[Poem/Serial] Ein Augenblick Ruhe zum Nachdenken

Al Fifino

Rare-Mob
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18.08.2007
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Der Titel ist Thema. Es wird mal wieder Zeit, mehr zu schreiben - und wenn es schon bei meinen Geschichten nicht so voran gehen mag, wie ich es gerne hätte, dann kann ich doch zumindest die Gedichte präsentieren, die ich immer wieder aus dem Ärmel schüttele.

Kritik ist natürlich gerne gesehen - ich würde mich sogar darüber freuen.
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Moderne Arbeit

Die Augen, jadegrüne, zwinkern mich ganz verschmitzt an.
Ich kann nicht anders als seufzen, während ich leise sage:
"Du kennst ja die Prozedur; setz dich bitte wieder dran."
Ihr Mund fängt jetzt an zu lächeln; er formt die alte Frage:

"Bis wann soll es fertig sein?" Und ihr Gesicht strahlt dabei
In tausendfacher Farbenpracht; sie ist ein teures Modell.
"Ist mir egal", brumme ich. "Ich habe für heute frei."
Das habe ich praktisch immer. Zur Antwort lacht sie nur hell.

Ich wende mich wütend ab, voll Ekel, Eifersucht steigt.
Ekel vor dieser PC-Frau, den falschen Emotionen.
Eifersucht auf ihren Dienst, der mich in den Wahnsinn treibt.
Alles ist vollautomatisch, alles in den Regionen.

Als ihre Stimme erklingt und glockenhell spricht: "Fertig!",
Spüre ich nur noch meinen Herzschlag. Er rast.
Ich kann nicht von hier weg, andernorts ist Krieg,
Aber ich muss fort! Fort von dieser Last!
Fort von hier, fort von ihr, fort!

"Gibt es noch etwas zu tun? Ich möchte noch mehr schreiben!"

Ich starre geradeaus, ich spüre des Hasses Treiben,
Ich fühle, wie mein Blut kocht,
Entflammt wie der Kerze Docht,
Dann brennt in mir, lichterloh.
Ein wirres Grinsen - ich bin froh.

Ich wirble herum,
Tastatur in der Hand,
Schlag zu, schlag zu,
Außer Rand und Band,
Mit wütender Zunge,
Mit schreiender Lunge,
Das Lächeln verschwindet,
Es weicht dem Entsetzen,
Als das Kabel rausreißt,
Leitungen zerfetzen -

Und ihr Antlitz schimmert in vollkommner Pracht.
Dann verschwindet es wie der Tag in der Nacht.

Ich fühle, wie mein Blut erkaltet,
Wie der Docht zuende geht.
Das pure Chaos hat gewaltet,
Nichts mehr auf dem andern steht.

Ich setze mich hin, ich atme aus. Der Albtraum ist überstanden.
Ich nehme Zettel und Stift zur Hand, und fange an zu schreiben.
Schluss ist jetzt mit der Technik, Schluss mit diesem fremden Treiben.
Ich schreibe Gedichte wieder selbst, weil sie sich an mich banden.
Denn keine Maschine, noch so gut, noch so perfekt erdacht
Wird je meiner Fantasie beikommen - endlich bin ich erwacht.
 
Gestern aus dem Ärmel geschüttelt:
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American Football

"Hoart geht's her auf diesa Welt,
Wer net oarbeit', hoat ka Geld,
Wer ka Geld hoat, hoat ka Haus
Un' schläft auf dä Parkbänk draus.

Un' wer auf dä Parkbänk pennt,
Niemoals nach däa Oarbeit rennt,
Dem wird's a net bessa gehn,
Des koannst an dem Penna sehn.

Hoarch, i soch dia, für die Welt
Braucht's meah als nur Haus un' Geld.
Dafür braucht's paar gscheite Leit,
Die a draufhaun morng un' heit!

Seiche Leit wie bei dä "Futbol",
Woas die Amis könna so doll,
Wo sich's haua und berammeln
Un' dann aufm Bodn rumgammeln.

Seiche Leit, die sin' bei uns
Kla un' dick un' recht famos,
Mänätschä vo Gschäft un' Bank -
Seiche Leit, die braacht das Land!

Des sin' nämlich jene Leit,
Die rumrammeln, und a gscheit
Ihre Ellabong benutz'n,
Un' annern die Flüchl stutzn.

Drum, mei Freind, sei du a gscheit,
Kör a moal zu deena Leit,
Hau gscheit drauf auf diesa Welt,
Doann hoast a a gscheites Geld!"

Die Moral von der Geschicht:
Einen Franken fragt man nicht,
Was sich auf der Welt gehört -
Denn die Wahrheit, die verstört...
 
Idee

In Gedanken versunken stehe ich hier.
Zigtausend von ihnen schwirren in mir,
Sie flüstern und wispern, schreien und kreischen,
Wollen allesamt Aufmerksamkeit erheischen,
Und doch sticht einer von ihnen hervor.
Ich schlage mir gegen den Kopf, schallt mich Tor,
Und lache dabei, und juble, und gleich
Geh ich zufrieden in den Arbeitsbereich.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Sehr schöne Gedichte. Gefallen mir sehr gut.

Die Idee ein Gedicht auf Fränkisch zu verfassen ist sehr interressant, auch der Inhalt ist sehr geradelinig und passend.

Das Gedicht über die "Idee" gefällt mir am besten, denn ich konnte mich dabei am besten hineinversetzen und mir vor Augenhalten, wie das auch bei mir ist.


Auf jeden Fall alle Daumen hoch und ich hoffe auf weitere "Ideen" die herausstechen und ebenso interressant sind.


Mamasus
 
Sorry für die Wartezeit, aber heute gibt es ja zum Glück neuen Lesestoff.
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Kinderfreuden

Die Zeit verfliegt. Ich dachte noch,
Die Bäume hätten Blätter;
Jetzt stehn sie kahl und kalt herum,
im windgepeitschten Wetter.
Der Frühling ist vergangen,
Der Winter hält Einzug.

Ich hasse Schnee. Ich weiß, warum:
Kalt, feucht, gefrornes Wasser.
Ich bleibe lieber innen drin,
Als treuer Winterhasser.
Und draußen, vor dem Haus,
Seh ich Kinder spielen.

Sie tollen fröhlich lachend hin,
Dann her, schmeißen mit Bällen.
Bei der Schneeballschlacht gewinnen
Die Jungs, in vielen Fällen.
Dann fahren sie Schlitten,
Den nächsten Hang hinab.

Ich schaue auf, lege das Buch
Bedächtig weg, und lächle.
Ich ziehe Jacke, Schuhe an,
Mit meinem Hass ich breche.
Denn was ich einmal war,
Kann ich noch immer sein.
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Gottesandacht

Des Herren weite Wege sind unergründlich gleich,
Kein Mensch kann sie je wissen, denn sie sind Gottes Reich.
Des Herren weite Wege führen stets an sein Ziel,
Kein Mensch kann's selbst bestimmen. Es ist, wie's Gott gefiel.
Des Herren weite Wege führen durch Schmach und Pein,
Kein Mensch soll sich beklagen. Wer hindurch geht, ist rein.
Des Herren weite Wege bieten sich mir nicht dar.
Wer nicht dran glaubt, ist freier, als Christ es jemals war.
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Firmament

Der Himmel weit und offen, gepriesen seist Du mir!
Ich kann und mag nur hoffen, dass ich dich einst berühr,
Dich, deine holde Schönheit, mein einziges Metier,
Die meine Seele befreit, voll Lob ich vor dir steh!

Oh Sonne, prächtig und groß, du strahlend heller Stern!
Wenn ich dich seh, nackt und bloß, verglühen möcht' ich gern!
Du größte Pracht von allen, du Weltenwunder gleich!
An Dir find ich Gefallen, an Dir und deinem Reich!

Ihr Sterne, funkelnd Antlitz dieser unserer Welt!
So hell wie ein donnernd Blitz, wertvoller als all Geld!
Euch sehe ich als viel mehr, gar als mein Lebensglück!
Ihr alle seid mein Begehr, zu Euch ich gern entrück!

Ach, könnt' ich armes Wesen, der ich Euch hab so lieb,
Euren Anblick erlesen, wenn auch nur wie ein Dieb,
Gar flüchtig und von nahe genießen voll und ganz!
Ich legt mich auf die Bahre zum letzten, Totentanz.
 
Man kann, man will

Ein jeder kann, ein jeder will,
Man kennt es, sieht's, wohin man blickt,
Und doch, so weit dem Blick entrückt,
Geschieht ja nichts.

Man hört es laut, hört es ständig,
Man kann, man will! Man ist schon dran!
Natürlich will man, klar, man kann!
Es passiert nichts.

Leere Versprechen, Worte. Klar!
Wir wissen, ja, man kann, man will!
Es ist ein altbekannter Drill.
Es tut sich nichts.

Wie sehr hasse ich diese Worte:
"Klar, man will, na klar, man kann!"
Wann man sich wohl zuletzt entsann,
Was das denn heißt?
 
Eisige Kälte

Die Kälte scheint nach mir zu greifen,
Lange Finger schließen sich
Um meinen Arm, und um mich.
Sehe die Schneeflocken reifen,
Wie sie all das Glas hier schmücken,
Und mit ihren tollen Formen,
Mal als Rudel, mal verloren
Über das Fenster hinrücken.
Ich schwöre, wäre mir nicht bange,
Hätte ich noch einen Grund,
Statt in den hässlichen Schlund
Zu sehn, zum Fenster zu gelangen,
Wahrscheinlich könnte ich doch noch
Etwas Frieden für mich finden.
Die vielen Wölkchen verschwinden,
Ziehn von meinem Mund zum Loch
In der Decke. Kalt ist es hier,
Wie ich so daliege, frierend,
Und nun Wärme in mir schürend,
Befreit von all Hab und Gier.
Ich spüre sie, die Kälte. Jedoch
Sehr zu meiner Schadenfreude
Wird sie morgen und auch heute
Nicht zu mir steigen durch das Loch,
Das ich nur als Schlund empfinde.
Schneeflocken. Sie sind gelinde
Gesagt schlichtweg wunderschön.

Ich hoffe, trotz der bittren Kälte,
Morgen auf ein Wiedersehn.
 
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