Das Tor zur neuen Welt (4)

Dencarion

Rare-Mob
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Hinter mir ertönte ein gewaltiges Krachen. Doch vollkommen hilflos wie ich in meiner derzeitigen Gestalt war konnte ich mich nicht umschauen.
„Määäh, määh!“
Naja, wenigstens kein Schwein. Ich hatte schon einmal die begehrlichen Blicke meiner orkischen Kameraden bemerkt, als einer der Unseren von einem Magier in ein kleines, quiekendes, rosa Schweinchen verwandelt wurde. Wenigstens das blieb mir also erspart.
Dann vernahm ich die ersten Rufe:
„Das Tor! Es ist endlich offen!“
Ich lief noch ein paar Sekunden hilflos umher, dann endlich brach der Zauber, und ich verwandelte mich wieder in Dencarion. Ich sah wie sich die Nahkämpfer langsam zurück fallen ließen. Wir alle vernahmen den Gedankenruf von Kriegsfürst Cripp:
*Zieht euch langsam zurück zum Tor! Die Jäger plazieren Fallen, und die Schamanen ihre Totems.*
Wir taten wie geheißen und plazierten unsere Frostfallen und Erdbindungstotems. Jeder Gegner der hier lief, würde zu sehr langsamer Geschwindigkeit gezwungen. Ich trat rückwärts durch das Tor. Die Mauern waren dicker als ich es mir vorgestellt hatte, und es dauerte einige Sekunden bis ich aus dem Durchgang wieder heraus war und wieder Tageslicht sah.
Ich drehte mich kurz um und nahm die Szene in mich auf:
Vor mir der dunkle Durchgang, angefüllt mit unseren Kämpfern, die sich langsam rückwärts bewegten. Die beiden Flügel des Tores sahen überraschenderweise unbeschädigt aus, und nur der verschließende Querbalken lag zersplittert am Boden. Der Durchgang selbst war knapp 4 Meter hoch und verjüngte sich oben zu einer bogenförmigen Decke. Durch die Dunkelheit im Durchgang, konnte ich die Farbe der Steine nicht erkennen – vermutlich war sie ebenso blutrot wie Außenmauern der Bastion. Nach knapp zehn Metern öffnete sich der Durchgang in einen quadratischen Innenhof, der von hohen, blutroten Mauern eingefaßt wurde. Selbst hier drinnen, waren die Mauern mit schwarzen, nach unten gerichteten Dornen gespickt. Der Hof selbst war mit demselben Pflaster ausgelegt, wie schon der Pfad und die Rampe draußen. Die dunkelgrünen, abgerundeten Pflastersteine standen in seltsamen Kontrast zu den blutroten Mauern aus gewaltigen Quadern. Keine Fenster oder Türen unterbrachen die Mauern des Innenhofs. Auf der einen Seite gab es nur den Durchgang, und auf der anderen Seite stand es; das Portal.
Irgendwie sah es ganz anders aus als das dunkle Portal, und doch sah es ihm sehr ähnlich. Naja, es war kleiner. Zwei flache, breite Treppenstufen aus dunkelgrünem Stein, der fast schwarz schimmerte, führten zu einer quadratischen Empore, aus demselben Material. Aus der Mitte der Empore wuchs das Portal empor. Wie die Klauen eines Krebses krümmten sich die beiden Steinquader in die Höhe, bevor sie sich oben wieder trafen, und so in ihrem Innern einen perfekten Kreis bildeten. Auch diese Quader waren, genauso wie die Mauern, aus dunkelrotem Stein, und mit den langen, schwarzen Dornen besetzt. Im Moment war das Portal nicht aktiv, und ich konnte die rückwärtige Mauer des Innenhofes sehen.
Vor dem Portal kniete bereits ein großer Taure, und hatte den Kopf gesenkt, während er die Arme seitlich weggestreckt hatte. Ich erkannte den Druiden, es war Hawkeon, ein Kämpfer aus dem dritten Zug der Sturmgarde.
Unterdessen ließen sich die Fernkämpfer und Zauberer weiter zurückfallen, während die Nahkämpfer noch immer den Eingang blockierten. Auf mein Pfeifen erschien Elvenshrek aus dem Tumult und setzte sich neben mich. Er sah ziemlich zerzaust aus, und war voller Blut, doch eine kurze Untersuchung ergab, daß er unverletzt war. Erleichtert streichelte ich über seinen Kopf und richtete mich wieder auf. Die Priester der Kampfgruppe begannen nun einen Schild am Eingang zu wirken, der die Allianz vom Eindringen abhielt, und die Nahkämpfer zogen sich nun auch zurück, und begannen statt dessen die beiden Flügel des Tores wieder zu schließen.
Als die Kämpfer der Allianz dies bemerkten erhob sich wütendes Geheule und Gebrüll, und die Angriffe intensivierten sich noch einmal, doch der gemeinsame Schild der Priester hielt lange genug, um das Tor wieder zu schließen. Es gab zwar keinen Querbalken zum verschließen mehr, aber es war recht einfach das Tor verschlossen zu halten.
Als sich die Torflügel mit einem lauten Donnern schlossen, verstummten die Kampfgeräusche langsam, nur noch das Hämmern der Allianzkämpfer war dumpf zu vernehmen. Langsam drehten sich alle herum, um das Portal zu betrachten, und die Gespräche verstummten. Und nun konnte man das leise Murmeln von Hawkeon vernehmen, der noch immer vor dem Portal kniete. Seine Stimme wurde lauter, als sich seine Beschwörung dem Höhepunkt näherte, und plötzlich war das Innere des Portals von einem gleißenden Lichtstrudel erfüllt.
Das Licht war so hell, daß es zunächst weiß erschien, doch nachdem wir alle unser Augen zusammen gekniffen hatten, oder unsere Köpfe abgewandt hatten, erkannten wir, daß der Lichtstrudel aus wirbelndem rotem und gelbem Licht bestand. Langsam stabilisierte sich der Wirbel und in der Mitte wurde eine, zunächst sehr kleine, Scheibe sichtbar. Als die Scheibe sich vergrößerte konnte man die Umrisse einer Landschaft erkennen.
Im Vordergrund erkannte ich einige sandfarbene Felsbrocken, die von dichten, roten Sträuchern umgeben waren. Dahinter schien sich ein Wald, aus seltsamen hohen Bäumen zu erheben. Die Bäume hatten hohe, schlanke Stämme mit einer ockerfarbenen, glatten Oberfläche, und erst in mehreren Metern Höhe entfalteten sich flache, breite Kronen, aus rotem Blattwerk. Unterbrochen wurde der Wald, direkt voraus, durch eine breite Schneise. Durch diese Schneise konnte ich die weitere Umgebung erkennen. Eine flache, mit orangerotem Gras bedeckte Ebene, die immer wieder von kleineren Baumgruppen, oder auch Wäldern unterbrochen wurde.
Die Scheibe wurde größer und man konnte immer mehr erkennen. Am Horizont war eine hohe, violett schimmernde Bergkette sichtbar, deren helle Gipfel direkt in den Himmel reichten. Der Himmel war dunkelblau, fast schwarz, und man konnte zahlreiche Sterne erkennen, obwohl die Landschaft selbst taghell war. Dieser seltsame Himmel wurde von mehreren grünen Wirbeln und Schlieren durchzogen. Ich blickte zum ersten Mal auf Shat’Alor.
Hawkeon erhob sich und drehte sich zu uns herum.
„Das Portal ist geöffnet.“
Jubel erhob sich und freudig schlugen wir uns auf die Schultern. Wir hatten es geschafft.
Ende Kap 1.
 
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