Ich wollte dich keineswegs angreifen, ich finde es sogar ziemlich genial, dass du so viel Ahnung von Filmen hast.
Naja, Ahnung ist relativ. Aus der Interesse am Film an sich ergibt sich halt irgendwann eine Fülle an eigentlich überflüssiger Informationen, die manche Leute mit "Filmwissen" mißinterpretieren. "Ahnung von Filmen" ergibt sich meiner Ansicht nach nicht aus der Quantität an gesehenem Material und Hintergrundinfos, sondern aus der schlüssigen Interpretation eines einzelnen Exemplars.
Ersteres ist simple Auswendiglernerei sowie Quellenleidenschaft; letzteres ist Verständnis für den gesamten Kunstbereich. Möglichst viel zu kennen und dabei Anekdoten aus dem Entstehungsbereich aufzuzählen kann so ziemlich jeder, der sich auch nur halbwegs in die Materie vertieft. Der letztere Bereich ist viel schwieriger - das sind dann die fiesen Kritiker, die nicht nur an der Oberfläche irgendwelche Referenzen aufzählen, sondern Stück für Stück; Szene für Szene einen Film auseinandernehmen können, ohne daß sie irgendwelche Vergleiche überhaupt bemühen müssten.
Wo ich stecke, weiß ich nicht (und ist mir auch völlig egal). Manche mögen mich ob meines "Filmwissens", aber nicht ob der persönlichen Beurteilung - und umgekehrt. Ganz subjektiv strafe ich manchmal Filme ob ihrer Inszenierung bzw. Thematik ab, wenn sie auch sonst professionell gestaltet sind (z. B. "Exorzist" - manche Leute erzählen mir, wie gruselig und toll der Film doch sei. Ich hingegen sehe ein unfreiwillig komisches Trash-Werk, dessen erzreaktionäre Tendenzen mich nur den Kopf schütteln lassen: Die böse '70er-Jahre-Jugend ist dermaßen gegen den Vietnam-Krieg, katholische Dogmen und die allgemein spießigen Werte, daß man ihnen nur mit einer Teufelsaustreibung begegnen kann).
Umgekehrt verzeihe ich gestalterische Lücken, wenn der Ansatz einer weitergehenden Auseinandersetzung mit dem Thema durchaus gegeben ist. So geschehen z. B. bei dem eher fast amateurhaften "Mike Mendez' Killers": Ein psychopathisches Brüderpaar nimmt eine Familie als Geisel und erniedrigt sie im genre-üblichen Rahmen. Und dann kippt der Film vollkommen um: Diese erzspießige Familie ist nämlich die Ausgeburt der Perversion, in der die Tochter der Familie dem Psychopathen mitteilt, daß Daddy viel besser im Bett sei als er. Ähnlich wie erst Jahre später in Rob Zombies absolut brillianten "The Devils Reject" dreht sich die Sympathie des Zuschauers plötzlich um, ohne das die Hauptpersonen diese tatsächlich verdient hätten.
Mir geht nur schon die ganze Zeit die Frage durch den Kopf, wie viele Filme du wohl bisher schon gesehen hast und wie viele davon wohl von sehr gut bis grottig schlecht reichten.
Die Summe der Filme weiß ich selbst nicht. Bewußt sehe ich Filme seit meinem 13. Lebensjahr. Da bekamen wir unseren ersten Videorecorder, aber selbst davor habe ich keinen Horror- oder SF-Film ausgelassen, wenn er ausgestrahlt wurde - so bin ich zu Sachen wie "Der eiskalte Tod" (einzige Ausstrahlung im deutschen Bereich 1986 und nicht auf Video oder sonstwas erhältlich), "Phantom of the Opera" (verlorene ZdF-Fassung des Streifens von 1925, der seither nicht in der damaligen Version erhältlich ist - und ich hab ihn seinerzeit aufgezeichnet und der VR hat das Band gefressen...); aber auch z. B. den Jack-Arnold-Sachen wie "Tarantula" und vor allen Dingen "Die unglaubliche Geschichte des Mr. C" gekommen. Selbst "THX1138" ohne Nachbearbeitung gab's damals im TV zu sehen. Abgesehen von "Andromeda" und "Godzilla" natürlich, die mich ihrerseits ganz besonders geprägt haben.
Grottige Filme gab es seitdem in Überzahl. Herrje, es gibt _eine_ verdammt blöde Stelle in "Phantastic Voyage". Dort werden Wissenschaftler verkleinert und in den Körper eines Menschen injiziert, um dessen Krankheit zu heilen. Der Film ist legendär; das Ende blöd: Die Wirkung des "Kleinmachers" läßt nach; die körpereigenen Immunzellen greifen die Eindringlinge an. Die entkommen über den Tränenkanal des Auges. Ihr weiterwachsendes U-Boot allerdings nicht - das müßte der Logik nach für einen fiesen Splattereffekt sorgen...
Der Drehbuchautor erzählt in Hahn/Jansens "SF-Lexikon" dazu folgende Anekdote: Er habe angemerkt, wie dämlich das Ende wäre. Die Produzenten meinten, die Zuschauer wären zu blöde, das überhaupt zu merken. Sein sechs-jähriger Sohn sah das Ding und fragte, warum der Typ nicht auseinanderplatze - und ich war gerade mal 10, als ich das Ding begeistert miterlebte und ebenfalls nicht verstand, warum das verbliebende U-Boot den Typen nicht killte.
Nun ja, ich habe meine Sicht eines 10-jährigen beibehalten. Ich habe nie geglaubt, daß Sarah Connor in der Wüste ein mehreres Millionen schweres Waffenequipment in der Wüste der USA verstecken konnte, weil einem Scheich danach war - ebenso wenig wie ich einem Terminator glauben kann, daß er "weiß, warum Menschen rumheulen". Die Kniescheiben-Ballerei gab mir seinerzeit den Rest - und ich _hasse_ diesen dämlich-kommerziellen Filmscheiß, den Cameron da als "T2" gedreht hat, noch immer wie die Pest, weil ich das Ding wie ein 10-jähriger sehe, der der Meinung ist, daß etwas logisch und nachvollziehbar aufgebaut werden sollte.
Ebenso erging es mir mit dem einzigen Film, für den ich fast auf's Maul bekommen habe: "Speed". Ungefähr 10 Drehbuchlücken konnte ich akzeptieren - aber als der verdammte Bus über die Brücke sprang, da wußte der 10jährige in mir, daß das keinesfalls ohne Achsenbruch vonstatten gehen konnte. Beim Rausgehen aus dem Kino fragte mich meine Begleitung, wie ich den Streifen fand. Mein "Völliger Mist" fand ein Typ derart provozierend, daß er mir Prügel androhte, weil der Film ja nur seiner Ansicht nach geil sei.
Als 10jähriger, der noch ein gesundes Vertrauen in bestimmte physikalische Gesetze hat, verspüre ich bei so ziemlich jedem modernen Actionfilm ein gewißes Maß an Unglauben, das mich sofort aus der Filmrealität katapultiert und mir begreiflich macht, daß das alles eh nur ein Film ist. So geschehen bei allen modernen "sogenannten" Blockbustern von "The Rock" über "Armageddon" bis zu irgendwelchen modernen Actionreißern.
Schlimmer noch: Mit 18 sah ich das erste Mal "Es ist nicht leicht, ein Gott zu sein". Sehr spät fiel mir da auf, daß ein Film mehr sein kann als eine Aneinanderreihung von Explosionen, emotionaler Manipulation und tollen Bildern. Bisher galt meine Liebe Filmen wie "Mad Max 2" mit seiner endlosen, emotionalen Endschlacht (für mich bis heute der beste "Äktsch-Fuim" aller Zeiten - und als BR endlich ungeschnitten zu sehen). Hier gab es aber eine neue Dimension, die ich bisher nicht einmal erahnt hatte; die neben tollen Bildern und der Emotion eine neue Perspektive eröffnete: Die Parabel auf meine und aller anderen Lebensart; gepaart mit einer Menge zusätzlicher Fragen, die ich nicht aus dem Stehgreif beantworten konnte.
Seitdem bin ich der 10jährige, der die Logik eines Filmes hinterfragt - und der 18jährige, der von einem Film herausgefordert werden möchte.
Aber nicht nur: Es gibt genügend grottigen Scheiß, den ich durchaus zu würdigen weiß (hey, reimt sich). Wenn Bedarf besteht, kann ich recht alte Beiträge aus dem Usenet, die sich ausschließlich mit der völlig absurden Filmwelt beschäftigen, verlinken. Neben all den tollen Meisterwerken sind es gerade die "Trashies", denen meine absolute Filmliebe gehört. Es gibt keine bessere Komödie als gerade jene Filme, die todernst gefilmt sind, aber bei dem geneigten Publikum für absolute Heiterkeitsausbrüchen führen.
Woha! Lang geworden!
Edit:
Ich gebe dir ja grundsätzlich recht, aber dem armen Monk tust du bitteres Unrecht!
Ich bitte dich! Die "Mordfälle" als auch die Inszenierung sind so dermaßen bieder, daß nur noch der Hauptdarsteller die eigentliche Attraktion darstellt. Und auch dessen Neurosen werden langweilig. Das ist Fernsehoptik der '70er, mit "liebenswerter" Mißbehandlung eines psychisch Kranken inszeniert. Außer dem Hauptdarsteller ist da nix - oder erinnert sich irgendwer ohne Hinweis daran, daß der "Captain" die Hauptrolle in "The Hills have Eyes" innehatte (oder erinnert sich jemand an "Buffalo Bill" aus "Silence of the Lamb"? Hell yeah! Der Typ, der nackt im Spiegel mit "eingezogenen" Weichteilen operierte, ist niemand anderes als "Stottlemayer")?
Und die Behandlung des psychisch kranken Monks ist doch einfach ekeleregend, oder? "Hey, der ist lustig! Wahaha, der kann ja nicht mal gerade aus laufen! Und guck ma, jetzt will er die Sachen da ordnen! Bwahahahah!"
Akzeptanz? Mitnichten! Freak? Auf jeden Fall! Und jeder, der aus der Norm des etablierten "Monk"-Freaks abweicht, ist selbstverständlich gar nicht zu akzeptieren.
Geh mir wech mit Monk! Das ist selbst von Tony Shalhoub nur noch als Möglichkeit angelegt, viel Geld mit einstudierten Gesten zu verdienen (was wird er heute haben? 500.000 $ pro Folge?).