem Versammlungsraum trat, und kurz innehielt. Sie spähte in dem schummrigen Flur hin und her, und ihre Ohren zuckten leicht. Dairean schmunzelte. Die Elfe, offenbar mit Nachname Feuerblüte, war sehr aufmerksam. Sofort hielt er den Atem an, und versteifte seinen Körper, dass der sich ich kaum mehr zu bewegte, aber dennoch gespannt genug war, um im Notfall aufspringen und weg sprinten zu können.
Lady Feuerblüte zuckte schliesslich mit den Schultern, und murmelte „Ich sehe schon Gespenster". Nur wenige Momente später erlosch das Licht im Versammlungsraum, und er hörte eine Tür zufallen. Er seufzte kurz. Für heute war seine Arbeit hier wohl getan, mehr würde er kaum herausfinden.


XXXX​
 
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An die von der Sonne gesegnete Durchlaucht Sonnenhäscher,

Melde untertänigst die Ereignisse der letzten Woche, wie üblich zu dieser Stunde. Wie ihr sicherlich schon erfahren habt, wird derzeit der grosse Kampfring errichtet. Die zweite Besucherebene ist nun fertig gebaut. Ich schätze, es wird nur noch wenige Wochen dauern, bis Fordring zu den grossen Turnierspielen aufrufen wird. Die Ladung Reittiere ist vor zwei Tagen mit der Orgrimms Hammer eingetroffen, doch sind einige Tiere noch unstet und werden gerade zugeritten. Sanitäterin Sonnenherz geht davon aus, dass die beissende Kälte dafür verantwortlich ist.
Von der Lieferung Lanzen waren drei defekt, doch wir konnten sie als Baumaterial verwenden. Das Zelt der Sonnenhäscher steht stabil und bereits haben sich die Vertreter der vier Städte eingerichtet, einige Helden, die sich im Turnier messen wollen, konnten bereits eingewiesen werden, und auf Aufträge geschickt werden. Selbstverständlich sind die derzeitigen Kämpfe nur Geplänkel.
Melde ebenso, dass vom Argentumkreuzzug ein Jormungarzwillingspärchen gefangen und auf den Turnierplatz gebracht wurde. Bitte um Bericht und Quellen zu diesen Wesen aus der grossen Bibliothek in Dalaran oder aus der ewigen Stadt, um die Kämpfer richtig darauf vorzubereiten.
Desweiteren ist der dritte Trupp angekommen, bezog bereits die Quartiere, und nahm ihren Dienst auf.
Einen weiteren Bericht lasse ich euch in einer Woche zukommen, verehrte Durchlaucht.

Es verbeugt sich euer Untergebenster Diener,
Magister Sonnental

Postskriptum: Es wurden Gerüchte laut von einem Relikt, einem mächtigen Artefakt, welches unter den Eisschichten Eiskrones aufgetaucht ist. Einem Schwert, wenn man den Gerüchten Glauben schenken sollte. Man munkelt sogar, es wäre ein uraltes Drachenschwert, ähnlich wie die Legende der „Hohen Klinge", die bekanntlich seit Jahrhunderten verschollen ist. Zumindest erfuhr man dies und vielerlei anderen Klatsch in dem Zelt, welches hier weitherum als Taverne bekannt ist. Werde dem nachgehen, sofern ihr es wünscht.


Erzmagister Aethan Sonnenhäscher hob kurz die Hand, und griff dann nach der Tasse, die durch die Luft auf ihn zugeschwebt kam, trank einen Schluck daraus. Der Tee war bereits erkaltet, und er seufzte leise. Er brachte mit ein wenig Magie die Flüssigkeit dazu, sich zu erwärmen, und trank dann noch einen Schluck, lächelte scheinbar zufrieden. Oder zumindest interpretierte Dairean dies so. Als er den ersten Brief zur Seite legte und nach dem zweiten griff, spürte er den Blick des Erzmagiers auf sich, und fühlte sich gemustert.

An die von der Sonne gesegnete Durchlaucht Sonnenhäscher,

Wie von Euch gefordert, konnte herausfinden, wo sich die Gerüchte konzentrieren. Lasst mich berichten, was unser Auge und unser Ohr herausfand. Unsere Nachforschungen konzentrieren sich auf ein Individuum, welches offenbar einen Fund in Eiskrone gemacht hat. Das Fundstück soll eine Art Schwertgriff darstellen, schon etwas ramponiert und verwittert, vom Eis geschliffen. Zu Gesicht haben wir das Besagte noch nicht bekommen, aber wie ich erfuhr, der Silberbund ebenfalls noch nicht. Ebenfalls konnte noch kein Blick auf das Relikt geworfen werden. Wir müssen von der Annahme ausgehen, dass die Gerüchte dazu da sind, die Stimmung für einen eventuellen Verkauf eines wertlosen Objekts voranzutreiben. Das Individuum, ein Menschliches Wesen geht hierbei ganz geschickt und gezielt vor. Ich lege es Eurer Durchlaucht zu Herzen, das Ganze zu vergessen. Man muss ziemlich sicher von einer Fälschung ausgehen.

Den wöchentlichen Bericht habe ich diesem Schreiben beigelegt.

Gezeichnet,

Magister Sonnental



Während er las, blieb Dairean still stehen. Nicht oft hatte er die Ehre, direkt Befehle vom Anführer der Sonnenhäscher zu bekommen, und so bemühte er sich nun um Manieren und Respekt.

Der Packen Briefe, der vor ihm lag war nicht gross, es waren nur vier Stück. Es war bei weitem nicht alle Korrespondenz aus dem hohen Norden, wie Sonnenhäscher vorhin erwähnt hatte. Magister Sonnental war in den hohen Norden beordert worden, um die Sonnenhäscher auf dem Turnier zu repräsentieren, doch diese hier waren die ersten und auch die einzigen, die Kunde taten von den Gerüchten, mit denen er sich derzeit beschäftigte

Er legte auch den zweiten Weg, und las schliesslich den dritten.

An die von der Sonne gesegnete Durchlaucht Sonnenhäscher,

Mit grossem Bedauern gebe ich bekannt, dass es uns nicht gelungen ist, die Verhandlungen mit dem Individuum voranzutreiben, und das Relikt, für das ihr euch so interessiert zu erwerben. Wir werden selbstverständlich weiterhin die Bemühungen vorantreiben, es zu erwerben. Desweiteren ist es mir leider unerlässlich, Euch zu berichten, dass unsere Recherchen den Silberbund aufmerksam gemacht haben, der nun seinerseits Nachforschungen anstellt – und wie ich kaum zu erwähnen wage – auch die Preise dieses üblen Subjekts in die Höhe treiben.

Den wöchentlichen Bericht habe ich der Schriftrolle beigelegt.

Möge die Sonne Euch scheinen.
Gezeichnet,
Magister Sonnental

Den letzten überflog er nur. Es kam nicht oft vor, dass er Korrespondenz von derartiger Wichtigkeit in die Finger bekam, doch diesen Brief hatte er damals zugestellt.

Eilmeldung:

An die von der Sonne gesegnete Durchlaucht Sonnenhäscher,

Melde gehorsamst und untertänigst von der Abreise des Individuums. Er geizte nicht mit seinem offensichtlichen Reichtum zu prahlen. Gehe davon aus, dass er für das Relikt bezahlt wurde. Eine Delegation Silberbundischer Magierwachen geleiteten das Subjekt nach Dalaran, dabei wurden teuerste Flugtiere gebucht. Schicke euch den Boten zu euch, hervorragender Spion. Ich hoffe, Eure Durchlaucht kann herausfinden, was es sich damit auf sich hat.

Gezeichnet,
Magister Sonnental.

„Nun, Sonnenhoffnung", sprach der Erzmagier dann, „Habt ihr etwas Neues herausgefunden?"

Dairean legte den vierten Brief zurück auf den Schreibtisch und hielt einen Moment inne. „Verzeiht, Erzmagister, doch dies war mir alles bekannt. Es ist auch nicht viel an Informationen, was Sonnental hier schreibt."

„Da habt ihr allerdings Recht", sagte Sonnenhäscher, und stand auf, trat zu einer Karte des Kontinents, welche an der Wand befestigt war.

„Ihr könnt die Briefe im Übrigen für euch haben, es sind sowieso nur Abschriften. Vielleicht helfen sie euch bei eurer Suche." Dairean trat neben den Erzmagister, betrachtete die Karte aus gebührendem Abstand. Es war eine fein gearbeitete Karte, der man ansah, dass sie viele Arbeitsstunden und auch einiges an Goldmünzen gekostet hatte.

„wie ich bereits vorhin erwähnt hatte, bevor ihr mir die Briefe in die Hand gegeben habt, habe ich einige Tage gar nichts erfahren, doch vor wenigen Stunden gelang es mir, eine Spur zu finden. Nun.." Er kratzte sich im Nacken. „Ich hoffe zumindest, dass es eine Spur ist. Ich belauschte zwei Wachen, die sich in der Taverne darüber unterhielten, dass Gerüchte an ihre Ohren gedrungen seien. Die gleichen Gerüchte, die wir auch verfolgen. Nun, sie redeten auch darüber, dass Arkanist Tyballin damit beschäftigt sei, und mutmassten, ob eine gewisse Imenia mit einer Expedition betraut werden würde."

„Imenia Feuerblüte. Eine der engen Vertrauten von Windläufer." Dairean zog bei der Erwiderung die Augenbraue hoch. „Interessant, das wusste ich nicht..."

„Sowas wisst ihr nicht, Sonnenhoffnung?" Ein leichtes Schmunzeln zeigte sich auf den Zügen des Erzmagisters. „Verzeiht, Erzmagister", Dairean konnte es sich nicht verwehren, dass seine Stimme etwas frostig wurde.

„Nein, entschuldigt euch nicht. Sie hat ihren Namen geändert. Früher hiess sie Morgenröte, weil sie einen Morgenrot geheiratet hatte, doch auch sie beging Verrat wie alle des Silberbunds. Und so löste sie sich auch von ihrem Ehemann, beziehungsweise von seinem Andenken, übernahm ihren Mädchennamen, den kaum einer mehr kennt."

Dairean nickte. „Denkt ihr, dass sie mit so etwas betraut werden wird?" „Gesetzt den Fall, wir nehmen hypothetisch an, dass dieser Schwertgriff tatsächlich das ist, was die Gerüchte munkeln, dass ihre uralten Inschriften tatsächlich alt sind, und nicht einfach durch Schwarzpulver und Säure eingeätzt sind, und dass der Silberbund tatsächlich im Besitz dieses derzeit noch als fiktiv zu betrachtenden Objekts ist..." Kurz holte der Erzmagister Luft nachdem er sich wieder in einen seiner für ihn üblichen Schachtelsätze verstrickt hatte. „Also.. kurz und gut. Ja. Sie würde damit betraut werden."

Dairean nickte. „Ich werde weiter dran bleiben und euch Bericht erstatten, Erzmagister".

„Ich erwarte es von euch. Ich kann nur noch einmal betonen, wie wichtig eure Arbeit ist, sowohl wenn sich die Gerüchte als falsch als auch als wahr erweisen. „

„Der Silberbund darf uns nicht zuvorkommen", sprach Dairean.

„Nicht nur das." Sonnenhäscher wandte sich ihm zu, und blickte ihn an. „Ich befehle euch ebenso, wenn sich die Gerüchte als unwahr herausstellen, und ihr euch dessen zu hundert Prozent sicher sein könnt, weiterhin an der Sache zu bleiben, und es zu bewerkstelligen, dass der Silberbund sich öffentlich blossstellt. Versteht ihr was ich meine, Sonnenhoffnung?"

Dairean strich sich mit Zeigefinger und Daumen der rechten Hand am Kinn entlang. „Hm.. Ihr meint also, den Silberbund blosszustellen, weil es einem Gespenst nachjagt, aber dies erst spät zu offenbaren?" „Korrekt", erwiderte Sonnenhäscher. „Und nicht nur das.."

„Lasst mich raten…Ihr wollt die Aufmerksamkeit des Silberbunds weiter auf diesem Relikt wissen, damit wir hinter ihrem Rücken einige Dinge tun können, die ihnen sonst auffallen?"

Sonnenhäscher schmunzelte. „Man sagt von euch, dass euch das Kraut das Gehirn vernebelt, aber mir scheint, dass es doch noch nicht so sehr gelitten hat. Sonnental gibt grosse Stücke auf euch, und ich scheine langsam zu begreifen, warum dem so ist."

Sonnenhäscher trat wieder zurück an den Tisch, und setzte sich, trank den letzten Schluck Tee.

Dairean verbeugte sich lächelnd. „Danke für diese Worte. Glaubt mir, Magister, selten sind die Dinge so, wie sie scheinen."

„Natürlich, natürlich. Aber wir wollen uns nun kaum in ein Gespräch von Illusionen und Intrigen vertiefen. Ihr könnt nun gehen. Alle weiteren Berichte werdet ihr Magister Hathorel zukommen lassen, wie bisher."

„Wie ihr es wünscht, Durchlaucht". Erneut verbeugte sich Dairean. „Ich wünsche eine Geruhsame Nacht. Shorel´aran."

„Shorel´aran."



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Als Imenia Feuerblüte sie anblickte, behielt Ylaria ihren wachsamen, doch starren Gesichtsausdruck bei. Sie erlaubte es sich nicht zu lächeln, denn dies entsprach nicht dem Respekt, den sie einer Vorgesetzten entgegenzubringen hatte. Sie neigte ihren Kopf, wie alle andern anwesenden Mitglieder des Silberbunds, die sich zu dieser frühen Stunde auf dem Trainingsplatz im Allianzquartier eingefunden hatten. Dann hob sie den Kopf wieder, und schlug sich leicht mit der Faust auf die Brust zum formellen Salut. Es mutete fast schon gespenstisch an, wie dies zeitgleich von allen Anwesenden getan wurde, doch die wenigen Wesen, die sich in der Nähe des durch Magie geschildeten und geschützten Trainingsplatzes aufhielten, waren sich so etwas schon gewöhnt. Ylaria wagte es nicht, sich umzusehen, sondern richtete ihren Blick aufmerksam auf Imenia, die den Gruss erwiderte, und mit klarer Stimme zu sprechen begann. Ihre Stimme war kräftig und sie wirkte gut gelaunt, doch konnte man bei ihr niemals wissen, ob es nicht vielleicht gespielt war. „Guten Morgen“, sagte die durchschnittlich grosse Elfe, und stemmte eine Hand in die Hüfte. Ihr selbst für eine Magierin erstaunlich durchtrainierter Körper wurde eingehüllt durch eng anliegende, und dennoch bequem anmutende Lagen von Stoff, die ihr perfekte Bewegungsfreiheit boten. Sie hatte – wie so viele Kampfmagier – bereits vor langer Zeit angefangen darauf zu verzichten, lange Roben zu tragen, sondern kleidete sich in Hosen und Lederstiefeln, eng anliegenden hochgeschlossenen Oberteilen, die mit einer weiteren Schicht Stoff und Watte ausgefüttert waren, welche als Schutz gegen eventuelle Dolchstiche, aber auch gegen die Kälte Nordends diente. Dicke Handschuhe und Schulterpolster komplettierten das Erscheinungsbild ebenso wie der dunkelblaue Umhang, der zusätzlich Schutz gegen Wind und Wetter bot, und der imposante Wams des Silberbunds. So wie Imenia trugen alle Anwesenden Silberbundler diese Art von Rüstung, auch Ylaria und Verian, der neben ihr stand. „Guten Morgen“, wiederholten die Anwesenden im Chor, und Ylaria riskierte einen kurzen Seitenblick zu Verian, der etwas zu spät einsetzte. Man sah ihm kaum an, dass er sich dem Alkohol hingegeben hatte, doch Ylaria kannte Verian zu lange, um nicht zu sehen, dass seine Gestalt etwas geduckter wirkte als an normalen Tagen, seine Stimme etwas belegt klang, und die Augen einen leicht rötlichen Schimmer hatten. Ebenso wirkten seine Haare ungekämmter als sonst, was er jedoch mit einem Haarband zu verbergen suchte. < Idiot >, dachte sie innerlich, als sie ihren Blick wieder auf Imenia richtete.

„Wir haben uns heut hier versammelt zur üblichen Truppübung. Nehmt eure Ausgangspositionen ein. Eskorte.“ Wie immer kam Imenia schnell zum Punkt. Die acht anwesenden Magierwachen, die unter Imenias Befehl standen, bewegten sich sofort und geschmeidig zu dem Punkt, den sie einzunehmen hatten, es mutete wie ein Spiel an. Beinahe gleichzeitig wurden acht Schutzschilde beschworen und ausgedehnt, so dass die acht in einem Oval angeordneten Magier eine einzige schützende Hülle umgab. Dann zogen die Magier ihre Waffen. Vier von ihnen trugen einhändige Schwerter, darunter auch Verian. Ylaria begnügte sich wie Leireth mit einem Dolch und einem langen, aus sehr robustem Holz gefertigtem und mit Magie verzierten Stab. Einer der Kampfgefährten trug einen mächtigen Zweihänder, und ein anderer trug ebenso wie Imenia einen Stab. Ein jeder konnte diese Waffen zu ihrem besten einsetzen, und damit die Magie unterstützen, die sie wirkten.

Langsam trat Imenia, die das Ganze von aussen angesehen hatte, zwei Schritte vor. „Gute Arbeit, und sehr präzise.“ Sie ging ein paar Schritte, und kam dabei an Ylaria vorbei, die die Zähne zusammenbiss. Gleich würde…

Sie hatte den Gedankengang noch nicht einmal beendet, als die Angriffe anfingen. Ein heftiger Energiestoss schlug auf das Schild ein, drohte es zu durchdringen. Sofort wurde der Schutzschild an der Stelle verstärkt. Ylaria sandte ihre Gedanken aus, wusste, dass sieben andere dies ebenso taten, um den Angreifer zu finden, der irgendwo lauerte. Noch bevor sie den ersten Angreifer gefunden hatten, spürte sie einen eisigen Blitz in dem Schutzschild einschlagen, der die Handschrift von Arkanist Tyballin trug. Verian neben ihr hob eine Hand, und beschwor in seiner rechten eine arkane Antwort, die er sogleich in die Richtung des Angriffs zurückschickte.

Weitere Zauber prasselten als Antwort auf den Schutzschild der acht Magier. „Vor“, gab Ylaria das Kommando, als sie sicher war, dass der Schild halten würde. Langsam bewegten sich die Acht in Richtung Imenia, die sich ans andere Ende des Platzes teleportiert hatte, mit einem leichten Schmunzeln auf den Lippen.

Die Angriffe wurden stärker, als sie ungefähr fünf Meter zurückgelegt hatten, immer darauf bedacht, die Mitte zu schützen, in der im Ernstfall wohl ein zu eskortierendes Ziel gewesen wäre. Ylaria biss die Zähne zusammen, und gab noch etwas mehr ihrer Magie in das Schild hinein, als es kurzzeitig an einer Stelle schwächelte. „ Bei allen Sonnen“, entfuhr es ihr leise. Es musste einige Arkanisten anwesend sein, um diese Übung so realistisch wie möglich zu gestalten, wenn die Intensität der Angriffe ein achtfaches Schild zum Schwanken bringen konnte.

„Ich kann es nicht mehr halten, Ylaria“, rief Tyradien, „bei mir sind die Angriffe zu stark“. „Übernehmen“, antwortete Ylaria, und nickte Leireth und Verian zu, die ihre Flanken darstellten. „ich schere aus.“

Mit diesen Worten speiste sie das Schild noch mit etwas Magie, dann trat sie aus dem Verbund heraus, erfasste blitzschnell die Lage, und schickte eine Salve arkaner Geschosse in die Richtung des hauptsächlichen Angreifers. Schweissperlen tropften ihr ins Gesicht, sie wischte einmal mit dem Ärmel drüber, während sie sich auf einen weiteren Zauber konzentrierte, und die Beschwörungen murmelte. Es kostete sie den Rest ihrer Kraft, und dann.

„Verflucht“, konnte man den Schrei von Tyballin hören, der erfolglos versuchte, die fünf Spiegelbilder Ylarias zu attackieren, die eine enorme Menge an fast wirkungsloser, aber extrem nervender kleiner Eisgeschosse auf ihn abfeuerten. An Konzentration für grössere Sprüche war nicht mehr zu denken.

Ylaria rannte, begleitet von einem der Spiegelbilder auf einen anderen Arkanist zu, und schlug ihm erfolgreich den Stab über den Kopf, während sie ihr eigenes Spiegelbild imitierend kleine Frostblitze verschoss.

Der getroffenen Arkanist sank gehorsam auf den Boden, und blieb sitzen, als Ylaria bereits weiterstürmte. Ihre Kraft sank, und die Spiegelbilder begannen zu flackern, bald erloschen sie ganz. Doch es reichte schon. Das Manöver hatte wunderbar funktioniert, und mit wenigen Schritten erreichte sie die Gruppe Magier wieder, die mittlerweile fast Imenia erreicht hatten. Sie gliederte sich wieder ein, und zog ihre Schilde hoch, vereinigte sich mit dem grossen Schild.

„Gute Arbeit“, flüsterte Verian, und lächelte sie an. Ylaria nickte nur, für weiteres fehlte ihr der Atem. Der Rest erledigten die anderen, die die verbliebenen Angriffe mühelos abwandten, nachdem die Intensität gebrochen worden war durch Ylarias Ablenkungsmanöver.

„Neu formieren, Frontale Verteidigung“, schnitten Imenias Worte durch die Luft.

Die acht Magier stellten sich in einem Halbkreis auf, gaben vor, dass Imenia der Angreifer war. In dieser schützenden Position blieben sie stehen.

Imenia klatschte in die Hände. „Übung beendet. Ihr habt gut gekämpft, und bewiesen, dass ihr immer noch eine eingespielte Gruppe seid. Weiter so. Ruht euch eine Stunde aus, bevor ihr wieder euren Pflichten nachgeht. Und vergesst nicht eure Meditation.“

Sie verbeugten sich alle, und zerstreuten sich. Auch Ylaria wollte sich anschicken, den Platz zu entfernen, als Imenia vor sie trat. „Gut gemacht. Gut habt ihr dies gemacht, und auch du hast mich nicht enttäuscht, Ylaria“, sagte Imenia. „Du wirst dich heute Abend im Besprechungszimmer einfinden. Ebenso.. Du.. und du.. Euer Dienst ist für heute gestrichen.“, dabei zeigte sie auf Leireth und Verian. „Wie ihr es wünscht, Arkanistin Feuerblüte“, erwiderte Ylaria, und verbeugte sich noch einmal.

Verian knuffte sie in die Seite. „Ich glaub, das haben wir grad gut gemacht.“, grinset er. „Idiot“, erwiderte Ylaria. „So liebevoll?“, feixte Verian. „Du bist echt.. ich weiss nicht.. am Vortag noch trinken, und heute den grossen Macker spielen oder was?“, erwiderte Ylaria, und ihre Stimme klang etwas erbost. „Tut mir leid Täubchen“, Verians Seufzen klang echt. „Ich wusste wirklich nicht, dass das so stark war.. Ich weiss nicht einmal mehr, wie ich ins Bett gekommen bin, ehrlich. Aber danke, dass du mir grad den Arsch gerettet hast.“ „Pff“, entfuhr es Ylaria. „Tut mir echt leid.. wirklich.. Eigentlich müsste ich Feuerblüte sagen, dass ich nichts tauge.“ „Jetzt spiel nicht den Helden“, murmelte Ylaria, und blickte zur Seite. „Spendier mir einen Saft, und gut ist.. Oder noch besser, übe mit mir noch etwas den Schwertkampf, du hattest es versprochen.“

„Schwertkampf? In meinem Zustand..?“ „Ach komm schon, du hattest es..“ Leireth trat vor die beiden, und lächelte. Ylaria unterbrach ihren Satz. „Ylaria, gute Arbeit heute“, erklang Leireth liebliche Stimme. „Ich danke dir für die Unterstützung“, sagte Ylaria. „Ohne deine und Verians Hilfe hätte ich den Ausfall nie wagen können.“ „Wir schätzen alle deine Fähigkeiten, und würden dich jederzeit unterstützen. Ausserdem.. Jetzt ist Feuerblüte auf mich aufmerksam geworden.“ Leireth schmunzelte. „Ich schulde dir was.“

Verian öffnete und schloss den Mund wieder wie ein stummer Fisch. Der Anblick war fast zu komisch. „Ach.. nicht doch..“ „Wollt ihr beide etwas trinken? Ich lade euch ein“, sprach Leireth, und blickte Ylaria an. „Ich ehm.. wollte eigentlich..“ „Natürlich kommen wir sehr gerne etwas trinken, Leireth“, fuhr ihr Verian dazwischen, die Augen konnte er kaum abwenden von der Elfe. „Aber Verian..“, seufzte Ylaria. „Ylaria-Schätzchen, wir können auch heute Nachmittag trainieren, komm doch mit uns mit...“ Den letzten Satz warf Verian ihr etwas halbherzig vor, und blickte sie durchdringend an. Ylaria seufzte erneut und sprach mechanisch: „Nein. Geht ihr beide nur. Ich trainiere jetzt noch etwas.“ Verian grinste, und als Leireth sich mit einem Nicken abwandte, flüsterte er ihr noch zu: „Danke, Süsse“, und eilte dann hinter Leireth her.

Ylaria strich sich den Schweiss vom Gesicht, und tapste auf eine der einfachen steinernen Bänke, die an der Seite des Raumes standen für eventuelle Zuschauer, die sich auch am heutigen Morgen zur Genüge eingefunden hatten.

„Elender, alter, sturer, notgeiler Bock“, fluchte sie, ein zweites Mal innerhalb einem ganzen Tag, und war froh, dass sie niemand hören konnte. Oder zumindest hatte sie es gedacht.

Neben ihr raschelte es.

„Ich hoffe doch, ihr meint damit nicht mich, Madame“, sagte Dairean mit einem Schmunzeln, und trat aus einer Nische hervor, setzte sich ungefragt neben sie auf die Bank.

„Beeindruckende Vorstellung, muss ich schon sagen.“



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Imenia liess sich auf einen Sessel im Besprechungszimmer fallen, während sie sich gleichzeitig mit der Hand über das Gesicht wischte. Es mochte nicht den Anschein gehabt haben, aber sie hatte einen Grossteil der Angriffe koordiniert und geleitet, was sie eine Menge Kraft gekostet hatte. Nicht weniger erschöpft war auch Arkanist Tyballin, der sich neben ihr niedergelassen hatte, und der dankbar nach einem Glas leichten Mondbeerensaft griff, welches von einer kleinen Gnomin eingeschenkt worden war. Imenia griff nach einem Glas für sich selber, und schenkte ein, blickte Tyballin dabei grinsend an. „Sie waren gut. Komm schon, das musst du zugeben...“

Tyballin sagte eine Weile nichts, während er sein Glas in grossen Zügen trank. „Hm.. hm.. sie waren. ausbaufähig“. Sein Gesicht wirkte ernst. Imenia rollte mit den Augen, und knuffte den anderen in die Seite. „Hee...“, ein leichtes Grinsen zeigte sich auf den sonst so ernsten Zügen des Arkanisten. „Du weisst ja. Zuviel Lob verweichlicht. Aber ja, du hast Recht. Sie waren gut.“ Er schenkte sich nach, und blickte Imenia an. „Vor allem die eine junge Elfe.. wie war ihr Name? Silbersang.. Sie hat erstaunliche Eigeninitiative gezeigt. Hab selten solche perfekten Spiegelbilder gesehen. Noch etwas Saft?“ „Ja, danke sehr“, erwiderte Imenia, und hielt ihm ihr Glas hin. „Das stimmt. Sie ist eine hervorragende Illusionistin, auch wenn sie auf dem Bereich der Angriffszauber noch etwas zulegen muss. Ebenso kann sie sich kaum mit Waffen verteidigen.“ Tyballin nickte.

Eine Weilte genossen sie die kühle Luft, die in den festen Steinmauern vorherrschte, der erfrischende, leicht prickelnde Geschmack des fruchtigen Getränks und die Ruhe, die im Raum vorherrschte. Dann erhob Tyballin wieder die Stimme. „Die Entscheidung wurde getroffen, Imenia.“ Sie blickte ihn an, und hob ihr Glas erneut zu den Lippen. Ihr Herz begann zu klopfen, doch sie liess sich kaum etwas anmerken. „So ist es. Ich habe das Artefakt eine Weile studiert.“ „Ist es...“, sie beendete den Satz nicht. „Ja. Es ist echt. Ich weiss noch nicht, auf was die Runen und Inschriften hinweisen, aber es ist von beachtlichem Alter, das ergab die magische Untersuchung.“

Imenia stand auf, und löste den Umhang von ihren Schultern, befreite sich von einigen weiteren schützenden Stoffschichten, die nun nach dem Kampf nicht mehr nötig waren. „Ein magisches Artefakt, einer Waffe ähnelnd, oder zumindest der Griff.. und sowas ist in Eiskrone?“, sprach sie, während sie die Stoffrüstungsstücke auf einem dafür vorgesehenen Ständer drapierte. Später würde die gnomische Bedienstete sie zu Shandy Lackglanz bringen, dem Vorsteher der Wäscherei. Auch in Kriegsgebieten wurde eine Wäscherei benötigt. Bei dem Gedanken schmunzelte Imenia, doch wurden ihre Gedanken unterbrochen. Arkanist Tyballin stand ebenfalls auf, und streckte seine Arme aus, es knackste unangenehm. „Was es da macht, konnten wir nicht herausfinden. Aber du darfst nicht vergessen, dass durch die Entstehung der Geissel so einiges in Unordnung geraten ist auf Azeroth. Dinge sind da, wo sie nicht sein sollten, und wurden von dort entfernt, wo sie sein sollten. Selbst Personen findet man an Orten, wo man sie niemals vermutet hätte. Und Taten, die man früher für undenkbar gehalten hat, sind plötzlich möglich. Denk nur an Fordring, der aus dem Nichts und er Verbannung aufgetaucht ist.“ „Fordring und das heilige Licht – möge es uns allen gnädig sein – das ist wahrlich eine Sache für sich, du hast Recht.“

Arkanist Tyballin entfernte nun selber einige Stücke seiner Rüstung, und stellte das mächtige Zweihandschwert in einen Waffenständer in einer Ecke. Den Wappenrock des Silberbunds legte er sorgfältig zusammen, nachdem er überprüft hatte, ob er einen Riss oder dergleichen hatte. „Der Mensch, der uns das Artefakt verkaufte, wollte nicht herausrücken mit der Sprache, woher er es hatte. Aber du hast ihn ja gesehen. Er gehört keiner bekannten Fraktion an, und zählt wohl zu der Sorte Abenteurer und Schatzsucher, die den offiziellen Kampftruppen immer einen Schritt zurück am Hinterteil kleben.“ „Oder noch schlimmer.. Einen Schritt voraus sind, und alles behindern“, murmelte Imenia. Auf Tyballins Gesicht schlich sich ein angedeutetes Schmunzeln. „So ist es. Ich schätze fast, er gehört zu der zweiten Sorte. Er besitzt einen fast kälteimmunen Greifen von den Zwergen im Schattenmondtal, der in einer Stunde normalerweise 30 Kilometer und mehr zurücklegt, und dessen Gleitflug fast unhörbar ist.“ „So etwas eignet sich hervorragend für.. Schatzsuchereien, hm?“ „Exakt. Ich vermute, er ist weit in die Eiskrone vorgedrungen, und hat nicht gescheut, Untote zu bekämpfen. Vielleicht war er auf der Suche nach Bodenschätzen, nach besonderen Artefakten, oder er hat sich in den Vrykulsiedlungen herumgetrieben.“ Tyballin setzte sich wieder auf den Stuhl und blickte Imenia an, die sich auch wieder zu ihm gesellte.

„Und, was gedenkt der Silberbund nun zu tun?“ Tyballin schwieg einen Moment, während er sich in seinem Bärtchen herum zupfte, welches ebenso von einer hellblonden, fast weisslichen Haarfarbe war wie sein Resthaar. Schliesslich sprach er. „Ich habe mich mit Leutnant Windläufer unterhalten, sie gewährte mir eine kurze Audienz. Offenbar ist das Thema doch wichtig genug, und genau dies macht mir zu schaffen. Der Bericht, den ich ihr geschickt habe, hat sie offensichtlich neugierig gemacht. Sie befahl mir, geeignete Leute für eine Expedition zusammenzustellen, die dem ganzen nachgeht. Nur.. Ich habe keine Ahnung, wo ich euch hinschicken sollte.“

Kurz stolperte Imenias Geist noch über das Wort „euch“, doch sie hakte nicht nach. „Gibt es denn niemanden, der uns etwas über dieses Ding erzählen kann?“ Tyballin schaute sie eine Weile an, dann lächelte er. „Doch, habe ich. Und du hast mich gerade auf eine Idee gebracht, Imenia.“ Imenia lachte leise. „Na dann..“

„Die ganze Form des Griffs erinnert mich an eine Zeichnung, die ich vor Jahren in einem Uralten Werk in der Bibliothek der ewigen Stadt gesehen habe. Du erinnerst dich sicher an die Legende von der Hohen Klinge, Quel´serrar in unserer Sprache, und deren Zwilling, Quel´delar.“

„Natürlich. Jeder kennt die Legende von Quel´delar, und wie es jahrhundertelang weitergereicht wurde. Doch es verschwand mit dem letzten Träger Thalorien Dämmersucher.“

„Das ist unbestritten. Doch das Artefakt muss irgendwas damit zu tun haben. Denn – wie ich schon sagte – die Inschriften und die ganze Machart.. Sie erinnern mich an ein Bild der Schwesterklingen, die ich in einem Buch sah.“

Imenias Mund fiel nach unten, sie starrte den anderen regelrecht an. „Du willst aber nicht sagen, das...“ „Ich weiss es nicht. Niemand weiss es. Deswegen müssen wir herausfinden, was es sich mit diesem Schwertgriff auf sich hat.“ „Aber das ist doch unrealistisch. Selbst wenn es Quel´delar wäre.. Was würde es in Eiskrone tun? Dämmersucher ist tot. Begraben. Auch nicht wiederauferstanden..“

Tyballin stand auf. „Wie ich dir bereits vorhin sagte.. Es ist so einiges in Unordnung geraten in Azeroth.“ Er lächelte sie an. „Ich werde mich nun um andere Dinge kümmern. Du hast hiermit die Aufgabe, dir die besten zwei oder drei Magier auszusuchen, denen du eine Expedition in die Drachenöden zutraust.“ „Die Drachenöden?“ „So ist es. Dein erstes Ziel ist der Wyrmruhtempel. Hoffen wir, dass dir die ehrenwerten Drachen eine Audienz gewähren. Wenn jemand etwas weiss.. Dann sie. Egal welcher von ihnen.“ „Drachen“, hauchte Imenia, und ihre Augen wurden noch etwas runder. „Klapp den Mund zu. Hast du noch nie einen gesehen?“ „Ich hatte.. Ich hatte niemals die Ehre, mit einem dieser ehrwürdigen Wesen zu sprechen“, entgegnete Imenia, und schluckte.

„Wie gesagt. Zwei bis drei tüchtige Männer und Frauen. Nimm diese Silbersang mit, die taugt was. Wir werden euch wohl noch einen Priester der Kirche des heiligen Lichts und einen Haudrauf in Platte mitgeben, eventuell wäre ein Schütze auch nicht schlecht. In einigen Tagen werdet ihr aufbrechen, ja?“

Imenia nickte gehorsam. „In Ordnung, Tyballin.“

„Ich lasse dir weitere Informationen zukommen. Auf bald. Möge das Licht dir gnädig sein.“ Tyballin salutierte kurz, und Imenia verbeugte sich.

Und sie liess sich das zweite Mal innerhalb weniger Minuten auf einen Stuhl fallen. „Drachen...“, murmelte sie. „Quel´delar.. Artefakte.. Bei der Güte des Lichts.. Wo bin ich hier nur hineingeraten?“

Ihre Fingerspitzen kribbelten und ihr Herz pochte wie wild.



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Seine Lippen lächelten, als sie errötete und zur Seite blickte. Seine Augen blickten jedoch so scharf und wachsam wie immer. „Verzeiht“, murmelte sie, während ihre langen, schlanken Finger über ihre Wangen rieben. „Ich hatte damit natürlich nicht euch gemeint.“ Nun musste Dairean ehrlich schmunzeln. „Ich weiss.“ „Wie..?“ Sie blickte ihn erstaunt an. „Ich habe eure Unterhaltung mitbekommen“, entgegnete er. „Oh.“ Ihr Mund öffnete sich und sie komplettierte somit den erstaunten Ausdruck, der bereits auf ihrem Gesicht lag. Dann fing sie sich. „Schätze, wir waren wohl etwas laut.“ Mit den Worten wischte sie sich etwas Schweiss vom Gesicht. „Ich muss euch einfach fragen; Nach dieser Vorstellung müsstet ihr doch müde sein. Warum möchtet ihr noch weiter trainieren?“ Er gab sich Mühe, seinem Gesicht einen interessierten Ausdruck zu geben, den er wohl brauchte, damit sie seine Fragen beantwortete. Und siehe da, sie lächelte. Es funktionierte. Sie veränderte ihr Gewicht im Sitzen etwas, so dass ihr Körper ihm etwas näher kam. Vermutlich bemerkte sie dies nicht einmal selbst, aber seinen geübten Augen fielen solche Dinge auf, ebenso wie ihr Griff in ihr Haar, um es zurecht zu zupfen.

„Stimmt, ich bin recht erschöpft, aber diese Erschöpfung bezieht sich vor allem auf meine magische Energie“, antwortete sie ihm, und ihre Stimme klang dabei langsam wieder normal, ebenso wie ihre Wangen, die wieder ihre normale Farbe angenommen hatten. „Mmh“, brummte er nur, und wirkte weiterhin interessiert. „Ihr habt damit keine Erfahrungen?“, fragte sie.

„Ich bin kein Magier. Es ist nicht so, dass ich gar keine Magie ausüben könnte, aber ich beschränke mich auf das übliche.“

„Das Übliche?“

„So ist es.“ Er wandelte auf gefährlichen Pfaden. Selbst nach dem Verrat ihres ehemaligen Prinzen, und der daraufhin erfolgenden Verseuchung durch die Fel-Kristalle übten die Sin´dorei, die Kinder des Blutes, immer noch den Gebrauch der Magie, und das durchaus oft. Es war für die meisten Vertreter seines Volkes üblich, sich mit kleinen oder grösseren magischen Tricks selbst zur Hand zu gehen, und wenn es nur eine schwebende Teetasse war. Seine Recherchen in Bezug auf die verhassten Quel´dorei hatten ihn leider nicht allzu viel weiter gebracht, denn die meisten, die er beobachten konnte, waren tatsächlich ausgebildete Magier, von denen sich in Dalaran – wie zu erwarten war – viele herumtrieben. So wusste er nicht, wie weit das Einsetzen der Magie für alltägliche Dinge überhaupt noch als angemessen betrachtet wurde. Er wusste nur, dass das achtlose Anwenden von Magie zumindest unter den neuen Verbündeten der Allianz, den Nachtelfen, absolut nicht gerne gesehen wurde. Auch die Zwerge konnten sich selten damit anfreunden, wenn jemand übermässig viel Magie benutzte. Die Gnome und die Menschen jedoch experimentierten selber oft genug mit Magie, und waren deutlich aufgeschlossener.

„Nun, das klingt interessant. Was versteht ihr denn unter dem Üblichen?“ Sie blickte ihn an und riss ihn somit aus seinen Gedanken. Er fuhr sich einmal über das glattrasierte Kinn, bevor er sich entschloss, die Frage in eine andere Ebene zu lenken. „Hauptsächlich verstärke ich damit die Festigkeit meiner Waffen. Ab und zu sorge ich auch dafür, dass eine Klinge etwas mehr Schwung erhält.“ Selbst die Waldläufer benutzten Magie, um ihre Pfeile zu verstärken, also hoffte er, dass seine Aussage ihn nicht verraten würde. Gleichzeitig legte er die Hand auf das einhändige Schwert, welches er geistesgegenwärtig noch mitgenommen hatte.

„Ohh“, ihre Augen funkelten, und er wusste, dass er das Richtige getan hatte. Innerlich atmete ihr auf. „ihr kämpft mit Schwertern?“ „So ist es.“ „Ich frage mich“, sie brach den Satz mittendrin ab, und kaute auf ihrer Unterlippe herum. „Hmm?“, kam es fragend über seine Lippen, obwohl er bereits wusste, was sie wollte. „Ach.. nichts..“ Sie blickte zu Boden, dann fuhr sie sich durch das kurze Haar.

„Ich sagte bereits, dass ich die Auseinandersetzung mit eurem Freund mitbekommen habe. Und auch, dass ihr Ihn..“ „Er ist nicht mein Freund“, fiel sie ihm erbost ins Wort. „Ich habe auch die Beschimpfungen mitbekommen. Gestern und heute.“ Wie auf ein Stichwort hin errötete sie ein zweites Mal. „Ach, jetzt weiss ich auch, warum mir eure Stimme so bekannt vorkommt.“ Er schmunzelte und senkte höflich den Kopf. „Stets zu Diensten, M´lady“

„Ich kann nur noch einmal betonen, wie es mich betrübt, dass ihr so etwas mitbekommen habt, Herr.. Herr.. ehm.. Verzeiht.. ?“

Er grinste. „Es gibt nichts zu verzeihen. Ich hatte mich gestern Abend nicht vorgestellt.“ Sie atmete auf. „Nun dann.. ehm.. mein Name ist Ylaria Silbersang, ich bin Angehörige des Silberbunds. Aber.. ach.. das habt ihr ja sicherlich grad eben gesehen.“ Sie zupfte an ihrem Wams herum, der in Hellblau und Weiss das Symbol des Bundes trug. Er liess etwas Respekt für das uralte Geschlecht der Silbersangs in seine Stimme mit hinein fliessen, als er die angemessene Antwort sprach: „Angenehm. Mein Name ist Leyan Sonnenhoffnung. Es freut mich sehr, eure Bekanntschaft zu machen, Ylaria Silbersang.“ Er hatte lange überlegt, wie er seine Tarnung perfektionieren konnte. Was er sagte, war nicht einmal gelogen. Ein Teil von ihm war tatsächlich Leyan. Sein Körper glich bis auf einige winzige Details wirklich einem Elfen namens Leyan Sonnenhoffnung, der dasselbe Fleisch und Blut gewesen war wie Dairean, der dieselben Ideale gehabt, die selben Freunde, ja sogar dieselben Gesichtsausdrücke gehabt hatte wie sein Zwillingsbruder Dairean. Gerade deswegen hatte man bereits früh den Nutzen Daireans erkannt, und setzte ihn regelmässig in seiner zweiten Identität ein, um Dinge zu erfahren, die er sonst niemals hätte erfahren können. „Sonnenhoffnung“, hauchte sie. „Aber sind diese nicht alle zu Verrätern geworden?“ Es war schon fast beängstigend, wie Ylaria getreu dem nicht vorhandenen Skript folgte, und ihm die Fragen stellte, die er gut beantworten konnte. Es hatte auch zur Verschleierungstaktik gehört, dem Zwillingsbruder Leyans innerhalb der Sin´dorei einen Ruf eines unbarmherzigen und treuen Diener Silbermonds zu geben, der den Idealen der Blutskinder nachhing, ohne sie in Frage zu stellen.

„Nicht alle“, erwiderte er, und liess seine Stimme einen Hauch höher werden, um Emotionalität anzudeuten. „Ich habe diesen Weg niemals als meinen angesehen“, sprach er schlicht, und blickte dabei weg. „Das tut mir sehr leid. Muss sicher schrecklich sein, seine eigene Familie unter den Verrätern zu wissen.“ Er nickte nur, und biss sich leicht auf die Zunge, um keinen schnippischen Kommentar abzugeben. < Du hast eine Mission, also konzentrier dich >, sprach er zu sich selbst.

„Verstehe. Nun, es freut mich ebenso, eure Bekanntschaft zu machen“, erwiderte sie, und lächelte ihn an. „Kopf hoch, das wird schon wieder. Ich bin mir sicher, dass diese Verräter die Strafe ereilt, die sie verdienen.“ Er nickte erneut, und schluckte einen Kloss hinunter. In diesem Moment war er sehr froh, dass er es in den letzten Jahren geschafft hatte, beinahe jede Regung seines Gesichts unter seine Kontrolle zu bekommen, ebenso wie seine eigenen Gefühle. Wenn Ylaria gewusst hätte, dass er sie am liebsten geschlagen hätte für ihre Aussage, wäre seine Mission wohl sofort gescheitert.

Wie konnte es diese hochelfische Schlampe eigentlich wagen, so über sein Volk zu sprechen? Sie war doch die Verräterin.

Dairean erhob sich plötzlich, die Hand immer noch auf dem Schwertknauf, und wischte sich in bester schauspielerischer Manier über die Augen, drückte mit dem Daumen einmal kurz auf seine Augäpfel, bis Sterne vor seinen Pupillen tanzten. Dann blickte er zu Ylaria. „Danke für eure Worte, ihr seid wahrlich eine edle Dame.“ Sie lächelte. „Wenn ihr möchtet, kann ich euch gerne etwas die Kunst des Schwertkampfes nahebringen, als Revanche.“

Ihre Augen weiteten sich. „Das.. das würdet ihr wirklich tun? Also.. ehm..“ Sie rieb sich die Nase, und ihr Blick wanderte zu seinem Schwert. „Ich würde natürlich sehr gern.. Ich meine.. Aber.. eigentlich müsste ich mich ja revanchieren, für eure Hilfe gestern Abend.“ „Ach was, das war nichts. Und ihr könntet euch revanchieren, indem ihr mir die Stadt zeigt.“ Er lächelte sie an. „Die Stadt zeigen?“, ihr Blick war verständnislos, als sie ihn von seinem Schwert wieder zurück in sein Gesicht zwang. „Nun, ich komme gerade aus dem Norden, vom Turnierplatz. Und selbst bevor ich da stationiert war, hatte ich kaum Zeit, die Stadt hier anzuschauen.“ „Aber sicher doch. Jederzeit. Soviel ihr wollt. Ich zeige euch alle schönen Plätze.“, rief sie begeistert, und stand auf. „Na dann haben wir ja eine Abmachung. Habt ihr hier irgendwo Übungsschwerter?“ „Ja natürlich, gleich dort hinten.“

In ihrer Euphorie legte sie ein bemerkenswertes Tempo zu, und als sie mit ihm den Trainingsplatz durchquerte bis zur anderen Seite und den Übungspuppen, kam er nur noch in den Genuss ihrer, so musste er zugeben, hübschen Rückansicht.



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„Kommt schon, ihr wisst doch, wie es ist, gegen Feinde zu kämpfen. Also.. Stellt euch doch vor, ich wäre so einer.“ Ylaria biss sich auf die Unterlippe und liess das Übungsschwert sinken, blickte den Elfen vor sich an, der sein Schwert selber in einer verteidigenden Position hielt. Er war ein Meister seines Faches, das musste sie zugeben. „Und dann legt ihr eure ganze Kraft in den Schlag.“ Sie seufzte, strich sich wie wohl zum hundertsten Male an diesem noch jungen Tag die Strähnen aus dem Gesicht, und hob das Schwert wieder an. Ohne ihren hölzernen Kampfstab fühlte sich die zweite Hand seltsam leer an, und sie war versucht, mit ihr auch noch an den Griff des Übungsschwerts zu greifen, doch Leyan war ein strenger Lehrer. Jedes Mal in den vergangenen zwei Stunden, als sie dies instinktiv versucht hatte, hatte er sie davon abgehalten, während er ihr die elementarsten Griffe und Schläge mit dem Einhänder beibrachte. Sie blickte sehnsüchtig zu ihrem Kampfstab, der ungebraucht in einer Ecke stand, doch dann konzentrierte sie sich. Leyan stand vor ihr und grinste, wie er es bereits die ganzen letzten zwei Stunden getan hatte. Einen Feind vorstellen. Feind. Sie seufzte erneut. „Ich kann das nicht so.. Ich stelle mir nie Feinde vor beim Kämpfen.“ Leyan liess die Übungsklinge sinken, und rieb sich mit den Fingern über das Kinn, eine Geste, die sie nun schon das zweite Mal beobachtet hatte, wohl eine Art Macke von ihm. „Nun, dann machen wir es anders. Ihr seid wohl eher nur defensiv ausgebildet worden?“ „Nein, nicht wirklich.“ „Hm.. Oder aber, ihr habt offensiv nur gekämpft, wenn ihr von der Defense da hinein gedrängt worden seid?“ „Das schon eher“, murmelte sie, und wurde erneut rot. Bei der Güte des Lichts, was war bloss mit ihr los? „Ihr konntet mich doch beobachten.“

Leyan drehte seinen Körper um eine Vierteldrehung und kam leicht abgewandt von ihr zu stehen, blickte von ihr weg. Dann sprach er, ohne sie anzusehen. „Das konnte ich wahrlich. Nun wir machen es anders. Stellt euch jemanden vor, der euch furchtbar aufgeregt hat und dem ihr gerne eine Lektion erteilen wollt. Auf den ihr wütend seid..“ Ylaria starrte zuerst eine Weile verwirrt auf den anderen, ehe sie dann nickte. Und dann hatte sie das richtige Gesicht vor den Augen.

Der Schlag, den sie nun ausführte, war härter als all diejenigen, die sie in den Stunden zuvor ausgeübt hatte. Die Technik, mit einem Einhandschwert zuzuschlagen, war grundlegend anders als die Handhabung eines Dolches, doch wie sie üblicherweise den langen Stab dazu führte, gab ihr einen kleinen Wissensvorsprung gegenüber einer völlig unwissenden Person. „Hyjaaa“, rief sie, und kam sich im gleichen Moment albern vor, als sie ihr Schwert hochriss, nachdem Leyan ihren Schlag natürlich pariert hatte, nur um sogleich eine Vergeltung zu starten. Sie parierte den Schlag mühsam, und vermisste ihren Stab erneut, mit dem dies noch besser geklappt hätte. Dann dreht e sie eine Viertelpirouette, schoss ihm im gleichen Moment einen kleinen Frostblitz ins Gesicht, und schlug mit dem Schwert nach ihm, nachdem sie an seiner Seite gelandet war.

Sie erwartete alles, nur nicht dieses schallende Lachen, das von den Wänden widerhallte, als ihr Schlag ins Leere traf, sie ihr Gleichgewicht verlor und stolperte. „Himmel“, murmelte sie, und fing sich nur ganz knapp, nachdem sie einen Moment lang ernsthaft drohte, zu Boden zu fallen. Das hölzerne Übungsschwert glitt ihr aus den Händen.

Leyan befand sich auf mysteriöse Art und Weise nun plötzlich hinter ihr. Sie drehte sich um, und funkelte ihn an. „Madame, ihr spielt mit unfairen Mitteln. Das kann ich auch“, er schmunzelte. „Aber es zeigt, dass ihr auf dem richtigen Wege seid.“ „auf dem richtigen Weg?“, sie klaubte das Schwert vom Boden auf und blickte ihn verständnislos an. Was meinte er bloss damit? „Um wahrlich offensiv kämpfen zu können, braucht es Wut.“ „Wut?“, wiederholte sie das Wort, und kam sich im gleichen Moment dämlich vor. Wie einer der Senegal-Papageien, die die Blutsegelpiraten züchteten, und die manchmal fähig waren, die Sprachen ihrer Besitzer zu imitieren.

„Kommt. Für heute habt ihr definitiv genug trainiert. Setzen wir uns doch wieder.“ Sie nickte, verstaute beide Übungsschwerter auf dem Waffenständer. Dann gingen sie gemeinsam wieder zu der Bank zurück, auf die sie sich auch schon vorher gesetzt hatte.

Kaum hatten sie sich darauf niedergelassen, erklang auch schon wieder die erstaunlicherweise immer noch ruhige Stimme Leyans. „Wie ich schon sagte, um wahrlich offensiv kämpfen zu können, braucht ihr Wut.“ „Aber ist Wut nicht etwas Schlechtes?“ „Nur wenn sie unkontrolliert ist.“ Seine Finger fuhren durch sein Haar. „Unkontrollierte Wut bedeutet, dass ihr selber unkontrolliert seid. Aber da ihr als Magierin wohl kaum je unkontrolliert in einen Kampf geht, wisst ihr, was der Unterschied ist.“ Ylaria nickte. „Wut dient jedoch dazu, euch auch überwinden zu können, tatsächlich anzugreifen. Am besten funktioniert es, wenn ihr einen Moment, eine Person oder sonst etwas, was euch wütend gemacht habt, konserviert, ein Bild vor eurem Inneren Augen entstehen lässt, dass ihr immer wieder aufrufen könnt.“

„Um sie zu benutzen, wenn’s mal notwendig ist?“ „Genau, so ist es“, Leyan lächelte sie an. „Das hat ja vorhin schon ganz gut geklappt. Darf man fragen, was ihr euch vorgestellt habt?“ „Ach.. nur.. nur eine bestimmte Person“, sprach Ylaria bemüht kontrolliert. Dann wandte sie das Gesicht ab.

Sie konnte einem Wildfremden kaum erzählen, wer sie so wütend machte, auch wenn der Fremde durchaus nett zu ihr gewesen war, und ihr Schicksal teilte. Es ging niemanden etwas an, dass Verians Gehabe ihr so sehr auf die Nerven ging, dass seine Verehrung für Leireth sie einfach nur noch wütend machte, und dass ihr Herz jedes Mal ein Stückchen mehr starb, wenn er für sie keinen Blick mehr übrig hatte, weil seine Augen an Leireth klebten wie die klebrigen Überreste von Spinnenseide an den Kleidern. „Ah“, sprach Leyan, auf dessen Gesicht sich erneut ein Schmunzeln zeigte. Bildete Ylaria sich dies ein, oder war das Lächeln fast schon wissend? Schnell fuhr sie sich mit der Hand über das Gesicht.

„Uff.. aber ich muss sagen, das hat sich gelohnt. Auch wenn ich mich vermutlich ziemlich ungeschickt angestellt habe, hm?“, versuchte sie vom Thema abzulenken. „Ungeschickt? Nicht wirklich. Man merkt nur, dass Ihr anderes gewohnt seid. Ihr solltet den Schwertkampf mit eurem Stab verbinden. Man könnte daraus sicher eine für euch optimal zugeschnittene Kampftechnik entwickeln. Ich denke da an eine Art, die Waffe in Kombination mit dem Stab je in Halbkreisen zu führen, so dass euch niemand mehr nahe kommt.“ Dankbar stürzte sich Ylaria in das Thema, und so sprachen sie beide noch eine ganze Weile über Schwertkampf und offensive Magie, bis die Sonne sich bereits gen Abend neigte.



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„Ylaria, wo steckst du denn?“ Verians durchdringende Stimme riss sie aus ihrem leichten Halbschlaf, in den sie gefallen war, nachdem sie sich nach dem anstrengenden Morgen und dem ebenso anstrengenden Nachmittag hingelegt hatte. Mühsam öffnete sie die Augen, blinzelte. Verian rüttelte erneut am Griff der Tür ihrer Kammer, und schlug mit der Faust gegen die Tür. „Ylaria, bei der Sonne.. Wills du zu spät zu Feuerblüte kommen?“

Kerzengerade fuhr Ylaria aus dem Bett auf. Feuerblüte. Die Besprechung. Ihre Bitte, zu ihnen zu kommen. „Ich will dich ja nicht stressen, Ylaria, aber wir haben noch genau fünf Minuten, also schwing dein Hinterteil aus dem Bett, und steh endlich auf.“ Ylaria sprang aus dem Bett, rief „Komme“, und blickte im Raum umher, ob sie etwas Anziehbares fand. Sie seufzte, als sie mit einem Kamm zweimal durch die kurzen blonden Haare fuhr, so dass sie wenigstens einigermassen nach Frisur aussahen. Sie konnte nur hoffen, dass man dachte, sie hatte Stunden gebraucht um die Haare so gekonnt zu arrangieren, dass sie aussahen, als käme sie direkt aus dem Bett. Was sie normalerweise tat. Schnell griff sie nach einem Oberteil und einer einfachen Schwarzen Hose, und schlüpfte hinein, rieb sich über das Gesicht und trat dann zur Tür, um sie zu öffnen.

Verian und Leireth schlüpften in die enge Kammer, beide trugen ihre prunkvollsten Anziehsachen, und hatten den Wams des Silberbunds übergestreift.

„Herrjeh, Ylaria, was machst du denn?“, sagte Verian. Leireth schmunzelte nur, und öffnete Ylarias Schrank, wühlte darin herum. Ylaria wurde leicht rot, und murmelte etwas von „Übungsstunde“ und „war so müde“, ehe sie verstummte, als Ylaria ihr die königsblaue Robe vor den Körper hielt, sie prüfend musterte. „Nein, bitte nicht, Leireth,“ ächzte Ylaria. „Ylaria, wir werden vermutlich auf einige höhere Silberbundler treffen. Du kannst doch nicht in Lumpen dort auftauchen, auch wenn ich weiss, dass du lieber Hosen trägst. Also..“ Sie drückte ihr den Kleiderbügel mit dem einzigen Kleid, welches Ylaria besass, in die Hände, und befahl Verian mit einem Handzeichen, das Zimmer zu verlassen. Dieser grummelte und schlug die Tür im Hinausgehen hinter sich zu.

„Ausziehen“, sagte Leireth. „Komm schon, sie hat doch nichts davon gesagt, dass es irgendwas Festliches wird“, wehrte Ylaria sich schwach. „Sicher nicht. Das hätte sie niemals. Das ist doch auch wieder so eine Art Test. Aber weisst du, wenn man ab und zu über seinen eigenen Horizont hinausschauen würde, und sich auch mit anderen Wesen als bloss Elfen unterhalten würde, hätte man vielleicht vernommen, dass heute Abend ein Fest ansteht.“ Gehorsam zog Ylaria sich aus, bis sie nur noch in der Unterwäsche da stand, und schlüpfte in das Kleid. Leireth trat hinter sie, und begann es zuzuschnüren, zog dabei etwas stärker an der Schnürung, als notwendig gewesen wäre. „Ein Fest?“ „Exakt, ein Fest. Oder eher ein kleines Dinner für die ganz hohen Tiere.“ „und wie kommt du darauf, dass wir dort teilnehmen werden?“, fragte Ylaria, eine Augenbraue kritisch hochgezogen. „Keine Ahnung, aber es könnte sein. Vor allem da Feuerblüte und Tyballin daran teilnehmen. Windläufer auch, samt Kind und Kegel.“ Ylarias Mund klappte auf. „Heiliges Licht.“ „Genau.“ Leireth musste schmunzeln, und zupfte das Kleid zurecht, so dass es korrekt sass. „Kann nie schaden, einen guten Eindruck zu machen“, sprach sie dann. „Jetzt noch Schuhe.. Besitzt du überhaupt etwas anderes als Lederstiefel?“ Ihre Nase kräuselte sich, als Ylaria lachte. „Natürlich, wär ja nicht mein erstes Dinner, Bankett oder sonstwas.“ „Dann beeil dich, wir haben sowieso schon Verspätung. Und wisch dir gefälligst die Augen aus, in deinen Augenwinkeln klebt noch der Schlaf.“ Leireth rauschte hinaus, und Ylaria folgte ihr, sobald sie in die feinen Damenschuhe geschlüpft war, die sie nur so selten trug.

Es war nicht so, dass Ylaria keinen Sinn und Geschmack für Mode hatte. Ihre Stoffrüstung pflegte sie akkurat und gewissenhaft, und sorgte stets für einen perfekten Sitz. Ihr Gesicht war meistens dezent geschminkt, und ihre Haare einigermassen zurechtgemacht. Dennoch war es ein Unterschied, ob man in edlen Roben herumstolzierte, oder ob man Hosen und Blusen trug, die Ylaria eindeutig bevorzugte. So war sie definitiv auch froh gewesen, als es Mode wurde auf Roben zu verzichten, selbst unter den reinen Magiern, die nicht auf körperliche Kampftechniken zurückgriffen.

Während sie durch die Gänge gingen, mit angemessener Eile aber nicht hastig, schweiften Ylarias Gedanken ab zu dem ereignisreichen Vormittag. Sie hoffte, Leyan Sonnenhoffnung erneut zu treffen, denn sie spürte, dass das einfache Kampftraining sehr wirkungsvoll war, und sie von dem gut aussehenden Elfen einiges lernen konnte, was das Kämpfen mit Schwertern anging. Auf jeden Fall schien er zuverlässiger zu sein als Verian. Kurz schweifte ihr Blick zu ihrem besten Freund, der seine Augen natürlich auf Leireth hatte, die in ihrer Robe, die ihr gewiss auf den Leib geschneidert worden war, sehr weiblich wirkte. Sie seufzte kurz, und liess sich einen Schritt zurückzufallen, um diesen Blick nicht mehr sehen zu müssen. In diesem Moment hätte sie Verian verfluchen können.



Das Dreiertrüppchen passierte noch einen Flur, stiegen eine Treppe hoch zu den höher liegenden Gemächern, erreichten auch bald schon die Gemächer von Arkanist Tyballin. Vor der Tür standen zwei Wachen, die etwas pikiert dreinblickten, als die drei einmal nicht dienstlich da waren, sondern als geladene Gäste. Stimmengewirr drang durch die Tür, als sie eingelassen wurden. Ungefähr 15 Leute standen um einen schön gedeckten Tisch, hielten vereinzelt langstielige Gläser mit einer hellen Flüssigkeit angefüllt in der Hand, und unterhielten sich in Grüppchen. Sie erkannte mindestens drei Menschen unter ihnen, allesamt in den Roben der Kirin Tor gekleidet.

Kurz blieben die drei stehen, um sich zu orientieren, als auch schon Imenia Feuerblüte, ihr Leutnant, vor sie trat, und breit strahlend lächelte. Sie trug selber eine Robe aus einem türkis gefärbten, fein fallenden Stoff, von dem Ylaria vermutet, dass er Seide war. „Guten Abend ihr drei.“, sprach sie. „Habt ihr also auch hingefunden. Ich denke, Arkanist Melodir Tyballin kennt ihr bereits, hm?“ Tyballin war hinter sie getreten und musterte die drei Neuankömmlinge, schenkte ihnen ein höfliches Nicken. „Guten Abend, möge das Licht euch gnädig sein“, sprach Ylaria, und fand auf einmal ihre Haltung, die sie tausendmal eingeübt hatte, damals, als sie noch eine der Hauptattraktionen der Familie Silbersang gewesen war, damals, in ihrem verlorenen Leben in der ewigen Stadt.

„Amüsiert euch gut, wir werden uns später unterhalten.“ Imenia lächelte erneut, dann hakte sie sich bei Tyballin unter, und schlenderte mit ihm davon.

Ylaria nutzte die Gelegenheit und blickte sich im Raum um. Dann trafen ihre Augen auf Leyan.

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Dairean erblickte sie sofort in der Menge. Das Kleid in einem königsblauen Farbton, welches einfach geschnitten war, stand ihr hervorragend. Er schmunzelte. Er selber war in unscheinbare Grautöne gehüllt, das Beste, was sein Kleiderschrank herzugeben hatte, um seine Tarnung nicht auffliegen zu lassen. Rot und Gold waren definitiv nicht Farben, die ein Quel'dorei tragen würde, was ihm ein prüfender Blick in den Raum bereits zu Beginn des Abends sofort verraten hatte. Einzelne Verzierungen zeigten sich in der Farbe des Blutes, aber sie waren nicht die hauptsächlich vorzufindende Farbe, wie man dagegen auf einem Ball der Sin'dorei erwarten hätte können.

Er stand in einer Ausbuchtung eines Fensters, etwas abseits vom Trubel, und hielt ein Glas mit einer weiter nicht definierten Flüssigkeit in den Händen, vermutlich Wein. Man hatte es ihm gereicht, er hatte ein paar Mal offensichtlich daran genippt, wobei natürlich nichts über seine Lippen gekommen war, dann hatte er es nur noch zur Tarnung benutzt. Er hob es leicht, und prostete Ylaria über den Raum hinweg zu, schmunzelte leicht. Er sah, wie sie gerade ansetzte, sich zu ihm zu gesellen, als sie von ihren zwei Begleitern in Beschlag genommen wurde.

&#8222;Herr Sonnenhoffnung?", sprach Imenia Feuerblüte, die sich zusammen mit dem Arkanisten wiederum genähert hatte. &#8222;Verzeiht, ich musste einige Leute begrüssen. Wollen wir das Gespräch fortsetzen?" Sie lächelte ihn an. Dairean erwiderte das Lächeln, und wurde wieder zu seinem eigenen Zwilling.

&#8222;Aber natürlich, Lady Feuerblüte. Wo waren wir stehengeblieben in unserer Unterhaltung?"

Dairean schob sich etwas mehr in die viereckige Ausbuchtung in der Wand, die links und rechts zwei kleine Sitzbänke hatte. Diese Art, die Fenster gleichzeitig zu geschützten Oasen zu machen, stammte von der massiven Bauweise der Menschen. In ihren Burgen gab es viele derartiger Erker, in denen vor allem die Damen des Adels und ihre Bediensteten ganze Nachmittage lang sassen, stickend, häkelnd und tratschend.

&#8222;Nun, wir waren bei dem Schreiben, welches ihr überbracht habt." Imenia zog ein gefaltetes Stück Papier aus ihrem Ausschnitt, betont langsam. Er liess seinen Blick einen Moment auf ihrem Dekolletee ruhen, um ihr die gebührende Aufmerksamkeit zu gewähren, die sie wohl auch erwartete, dann nutzte er den Raum und setzte sich ganz links in die Ecke, blickte kurz einmal aus dem Fenster, doch er erkannte im Dunkeln nichts. Imenia nahm neben ihm Platz, Tyballin setzte sich gegenüber hin, und schwieg weiterhin. Er musste sich vor dem Arkanisten in Acht nehmen, denn er war sich nicht wirklich sicher, ob dieser seine Tarnung vielleicht doch durchschaut hatte. Dairean unterdrückte den Drang, seine Augen zu reiben, zu tasten, ob der Illusionszauber noch intakt war. Einer der ersten Fehler, die man als ungeübter Spion begehen konnte, war es, den Sitz seiner Verkleidung, Tarnung, oder in seinem Falle der Illusion ständig zu prüfen.

Er nickte. &#8222;Ja, das Schreiben von Arkanist Taelis. Ich hoffe, es war aufschlussreich." Zu seinem Aufgabenbereich hatte auch gehört, heikle Dinge unbemerkt zu entwenden. Und so war es ihm natürlich nicht schwergefallen, während seinem Aufenthalt auf dem noch immer chaotischen Turnierplatz an einige Dinge zu kommen. Vermutlich würde Arkanist Taelis niemals begreifen, dass seine persönliche Habe, die er sich hatte nachschicken lassen, wegen Dairean nicht ganz vollständig gewesen war. Da dieser aber geschickt war, hatte er neben dem wichtigen Siegelring und dem Stempel auch noch diverse andere wertvolle Habseligkeiten an sich genommen und sie bei einem niederen Bediensteten deponiert. Taelis würde gar nicht merken, dass jemand in seinem Name Briefe für ihn verfasste. < Einen Brief >, korrigierte Dairean seinen Gedankengang. Er hatte nur einen einzigen Brief gefälscht.

&#8222;Nun, es gibt euch sicherlich hervorragende Referenzen. Dennoch wissen wir nicht genau, warum ihr euch an uns gewandt habt.", fragte ihn Imenia. Des Arkanisten Blick lag weiterhin ruhig auf ihm.

Dairean lächelte, und nippte erneut an seinem Glas Wein. &#8222;Es ist so, dass ich selten in Dalaran war, bisher. Mir war nicht klar, an wen ich mich am besten wenden sollte, und der Name Tyballin fiel einige Male, als ich am Turnier stationiert war. Taelis befahl mir dann auch, ich sollte euch das Schreiben überbringen."

Imenia nickte, und wechselte einen Blick mit Arkanist Tyballin. Der nickte nur. &#8222;Der Inhalt des Briefes ist euch nicht bekannt, so schliesse ich daraus." Dairean nickte. Imenia fuhr fort zu sprechen. &#8222;Aber tatsächlich hat Taelis mitgedacht. Wir können einen von eurer Sorte gebrauchen."

&#8222;Einen meiner Sorte?", sprach Dairean mit einem belustigten Unterton in der Stimme. Imenia grinste leicht, ebenso wie Tyballin.

&#8222;Nun, Taelis spricht von einem Späher, einem Fährtenleser, aber noch viel eher von einem Haudrauf, der in jeder Situation mindestens drei Lösungen zur Hand hat.", sprach Imenia, und wedelte mit dem Stück Papier. &#8222;Wie schmeichelhaft", Dairean entfuhr nun wirklich ein Lachen. &#8222;Ja, nicht wahr?", grinste Imenia.

Dairean schaute dann aber wieder ernst: &#8222;Ich nehme jede Mission an, Lady Feuerblüte."

Imenia nickte. &#8222;Taelis hat auch eure Einsatzgebiete und Missionen kurz aufgeführt. Ist es korrekt, dass ihr eine Zeitlang in der Drachenöde gedient habt?"

&#8222;So ist es. Ich war dort eine Zeitlang in der Feste stationiert, hatte aber vor allem Späh- und Kuriermissionen. Mit meinem Drachenfalken habe viele Male die Lüfte im Norden durchflogen."

Imenia nickte und strich sich eine der dunkelbraunen Strähne in das geflochtene und zu einer kunstvollen Frisur aufgetürmte Haar zurück. Dairean konnte nur raten, wie lange das Ganze gedauert und wie viel Nerven es ihre Kammerzofe kostet haben musste. Er hatte gar nicht gewusst, dass sich diese Hochelfen immer noch so prunkvoll herrichteten, obwohl sie dies doch gar so verachteten, aber vermutlich färbten die Gewohnheiten der Menschen, die den Elfen immer schon nachgeeifert hatten, auch auf die Silberbundler ab, die doch in Kontakt mit ihnen traten.

Fast hätte er die folgenden Worte von Imenia überhört, als er fasziniert versuchte zu entschlüsseln, wie eine dunkelblaue Glasperle in ihrem Haar befestigt worden war.

&#8222;Seid ihr also auch fähig, Die Landschaften unter euch zu identifizieren und mit Karten zu vergleichen? Die Tatsache ist, dass wir einen Navigator brauchen. Jemand, der unsere Eskorte zum richtigen Ziel bringen kann. Wir gedenken nämlich zu fliegen, da die Fussreise zu beschwerlich ist, und wir würden zu lange brauchen."

Dairean zog eine Augenbraue hoch, und nickte dann. Das konnte interessant werden. &#8222;Natürlich. Nicht in allen Gebieten kenne ich mich aus, aber in den meisten. Darf man fragen, wohin es euch verschlägt?"

In Imenias Gesicht trat ein Strahlen, als sie laut und klar sprach: &#8222;Zum Wyrmruhtempel."

Dairean reagierte angemessen verblüfft. Für die beiden Quel´dorei musste es so aussehen, als wäre er erstaunt, dass man die Drachen besuchte. &#8222;Zu den.. Drachen?", stammelte er gekonnt. Imenia nickte, weiterhin strahlend. Und Dairean wusste, dass er sofort Magister Hathorel sprechen musste. Er war sich nicht ganz sicher, aber diese Neuigkeit konnte eigentlich nur bedeuten, dass der Silberbund tatsächlich annahm, dass dieses Relikt etwas mit den Schwesterklingen zu tun hatte.

&#8222;Ja, wir bemühen uns um eine Audienz bei einem der Drachen, bevorzugt ein Rotdrache. Aber alles Weitere müssen wir euch leider vorerst verschweigen, denn es ist geheim. Ihr habt euch nur um die sichere Führung zu kümmern, und zu sehen, dass wir alle gut versorgt sind."

Dairean besann sich, und legte einen Finger an die Lippen. &#8222;Aber natürlich, Lady Feuerblüte. Ich schätze, wenn wir gut ausgebildete Greifen oder Drachenfalken nehmen, dauert die Reise ungefähr drei bis vier Tage."

&#8222;So lang?" Imenia schürzte die Lippen.

&#8222;Ihr könntet natürlich auch ein Portal öffnen, dann bräuchtet ihr keine Reisezeit", gab Dairean schnippisch zur Antwort. &#8222;Ihr seid doch eine Magierin, oder?"

Imenia kräuselte die Lippen. &#8222;Wir haben selbstverständlich Reagenzien dabei, die es für diesen teuren und kraftaufwendigen Zauber braucht, sollte es notwendig sein, dass wir ihn einsetzen müssen. Doch es ist nicht so, dass wir Magier ständig und überall uns hin teleportieren. Wir würden zugrundegehen, wenn wir dies täten. Ausserdem könnte der Feind auf uns aufmerksam werden."

Dairean nickte. &#8222;Es gibt mehrere Möglichkeiten zu reisen. Entweder wir folgen dem zerstörten Pfad der Titanen, der vom Kristallsangwald direkt zum Wyrmruhtempel führt, oder wir nehmen einen Umweg Das Problem ist, dass er die Tiere meistens etwas nervös macht. Der andere Weg würde über die Feste Wintergarde führen. Wir könnten natürlich auch im Osten entlang fliegen, aber dort ist die Horde stärker vertreten."

Imenia musterte ihn prüfend, dann sprach sie. &#8222;Und was empfehlt ihr?"

&#8222;Nun, mit dem Weg über die Titanenstrasse könnten wir einen Tag einsparen, doch wir werden keiner bewohnten Siedlung begegnen, und unsere Zelte im Freien aufschlagen müssen. Die Frage ist, ob ihr euch dies zumuten wollt. Bei der andern Route können wir einmal in Windläufers Warte im Kristallsangwald und einmal in der Feste selbst nächtigen, und nur einmal in der Wildnis."

&#8222;Hm.. bei der zweiten Route, wieso denn einmal in der Wildnis?"

&#8222;Nun seht.. leider habe ich keine Karte dabei gerade. Aber wenn ihr die Tiere über den Gebirgszug zwingt, werden sie auf der anderen Seite zu müde sein, um noch die drei, vier Stunden bis zur Feste weiterzufliegen. Oder ihr hättet einen Ruhetag, den ihr in der Feste einplanen müsstet, was ärgerlich wäre."

Imenia nickte daraufhin und seufzte. &#8222;Ich sehe, die Entscheidung hängt an mir. Aber ihr habt euch durchaus bewährt, Leyan Sonnenhoffnung. Ihr werdet uns auf unserer Expedition begleiten."

&#8222;Vielen Dank, Lady Feuerblüte."

&#8222;Ach, dankt mir erst, wenn ihr blaue Zehen habt und erfroren seid", grinste diese, bevor sie wieder Ernst wurde. &#8222;Ich möchte übermorgen starten. Bitte bringt mir eine Liste mit den Dingen, die notwendig sind, und die man auf 6 Flugtiere packen kann. Ihr habt euer eigenes, nehme ich an?"

&#8222;Sechs Flugtiere? Wer begleitet uns denn noch?"

&#8222;Das werdet ihr dann sehen. Morgen, zur zehnten Stunde des Tages, im Aufenthaltsraum. Man wird euch den Weg weisen. Und nun verzeiht uns. Wir müssen noch mit einigen hier sprechen. Ihr könnt euch ja etwas amüsieren." Imenia stand auf, und Tyballin, der bisher noch nichts gesagt hatte, sprach in einem ruhigen Ton: &#8222;Möge das Licht euch leiten." Dairean verbeugte sich tief, und unterdrückte die aufsteigende Galle, als er die Antwort sprach: &#8222;Euch ebenso, Lady Feuerblüte, Arkanist Tyballin." Erneut spürte er den Drang, seine Illusion zu prüfen, als er Tyballins starren Blick auf ihm spürte. Er liess sich nichts anmerken, lächelte tapfer. Als die beiden sich schliesslich abwandten, und durch das Gedränge sich wieder zu Ylaria, Verian und Leireth gesellten, die irgendwie leicht deplatziert unter der Schar illustren Gäste wirkten, fühlte er sich dennoch erleichtert. Er würde Hathorel morgen um einen doppelt starken Illusorischen Zauber bitten, und er würde sich auch eine Erklärung zurechtlegen, warum man eventuelle Reste von Felenergie an ihm spüren konnte. Falls etwas schiefging. Falls.

Es durfte nichts schief gehen, doch er wollte auf alles vorbereitet sein. Und notfalls hatte er immer noch seine Dolche.



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Ylaria genehmigte sich noch einen Schlucken des köstlich perlenden Gebräus, welches sich in dem langstieligen Glas befand, das ihr gereicht worden war. Sie hatte sich sagen lassen, es wäre so genannter Schaumwein, kultiviert in den Weinhügel im Wald von Elwynn. So weit war er hierhergeschafft worden, nur um die illustre Gesellschaft zu beeindrucken und zu verwöhnen.

Dann seufzte sie. Sie waren zwar begrüsst worden, aber Imenia und der Arkanist hatten es nicht für notwendig befunden, irgendwas zu erklären, und waren sehr zu ihrem Erstaunen in die Fensternische verschwunden, in der sie Leyan erspäht hatte. Was hatte der hübsche Elf denn hier verloren? War er am Ende so etwas wie ein hochrangiger Diplomat, oder irgendein anderes hohes Tier? Ylaria biss sich einmal auf die Lippen, als sie sich in der Überlegung verlor, dass sie einen wichtigen Quel’dorei beleidigt hatte mit ihrem profanen Wunsch nach Unterricht in der Schwertkunst. Dann zuckte sie mit den Schultern, und beobachtete aus dem Augenwinkel, wie Verian in ein Gespräch mit Leireth und einem Menschen vertieft war. Für einmal wirkte er nicht wie ein verliebter 50-jähriger, sondern durchaus erwachsen, als er über die Benutzung der Leylinien unter Dalaran sprach. Ganz sein Fachgebiet.

Sie beobachtete die drei eine Weile, und musste erstaunt feststellen, das Leireth offenbar ihre Meinung geändert hatte. Wo sie sich früher ständig fernhielt von Verian, um dessen Narretei nicht noch zu verstärken, hing sie nun an seinen Lippen. Ylaria genehmigte sich noch einen Schluck, und leerte damit das Glas, dann biss sie sich auf die Innenseite der Wange, wie sie es manchmal tat, wenn sie nachdenken musste. Es konnte natürlich sein, dass sie das alles hier falsch interpretierte und Leireth nur interessiert am Fachthema war, dennoch versetzte der Anblick, der sich ihr bot, ihr einen erneuten Stich im Herzen.

Sie blickte sich im Raum um, entdeckte einen Bediensteten mit einem Tablett voller weiterer gefüllter Gläser mit der prickelnden Flüssigkeit, und entschloss sich dazu, sich von dem turtelnden Pärchen abzuwenden, und Nachschub zu holen.

Kaum hatte sie zwei Meter zurückgelegt, kam der Kellner ihr auch schon entgegen, und wechselte mit einem charmanten Lächeln das Glas aus, wovon sie erneut einen Schluck nahm. Von ihrer Position fast mitten im Raum, die sie nun eingenommen hatte, konnte sie die drei Elfen in der Fensternische besser beobachten, wie sie sich angeregt unterhielten. Oder zumindest sah sie Leyan und Imenia sprechen. Der Arkanist war entgegen seiner üblichen Laune anscheinend nicht besonders gesprächsfreudig, und schwieg den grössten Teil der Unterhaltung. Ylaria seufzte, und gesellte sich wieder zu Verian, Leireth und dem ihr unbekannten Menschlichen Magier, der ihr als Anthony McLauren vorgestellt wurde.



Sie schätzte, es vergingen ungefähr 15 Minuten, bis die Unterhaltung in der Fensternische vergangen war. Sie hatte mittlerweile das zweite Glas ausgetrunken und spähte schon nach einem neuen, als ihre Befehlshaberin und der Arkanist zu ihnen traten. Imenias Gesicht zierte ein zufriedenes Lächeln, der Arkanist sah aus, als würde er jeden Moment jemanden anbrummen und die Augen verdrehen.

„Sooo, da sind wir. Verzeiht, wir waren gerade mitten in einem Gespräch als ihr kamt. Oh, guten Abend McLauren.“ Imenia verbeugte sich leicht, der Mensch tat es ihr gleich und versuchte sich an einem so tiefen Bückling, dass er fast stolpern musste.

Ylaria unterdrückte ein Kichern, und blickte Verian an, dem es nicht anders ging.

„Sehr erfreut Madame, schön, dass ihr auch hier seid, ehm...“, stotterte der Mensch.

„Ich bin ebenso erfreut. Wisst ihr, es wäre mir eine Ehre, wenn wir zu gegebener Zeit unser Gespräch weiterführen würden, das über die Benutzung von Transmutation in der Alchemie, aber nun müsst ihr uns kurz entschuldigen. Ich habe mit den dreien hier eine kurze Unterredung zu führen.“ Sie schenkte dem Menschen ihr charmantestes Lächeln, und man konnte fast sehen, wie dieser vor ihr schmolz vor Anbetung. Dann nickte er gehorsam und entfernte sich.

Schlagartig verlor sich Imenias Lächeln und sie wandte sich an ihre drei ihr untergebenen Magierwachen. „So. Jetzt können wir auch endlich zum Punkt kommen. Ich wollte euch nicht so lange festhalten.“ Sie strich sich eine Strähne zurecht, die sich im Verlauf des Abends einige Male aus ihrer prunkvollen Frisur gelöst hatte. „Ich wollte euch darüber informieren, dass wir im Verlauf der nächsten Tage, vermutlich übermorgen in der Früh, aufbrechen zu einer Reise. Eine Eskorte. Deswegen liess ich euch alle üben.“

Kurz liess sie die Worte wirken, ehe sie nachsetzte. „Was genau wir als Ziel haben, wen wir eskortieren, das werdet ihr alle morgen früh erfahren. Dann werde ich euch genauer informieren.“

„Zu Befehl, Magistrix Feuerblüte“, sagten die drei wie aus einem Munde. Ylarias Herz begann schneller zu klopfen. Eine Mission! Kurz tauschte sie einen Blick aus mit Verian, und lächelte leicht. Dieser erwiderte die Geste, lächelte breit.

„Allerdings.. war ich mir etwas unsicher, was die Anzahl und die Tüchtigkeit der Wachen angeht, die uns begleiten. Zuerst wollte ich nur euch zwei mitnehmen.“ Sie deutete zuerst auf Ylaria und Verian. „Doch dann begriff ich, dass ihr drei zusammenarbeiten könnt, und dass drei einen besseren Schutz abgeben als zwei.“ Ylaria spürte, wie ihre Wangen leicht rot wurden, und biss sich wieder auf die Innenseite der Wange.

„Wie dem auch sei.. Morgen früh. Begleiten wird uns ein Späher und eine Priesterin des Lichts, desweiteren auch ein gepanzerter Offizier des Sturmwinder Heeres, einfach zu unserem Schutze. Morgen erfahrt ihr mehr. Und nun.. amüsiert euch. Das Dinner wird in wenigen Minuten serviert, am unteren Tischende findet ihr drei Plätze auf euren Namen.“ Sie lächelte gutmütig, und sah, wie drei Augenpaare simultan anfangen zu leuchten.

„Danke, Madame Feuerblüte“, sprach Verian schliesslich, und senkte den Kopf tief, legte die Hände zusammen dabei. „Es ist uns eine grosse Ehre, und wir werden unsere Aufgabe gut erfüllen.“

„Das erwarte ich von euch. Das, und nichts anderes.“ Mit diesen Worten ging Imenia davon. Der Arkanist folgte ihr auf dem Fusse. Kaum war sie drei Meter weg, entfuhr Leireth ein kleiner Jubelschrei. Verian und Ylaria grinsten breit. Dann fassten sich die drei Kameraden an den Schultern, umarmten sich, und lachten gemeinsam. Es war zwar nicht der erste Auftrag, den sie bekamen, aber besser als hier Wache zu stehen allemal.

Ylaria sah nicht, wie Leyan verschwand. Als sich ihr Blick während dem Dinner noch einmal auf die Fensternische richtete, konnte sie niemanden erkennen. Schade drum. Sie hätte den Elfen mit den fransigen rotbraunen Haaren gerne noch einmal getroffen, zumindest um ihm zu danken für seinen Unterricht.



XXXXX​
 
Also, ich habe die Geschichte bis hierher gelesen und muss sagen, sie ist erste Sahne. Stimmig und flüssig geschrieben, keine
Anfängerfehler, und nur ein paar Rechtschreibfehler, zumeist vergessene Satzzeichen. Besser als alles, was ich geschrieben
habe, und nun ja. Ich hoffe auf mehr
wink.gif


-Richard
 
Vergessene Satzzeichen und Rechtschreibfehler sind meistens eher Vertipper. Ich bitte um Verzeihung.
smile.gif

Mehr sollte bald kommen. Die Geschichte ist noch nicht am Ende.
 
OOC: Pünktlich zum Patchtag mehr Lesefutter - ich entschuldige mich, dass es so lange gedauert hat. Ich war beschäftigt. Viel Spass beim Lesen! Melian


Dairean stand einfach still. Einzig seine Augen folgten dem Magister, welcher sich über die Schläfen rieb und unruhig im Zimmer auf und ab ging. Magister Hathorel rieb sich mit einer Hand stetig über das Kinn, die andere lag auf dem Rücken. Es schien, als wolle er einen Pfad in den steinernen Boden treten. Dairean grinste bei dem Gedanken daran, doch das Lächeln verlor sich sogleich, als er Hathorels Blick auf sich spürte. Der Magister hatte nach einem Weinglas gegriffen, einen Schluck getrunken, und ihn dann gemustert. Ausgerechnet in dem Moment, wo er gelacht hatte. Dairean liess sich nichts anmerken, und erwiderte den Blick.

„Grinst nicht so, Sonnenhoffnung. Ich glaube, ihr unterschätzt die Lage“, blaffte der ihn prompt an, und nahm noch einen Schluck aus dem Weinglas. Dairean seufzte innerlich. Hathorel war eigentlich ein relativ umgänglicher Zeitgenosse, aber er konnte Stresssituationen nur schwer aushalten, ohne ziemlich angriffslustig zu werden. „Sicherlich nicht, Magister. Die Lage ist ernst. Aber ich bin mir sicher, ihr werdet eine gute Lösung finden, ebenso wie ihr mir passende Befehle erteilen werdet. Ich kenne euch gut genug, Magister.“ Er lächelte versöhnlich, und prompt sprang der Magister drauf an, und lächelte ebenfalls. „Vielen Dank, Sonnenhoffnung. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass der Silberbund uns um Längen voraus ist.“ Hathorel seufzte und stellte das Glas zur Seite. „Ich wünschte, ich hätte früher davon erfahren, um dies alles besser zu planen. Aber ich fürchte, es bleibt uns keine andere Wahl, als euch zu schicken.“

„Ich hätte es euch gerne früher gesagt, aber ich konnte mich erst jetzt zu den notwendigen Informationen vorarbeiten. Ich bin eine Weile auf dem Holzweg gelaufen, da ich nicht wusste, in wessen Obhut man das Paket gegeben hatte.“

„Ich weiss, ich weiss, Sonnenhoffnung. Das lässt sich jetzt auch nicht mehr ändern. Also.. Zeigt mir doch noch einmal, wo diese Magistrix Feuerblüte ihre Routen zog.“ Hathorel trat zu dem runden Tisch in seinem Arbeitszimmer, auf welchem einiges an Material lag, kostbare Bücher, verschiedene Dokumente, Siegel. Alles relativ achtlos hingeworfen, und genauso achtlos schob Hathorel einfach eine Menge Dinge über die Tischkante, um Platz zu schaffen für eine Pergamentrolle, die fast den ganzen Tisch an Platz einnahm. Dairean trat neben Hathorel, und erkannte die Umrisse der Drachenöde. Es war die aktuellste aller aktuellen Ausgaben, ergänzt mit den Berichten der Postreiter, die in den Landen verkehrten, wilde und unbeugsame, unabhängige Gesellen, die Wind und Wetter zum Trotze mit ihren Flugtieren, zumeist mit wetterfesten Windreitern, ihre Aufgaben erledigten.

Hathorel befestigte die Karte an jeder Ecke mit einem speziell dafür vorhergesehenen Magnetischen Stein, damit sie nicht in sich zusammenrollte. Dann griff er in einen Behälter, und holte eine Handvoll roter und blauer runder Holzchips hervor, legte sie an den Rand der Karte. Dann griff er sich einen blauen und einen roten, legte beide nach Dalaran.

„Also.. Wo würde ihre erste Route hindurchführen, sagtet ihr?“

Einige Zeit verging, in der sich Dairean Sonnenhoffnung und Jorith Hathorel mit bunten Spielsteinen und der Karte über Taktiken, Strategien und allen möglichen und unmöglichen Reiseverzögerungen unterhielten.

Schliesslich rieb sich Hathorel die Stirn und richtete sich wieder gerade auf, blickte Dairean an. „Ich weiss nicht so recht. Beide Routen nehmen sich nichts.“ „Mit Verlaub, sind den die Routen wirklich wichtig? Was soll ich überhaupt tun? Wollt ihr, dass ich das Artefakt entwende?“

Hathorel hielt eine Weile inne. „Das steht tatsächlich zur Debatte. Aethan hat mir hierbei völlig freie Hand gelassen. Sein Auftrag ist jedoch klar: In Besitz bringen des betreffenden Relikts, sofern es sich als wertvoll erweist oder aber, den Silberbund in Verruf bringen...“ „Wenn es sich als Fälschung herausstellt“, beendete Dairean Hathorels Satz. Er hatte ihn schon öfters gehört. „Ich weiss, ja.“ Hathorel nickte. „Es stellt sich allerdings die Frage, ob es tatsächlich wertvoll ist. Und da der Silberbund diese Frage auch nicht ausreichend klären konnte, schlage ich folgendes Vorgehen vor.“ Fast unmittelbar wurde Hathorels Stimme noch etwas leiser, so als fürchte er Lauscher in seinem Quartier. „Bleibt im Hintergrund, solange bis die Echtheit des Relikts bestätigt oder abgelehnt worden ist. Bis der Wissensstand des Bunds grösser ist als der bisherige.“ Dairean nickte wortlos. „In diesem Falle also geleitet ihr die Gruppe auf dem schnellsten Wege in Richtung des Wyrmruhtempels, um selbst zu erfahren, was ihnen dort mitgeteilt wird. Vielleicht schafft ihr es ja sogar, dabei zu sein, wenn sie die Audienz haben.“

„Davon dürfen wir aber nicht ausgehen“, sprach Dairean. „Nein, wahrlich nicht. Aber ihr habt sicherlich eure Methoden, um an die Informationen zu kommen“, erwiderte Hathorel und grinste leicht. Daireans Mundwinkel bogen sich leicht nach oben. „Aber sicherlich, Magister Hathorel.“ „Gut. Falls sich das Artefakt als echt erweist, falls der unmögliche Fall eintritt, dass Dämmersuchers Klinge gefunden wurde, dann lautet der Befehl, es unverzüglich in eure Gewalt zu bringen, koste es, was es wolle. Ich schlage euch vor, dann den schwierigeren Weg zu nehmen, der einige Gefahren birgt, die man auch inszenieren kann.“ Dairean nickte ein weiteres Mal, wie er es schon unzählige Male an diesem Abend getan hatte. Hathorel entfernte sich von dem Tisch, auf dem noch immer die blauen und roten Holzchips auf der Karte lagen, und ging zu einem Schrank, kramte darin herum, während er leise murmelte: „Ich gebe euch noch .. Ja.. hier sollte es irgendwo sein.. sehr nützlich..“

Dairean schaute derweil noch einmal auf die roten und blauen Chips, und er ertappte sich dabei, wie er einen blauen Chip von der gruppe entfernte, und ihn zu dem einzigen roten Chip legte, der ihn selber darstellen sollte.

Nur wenige Minuten später wischte Hathorel die Chips beiseite, und legte ein rundes Objekt auf die Tischplatte, direkt auf die Karte. „So, ich habe es noch gefunden.“ „Magister, was ist das?“ „Das ist ein magiebetriebenes arkanes Kommunikationsgerät.“ „Ein.. was?“ „Eine wunderbare Erfindung, seht her.“ Hathorel drückte einen Knopf und sprach eine Formel für einen einfachen Illusionszauber, und drückte dann die Fingerspitzen in zehn kaum sichtbare Mulden an der Seite des ovalen bronzenen Gerätes. „Hiermit binde ich dieses Kommunikationsgerät an mich.“, sprach er dann, und schliesslich drückte er es Dairean in die Hände. „Wenn ihr einfache Illusionsmagie darauf wirkt – da solltet ihr selbst dazu imstande sein – dann wird es aktiviert, und ich werde einen Zauber meinerseits wirken, und ein kleines Abbild wird auf der oberen Fläche erscheinen. Ihr werdet so mit mir kommunizieren können. Natürlich nur begrenzt, es kostet recht viel Kraft, die Illusion aufrecht zu erhalten, denn es ist quasi eine teilweise Teleportation. Also benutzt es nur im Notfall.“ „Aber Magister, das ist doch relativ gefährlich“, sprach Dairean. „Wenn sie mich durchsuchen oder so, und herausfinden, was es ist..“ Hathorel unterbrach ihn. „Dann werden sie mit Grossmutter Sonnenhoffnung in Sturmwind reden.“ „Grossmutter Sonnenhoffnung?“, gluckste Dairean amüsiert. „Ja. Ich habe meine Möglichkeiten zu sehen, wer den Zauber wirkt. Ich kenne eure magischen Strukturen gut genug, um sie von anderen zu unterscheiden. In diesem unwahrscheinlichen Falle würde ich natürlich eine andere Illusion erscheinen lassen, die den Anschein erweckt, ihr habt bloss Heimweh.“ Dairean nickte, und betastete das Gerät noch eine Weile. Das war tatsächlich etwas sehr praktisches, und würde ihm wohl sehr nützlich sein bei der Expedition.



Es war fast Morgengrauen, als sich Dairean schliesslich nach einer langen Unterredung aus dem Quartier des Magisters stahl, um noch einige Stunden Schlaf in seiner Silberbundschen Kammer, die ihm zugewiesen worden war, zu erhaschen, bevor er ausgeschlafen zu dem geplanten Treffen erscheinen musste.



XXXX​
 
Zum dritten Male an diesem jungen Morgen schlug Verian ihr auf die Finger. Ylaria seufzte, als sie aufhörte, an den Nägeln zu knabbern. Diese Unsitte hatte sie eigentlich seit ungefähr einem Jahrhundert abgelegt, doch heute war alles anders. Sie spürte, dass ihnen etwas bevorstand, was weitaus grösser war, als es den Anschein hatte. Leireth, sie und Verian warteten bereits seit einer halben Stunde im Aufenthaltsraum. Vor der Tür stand ein bulliger Mensch in einer Plattenrüstung offenbar Wache – denn er hatte niemanden einlassen wollen ausser den drei Magierwachen. Die anderen der Einheit mussten ihr Frühstück woanders einnehmen, was sie denn auch murrend und widerstrebend getan hatten.

Die Tür öffnete sich ein weiteres Mal und eine Menschenfrau trat ein. Sie lächelte den drei Elfen zu, und verbeugte sich dann. Ylaria musterte die Frau, die in eine einfache, aber gut schützende Robe gekleidet war, wie gemacht für den harten Winter, aus wärmender Wolle. Darüber prangte ein Wams in den Farben der Allianz. Die Kapuze war nach hinten geklappt, und sie trug einen kleinen Streitkolben und ein Buch um ihre Hüften geschlungen, ebenso wie einige Phiolen und auch einen Dolch. „Möge das Licht euch segnen, verehrte Anwesende.“, sprach sie den traditionellen Gruss, den die Elfen erwiderten. Sie musste eine Priesterin sein, eine Kräuterkundige der grossen Kathedrale von Sturmwind. „Mein Name ist Brionna Tallys, Priesterin der Kirche des Lichts“, sprach sie mit einer weichen und sanften Stimme, die ihrer etwas pummeligen Figur durchaus entsprach. Noch bevor sich Brionna setzen konnte, oder sich die Elfen vorstellen konnte, trat Imenia Feuerblüte durch die Tür, nahm die menschliche Wache sogleich mit rein. Ein weiterer Elf trat hinter ihr in den Raum, drehte der kleinen Gesellschaft aber sogleich den Rücken zu, um die Tür zu schliessen. Ylaria wollte den Blick gerade abwenden, als er sich wieder ihr zuwandte, und ihr ein gewinnendes Lächeln schenkte. „Leyan?“, entfuhr es ihr. „Was tut ihr denn hier?“ Kurz starrte sie ihn an, bevor sie sich besann, dass dies tatsächlich sehr unhöflich war, und sie beschämt die Augen abwandte. „Ehm.. verzeiht.“

Leyan schmunzelte, und setzte sich flugs neben sie an den Tisch. „Ja, das ist gut, setzt euch. Wir haben einiges vor uns, glaubt mir. Also, setzt euch hin, so gut es geht. Ja, ich weiss, dass ihr euch nicht setzen könnt mit Rüstung, Hammerschmied.“ Magistrix Feuerblüte warf dem Menschen einen kurzen amüsanten Blick zu. Der jedoch brummte nur etwas in seinen mausbraunen Bart. Tallys nahm neben Imenia Platz, dies ich ebenso auf einen der Stühle setzte. Der Mensch, der als Hammerschmied angesprochen worden war, stellte sich direkt an den Tisch, neben Verian und Leireth.

„Ihr wisst alle, warum ihr hier seid. Wir haben einen Auftrag. Und wir werden alle zusammenarbeiten, dass dies schon einmal klar ist.“ Feuerblüte blickte nach und nach ein jedem in die Augen. „Wir haben hier drei hervorragende Magister. Ylaria Silbersang, Verian Himmelswispern und Leireth Himmelsflamme.“ Sie deutete nach und nach auf die Angesprochenen, während der Mensch einmal amüsiert etwas von „heissen ja alle gleich“ brummelte, und prompt dafür einen scharfen Blick kassierte. „Connell Hammerschmied, vergesst nicht, dass ihr hierfür bezahlt werdet. Also hütet eure Zunge.“ „Ja doch M’lady. Verzeiht“, brummte er. Imenia wandte sich wieder zu den anderen. „Der Herr hier heisst Connell Hammerschmied und er ist unser Mann fürs Grobe. Er versteht sich hervorragend darauf, Dinge zu schützen, und ist ein Meister der Kriegskunst. Er wird uns ebenso auf unserer Expedition begleiten wie die heilende Hand Brionna Tallys, die für unser Seelenheil sorgen wird.“ Brionna lächelte milde. „Und um eure Wunden, aber wir wollen beim Licht beten, dass derartiges nicht notwendig sein wird“, ergänzte sie Imenias Worte, die nur nickte. „Schliesslich haben wir hier Leyan Sonnenhoffnung. Er hat sich bereit erklärt, uns auf unserer Expedition zu leiten. Er kennt die Drachenöde wie kein zweiter, ist aber um einiges verlässlicher als die unabhängigen Kurierreiter, die nur aufs Geld aus sind.“ Leyan nickte, und lüftete einen imaginären Hut zum Grusse, immer noch an der Tür stehend. Doch dies fiel kaum mehr jemandem auf. Sie waren alle still und blickten, nein starrten Imenia an. „Die Drachenöde?“, wagte schliesslich Verian zu fragen. „Was verschlägt uns dorthin?“ „Mh.. zu vieles werde ich euch nicht verraten, aber wisset dies: Wir brauchen Informationen über etwas, was wir gefunden haben. Es könnte eine mächtige Waffe sein, wenn sie in die Hände der richtigen – oder auch der falschen – Personen gerät, aber es könnte genauso gut nichts weiter erwähnenswertes sein.“ Synchron nickten die drei Elfen, Brionna sprach ein Gebet und faltete die Hände zusammen. „Nun, ich möchte, dass ihr für einige Tage packt. Das wichtigste sind warme Kleider. Die Drachenöde ist eines der kältesten Gebiete in Nordend, obwohl mancherorts auch seltsame Magie vorherrscht.“ Imenia formte in ihrer Hand einen kleinen Eiskristall und hielt ihn den anderen wie zur Darstellung hin. „Mh, dann sollten wir noch einmal die Frostschutzzauber üben“, sprach Leireth und blickte kurz zu ihren beiden Freunden links und rechts, die ihr sofort beipflichteten. „So ist es. Die allerhöchste Priorität liegt allerdings auf dem Artefakt, welches ich auf mir transportieren werde. Ich bin somit das am besten zu schützende Ziel. Aber vermutlich werden wir sowieso nicht auf viel mehr als Eis, Frost, Regen oder eine Kombination aller drei treffen. In der Drachenöde gibt es kaum Aktivität – die der Geissel mal ausgenommen. In unseren Stützpunkten ist man mit dem Kampf beschäftigt, ebenso ergeht es der Horde. Der Scharlachrote Kreuzzug hat einiges an Stärke gewonnen im Süden. Wir werden kaum grosse Mühe haben, zum Wyrmruhtempel vorzudringen.“ Imenia stand auf. „Packt genügend Proviant ein für die nächsten Tage. Wir werden einiges dabeihaben, aber was ihr persönlich präferiert, müsst ihr selber besorgen. Zelte und dergleichen obliegen mir zu organisieren. Ich will, dass ihr euch nun ausruht, und fit seid. Morgen früh zur siebten Stunde brechen wir auf.“ Sie blickte einen nach dem anderen an. „Hat noch jemand Fragen?“

Alle schüttelten den Kopf. Leyan hatte ein leichtes Grinsen auf den Lippen, wie Ylaria bemerkte. Er musste schon vorher gewusst haben, wohin die Reise ging. Der Wyrmruhtempel. Ylaria fühlte eine ungeahnte Art Kribbeln in sich aufsteigen. Es war kindisch, es war töricht, es war unelfisch – aber sie freute sich wie ein kleines Kind auf das Abenteuer, welches ihnen bevorstand.



XXXXX​
Ende des ersten Abschnitts
 
Zweiter Abschnitt



Erster Tag der Reise



Ylaria drehte den Kopf leicht zur Seite, als Leyan ihr zuzwinkerte. Sie hatte gerade neben ihren üblichen Waffen auch eine Schwertscheide an die Halterung geschnürt, die das Gepäck sicher auf dem Greifen hielt. Viel hatte sie sonst nicht mitgenommen, so fiel dies wohl auf. Das Lederband, welches als eines von mehreren das Gepäck an Ort und Stelle auf dem Tier halten würde, wurde von ihr stramm angezogen, fast etwas zu stramm, und sie bemühte sich den Eindruck zu erwecken, dass sie sein Grinsen nicht gesehen hatte. Leider hielt ihn das nicht davon ab, zu ihr zu kommen. Immer noch das spitzbübische Lächeln auf den Lippen trat er nahe zu ihr an die Seite des Greifen, und legte eine Hand auf den Sattel. „Guten Morgen, Ylaria. Ich sehe, ihr habt vor, eure Kampfkünste auf der Reise zu vertiefen?“ Sie wandte sich zu ihm um, stemmte eine Hand in die Hüfte und versuchte möglichst ungerührt zurück zu lächeln. „Nun, wer wäre ich, wenn ich die Gelegenheit nicht nutzen würde, wenn ihr uns schon überraschenderweise auf dieser Reise begleitet, Meister Sonnenhoffnung.“

Leyan lachte melodisch, als er nach dem Schwertgriff langte, die Waffe leicht aus der Scheide zog, und sie begutachtete. „Immerhin habt ihr solides Werkzeug mitgebracht. Damit werden wir arbeiten können. Und bevor ihr fragt, natürlich wäre es mir ein Vergnügen, euch weiterhin zu unterrichten. Ihr lernt schnell“, sprach er. Seine himmelblau schimmernden Augen lagen direkt auf ihr, und Ylaria fühlte erneut die Röte in sich aufsteigen. Schnell blickte sie um sich.

Verian hatte seinen Greifen bereits mit dem Notwendigsten bepackt, und hielt ihn am Zügel fest. Das Tier war ihm offenbar nicht ganz geheuer, denn er blickte es ab und zu skeptisch an. Ylaria musste schmunzeln. „Verian mag die Greifen nicht.. Das kann ja heiter werden“, sagte sie, mehr zu sich selbst. Leyan folgte ihrem Blick. „Er bevorzugt Drachenfalken nehme ich an?“ „Ja, dem ist so. Das tun wir eigentlich alle. Aber die wenigsten sind widerstandsfähig genug für diese Kälte. Wir haben nicht genug.“ Leyan nickte nur.

Derweil ertönte aus Leireths Richtung ein Schimpfen. Sie versuchte gerade erfolglos mit Hilfe des Menschen ihr Gepäck zu verstauen, doch war es definitiv zu viel des Guten. Als ein Beutel erneut herunterfiel, seufzte Leireth, und wischte sich über die Stirn. Verian rief ihr etwas zu, was klang wie „Ich nehm das“, und eilte zu ihr hin, wobei er die Zügel des Greifen losliess.

„Oh je“, flüsterte Ylaria, als sie sah, wie Verians Greif sich langsam entfernte, und schon die Flügel streckte. Die Tiere waren eigentlich gut erzogen, dennoch testeten sie regelmässig bei neuen oder ihnen unbekannten Reitern ihre Freiheiten und Grenzen aus. Sie konnte die Zügel ihres eigenen Greifen nicht loslassen, denn sonst wäre dieser ebenso weggetrippelt wie Verians. Sie wollte schon etwas rufen, als sie Leyan sah, der mit grosser Geschwindigkeit zu dem flüchtigen Tier spurtete, und im letzten Moment die Zügel ergriff, bevor es in die Luft abhob.

Erneut setzte Ylaria an, etwas zu sagen, als ein einfaches Klatschen die morgendliche Stille auf dem Lande- und Flugplatz Dalarans durchbrach. Leyan hatte es geschafft, sein Kunststückchen genau dann vorzuführen, als Imenia Feuerblüte beschlossen hatte, ebendiesen Platz zu betreten. Imenia klatschte ein paar M al in die Hände, und würdigte so das Kunststückchen Leyans mit einem leichten Grinsen. Der verbeugte sich spielerisch, und grinste zurück, tippte sich an den nicht vorhandenen Hut zum Grusse.

< Wie kann man nur soviel Glück haben >, schoss es Ylaria durch die Gedanken, als sie neben ihrem Greifen in Stellung ging, und ihrer Anführerin salutierte. Nur aus den Augenwinkeln sah sie, wie Verian zu seinem Greifen hastete, und ebenfalls Position annahm. Sie sah auch nicht, wie der stämmige Mensch eher nachlässig salutierte, und sich dann hinter die Priesterin schwang, die mit ihm einen Greifen teilte, da sie den Wunsch geäussert hatte, nicht allein fliegen zu müssen.

Ylaria baute sich vor dem Trupp auf, und blickte sie einzeln an. „Guten Morgen. Ich sehe, der Grossteil der Vorbereitungen für die Reise ist getroffen.“ Ylaria, Verian und Leireth sagten wie aus einem Munde die gleichen Worte: „Ja, Madame“, und salutierten zackig, während die anderen drei Teilnehmer der Expedition eine Mischung aus teilnahmslosen Blicken, Schmunzeln und mildem Lächeln zeigten. „Wunderbar. Wir starten in wenigen Augenblicken. Sonnenhoffnung?“, Imenia wandte sich an Leyan. „Ja?“, antwortete dieser. „Ist mein Reittier bepackt und bereit?“, fragte sie ihn, und blickte ihn unverwandt an. Der senkte den Kopf leicht, und nickte. „Aber sicher, M´lady“, erklang seine Stimme. Er deutete auf einen Greifen, der etwas an der Seite stand, dessen Zügel von einem jungen Erwachsenen Menschen gehalten wurden, kaum 15 Winter alt. Imenia nickte. „Gut“, sagte sie, und wandte sich dann wieder an den Trupp.

„Ich habe mich entschieden, dass wir den sichereren Weg durch den Kristallsangwald fliegen. Unser heutiges Tagesziel ist der Aussenposten des Silberbunds, die Windläufers Warte, wo wir heute Abend erwartet werden. Die reine Flugzeit wird ungefähr vier bis fünf Stunden betragen, mehr ist den Greifen nicht zuzumuten. Zwischendurch werden wir einmal rasten, vermutlich am Fusse der Kristallschlucht.“ Während Imenia sprach, ging sie leicht auf und ab, die Hände hinter dem Rücken ineinander verschränkt. Sie hatte ihr kurzes Haar so gut es ging zurückgebunden, manche Strähnen fielen ihr dennoch in die Stirn, und gaben ihr ein verwegenes Aussehen. Als sie ihre Ansprache beendet hatte, blieb sie in der Mitte stehen, und zog die Kapuze hoch, die ihren Kopf gegen die kalte Luft wärmen würde. „Sitzt auf. Wir werten nun mit der Reise starten.“

Auf den Befehl hin schwangen sich die drei Magierwachen auf ihre Greifen, ebenso trat Imenia selber zu ihrem Greif, doch sie erklomm den Greifen nicht sofort, sondern winkte jemanden zu sich. Während sich Arkanist Tyballin mit einer einfachen, viereckigen hölzernen Schatulle näherte, die durch ein Schloss gesichert war, hob Leyan die Hand zum Mund, und pfiff auf zwei Fingern zwei Töne, einer hoch, einer etwas tiefer. Und in dem Erstaunen des Trupps darüber, dass ein rotgolden schimmernder Drachenfalke sich den Weg von einem etwas höher gelegenen Platz innerhalb der Schwebenden Stadt direkt zu Leyan bahnte, indem er mit den kräftigen Flügeln schlug, und sich schliesslich in der Luft schwebend vor Dairean bewegte, verstaute Imenia Feuerblüte, Magistrix des Silberbundes, fast ungesehen das ominöse Relikt in der Seitentasche, die am Sattel des Greifen befestigt war.

Dairean schwang sich in den Sattel des Drachenfalken, dem die Kälte offenbar nichts auszumachen schien, beinahe zeitgleich wie Imenia sich auf ihren Greifen bequemte. Mit einem leisen „Ho“, gab er dem Drachenfalken einen kleinen Befehl und flügelschlagend erhob sich dieser in die eisigen Lüfte des Kristallsangwaldes. „Auf geht’s“, sprach er lauter, und dann erhob sich nach und nach ein Greif nach dem anderen in die Lüfte. Ylaria schlug ihre Kapuze zurück und drückte die Fersen in die Steigbügel, als ihr Greif die mächtigen Flügel ausstreckte, und schliesslich mit einem Satz vom Boden abhob. Sie nahmen ihren Kurs gen Westen auf.

XXXX
 
Dairean raffte die Zügel zusammen und knotete sie gekonnt an den Knauf des Sattels, auf dem er sass. Dann griff er nach dem kleinen, ledernen Beutel, der als einer der wenigen nicht festgezurrten Teile seiner Ausrüstung lose umher baumelte, öffnete ihn freihändig, und griff sich eine Prise des braunen Pulvers, welches sich darin befand. Obwohl sich unter ihm der Kristallsangwald auftat, und er in freiem Fall ungefähr 400 Meter gestürzt wäre, schien es ihn nicht gross zu kümmern. Sein Körper bewegte sich wohl von langen Übungen mit den geschmeidigen Bewegungen seines Drachenfalkens mit, und er konnte sich diese Aktion erlauben. Er war von sich selbst überzeugt. Selbst wenn er stürzen würde, Phönix &#8211; so hatte er den Drachenfalken getauft &#8211; war klug genug, um seinen Reiter aufzufangen, sollte er wider Erwarten doch herunterfallen.

Er entschied sich dafür, das geriebene Pulver aus getrockneten Blutdisteln die Nase hochzuziehen, sein Zahnfleisch war schon bräunlich genug. Langsam fiel ihm nämlich keine Erklärung mehr dafür ein ausser schlechten Zähnen, die er aber nicht hatte. Er zog an der Schnur, und verstaute den Beutel wieder dort, wo er hingehörte, nahm die Zügel erneut in die Hand.

Als die Blutdistel zu wirken begann und ein angenehm prickelndes Gefühl von seiner Nase aus in den Mund und von dort an in seinen Körper steig, signalisierte die Reiterin hinter ihm auch schon mit einer Geste, dass sie landen wollte. Dairean orientierte sich kurz am Sonnenstand, und schätzte, dass es ungefähr eine Stunde vor dem Höchststand war. Es war also bald Mittag. Und wie vorgesehen kam auch schon bald die Kristallschlucht ins Blickfeld.

Nur wenige Minuten später landeten sie auf einer kreisrunden Lichtung zwischen wenigen der kargen Bäume auf dem gelblichgrünen Gras. Dairean liess sich elegant von Phönix´ Sattel gleiten, und verknotete die Zügel erneut. Phönix würde sich nicht weit entfernen, denn er war gut erzogen. Bei den nach und nach landenden Greifen war er sich da nicht so sicher. Gerade der Greif von Himmelswispern machte offenbar Probleme, und fast schon wäre der Elf ohne sie weitergeflogen.

&#8222;Eh, Verian, machst du immer eine Ehrenrunde?", rief Ylaria spöttisch. Ihr Blick ruhte auf dem Elfen, der nach der endlich erfolgreichen Landung sich ziemlich unelegant im Steigbügel verhedderte, und fast auf den Boden fiel. In letzter Sekunde konnte er sich noch retten, strich sie die Haare in einer bemühten Geste zurück, und straffte sich etwas.

Dairean schmunzelte, und wandte sich ab. Die Elfe hatte ihre Blicke sowieso nicht auf ihm, was er etwas bedauerlich fand. Es war immer gut, in den Feinden eine Verbündete zu haben. Freundschaften zu schliessen, natürlich gespielt, halfen einem guten Spion, zu Informationen oder zu Hilfestellungen zu kommen. Er hatte sie erkoren, ihm eine Freundin zu werden. Doch vorerst musste er sich um etwas anderes kümmern. Er hatte schliesslich einen Auftrag im Auftrag.

&#8222;Lady Feuerblüte?" Er trat zu der Anführerin des kleinen Trupps hin, und schenkte ihr ein gewinnendes Lächeln. &#8222;Späher Sonnenhoffnung", erwiderte sie knapp und lächelte. &#8222;Wollt ihr hier länger rasten? Dann werde ich ein Feuer anzünden, und wir wollen etwas zu essen kochen."

&#8222;Nun, bald naht die Mittagsstunde. Ich dachte, dass wir die Hitze &#8211; wenn man es so nennen kann &#8211; ausnutzen, und dann zur Mittagsstunde wieder weiterfliegen. Wie lange schätzt ihr haben wir denn noch bis zur Zuflucht?" Sie verstaute irgendetwas in einer Satteltasche, und drehte sich ihm dann ganz zu. Mit einer Hand schlug sie die Kapuze zurück und löste den Knoten im Haar, der ihr das wilde Aussehen gab, strich sich alles zurecht. < Madame ist wohl eitel>, dachte er. Dann räusperte er sich, schlug die Augen höflich nieder. &#8222;Das ist eine gute Idee, Lady Feuerblüte. Ich muss wohl noch einmal mit Phönix in die Luft, aber ich denke, wenn ich es richtig im Kopf habe, dauert es noch ungefähr 3 Flugstunden, bis wir ankommen. Dann wären wir heute fünfeinhalb Stunden unterwegs gewesen. Eine Aufwärmübung für die Greifen. Morgen wird es dann anstrengender, wenn wir die Höhen erklimmen." Imenia nickte. &#8222;Nun denn. Lasst uns etwas Verpflegung zu uns nehmen."

Sie ging an ihm vorbei, und trat in den Kreis der Abenteurer, die bereits auf dem Boden Platz genommen hatten, wobei ein jeder auf einer Decke, dem Umhang oder gleich dem Sattel seines Tieres sass. Connell hatte sich darum gekümmert, dass alle ein Plätzchen gefunden hatten, und war nun dabei, die Tiere zu versorgen. Obwohl der Mensch roh und unhöflich schien, war er doch einigermassen gewandter im Umgang mit den massigen Tieren, auf denen sie ritten.

Dairean schmunzelte, wandte sich ab und begann, z wischen den Bäumen Holz aufzuklauben.

Das Hochgefühl, welches ihm die Prise Blutdistelstaub beschert hatte, hielt noch ein Weilchen an. Vor allem liess es ihn die Kälte besser vergessen. Er war sich der Kälte noch immer bewusst, doch war es nicht mehr der vorherrschende Gedanke in seinem Kopf. Stattdessen strich er hier und da herum, sammelte einen verdorrten Ast nach dem anderen. Getreu seiner Prinzipien immer noch wachsam, erlaubte er sich jedoch mit einem Teil seines Geistes etwas umherzuschweifen, dies und das zu denken. Einmal glaubte er ein hohes Lachen zu vernehmen, vom Lager her, und einmal kreischte auch Phönix nach ihm.

Als er wieder in die Runde zurücktrat, und wortlos einen Haufen Brennbares Material in die Mitte legte, schienen die anwesenden gerade in eine eifrige Diskussion vertieft. Während er das Holz zerkleinerte, und in dem aus Steinen geformten Ring aufschichtete, den wohl jemand klugerweise angelegt haben musste, tat er so, als bekäme er nichts mit.

&#8222;Wie kannst du sowas nur sagen", ereiferte sich Verian. &#8222;Tu nicht so, als ob du die Einzige wärst, die Familie verloren hat, Ylaria."

&#8222;Das hab ich doch gar nicht gesagt," erklang Ylarias hitzige Antwort. Leireth stocherte derweil mit einem Stock in der Erde herum. &#8222;Ich sagte nur, dass du ja noch Familie hast, du müsstest sie bloss überzeugen."

&#8222;Überzeugen.. Wovon? Du denkst doch nicht allen Ernstes, dass mein Vater sich überzeugen liesse. Er hat dieses Teufelszeug schliesslich auch konsumiert."

&#8222;Himmelswispern, ein jeder ist fähig zu erkennen, welch Verderbnis unsere Brüder und Schwestern eingegangen sind". Die Stimme Imenias erklang ruhig.

Tatsächlich aber hörte er jedes einzelne Wort klar und deutlich, spürte Nuancen nach, erforschte den Klang der Stimmen und verglich sie mit den Aussagen. Er konnte sich eines Schmunzelns nicht verwehren. Er hatte bisher nie das Vergnügen gehabt, verbliebenen Hochelfen zuzuhören, wie sie über seinesgleichen redeten.

&#8222;Aber sie selber. Weigern sie sich nicht, zu erkennen?" Verian blickte seine Anführerin an. Diese nickte bedächtig. &#8222;Ich komme öfters in Kontakt mit den verlorenen, die sich nun Sin´dorei nennen. Kinder des Blutes."

Brionna Tallys, die Menschenfrau, mischte sich ein, während sie die Hände aneinander rieb. &#8222;Gebt die Hoffnung nicht auf, Verian. Noch viel schlimmere Sünder haben zurück zum Licht gefunden. Und das Licht in seiner unendlichen Gnade wird ihnen verzeihen, und sie auf den rechten Pfad weisen." Fast schon simultan nickten Connell und Brionna. &#8222;Wahr gesprochen", erklang die sonore Bassstimme des Menschen. Brionna lächelte ihn an.

Verian seufzte lang gezogen. &#8222;Ich wünschte mir bloss, ich wüsste genau, was aus ihnen allen geworden ist. Ich habe nur Kenntnis, dass mein Vater überlebt hat. Was aus meinen drei Brüdern geworden ist, mag nur das Licht wissen. Aber ich vermute, dass zumindest der jüngste überlebt hat. Der Taugenichts war ja nicht mal im Militär."

&#8222;Dann lohnt es sich aber nicht für ihn zu beten", sagte Ylaria trocken, und hauchte sich in die Hände.

&#8222;Es lohnt sich für alle zu hoffen, dass sie ihren grossen Fehler erkennen. Dass sie sehen, in welch falsche Hände sie geraten sind. Sie sollten sich und die ewige Stadt von alleine ausliefern und kapitulieren vor der Allianz.", erklang da die Stimme von Leireth, die sich das erste Mal in die Diskussion einmischte. Verian wandte sich ihr sofort zu und lächelte sie strahlend an.

Während das Feuer langsam hochloderte, bemerkte Dairean erneut den wehmütigen Blick in Ylarias Augen. Verians Körperhaltung war Leireth zugewandt, die neben ihm sass, und er schien Ylaria zu ignorieren. Wäre die Wirkung der Blutdistel nicht langsam abgeklungen, hätte er vermutlich laut gelacht. So jedoch grinste er nur leicht, und stocherte in den Flammen herum. Eine klassische Dreiecksbeziehung. Elfe liebt Elf, der eine andere Elfe liebt. Na, wenn sich daraus nichts machen liesse.

&#8222;Da hast du allerdings Recht, Leireth." Verian versuchte den Worten mehr Gewicht zu geben, und sprach betont langsam. Je deutlicher Leireths Lächeln auf diese Bemerkung hin wurde, desto griesgrämiger blickte Ylaria.

&#8222;Wir dürfen aber auch nicht vergessen, dass sie Verräter sind.", warf schliesslich Imenia ein. Brionna fragte: &#8222;Verräter? Oh ja, das sind sie. Marschall Garithos hat gewusst, was er tat, als er sie einkerkerte. Man konnte ihnen von Anfang an nicht vertrauen, diesen Hoch..Ich meine.. Nun ja.. Ich meine diesem Sonnenwandererprinzen." Als sie ihren Fauxpas bemerkt hatte, wurde sie leicht rot. &#8222;Verzeiht, ich wollte niemanden beleidigen."

Dairean liess das Feuer Feuer sein, und erhob sich, lief zwei Schritte und setzte sich demonstrativ neben Ylaria. Er schenkte ihr ein &#8211; so wie er hoffte &#8211; freundliches Lächeln. Wie zufällig berührte sein Knie ihren Oberschenkel, als er die Beine zu einem Schneidersitz faltete. Ylaria erwiderte das Lächeln kurz, doch es war nur ein gespieltes. Der Blick und wohl auch ihre Aufmerksamkeit lagen immer noch auf Verian.

&#8222;Nun, wie ihr wisst hatten wir auch unsere Schwierigkeiten, nachdem der Sonnenbrunnen zerstört worden war. Selbst die wir in Sturmwind ansässig waren, spürten sofort, dass uns etwas fehlte", sagte Imenia zu der übereifrigen Priesterin, die immer noch rote Wangen hatte. < Ob die Kälte ihre Wangen zusätzlich rosig färbt?>. Dairean schüttelte ob des absurden Gedankens den Kopf.

&#8222;Ja, dies sah ich. Ich behandelte einige im Hospital, die kaum mehr einen vernünftigen Gedanken fassen konnten, oder die pure Schmerzen erleiden mussten." &#8222;Ich bestreite nicht, dass wir Hochelfen von der Magie in gewisser Weise abhängig sind. Sie durchtränkt uns, sie nährt uns, und sie macht einen Teil unseres Wesens aus. Dennoch waren wir nie so korrupt, dass wir..", Imenia wurde von Leireth unterbrochen. &#8222;.. auf diese verfluchte dämonische Magie angewiesen waren". Leireths Stimme klang bitter und gleichzeitig sehr wütend. &#8222;Verräter. Allesamt. Pack. Wie konnten sie uns alle bloss so betrügen? Und dann..". Es war schon fast beeindruckend, die Verwandlung mit anzusehen. Offenbar war von allen Anwesenden hier Leireth die Fanatischste. Ausgerechnet. Dairean musste sich eingestehen, dass er sie unterschätzt hatte. Er hatte diese Rolle eher der Anführerin zugedacht gehabt, doch nun präsentierte sich Situation ganz anders. Leireth redete sich in Rage. &#8222;Und dann schliessen sie auch noch diese unheiligen Allianzen! Diesen Pakt mit.. Mit dem Verderben. Mit den Naga.. Wie kann man nur.. Unsere Vorfahren würden sich im Grab umdrehen, wüssten sie´s. Wie der Prinz das Andenken seiner Dynastie beschmutzte und mit den Füssen trat. Eine Schande! Verräter allesamt!" Schnaufend beendete sie die Rede, während sie die Hand wieder in den Schoss legte, die in ihrem Monolog immer wieder wütende Kreise geformt, mit dem Zeigefinger gedeutet und die Faust geballt hatte.

&#8222;Sagt ihr eigentlich nichts dazu, Herr Sonnenhoffnung?", fragte sie Dairean dann direkt, blickte ihm in die Augen, die Wangen immer noch gerötet.

Alle Blicke richteten sich auf ihn.



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Ylaria wandte nach Leireths Frage ebenfalls den Kopf zu Leyan. Sie ärgerte sich sowieso über Verian, und beschloss spontan, den Elfen von nun an mit Nichtbeachtung zu strafen. Sie strich sich eine Strähne des Haares hinters Ohr, natürlich vergebens, denn es rutschte sofort wieder nach vorne. Sie seufzte leicht in die Stille hinein, die sich breit machte.

„Nun“, setzte der Angesprochene an, nachdem er mit dem Stück Holz, welches er in der Hand hielt, noch einmal im Feuer rumgestochert hatte. Ylaria drehte auch den Körper nun gegen ihn, und wurde leicht rot, als sie unbeabsichtigt ihren Oberschenkel an sein Knie drückte. Er schmunzelte ihr kurz zu, dann fuhr er sich mit zwei Fingern über das Kinn, leicht reibend.

„Verrat haben unsere Brüder und Schwestern begangen, das ist unbestritten. Töricht ist es, denen zu folgen, die nur Verrat und Leiden bringen können. Wir müssen uns auf die eigene Stärke verlassen können, wir müssen zusehen, dass wir uns wieder aufraffen, anstatt liegenzubleiben und zu jammern, dass wir verraten wurden.“ Er hob den Kopf leicht an, und bald erklangen die Worte mit einer entschlossenen Überzeugung. Er blickte jedem der Anwesenden einmal in die Augen. Auch Ylaria spürte zuletzt seinen Blick auf ihr, und kurz verharrten sie so. Sein Schmunzeln verwandelte sich in ein Lächeln. Ylaria wurde leicht rot, und brach den Blickkontakt als Erste ab.

„Aber was macht es für einen Sinn zu debattieren. Wir sollten lieber versuchen, die Abtrünnigen zu überzeugen davon, was das Wahre, das Einzige Gute ist, für uns Elfen. Wir müssen mit gutem Beispiel vorangehen. Wir können nicht leugnen, dass der wiederbelebte Sonnenbrunnen uns wieder Kraft gibt. Zumindest.. ich spüre es. Schliesslich sind wir ein Volk, und wir haben genug gelitten. Die Abtrünnigen sollten sich uns wieder anschliessen.“ Die letzten Worte sprach er etwas leiser, und fast wirkte er nachdenklich. Stille legte sich wieder über den kleinen Kreis an Kampfgefährten, ehe Leireth schliesslich in die Hände klatschte, und lächelte. „Ihr habt es so schön poetisch formuliert, Her Sonnenhoffnung, da habt ihr Recht. Die törichten Blutelfen werden sich uns wieder anschliessen! Oder sie werden sterben, sterben bei dem Versuch, sich bei diesen Wilden gut zu stellen, und schliesslich sterben unter dem Ansturm der glorreichen Allianz!“ Imenia nickte, und sagte: „So soll es sein.“

Leyan kommentierte die letzte Aussage nicht, liess das Schmunzeln erneut in seine Miene wandern, und stocherte wieder mit dem Ast im Feuer herum.

„Könnt ihr das Gequatsche nicht mal lassen?“, maulte Connell. „Ich bin hungrig. Dafür haben wir doch einen Halt gemacht, oder?“ Ylaria musste lachen. „Wo ihr Recht habt, Herr Hammerschmied“, sagte sie, stand auf, und ging zu einem der Transportgreifen, holte für alle Brot und Käse heraus, und fing an, die Lebensmittel gerecht zu verteilen. Connell brummelte noch irgendetwas darüber, dass es nichts Warmes gäbe, doch dann gab er sich seinem Schicksal hin, und verschlang seine Ration in mehreren grossen Bissen, ohne grossartig zu kauen.

Ylaria setzte sich schliesslich wieder neben Leyan und reichte ihm seine Portion. „Danke“, sagte er, und ihr schien, als würde er sich etwas entspannen. Das war merkwürdig, befand sie, denn warum hätte er angespannt sein sollen? Sie beugte sich etwas zu ihm, und flüsterte leise: „Droht uns eine Gefahr?“

Leyan zog eine Augenbraue hoch. „Eigentlich nicht. Habt ihr etwas Verdächtiges bemerkt?“ Ylaria schüttelte den Kopf und biss etwas von dem Käse ab. „Nein, eigentlich nicht, doch ich dachte mir gerade, dass ihr doch etwas arg angespannt wirktet.“ „Ich bin immer wachsam, M´lady“. Er schmunzelte. „Aber tatsächlich war ich etwas angespannt.“

Ylaria verzog leicht das Gesicht, als sie den pappigen Käse herunterschluckte. Er war nicht gerade von bester Qualität. Vor allem war er viel zu fade, wenn es nach ihr ging. Er würde zwar dem Gaumen der menschlichen Gefährten munden, doch für elfische Geschmacksknospen war er zu wenig speziell.

Sie spülte den Bissen mit einem Schluck aus der Feldflasche herunter.

„Aber warum denn?“, fragte sie schliesslich.

„Ich bin kein guter Redner. Ich bin Kämpfer und Kurier. Kein Redner.“ Auch Leyan biss vom Käse ab, der ihm wohl besser schmeckte als ihr, denn er nahm sogleich einen zweiten Happen.

„Ach, das bin ich doch auch nicht. Aber darum geht es doch nicht unbedingt, oder? Sind ja keine politischen Reden oder so.“

„Nein.. Wahrlich nicht.“, erwiderte er wortkarg und zerriss das Brot in zwei Stücke.

Ylaria versuchte noch ein paar Mal, das Gespräch auf irgendwelche banalen Themen zu lenken, doch weder Leyan noch der Rest des Trupps hatten scheinbar Interesse daran, sich zu unterhalten. So rückte sie etwas näher zum Feuer, und wärmte sich die Hände.



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Erneut einige wunderbare Teile. Ich lese deine Geschichte unheimlich gerne!
Ich kann mir den Mangel an zustimmenden Kommentaren nur dadurch erklären,
dass niemand deine Geschichte unterbrechen will.
 
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