Freund oder Feind?

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26.06.2007
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Der Wind strich leise raschelnd durch die Äste, während er langsam durch den Wald ging, immer darauf bedacht, sein Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Lange hatte er gebraucht, um diesen Wald zu erreichen, mannigfaltigen Gefahren und tödlichen Bedrohungen hatte er mutig die Stirn geboten. Seit gestern hatte er nun diesen Wald erreicht und schon konnte er sich bewehren. Heute hatte er im Vorbeigehen mehrer Leute gehört, die sich über eine Bestie in den hiesigen Wäldern unterhalten hatten. Diese Bestie sollte an die 3 Schritt groß sein, einen Kiefer mit vielen rasiermesserscharfen und spitzen Zähnen haben und am liebsten solle sie Kinderfleisch fressen. Als er nun an diesem wunderschönen Tag kurz darauf einen kleinen Jungen in Richtung Wald schleichen sah, wusste er natürlich, dass es seine Kriegerpflicht wäre, diesen Knaben vor der Bestie zu beschützen und wenn möglich auch das Untier zu erschlagen.
Seit über einer Stunde schlich er nun schon durch den Wald, immer darauf bedacht, dem Jungen seine Anwesenheit nicht zu verraten, damit dieser nicht erschrecken würde. Mehrmals hatte er sich hinter Baustämmen oder Büschen verstecken müssen und nur die Ahnengeister wissen, wie oft ihn die Reflektion eines Sonnenstrahls auf seiner blankpolierten Rüstung beinah verraten hätte. Seit über einer Stunde ging das nun schon so, wenn sich nicht bald etwas täte, würde er sich wohl dem Jungen zeigen und ihn nach Hause schicken… Viel länger konnte er seinen treuen Utrild nicht mehr allein lasen. Er hatte ihn vorher gerade an einen Baum zum Grasen gebunden, als er den Jungen entdeckt hatte.
Plötzlich viel ihm auf, dass er den Jungen aus dem Blickfeld verloren hatte. Er beeilte sich, ihn einzuholen und sah gerade zwischen mehreren Bäumen das Blau eines lieblichen Sees hindurchschimmern, als er einen Schrei aus einer jugendlichen Kehle vernahm. Ein Schrei voller Schmerz und Angst, ausgestoßen von einem Kind in höchster Not!
Er riss seine Klinge aus der Scheide, die er nach einem wilden Kampf in den Tiefen der Festung Scholomance einem riesigen Skelett abgerungen hatte, packte den ebenfalls dort erworbenen Schild fester und brach durch das niedrige Unterholz.
Er glaubte seinen Augen nicht trauen zu können! Vor ihm stand wahrlich eine Bestie! Sie hatte starke Ähnlichkeit mit einem Hund, doch war sie mindestens pferdegroß, wenn nicht größer! Das Vieh bleckte gerade die Zähne und Geifer tropfte von seinen langen Fängen. Der Knabe stand starr vor Angst am Seeufer und glotze das Untier aus untertassengroßen Augen an. Er musste handeln!
Er schrie seinen Schlachtruf hinaus in den Wald und stürmte auf das Monster zu, immer darauf bedacht, möglichst sich oder zumindest seinen Schild vor den Jungen zu bringen. Es war ein harter Kampf. Mehrmals sah er sich schon im Rachen des Untiers enden, den Knaben als traurigen Gefährten auf der letzten Reise im Magen des Monsters wiedertreffend. Doch irgendwie gelang es ihm immer, sich zu retten und schließlich schaffte er es, dem Untier mit einem gewaltigen Hieb die Flanke aufzureißen. Schwarzes, öliges Blut ergoss sich auf den Waldboden und wo es das Gras berührte, färbte dieses sich braun, wie nach einer langen Dürre. Nun war der Kampf einfacher, das Untier war geschwächt und verlor viel Blut. In einem unaufmerksamen Moment gelang es ihm, das Getier mit einem weitausholenden Schlag zu erledigen. Erschöpft sank er auf die Knie und atmete mehrmals tief durch. Seiner Ausbildung folgend, reinigte er nun seine Klinge, bevor er sie in der Scheide versenkte und sich zu dem Knaben umdrehte. Er lächelte ihn freundlich an und seine Hauer strahlten dabei in der Sonne, dass es eine wahre Pracht war.
Als der Junge seinen Retter nun von vorne erblickte, stieß er wieder einen Schrei aus: „Hilfe! Ein Menschenfresser! Ein Orc!“ Noch während er diese Worte ausspieh, drehte er sich um und rannte in Richtung seiner Heimtat, Goldshire.
Hregnir sah ihm traurig hinterher und dachte an seinen weisen Kriegshäuptling Thrall, der vor langer Zeit einmal zu ihm gesagt hatte, dass der Weg zum Frieden noch weit sei. Die Allianz habe sich noch nicht damit abgefunden, dass die Horde keine Bedrohung mehr sei und sie nur friedlich leben wollten. Wieder war eine Gelegenheit zur Annäherung der Parteien ungenutzt verstrichen. Die Männer Goldshires würden bald anfangen, nach ihm zu suchen und nur die Geister mochten wissen, was sie mit ihm zu tun gedachten. Sicherlich würden sie ihm die Wahrheit nicht glauben, dass er nur den Jungen beschützen wollte. Traurig blickte er in den Himmel und sah die ersten Wolken, die sich über dem Wald von Elwynn vor die Sonne schoben. Er murmelte ein leises „Thrall hall“ in die Richtung, in die das Menschenkind verschwunden war und kehrte mit hängenden Schultern zu seinem treuen Reitkodo Utrild zurück. Der einsetzende Regen spielte dabei eine traurige Melodie auf den Plattenteilen seiner Rüstung. Niedergeschlagen und über eine ungewisse Zukunft brütend setzte Hregnir seine Reise nach Kargath fort, immer bereit, den Menschen auszuweichen und ihnen ja keinen Vorwand zu liefern, wieder gegen die Horde zu ziehen. Denn das war der Wunsch seines Kriegshäuptlings: Frieden!
 
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