Die Verderbnis in mir.

Fischbrot

Rare-Mob
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22.11.2007
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Die Sonne stand hoch über den Wiesen Mulgores. Es war ein ungewöhnlich warmer Tag in Kalimdor, als Wulfgard seine Augenlider, noch träge vom Schlaf, aufschlug und über seine geliebte Heimat blickte. „Kann es einen schöneren Ort geben?“ fragte er sich selbst halblaut und genoss den Anblick des saftigen Grünes, dass die Ebene der Tauren durchzog. Angelehnt an eine große Eiche verweilte er noch einige Zeit, ehe er sich unter einem Ächzen erhob. „Du wirst alt...“ dachte er, als er das Knacken seiner morschen Gelenke hörte.
Es war der fünfte Tag gewesen, den er in seiner alten Heimat verbrachte. Er hatte eine Auszeit benötigt. Er musste sich regenerieren. Die vielen Gefechte, der stetige Tot und Zerfall und der Kampf gegen die Verderbtheit hatten ihn ausgelaugt. Es war nur eine Frage der Zeit, bis seine Energien entgültig erschöpft waren und in der letzten Schlacht gegen die Geißel im verlorenen Stratholme passierte es schließlich. Er war mit seinen Gefährten bis zu Baron Rivendare vorgestoßen und läuteten den letzten Kampf in der Geisterstadt ein. Kurz bevor die Gruppe den Untoten Ritter bezwingen konnte, brach Wulfgard beim heilen ihres Kriegers Darugon bewußtlos zusammen. Der Baron nutzte diese Gelegenheit und stürzte sich auf den Tauren. Er schnitt eine tiefe Wunde in sein seine rechte Flanke. Zwar konnte der Baron noch bezwungen werden, jedoch war Wulfgard dem Tode Nahe. Nur dem Einsatz seiner Gefährten war es zu verdanken, dass er überlebte. Die Priester, Schamanen und Druiden seiner Gilde behandelten ihn mehrere Monate, doch war nie sicher, ob er je aus seiner Ohnmacht erwacht oder nicht. Vor einigen Wochen schlug er endlich die Augen auf. Noch immer schwach und benebelt vom langen Schlaf, pflegten ihn seine Gildengefährten. Schließlich war er vor einer Woche endlich stark genug, um eigenständig laufen zu können. Sein erster Wunsch war es seine Heimat zu sehen. Die grünen Wiesen Mulgores gaben ihm immer Kraft, so auch diesmal.
Fünf Tage ist sein Erwachen jetzt schon her und noch immer ist er geschwächt von seiner Wunde. Zwar weiß er als Druide, um die Heilwirkung der Naturmagie und auch diverser Kräuter die in seiner Heimat wachsen, aber er wollte von selbst genesen. Sein Körper würde ihm sagen, wann er wieder vollständig gesund war. Bis zu diesem Zeitpunkt würde er jede Minute in Mulgore genießen.
Langsam trottete er den Hügel in Richtung des Dorfes der Bluthufe hinunter, um sich am Steinbullensee zu erfrischen. Er schlief gern unter freiem Himmel. Häuser beengten ihn nur. Viele im Dorf wunderten sich darüber, dass jemand freiwillig draußen blieb, wenn er doch die Möglichkeit einer Überdachten Nachtstätte hätte. Der Taure entgegnete darauf meist den Satz: „Wer einmal den Sternenhimmel bewusst betrachtet, der will kein Dach mehr über sich, außer das der Welt.“
Nachdem er an einigen Ebern vorbeilief, die in der trockenen Erde nach Nahrung suchten, erreichte er die Wasserstelle. Er ging bis zum Ufer und kniete sich davor. Mit seinen zu einer Schale geformten Händen schleuderte er sich einen Schwall Wasser ins Gesicht. Kalt und zugleich erfrischend zog sich das Wasser durch sein Gesichtsfell und seinen Bart. Wulfgard schloss die Augen und tauchte sein Gesicht gänzlich unter die glitzernde Wasseroberfläche des Sees. Es war sein Morgenritual, dass er, seit er denken konnte, nahezu jeden Morgen durchführte. Wenn er es einmal auslassen musste, da einfach das Wasser fehlte oder seine Gefährten wenig Verständnis für die Gewohnheiten des Tauren hatten, war er den ganzen Tag über träge und müde. Er war einfach ein notorischer Langschläfer der nur schwer in die Gänge kam.
Ruckartig warf Wulfgard seinen Kopf in seinen breiten Nacken und richtete gleichzeitig seinen Oberkörper wieder auf. Er schüttelte sein Haupt, um das überschüssige Wasser los zu werden. Das Übrige Nass presste er mit seinen Händen aus seinem Bart und nahm danach einen Kräftigen Schluck aus dem Steinbullensee. Mit seinem Arm wischte sich der Druide den Mund trocken und machte sich auf den Weg nach Donnerfels. Ein Gildenfreund wollte ihn heute besuchen und gegen ein wenig Gesellschaft hatte er nichts einzuwenden. Der Taure entfernte sich vom Ufer des Sees und ging langsam in Richtung des Großen Plateaus, dass er schon von weitem erkennen konnte. Er würde nicht länger als eine Stunde brauchen. Gerade malte sich der Taure aus, was er heute wohl zu sich nehmen würde, als er einen stechenden Schmerz in seiner rechten Flanke war nahm. Instinktiv presste er seine Rechte Hand gegen die Stelle, an dem seine Wunde langsam verheilte. Der Schmerz war nicht stark aber unangenehm. „Verdammt. Dabei hatte ich in den letzten Tagen keine Probleme mehr.“ fluchte der Druide und blieb stehen, um tief Luft zu holen. Er atmete drei Mal tief ein und aus. Weg. Der Schmerz war wieder gegangen. Erleichtert seufzte Wulfgard und setzte seine Reise nach Donnerfels fort.
Keine zwei Meter weiter, brach der massige Taure zusammen und blieb bewusstlos auf dem Boden liegen. Kurz vor seinem Zusammenbruch hörte er eine leise Stimme. „Hast du mich vermisst?“

„Wo bin ich, was ist passiert?“ Wulfgard öffnete seine Augen und erblickte das Gesicht eines ihm sehr gut bekannten, grünhäutigen Orcs. „Du bist auf der Straße nach Donnerfels zusammengebrochen. Ein junger Jäger hat dich gefunden und zurück ins Dorf der Bluthufe gebracht. Allerdings konnten die Schamanen dort keine äußeren Verletzungen feststellen.“ „Und wo bin ich jetzt und wieso bist du überhaupt hier?“ „Na ja, da du nicht in Donnerfels aufgetaucht bist, hab ich mich auf die Suche nach dir begeben. Als ich in Bluthuf ankam erkundigte ich mich nach dir und mir wurde gesagt, dass man dich bewusstlos auf der Straße gefunden hat. Da dir die Heiler im Dorf nicht weiterhelfen konnten, habe ich dich nach Orgrimmar geschafft. Tja das war vor zwei Tagen.“ „Zwei Tage?" Wulfgard erinnerte sich langsam wieder was mit ihm passiert war. Er spürte einen Schmerz, dort wo seine Wunde war und dann dieser Satz, der ihm durch den Kopf ging, kurz bevor er zusammenbrach. "Dabei ging es mir heute morgen... ich meine am Morgen vor zwei Tagen noch gut. Was ist nur mit mir los Darugon?“ Der Orc schüttelte mit dem Kopf und stand von seinem Schemel auf, der neben Wulfgards Bett stand. „Wenn ich es wüsste, würde ich es dir sagen.“ Er nahm sich den großen Tonkrug von der Kommode, die am anderen Ende des Raumes stand und füllte eine Schüssel mit Wasser. „Hier, damit du aufwachst.“ lächelnd reichte der Krieger Wulfgard die Schüssel mit Wasser.
Die beiden kannten sich jetzt schon ewig. Das erste mal sind sie im Brachland aufeinander getroffen, als Darugon gerade mit einigen Stachelebern kämpfte. Wulfgard war nur zufällig in der Gegend. Er wollte nach Orgrimmar, um einige Besorgungen für seinen Ausbilder Tonga Runentotem zu machen. Dabei musste er durch das Gebiet der Stacheleber und erspähte dort in der Ferne, einen kleinen grünhäutigen Orc, der sich mit vier Stachelebern gleichzeitig prügelte. Da ihm sein Ausbilder immer sagte, dass ein Druide stets auf die anderen Acht geben muss und ihnen helfen soll, wo er nur kann, rannte Wulfgard so schnell er konnte zu dem Orc. Er war noch gut 10 Meter von Darugon entfernt, da schlug der schon dem letzten Stacheleber voller Inbrunst den Schädel ein. Als der Taure dann endlich bei der von Schnitten und Kratzern übersäten Grünhaut angekommen war, hatte der sich schon auf den harten Boden gesetzt und mampfte genüsslich ein Stück gebratenes Eberfleisch. Völlig außer Atem fragte Wulfgard ihn, ob er denn keine Schmerzen hätte und er ihn nicht heilen sollte, doch der Krieger winkte ab und sagte „Das sind keine Schmerzen, dass ist das Gefühl des Sieges!“.
Nachdem Wulfgard sein Morgenritual beendet hatte, versuchte er langsam aufzustehen. „Es geht schon wieder. Mir ist noch etwas schwindelig aber das geht vorbei.“ „Das will ich dir auch geraten haben, du hast schon genug Zeit verloren.“ sagte Darugon und reichte dem Druiden einen Briefumschlag. „Was ist das?“ fragte dieser verdutzt und nahm den gelblichen Umschlag. „Hat ein Kurier gestern für dich abgegeben. Schau mal auf den Absender.“ Wulfgard drehte den Umschlag auf die andere Seite. „Erzdruide Hamuul Runentotem.“ las der Taure halblaut. „Was will Meister Hamuul von mir? Ich habe meine Ausbildung doch schon lange abgeschlossen.“ „Was fragst du mich das? Mach lieber den Brief auf und sag mir was drin steht.“ sagte Darugon und setzte sich wieder auf den Schemel neben dem Bett.
Wulf brach das Briefsiegel und zog ein Stück Pergament aus dem Umschlag. Er las den Brief. Er las den Brief ein zweites mal. Er las ihn ein drittes mal. Seine Augen wurden immer weiter, je öfter er die Buchstaben las. „Was ist los? Wieso schaust du so?“ fragte Darugon, der Wulfgards Gesicht ansah, dass in dem Brief nichts Gutes stehen konnte. „Keine Zeit für Erklärungen. Wir müssen zurück nach Donnerfels, ich muss mit Meister Hamuul persönlich reden. Dieser Brief kann nicht von ihm sein. „Wieso denn? Was steht denn in dem Brief?“ Wulfgard reichte dem Krieger das Stück Pergament. Darugon nahm es mit seinen großen Händen und las einen einzelnen Satz. „Hast du mich vermisst?"
 
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