Die Geschichte von Ninva Schattenschreiter 7

Tayury

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Die Zeit gefriert zu Eis, jegliches Leben verharrt auf der Stelle, die Welt setzt einen Herzschlag aus.
Die Worte des Lichs hallen in Ninvas Kopf wie Meßglocken in einer Kathedrale, Stunden, Tage, Monate scheint sie ihnen zu lauschen ohne sich zu rühren, ohne zu reagieren.
Jedes Wort, jede Silbe, jeder Ton davon bohrt sich wie eine brennend kalte Klinge bis in den tiefsten Winkels ihrer von Kälte und dunklem Eis durchzogener, vernarbten Seele.
Und dort drin...am tiefsten Punkt, inmitten all der Gletscher aus Trauer, Angst, Hass und Verzweiflung die der Licht seit Beginn ihres Gespräches in ihr hat wachsen lassen, glimmt auf einmal ein winziger Funke auf. Ein winzig kleiner, schwacher und dennoch bestehender Funke eines Gefühls das Ninva seit ihrem zweiten Beginn nicht mehr vernommen hat, das längst als verloren, als verstorben wie sie selbst galt...ein kleiner Funke von Hoffnung.

„Was…“, flüstert Ninva nach scheinbar Jahren des eisigen Schweigens hier inmitten dieses Waldes aus Eis, die Stimme nur ein tonloses Hauchen.
Der Lich hinter ihr lacht leise, fast kichernd, Ketten streifen klirrend Ninvas Rücken entlang
Nichts Großes….flüstert er ihr zu. Nichts Besonderes…etwas Kleines…etwas Unscheinbares…
„Was…“, haucht Ninva wieder, eine Hand in die knöcherne Klaue auf ihrer Schulter krallend, sich dabei herum drehend um den Lich ins Gesicht zu sehen.

Ein von Schnee und spitzen Eiskristallen durchzogener Windstoß peitscht ihr als Antwort ins Gesicht.
Schlagartig, als hätte sie eine andere Welt betreten, befindet sich sie inmitten eines tosenden Schneesturmes, schneidender Wind scheint ihr die Haut vom Gesicht schälen zu wollen. Beißend kalte Schneeflocken zwingen Ninva die Augen zu schließen, ihre Hand schließt sich noch fester um die Lichklaue auf ihrer Schulter.
„Sag es mir!!!“, schreit sie über das Heulen des Sturmes hinweg. „Sag mir was du verlangst!!!“

NINVA, dröhnt die Stimme des Lichs wie aus den Kehlen hunderter Riesen durch das Brüllen des Windes zu ihr heran, lässt Eis knirschend splittern und den gefrorenen Boden unter der Untoten bersten.
Ninva fühlt wie sie fällt, einen Abgrund hinab zu stürzen beginnt. Sie schließt die Augen, lässt sich körperlich wie auch geistig fallen, fühlt immer noch die kalte Lichhand bei sich während die Stimme des Schattenwesens ein letztes Mal auf sie hernieder fährt wie die Hämmer sämtlicher Titanen dieser Welt:
BRING MIR DAS BLUT VON JANOS FOGSOUL!


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Eis…Schnee…wei߅alles so wei߅endlos wei߅ist das ein Licht…das Licht…ist es das Licht…?
Ninva hebt eine federleichte Hand, streckt sie nach dem Licht vor sich aus. Etwas Warmes schließt sich sanft um ihr Handgelenk, ein dumpfer Laut dringt an ihre Ohren. Eine Stimme…jemand spricht zu ihr…Ninva kneift die Augen zusammen, sieht erneut hin. Die Helligkeit beginnt zu schwinden, Farben und Konturen beginnen sich vor ihr zu manifestieren.
Sie erkennt ein Gesicht, die Haut blau und tätowiert, die Haare zottig und steif abstehend.
Ninva blinzelt langsam, erkennt nach einem weiteren kurzen Augenblick der Verwirrung endlich den trollischen Magier Tommyylin, ein Mitglied ihrer Truppe, der neben ihrer, am Boden liegenden Gestalt kniet und sich über sie gebeugt hat.
Sein von arkaner Energie durchpulstes Gewand lässt ihn wie in heiliges Licht getaucht erscheinen, für Ninvas noch benebelten Geist ein wunderbarer Anblick.
„Ah, bist du doch wach.“, spricht Tommyylin zu ihr, ihre Hand, mit der sie nach im Halbdelirium nach seiner Kopfbedeckung gegriffen hat, freigebend.
Das tätowierte Gesicht wendet sich von ihr ab, der Troll winkt jemanden zu sich.
„Ich sagte doch, dass sie noch am Leben ist!“, ruft er in der für Arkanisten typischen, gepflegten Sprache.
Ninva hört undeutlich zwei weitere Stimmen in einiger Entfernung, gefolgt von belustigtem Gelächter.
Der Troll blinzelt kurz irritiert, schickt dann ein paar genervte Flüche in dieselbe Richtung.
„Verdammt, ihr wisst genau wie ich es meine! Kommt endlich her, ihr Idioten!“
Ein ärgerliches Schnauben von sich gebend mustert Tommyylin Ninva noch einmal kurz, dann erhebt er sich wieder und verschwindet damit aus ihrem Sichtfeld.
Ninva selbst fühlt sich, einige Augenblicke darauf, von mehreren Händen angehoben und auf einen Karren gehievt.
Ein Verletztentransport…oder ein Leichenkarren…ein bitteres Lächeln huscht über ihr Gesicht, sie schläft wieder ein.

Als sie die Augen wieder öffnet findet sie sich in einem notdürftigen Lazarett, auf eine raue Pritsche gebart, wieder.
Der scharfe Geruch druidischer Kräutersalbe, der metallische-schwere von Blut sowie dutzende andere Gerüche steigen ihr in die Nase, begleitet von einem Chor schmerzvollen Stöhnens, wütendem Fluchen sowie vereinzelten, leisen Wimmerns.
Ninva versucht sich aufzurichten, kämpft gegen die grauenhafte Starre in ihren Gliedern an. Zu lange gelegen…viel zu lange gelegen…
Eine ihrer Hände ist sogar so starr verkrampft, dass sie nicht in der Lage ist sie zu öffnen. Ein entsetzter Schauer durchläuft sie, als ihr klar, wird, dass ihre starren Finger etwas fest umklammert halten.
Der Geruch von Eis und Schnee schiebt sich in den Vordergrund, das Rasseln einer Kette erklingt in ihrem Kopf, etwas lastet tonnenschwer auf ihrer Schulter.
Ganz langsam greift sie nach ihrer verkrampften Hand, stemmt die starren Finger zur Seite auf dass sie ihren grauenvollen Schatz preisgeben.
Im ersten Moment sieht ihr verunsichertes Bewusstsein genau das was es sehen will: die knöcherne Hand des Lichs Ras Frostwisper die sie die ganze Zeit über nicht losgelassen hat.
Einen Wimpernschlag darauf schaltet sich jedoch die nüchterne Vernunft ein und Ninva sieht was wirklich auf ihrer Handfläche liegt: ein kleiner, aus Knochen geschnitzter Flakon.

„Was hast du da?“
Ninva schreckt auf, lässt den Flakon rasch in einer versteckten Tasche ihres Ärmels verschwinden.
„Ein Glücksbringer!“, antwortet sie dabei hastig, noch ehe sie den Kopf gedreht und überhaupt gesehen hat von wem die Frage stammt.
Ein leicht nervös wirkender Taure gerät in ihr Blickfeld, ein Schamane der Kleidung nach. Ninva mustert ihn kurz und rasch, sucht mögliches Misstrauen den Flakon in ihrer Tasche betreffend in seinem Blick doch außer sichtlicher Unruhe findet sie in den großen, braunen Augen, sie allmählich fast schon furchtsam ansehen, nichts.
Die Untote entspannt sich etwas, senkt dabei den Blick was den Schamanen, offenbar sehr erleichtert, ausatmen lässt.
„Ihr habt lange geschlafen.“, beginnt er dann noch leicht verunsichert. „Meister Anoralph rechnete schon mit dem Schlimmsten.“
„Das Schlimmste ist schon längst geschehen…“
„Erm…wie bitte…?“
„Vergesst es…wie lange war ich bewusstlos?“
„Dreieinhalb Tage.“
Ninva atmet tief und seufzend aus, in ihrem Kopf summt es unangenehm…fast vier Tage.
„Was ist derweil passiert…“, fragt sie dann weiter. „Wann fand der Kampf ein Ende…“
„Endes des Tages seines Beginns.“, antwortet der junge Schamane gehorsam, ein kleines Lächeln aufsetzend. „Der Sieg war mit uns, das feindliche Heer wurde vernichtend geschlagen!“
Ninva sieht den jungen Tauren ohne die von ihm wohl erwartete freudige Reaktion auf diese Worte an was selbigen nervös mit dem Huf scharren lässt. Es ist ihm anzusehen, dass die Situation ihm mehr als unangenehm ist.
„Gab es viele Tote…?“
„Einige…“, antwortet der Schamane unsicher, sichtlich nervös mit dem Salbentopf in seinen Händen spielend. „Die Allianzler und die Kreuzzügler haben unerwartet lange Widerstand geleistet…“
„Sie hingen an ihren Leben…“, murmelt Ninva abwesend.
„Wie bitte?“
„Wie heißt du.“, fragt die Untote statt einer Antwort rasch.
Der Taure, über den plötzlichen Themenwechsel sichtlich überrascht, lässt fast den Topf fallen.
„W-was?“
„Deinen Namen…“, murmelt Ninva geduldig. „Wie ist dein Name…“
„Blatthuf.“
„Gut…Blatthuf.“, seufzt Ninva leise. „Sag mir bitte ob sich unter den Opfer auch ein…untoter Schurke befand…“
„Ihr meint Azaet!“
Ninva blinzelt erstaunt, hat sie eine derartige Antwort jetzt doch nicht erwartet.
„Meister Anoralph meinte, dass ihr wohl nach ihm fragen würdet…“, erklärt Blatthuf leicht verlegen aufgrund ihres Blickes ihn betreffend.
Ninva nickt langsam, schluckt dabei schwer während sich das Bild des rotgewandeten Schurken, der von einer Horde Ghuls überwältigt wird, vor ihr inneres Auge schiebt.
„Er ist also…“
„Er hat die letzten Tage stets an eurer Seite gewacht!“, unterbricht der Taure sie hastig. „Er ist derzeit nur im zweiten Zelt zum Verbandswechsel.“
Ninva ist so schnell aufgesprungen und an dem Tauren vorbei gehuscht, dass sie schon hab aus dem Zelt ist als der Schamane einen Vortrag über ihren noch schwachen Körper und dessen Schonung beginnt den sie ohnehin nicht hören will.

Gleichwohl sie so schnell wie möglich zu Azaet will, nimmt Ninva sich, sowie das Lazarettzelt verlassen hat, sich doch kurz die Zeit um ihre Umgebung zu erfassen.
Staub und Rauch haben sich in den letzten Tagen gänzlich gelegt und das Bild einer von Kratern durchzogenen Trümmerlandschaft zurück gelassen. Der Boden ist nass und aufgeweicht, es scheint die letzten Tage über geregnet zu haben auch jetzt fällt ein leichter aber hartnäckiger Nieselregen vom grauen Himmel herab.
Die kühle, feuchte Luft stinkt nach Schießpulver und verschmortem Eisen sowie unzähligen, unter Trümmerbrocken begrabenen, allmählich zu verwesen beginnenden Kriegsleichen…ein Geruch der Ninva mehr als vertraut ist und sie daher kaum mehr behelligen kann.
Vereinzelt prägen improvisierte, mehr als simple Zelte das graue Bild aus Zestörung, oftmals nur schlecht zusammen genähte Bären oder Wolfsfelle die zwischen hohe Pflöcken gespannt worden sind um so ein Dach zu bilden.
Starren Blickes sieht Ninva auf die Trauben aus Hordenkriegern die sich unter den aufgespannten Trollen dicht an dicht zusammen gekauert haben um ein wenig Wärme und Regenschutz zu erhaschen.
Die Krieger sind müde, man kann es in ihrem Blick lesen. Ihre Augen sind trüb und glanzlos, ihre Haltung gebückt, sie alle wollen nur noch von hier fort…Ninva kann es ihnen nachfühlen.

„Ich weiß, was du gerade denkst…“, spricht eine vertraute Stimme hinter ihr.
„Wisst ihr das wirklich, Meister Anoralph…?“, fragt Ninva leise und ohne sich umzudrehen.
„Du denkst: Sollten so Gewinner aussehen…?“, antwortet der Druide während er neben sie tritt.
Ninva schweigt einen Moment.
„Ja…“, erwidert sie dann ehrlich. „An das auch.“
Die Untote dreht den Kopf um den Tauren kurz zu mustern. Seine lederne Kleidung ist schmutzig und zerschlissen, sein Fell matt und glanzlos…auch er ist müde. Was Ninvas Blick jedoch wirklich steinern werden lässt, ist der gräuliche Verband der die rechte Hälfte von Anoralphs Gesicht bedeckt…die Schlacht hat den Tauren eines seiner Augen gekostet.
„War es einer der 3 Paladine…?“, fragt sie leise, die Stimme sichtlich bedrückt.
„Ein Zwerg mit einer schlecht ausbalancierten Wurfaxt.“, antwortet der Druide knapp, den Blick seines verbliebenen Augens auf Ninva legend.
„Ich habe mich um dich gesorgt. Wo warst du?“
Ninva schließt einen Moment lang die Augen, kämpft den Impuls in ihr nieder, ihre Begegnung mit dem Lich der Scholomance ihrem Meister zu offenbaren, mit knapper Not nieder.
Er würde es verstehen…Anoralph…der alte, weise Taure der ihr seit ihrem zweiten Beginn mit Rat und Tat zur Seite gestanden hat…er würde es doch verstehen…
„Ich weiß es nicht, Meister Anoralph.“
Vielleicht würde er es verstehen…vielleicht aber auch nicht…

Der Druide sieht Ninva eine Weile lang durchdringend schweigend an, scheint zu überlegen ob er diesen Worten nun Glauben schenken soll oder nicht.
Schließlich aber wendet er sich von ihr ab, sieht wieder auf das Bild von Sieg und Niederlage vor sich.
„In zwei Tagen brechen wir auf.“, spricht er dabei leicht abwesend. „Nach Underciry. Sylvanas ist von den Geschehen hier bereits in Kenntnis gesetzt worden und hat alles für unsere Ankunft vorbereitet.“
Ninva nickt nur abwesend, haben Anoralphs Worte doch auf einmal erstaunlich wenig Gewicht für sie.
Dem Druiden scheint ihre Abwesenheit nicht zu entgegen doch verzichtet er sie darauf auch anzusprechen.
„Du bist auf dem Weg zu Azaet, nicht wahr?“, fragt er stattdessen sanft.
Ninva zuckt bei Erwähnung von Azaets Namen schuldbewusst zusammen. Jetzt hätte sie ihn doch beinahe vergessen!
„Ein Schamane sagte mir, er sei im zweiten Lazarettzelt.“
Sie blinzelt verunsichert während ihr die Begebenheit im Wald mit der Magierin und den Ghuls wieder ins Gedächtnis springt. Wie viel hat Azaet gesehen…was hat er gesehen…was hat er wem davon erzählt…
„Er war auf der Suche nach dir…“, erzählt Anoralph währenddessen. „Dabei muss er aus Versehen ein Nest aus Ghuls aufgescheucht haben…das frische Blut an ihm muss die widerlichen Leichenfresserr angelockt haben wie Aas die Fliegen.“
Frisches Blut…es war frisches Blut im Spiel gewesen doch es hatte nicht an Azaes gehaftet…
„Was hat…er erzählt?“, frage Ninva mit dünner Stimme, auf das Schlimmste gefasst.
„Er ist nicht in der Verfassung Berichte und dergleichen zu erstatten, fürchte ich.“, antwortet der Druide ihr auf einmal in sehr beunruhigenden, ausweichendem Tonfall.
Ninva runzelt verwirrt die Stirn, wirft dem Druiden noch einen letzten forschenden Blick zu, dann läuft sie rasch zum zweiten Lazarettzelt um in selbigen zu verschwinden…
 
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