Namenlose Helden

dragon1

Raid-Boss
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Diese Geschichte wird wahrscheinlich mehr Sinn für die ergeben, die Star Control 2/The Ur Quan Masters gespielt haben.
Das Spiel war DAS Spiel meines Kinderalters, und als ich es vor kurzem wieder heruntergeladen habe, ist mir aufgefallen wie ungerne ich auch nur ein einziges namenloses Mitglied meiner Crew sterben lasse.
Deshalb habe ich diese Kurzgeschichte einem von ihnen gewidmet.

Namenlose Helden



Das Pochen von Blut in den Schläfen.

Laute Schritte.

Die schrille Alarmglocke.

All diese Geräusche vermischen sich, als ich und elf weitere Crewmitglieder in den Landerraum laufen.

Einer nach dem Anderen betreten wir den Lander und nehmen unsere Positionen ein.

Ich sitze am Steuerpult, doch von all den Missionen, auf denen ich schon war, habe ich eins gelernt.

Sobald die Atmosphäre durchdrungen ist, gibt es keine Positionen mehr.

Nur noch den Kampf ums überleben.

Und manchmal bedeutet es dann auch, den Lander alleine zu führen.



Das gewohnte Zischen, der Druck der Sicherheitsgurte gegen den Oberkörper und die Schmerzen in den Ohren, als wir die Atmosphäre betreten.

Das ist fast schon Routine für mich, aber ich erinnere mich ganz genau wie ich mich damals gefühlt habe, als ich zum ersten Mal vor 2 Jahren auf eine Mission gegangen bin.

Ich werfe Rekrut Thomson einen kurzen Blick zu und zwinge mich zum Lächeln.

„Der erste Flug ist immer der Schlimmste."

Schon jetzt sieht der Junge ziemlich verängstigt aus.

Er tut mir leid.

Er hat keine Ahnung was auf ihn zukommt…



„ALLE FESTHALTEN!"

Ich verziehte keinen Muskel in meinem Gesicht.

Der Aufprall und das damit verbundene Schütteln dreht einem den Magen um, aber nach den ersten paar Flügen gewöhnt man sich daran. Irgendwo in der Nähe höre ich einen unterdrückten Schmerzenschrei.

Das ist erst der Anfang.

Und den Privelieg uns Zeit zu lassen haben wir nicht.

Die Motore brüllen los, ich aktiviere die Radare und unsere interaktive Karte.

„Kontrollzenter aktiv. Wir haben die Landung unbeschadet überstanden. Report Ende."

William hat seine Position wie immer am schnellsten erreicht und überprüft jetzt laufend sämtliche Daten, die das Schiffsystem uns sendet.

Ein verlässlicher Bursche und ein alter Freund, mit ihm haben wir damals die erste Mission durchgeführt.

Die anderen Crewmitglieder brauchen etwas länger, doch wenn man bedenkt wie unerfahren Sie sind und welches Ausmaß diese Mission hat, schlagen sie sich sehr gut.

Innerhalb der nächsten 10 Sekunden sind alle Funktionen besetzt und ich ziehe den Hebel durch.

Mit einem lauten Geräusch fährt der Lander los und hinterlässt eine riesige Staubwolke.



In der Ferne schlagen Blitze ein. Ich merke wie unkompfortabel sich die Neulinge bei dem Anblick fühlen und grinse bitter.

Nein, dieses sind bei weitem nicht das, was man als „Horror" bezeichnen kann.

„Kurs um 20 Grad nach Norden. Stooop!"

Der Lander bremst abrupt mit einem Knopfdruck, was dazu führt dass Rekrut Thompson gegen die Wand geschleudert wird.

Ich schüttle mit dem Kopf. Er wird nicht eine einzige Schockwelle überleben können.

Cedrick, Karl und John rennen an mir vorbei. Mit erfreulicher Präzision und Geschwindigkeit betätigen sie die komplexen Mechanismen, die der Lander zum extrahieren von seltenen Mineralien verwendet.

Wir fahren zum nächsten Punkt.



„Alle auf ihre Plätze. Tektonische Aktivität der Klasse 5. Elektrostatischer Sturm der Klasse 3. William, Notschilde Betätigen. Thompson… schnall dich an."

Als Dienstältester hängt hier alles an mir. Ich aktiviere den direkten Lenkmodus und ziehe den Fahrerhelm mit Elektronischer Anzeige an. In diesem Augenblick soll mich nichts ablenken können.

Wir beschleunigen stetig, und wir ich beginne die Erschüttung der Erde vor uns spühren, noch bevor die Wellen auf meiner Anzeige registriert wurden.

Ich lecke meine trockenen Lippen.
Lass uns tanzen.



Scharfe Kurve nach links und die Erdplatte fliegt direkt am Lander vorbei.

Die Vollbremsung lässt mich fast den Magen entleeren. Ich nehme an dieses Schicksaal hat einige der Neulinge erwischt, doch mit dem Helm an höre ich nur den Bordcomputer.
Während ich den Flammen und Erderschüttungen ausweiche, habe ich nur ein Ziel im Sinne.

Das Biest.



Der Radar schlägt Alarm.
So schrill hat er noch nie geläutet, immer und immer lauter. Ich nehme den Helm ab.

Der Anblick ist erschreckend. Selbst aus der Entfernung merkt man, wie riesige das Biest ist.

Ich teile Befehle aus.

Gefährliche Befehle, doch die Crew folgt ihnen ohne zu fragen.

Einerseits weil sie nicht den vollen Ausmaß der Gefahr kennen, doch auch so ist jeder von ihnen bereit, sein Leben für die Alliance zu lassen.

Als alle auf ihren Kampfpositionen sind, übergebe ich Willson das Kommando.

Jetzt liegt es an mir und Cedrick, der sich in die Kampfkapsel gesetzt hat und jetzt die Maschienkanone bedient.

Ich setze wieder den Helm auf. Der Rest der Welt verschwindet. Nur noch die bebenden Erdplatten, die Risse im Boden, die Flammen. Und das Monster, das jetzt wütend auf uns zurennt, während es eine Salve nach der anderen einsteckt.

Noch kann ich mich nicht darauf konzentrieren. Das Radar warnt mich vor einer Hitzewelle und ich weiche in letzter Sekunde aus. Ich vermeide eine tektonische Platte, doch diesmal gibt das Radar zu spät ein Signal und wir werden von einer Schockwelle erfasst. Das Schiff dreht sich beinahe um, es drückt mich noch stärker in den Fahrersitz. Ich beschleunige, und fahre direkt auf das Monster zu, das Haushoch über uns hinausragt. Wozu der Kapitän es braucht weiß ich nicht. Doch wenn er es sagt, wird es wichtig sein müssen. Er ist die letzte Hoffnung der Menschen. Und nicht nur das. In den letzten 2 Jahren der Reise sind wir auch gute Freunde geworden.

Der Lander erreicht maximale Geschwindigkeit. Wenn ich mich verkalkuliert habe, sind wir alle tot. Ich schlucke runter. In nur noch wenigen hundert Metern stellt sich das Biest auf die Hinterbeine und holt aus. Ich unterdrücke den Instinkt auf die Bremsen zu steigen.

Tausende Treffer. Es beginnt zu taumeln, verfehlt den ungeschickten Schlag. Wir sind endlich daran vorbei und es fällt um, was die Erde nochmal erschüttet.

Ich drehe um und fahre näher. Der Radar gibt mir ein Signal, doch es ist zu spät. Wir fahren direkt durch einen Flammenstrahl. Das Schild macht das vertraute summende Geräusch, und ich wische mir den Schweiß von der Stirn, als ich den Helm runternehme. Die Flammen wurden abgewehrt.
Aber das ist kein Grund zu feiern. Während das Schiff still steht und die Kompanie die Netze und Seile verschießt, um das Monstrum auf das Mutterschiff zu bringen, besichtige ich die Schäden.

Am Schiff sind diese nur minimal.

William klettert vom Geschützturm runter. Er schaut betrübt drein.

„Statusbericht. Die Schockwelle hat uns 2 Leute gekostet. Cedrick war so sehr auf das Biest konzentriert, dass er alle Sicherheitsvorkehrungen ignoriert hat. Es hat ihn beinahe in 2 Teile gebrochen."

Ich spucke auf den Boden. „Und der 2.?"

„Der neue."

Ich gehe zum Jungen, der an die Wand gelehnt sitzt. Seine Augen sitzt geschlossen, er atmet nicht mehr.

„Genickbruch."

Ich nicke.
„Alle in ihre Sitze. Sicherheitsgurte aktivieren. Wir verlassen den Planeten."



„Mission Erfolgreich. Es gab 2 Tote."

Der Kapitän seufzt.

„Ich teile dir 2 Personen aus der Kampfcrew zu. Wir brauchen dringend Mineralien. In 3 Wochen docken wir beim nächsten Planeten an. Tu was du kannst, um sie am Leben zu halten."


Und das werde ich.








Falls es jemanden interessiert, so schaut das ab 2:07 dann tatsächlich im Spiel bei einer Landung aus:

https://www.youtube.com/watch?v=EjQdT53aBJo&feature=player_detailpage#t=122
(Hier nur Tektonik und Hitze, keine fremden Lebensformen)
 
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