[Geschichte] Die Sterne über Dalaran

Die Situation spitzt sich zu...

Die arme Ylaria muss verdammt große Schmerzen leiden, aber wenn ich den ersten Absatz von "Mittags in der Schlucht" lese, will ich auch Blutdistelpulver haben.
 
OoC: Ich erschlag euch heut emit einem 30k-Zeichen Monster - das ist das längste Kapitel überhaupt. Ich hoffe, es macht Spass

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Irgendwann in der Nacht

Ein wehleidiges, fast tonloses Kreischen weckte ihn aus seinem Halbschlaf. Es kam von Phönix. „Schh", murmelte er, und rieb sich die Augen. Erneut jammerte das Tier, dann hörte Dairean nichts mehr. „Phönix?", fragte er in die Stille.

Es war ihm klar, was das bedeutete, aber er wollte es nicht akzeptieren. Er erhob sich von seiner sitzenden Position und kroch in die Ecke, in der der Drachenfalke gelegen hatte. „Phönix", murmelte er. Er wollte mehr sagen, aber keine Worte kamen ihm in den Sinn. Für ihn war Phönix mehr gewesen als nur ein Tier. Treu und tapfer hatte er alles mitgemacht, was Dairean erlebt hatte.

Nichts mehr war zu spüren. Der Drachenfalke lebte nicht mehr. Es war kein Wunder. Die Kälte war zu viel gewesen für einen an Sonne aus Quel'thalas gewöhnten Falken.

Dairean strich einmal über den Leib des Drachenfalken. Er musste leer schlucken.

&#8222;Dairean?", drang Ylarias Stimme an sein Ohr, doch er antwortete nicht. Er kam sich lächerlich vor, dass Phönix' Tod ihn so mitnahm. Ein Drachenfalke hatte nur eine begrenzte Lebensspanne, irgendwann wäre es sowieso so weit gewesen. < Aber nicht so! >, ging es durch seine Gedanken, dann erhob er sich. In diesem Moment erfüllte ein Knistern die Luft, und ein hell flackerndes Licht erschien in Ylarias Händen. &#8222;Da.. Dai..rean?", fragte sie erneut und ihre Stimme zitterte dabei. Sie bemühte sich wohl, dass er ihr Zähneklappern nicht auch vernahm.

Dairean drehte sich zu ihr. &#8222;Verfluchte Expedition", kam es ihm laut über die Lippen, und er stapfte wieder zurück zu dem Ort, wo Ylaria mittlerweile wieder sass. &#8222;Verfluchte, verdammte Expedition."

Ylaria blickte ihn an. Ihre Lippen waren dunkel gefärbt, doch im Schein des magischen Feuers konnte er die genaue Farbe nicht ausmachen. Er vermutete, dass sie bläulich waren. Sie zitterte leicht.

&#8222;Dein. F.. Falke?"

&#8222;Ja", erwiederte er knapp. &#8222;Phönix ist tot. War zu erwarten."

&#8222;T.. tut.. mir.. l.. leid.." Jedes Wort aus ihrem Mund offenbarte er, wie sehr sie mittlerweile unter der Kälte litt.

&#8222;Lösch das Licht, das strengt dich nur an", erwiderte er unwirsch und setzte sich neben sie. Sie gehorchte ihm nicht sofort, sondern blickte ihn an.

&#8222;Schau mich nicht so an", murmelte er,

&#8222;D.. das t.. tue ich g..gar nicht", empörte sie sich und abrupt erlosch das magische Feuer, sie sassen wieder im Dunkeln.

Einige Momente lang herrschte Stille.

&#8222;Du frierst", stellte Dairean fest.

&#8222;W.. wundert.. dich.. das?", entgegnete sie. Sie versuchte jedes Wort klar und deutlich auszusprechen. Wie wenn es noch nötig gewesen wäre, ihmn gegenüber Stärke zu zeigen. Wie wenn er nicht gewusst hätte, dass es eisigkalt war, und dass sie nahe dran war, zu erfrie.. Dairean dachte den Gedanken nicht zu Ende, sondern biss sich hart auf die Lippen.

&#8222;Ich wärme dich", entschied er.

&#8222;Das.. ist.. nicht.. notwendig", fuhr sie ihn an. Ein Rascheln kündete davon, dass sie sich wieder auf den Umhang gelegt hatte.

&#8222;Sei nicht töricht." Dairean starrte an die Höhlenwand. Warum war sie bloss so stur? Er bekam keine Antwort, stattdessen hörte er ihre Zähne klappern.

< Sture Hochelfe >, dachte er.


Ihr Schweigen dauerte nur wenige minuten.

&#8222;Dai.. rean?", fragte sie leise.

&#8222;Ja?"

&#8222;M.. mnir ist.. so.. kalt.. es schmerzt. K.. könntest du.. vielleicht.."


&#8222;Natürlich", murmelte er. Üblicherweise hätte er jetzt einen Scherz gemacht, oder sie damit aufgezogen, wie schnell sie ihre Meinung änderte. Aber es war nicht üblicherweise. Die Satteltasche lag direkt neben ihm, und er zog sie mit sich, als er die kurze Distanz zu Ylaria rutschte.

Ganz sachte hob er ihren Kopf hoch und zog sie dann unter den Schultern in eine halb aufrecht sitzende Position, lehnte sie an seine Brust. Den Umhang wandelte er zu einer Decke um, und legte ihn über sie und ihn.

&#8222;Ich habe noch etwas Pulver.. nur wenig.. Es wird dich nicht schlafen schicken, aber dir etwas den Schmerz nehmen."

Sie nickte nur, und liess zu, dass er ihr etwas Pulver ins Zahnfleisch rieb. Die letzte Portion. Er warf das Säcken zur Seite.

Draussen zog ein eisiger Wind durch die Schlucht, und fuhr irgendwo in der Höhle schaurig heulend durch eine Vertiefung, eine Senke oder ein Loch. Dairean legte die Hände auf ihren Bauch, und schloss die Augen wieder, lauschte ihrem Atem, der so flüchtig war, wie eine Schneeflocke an einem Sommertag.


Frühmorgens, etwas südlich der Kristallschlucht

&#8222;Los, beeilt euch", befahl Magister Jorith Hathorel seinen Leuten. Er hatte ganze sieben Sonnenhäscher von ihren Posten abziehen können. Der Erzmagier war einverstanden gewesen mit seinen Plänen, und so waren sie nur einen halben Tag nach der Gruppe von Tyballin auf dem Landeplatz von Dalaran in die Lüfte gestiegen. Der schwere Sturm hatte sie einen Vierteltag gekostet. Nur dank der guten Schutzschilde, die sie gemeinsam errichtet hatten, waren ihre Zelte relativ unbeschädigt geblieben, und es gab keine Erfrierungen oder Verletzungen zu beklagen. Dennoch war er ungeduldig. Nach der Drohung, die er von Feuerblüte bekommen hatte, war ihm klar, dass Dairean wirklich enttarnt worden war. Die Nachricht würde also nicht erst durch Tyballin überbracht werden, den Hathorel bereits bei der Gruppe vermutete.

Er rechnete jeden Moment mit einem Zusammentreffen, und so trieb er seine Leute zu nboch mehr Eile an.

&#8222;Beeilt euch", wiederholte er sich. &#8222;Laut meinen Berechnungen könnten wir jederzeit auf sie stossen, es kann aber auch sein, dass sie einen anderen Weg genommen haben. Packt ein, wir müssen uns beeilen."

&#8222;Ja Sire", schallte es ihm von einer Ecke zusammen.

Nur wenige Momente später waren auch die letzten Zelte zusammen geräumt, und die sieben Sonnenhäscher sassen auf ihren Windreitern. Sie hatten nicht genügend Drachenfalken gehabt, obwohl Hathorel diese Reittiere den stinkenden Fluglöwen der Orcs bei weitem bevorzugte.

&#8222;Haltet die Augen offen!", befahl er. &#8222;Abflug!"

Acht Windreiter erhoben sich mit diversen Brülllauten und mächtigen Sätzen in die Luft, und flatterten in die sonnenbeschienene Weite in der Drachenöde.


Vormittag &#8211; Feste Wintergarde, auf dem Hof vor dem Gasthaus

&#8222;Seid ihr bereit?", fragte Tyballin die Quel'dorei, die vor ihm standen, ein jeder vor dem ihm zugewiesenen Greifen. Ein Vorteil der Feste war es, dass sie ihre Greife längst hatten eintauschen können, so dass sie ihre Suche am vorherigen und am heutigen Tage mit frischen, ausgeruhten Greifen starten konnten.

&#8222;Ja, das sind wir", antwortete Imenia stellvertretend für alle.

&#8222;Gut. Dann setzt euch auf eure Greifen. Wir werden heute ein letztes Mal nach der Vermissten suchen."

Imenia nickte und setzte sich auf ihren Greifen, Himmelsflamme und die zwei Silberbundler von seinem hergebrachten Trupp taten es ihr nach.

&#8222;Himmelswispern, worauf wartet ihr?", fragte er Verian, der ihn anstarrte, und keinerlei Anstalten machte, seinem Befehl folge zu leisten.

&#8222;Sire", sagte dieser, &#8222;verzeiht, aber ich glaube ich habe mich verhört. Sagtet ihr gerade 'ein letztes Mal'? Ich bin sicher, ich muss mich geirrt haben."

Tyballin musterte den Magier in seiner für den Silberbund typischen Tracht, die nach der längeren Expedition nun schon etwas ramponiert wirkte. Sein Haar war zerzaust, und dicke, dunkle Ränder umrahmten seine Augen.

&#8222;Wir müssen zurückkehren", sagte Tyballin schlicht.

&#8222;Sire, wir können doch nicht einfach die Suche abbrechen", brauste Verian auf, und trat einen Schritt nach vorne, zog den Greifen somit an den Zügeln mit sich.

&#8222;Und ob wir das könne.n Wir werden sie heute nämlich finden. Ansonsten hat das keinen Zweck mehr", entgegnete Tyballin. &#8222;Und wenn ihr das nicht begreift, dann seid ihr töricht."

&#8222;Ich bin nicht töricht!", wagte der Narr ihm immer noch entgegenzusetzen.

Tyballin zog eine Augenbraue hoch und stieg wieder vom Greif, baute sich vor Verian auf, obwohl der etwas grösser war als er. &#8222;Doch, das seid ihr, Himmelswispern. Und ihr seid nicht diszipliniert. Sollten wir Silbersang nicht finden, dann ist das bedauerlich, aber es ändert nichts an der Tatsache, dass es eine Verschwendung wäre, weiter nach ihr zu suchen. Seht euch doch einmal um!" Tyballin machte eine grosse Handgeste.

&#8222;Ihr wisst so gut wie ich, dass diese eisige Wüste hier niemandem länger als einen Tag Überlebenschancen bietet, gerade ohne Vorräte oder Rückzugsort."

&#8222;Sie.. könnte sich.. in den Tempel.. gerettet haben", erwiderte Verian, wirkte aber schon deutlich eingeschüchterter.

&#8222;Denkt ihr, ich würde das nicht kontrollieren? Drei der Silberbundler, die ich hergebracht habe, sind doch längst schon auf Kontrollflügen. Wir versuchen auch Informationen zu bekommen, ob sie es womöglich in eines der Hordenlager geschafft hat."

&#8222;Horden.. lager?"

&#8222;Ja, falls es in euren grossen Kopf passt: Südlich dieses Gebirges befindet sich das Lager Gallgrimm, es gehört den Verlassenen."

&#8222;Die hätten sie doch längst schon getötet."

&#8222;Wenn sie klug ist, hat sie sich als Blutelfe ausgegeben, dann geschieht ihr nichts. Und nun hört auf, weiter zu diskutieren. Jede Sekunde, die ihr hier verschwendet, geht von der Suchzeit nach eurer Freundin um. Habt ihr das verstanden, Himmelswispern?"

Der Angesprochene starrte ihn immer noch an. Eine Hand war zur Faust geballt.

&#8222;Verian", sagte Himmelsflamme, die leise hinter ihn getreten war. &#8222;Komm schon.. Wir müssen sie jetzt suchen." Dabei zog sie an seiner Hand.

Er gehorchte langsam, und liess sich von ihr zu seinem Greifen führen.

Tyballin warf Imenia einen vernichtenden Blick zu. Sie schaute nur zu Boden.

&#8222;Aufbruch", befahl er.

Sein Greif machte einen Satz, und erhob sich dann in die Lüfte.

Er konnte die Sorgen des Elfen ja nachvollziehen, aber er musste Prioritäten setzen, schliesslich hatte er sich vor Windläufer zu verantworten. Und die würde überhaupt nicht erfreut sein vom Verlauf dieser Expedition. Bereits jetzt dauerte sie zu lange, und verschlang zu viele elfische Ressourcen, die eigentlich an anderen Orten viel dringender gebraucht wurden. Dabei war es nur eine Reise gewesen, um Informationen zu bekommen. Etwas, was eigentlich Routine sein sollte.

Während er die Gruppe aus dem Gebirge und der Feste hinausführte, und sie gen Süden lenkte, verfluchte sich selber, dass er so verblendet gewesen war, und den Späher nicht besser geprüft hatte. Dann wäre es gar nie soweit gekommen.


Mittags in der Schlucht

&#8222;Dairean", murmelte Ylaria. Die Sonne war längst schon aufgegangen, mutmasste sie, denn die Höhle war in einen schummrigen Lichtschimmer getaucht, gerade genug, um die Höhle etwas zu erhellen. Der Schnee liess nicht viel durch, aber noch war Dairean nicht aufgestanden, um den Zugang zu verbreiten.

Sie war erst vor wenigen Minuten wieder aufgewacht, doch bereute es jetzt schon. Ihr Bein pochte und zerrte an ihr, ihr Magen knurrte, und in ihrer Kehle war es trocken. Wenigstens war ihr etwas wärmer, auch wenn sie tunlichst ausblendete, warum dem so war.

&#8222;Dairean?", fragte sie, etwas lauter.

&#8222;Bin da", kam die Antwort.

&#8222;Hast du.." Sie räusperte sich, und setzte noch einmal an. &#8222;Wir haben nichts zu essen, hm?" Wenigstens klapperten ihre Zähne nicht mehr, als wäre sie ein Skelett. Die Frage war dennoch bescheuert. Natürlich hatten sie nichts zu essen. Die letzte kleine Ration Nüsse, die Dairean aus der Satteltasche gefischt hatte, hatte sie bereits verdrückt. Alles zusammen. Für ihn war nichts übrig geblieben.

&#8222;Nein, haben wir nicht", sagte er. Seine Stimme klang müde.

Sie drehte den Kopf nicht, denn sie wusste, dass er es wohl sein musste. Irgendwann in der Nacht hatte er sie zu sich gezogen, damit sie es wärmer hatte. Sie hatte geschlafen.

&#8222;Bist du müde?", fragte sie, und erneut ärgerte sie sich. Auch diese Frage w2ar unsinnig. Ihr Kopf fühlte sich an, als würde kein Blut durch die Adern fliessen, sondern träger, dickflüssiger Honig. &#8222;Mmh.. Honig", murmelte sie, bevor sie realisierte, dass sie es nicht nur gedacht hatte, sondern ausgesprochen."

&#8222;Honig? Wie kommst du jetzt auf Honig?" sie dachte ein leichtes Schmunzeln aus seinen Worten zu hören.

&#8222;Ich.. habe nur gerade gedacht, was ich gerne essen würde." Ihr Gesicht färbte sich etwas rötlich.

&#8222;Und was?"

&#8222;Ein.. dickes Stück Brot, mit frischer Butter und Honig", flüsterte sie. Sie spürte, wie sein Daumen über ihren Bauch fuhr, doch wehrte sie sich.

&#8222;Mh.. das klingt lecker", antwortet er.


Einen Moment lang schwiegen sie, doch Ylaria hielt die Stille nicht aus. Das hatte sie schon oft an sich beobachtet, zuletzt auch auf der Expedition. Manchmal verfluchte sie diese Eigenschaft von ihr. Schweigen war wie eine Leere, die sie füllen musste. Sie hielt Leere nicht aus. Sie machte ihr Angst.

&#8222;Dairean?", fragte sie leise. Er brummte nur. &#8222;Denkst du.. das wir.. hier sterben werden?"

&#8222;Du solltest nicht drüber nachdenken", entgegnete er nach einigen Atemzügen.

&#8222;Ich .. wie soll ich nicht darüber nachdenken? Weil.. es ist.." Sie seufzte.

Dairean hob eine Hand. &#8222;Möglich ist es", sagte er dann nüchtern. &#8222;Wir kommen hier nicht weg."

&#8222;Falsch", murmelte sie. &#8222;Du kommst mit mir hier nicht weg."

Erneut brummte er.

&#8222;Du solltest ohne mich gehen", sagte sie schliesslich. Sie drehte den Kopf an seiner Brust etwas, um zu ihm hochzuschauen.

Sein Blick ging an die gegenüberliegende Wand. An seinem Kinn hatten sich einige Stoppeln gebildet, wohl dort, wo er den Bartwuchs einschränkte. Sie hob die Hand und strich darüber.

&#8222;Ich mein's ernst. Du solltest ohne mich gehen. Dann überlebt wenigstens einer von uns." Sie war sich nicht sicher, ob sie es ernst meinte. Langsam blickte er zu ihr.

&#8222;Nein", sagte er dann schlicht.
&#8222;Warum nicht?", fragte sie. Ihr Atem hatte sich etwas beschleunigt und sie blickte wieder von ihm weg. Albern war sie, albern. Hier, im Angesicht des drohenden Todes, der Schmerzen, die sie erlitt, des Hungers, des Dursts.. Hier in diesem elenden Moment, weitab von jeder Zivilisation, gefangen in einer dreckigen Höhle mit einem Drachenfalkenkadaver in irgendeiner Ecke, mit zerschlissener Ausrüstung und der Ungewissheit, ob sie überhaupt überleben würde, und ob sie nicht ein Bein verlieren würde.. fragte sie sich tatsächlich, ob Dairean sie vielleicht doch mehr mochte, als er zugeben wollte. < Du bist eine verdammte Närrin >, schalt sie sich selbst und schloss die Augen. Sie hoffte, Dairean hätte ihre Frage überhört, für die sie am liebsten im Mahlstrom versunken wäre. Und tatsächlich antwortete Dairean eine Weile lang nicht. Sie spürte nur aufgrund des Daumens, der über ihren Bauch strich, dass er nicht wieder eingeschlafen war.

&#8222;Wär doch sinnlos, wenn ich dich jetzt liegenlassen würd', wo ich dich doch schon her geschleppt hab", sagte er schliesslich.

&#8222;Ach, also muss es Sinn machen, mich liegenzulassen", ätzte sie. Sie war wirklich albern, auf eine andere Antwort gehofft zu haben.

&#8222;Nein, muss es nicht. Ich werde dich nämlich nicht liegenlassen", sagte er, immer noch ruhig.

&#8222;Wie gnädig", murmelte sie.

&#8222;Ich kann es nicht."

&#8222;Du kannst es nicht?" Ihre stimme klang wieder normal, einigermassen überrascht. &#8222;Warum? Hast du dich auch verletzt?"

Dairean schmunzelte. &#8222;Nein, habe ich nicht. Ich kann es nur nicht."

&#8222;Das verstehe ich nicht.. Warum kannst du es nicht?"

&#8222;Ich glaube nicht, dass wir im Angesicht des drohenden Todes über solche Dinge reden sollten", wich er ihr aus.

&#8222;Oh doch.. Gerade im Angesicht des drohenden Todes sollte man das. Auch wenn's mit einem.. Blutelf ist."

&#8222;Tut mir leid, dass ich gerade keinen Ersatz für mich bieten kann", sagte er trocken. &#8222;Ich kann dich auch wieder loslassen, wenn es dich so sehr ekelt, dass ich ein Sin'dorei bin."

&#8222;Nein.. ich meine.. Es.. tut mir leid, ich hab das nicht so gemeint, ich meinte nur.. ich.." Sie wurde erneut etwas rot.

Er zog eine Augenbraue hoch. &#8222;Ach?"

&#8222;Ich.. hätte nur nie gerechnet.. mit.. einem Blutelfen.. ich weiss nicht.."

&#8222;Ylaria, vergiss nicht. Eigentlich sind wir dasselbe Volk."

&#8222;Das weiss ich, nur seid ihr die Verräter."

Ein leises Lachen liess sie ihren Mund verziehen.

&#8222;Verräter?.. Oh je, müssen wir dies noch einmal durchkauen? Leireths Parolen am Lagerfeuer vor einigen Tagen haben mir eigentlich gereicht. Verräter sind nicht wir. Verräter war Marschall Garithos. Verräter waren die Menschen, die uns nicht zu Hilfe gekommen waren, als wir sie am nötigsten gebraucht hätten.", ereiferte er sich.

&#8222;Das ist nicht wahr. Garithos hat .. nur nicht geholfen, weil Kael'thas zu dem Zeitpunkt schon korrupt war.."

&#8222;Ach.. Erzählt man euch das?", höhnte Dairean. &#8222;Und hinterfragst du nie das, was die Obrigkeit dir sagt?"

&#8222;Doch.. ich.." Sie brach die Worte ab. Eigentlich hatte sie wirklich nie darüber nachgedacht. &#8222;Ich.."

&#8222;Du bist auch ein Elf. Du musst den Verlust des Sonnenbrunnens genauso gespürt haben. Du weisst, wie die Auswirkungen waren, wie schrecklich, wie verzehrend", fuhr er fort.

Sie nickte. Oh ja, sie erinnerte sich sehr gut daran. Es war kaum aushaltbar gewesen.

&#8222;Kael'thas hat für uns gesorgt, er hat verzweifelt versucht, Verbündete zu suchen. Er ist in seinem Wesen natürlich auch ein Verräter gewesen, aber geboren aus Korruption, Verzweiflung. Er hätte uns das niemals absichtlich angetan. Und für eine Zeit waren wir ja auch von den Leiden befreit. Ihr haltet uns ständig vor, wir hätten wissen sollen, was geschieht, aber wie? Ihr wusstet es ja auch nicht. Und anstatt uns zu helfen und zu vergeben, zu sagen, 'Wegen unseren Fehlern seid ihr noch weiter abgedriftet, es tut uns leid', schlägt die Allianz weiter auf uns ein, und verdreht die Tatsachen." Daireans Stimme klang wütend, und Ylaria duckte sich unweigerlich etwa.s Sie hatte gar keine solche Diskussion lostreten wollen.

&#8222;Ich.. es tut mir leid, ich wollte nicht.."

&#8222;Natürlich, du wolltest nicht. Aber das wollt ihr nie. Ihr beschuldigt nur gerne, ihr ach-so-sauberen Quel'dorei. Dabei ist es nur reiner Zufall, dass du nicht zu einer Blutelfe wurdest, Ylaria. Reiner Zufall. Wärst du in Silbermond gewesen, zu dem Zeitpunkt, hättest du auf unseren Prinzen gehört, auf unseren Lordregenten. Du wärst wie ich.. Uns würde kein unsinniger Graben trennen."

Die letzten Worte aus seinem Mund klangen etwas ruhiger, und er zog eine Hand von ihrem Bauch weg, hob sie hoch, und strich ihr über die Wange. Die Berührung hatte etwas zärtlicheres an sich.

Ylaria schweig. Sie konnte nichts darauf antworten, selbst wenn sie gewollt hätte. Noch nie hatte sie die Sache aus diesem Blickwinkel gesehen. Aber offensichtlich hatte Dairean mehr Zugang zu allen möglichen Informationen. Kein Wunder, wenn er in beiden Welten wandelte, selbst wenn die eine für ihn nur als Spion zugänglich war.

&#8222;Dieser ganze Konflikt ist unsinnig", murmelte er.

Ihr Herz pochte schneller. Sein Wutausbruch war überraschend gekommen, doch dass es so schnell wieder abgeflaut war, liess sie noch verwirrter zurück. Sie seufzte etwas.

&#8222;Ich wünschte.. ich.. hätte dich.. früher gekannt", sagte sie leise, und schloss die Augen.

&#8222;Das wünsche ich mir auch", flüsterte er gegen ihr Ohr.


Etwas später, einen halben Kilometer von der Schlucht entfernt.

Tyballin seufzte. Natürlich hatten sie bisher nichts gefunden. Himmelswispern grub sich wie ein Besessener durch den Schnee, während Imenia und Himmelsflamme etwas systematischer vorgingen.

Er selber blickte sich um. Die anderen zwei Silberbundler hatte er aus geschickt, um die Gegend von oben zu prüfen. Dort, wo sie jetzt standen, hatte es von oben nach einer etwas grösseren, unregelmässigen Schneewehe ausgesehen, also gruben sie jetzt. Es war lächerlich, das wussten alle ausser Himmelswispern. Sie gruben auf reine Vermutungen, die ziemlich sicher falsch waren. Und wofür? Um eine Leiche zu finden.

Das glich einer Suche nach einer Silbermünze im goldenen Staatsschatz Silbermonds &#8211; es war genauso unsinnig.

Dennoch wollte er Himmelswispern noch einige Zeit lassen. Er hoffte ja selbst, dass Silbersang noch auftauchen würde, oder die Leiche des Spions, oder.. womöglich sogar der Griff. Allerdings sagte ihm sein Verstand, der leider realistisch arbeitete, dass dies eine verlorene Hoffnung war.

Er kletterte auf den Greifen, und wollte gerade Himmelswispern anweisen, als zwei Dinge passierten.

&#8222;Da", rief Leireth. Er wandte den Kopf zu ihr, doch sie zeigte nicht etwa auf den Boden, sondern in den Himmel im Norden. Er folgte ihrem Fingerzeig und stöhnte. Auch das noch.. Windreiter.

Gleichzeitig landete einer der Elfen neben ihm auf dem Greifen. &#8222;Sire, Sire", sagte er atemlos. &#8222;Ich habe etwas gefunden!"

Alle Augen wandten sich auf ihn.

&#8222;Schnell, Aufsitzen. Wir müssen weg hier. Das sind die Sonnenhäscher", befahl er den Anwesenden.

&#8222;Die.. Sonnenhäscher?"

&#8222;Stellt keine Fragen. Sie sind es. Los, Methil, führ' uns hin", herrschte er denjenigen an, der die Entdeckung gemacht hat. &#8222;Wir müssen zuerst da sein."

Natürlich war er sich nicht sicher, ob sie es waren, aber es blieb kaum eine andere Möglichkeit.


Trotz seiner Mahnung, Schnelligkeit walten zu lassen, dauerte es viel zu lange, bis Himmelswispern sich auf seinen Greifen gesetzt hatte. Sie waren nicht weit gekommen, als ihnen vier Windreiter den Flugraum absperrten, und sie notgedrungen landen mussten. &#8222;Es ist gleich hier, Sire", raunte ihm sein Untergebener zu, und deutete in eine Richtung.

Sie befanden sich nahe einer Schlucht, oder etwas ähnlichem. In einem abgestorbenen Baum an der gegenüberliegenden Klippe war etwas befestigt, golden, rot, glitzernd. Für ein Stück Stoff war es zu klein, es wirkte fast wie ein...

&#8222;Ein Sattel", sagte Feuerblüte, die neben ihm gelandet war. Die Sonnenhäscher hatten sich als Sonnenhäscher herausgestellt, und hatten sie kreisförmig umzingelt, waren von ihren Windreitern gestiegen.

Tyballin musterte seine kleine Schar, die den anderen Elfen unterlegen war, und nahe am Klippenrand eingekesselt war.


&#8222;So trifft man sich wieder, Melodir", sagte dann eine ihm wohlbekannte Stimme. Ein Elf trat vor, und schlug die Kapuze zurück. Er war in den Farben der Sonnenhäscher gekleidet, und eine Fülle von hellblonden, glatten Haaren kam zum Vorschein. Er blickte Tyballin ernst an, was nichts daran änderte, dass dieser ihn sofort hasserfüllt anstarrte.

&#8222;Hathorel", zischte er.

&#8222;So ist es. Und ich glaube, wir haben euch gerade rechtzeitig abgefangen, wenn es mich nicht täuscht."

Tyballin verschränkte die Arme und starrte den anderen an. &#8222;Wenn ihr euren kleinen Spion retten wollt, der ist längst tot", spie er den Sonnenhäschern entgegen. &#8222;So machen wir das mit allen Spionen, die wir erwischen."

Hathorel verzog das Gesicht. &#8222;Lüg' mich nicht an, Tyballin. Ich kenne dich gut genug, um zu wissen, wann du das tust."

Sein Tonfall klang doch tatsächlich tadelnd. Tyballin starrte den anderen an, verschränkte die Arme. Schon allein der Anblick seines ehemaligen Freundes brachte ihn zur Weissglut. Verraten und betrogen hatte er ihn. Verraten, betrogen, und geblendet von den Elenden, die sich Sin'dorei nannten.

&#8222;Siehe.. Irgendetwas sucht ihr hier. Und selbst wenn es nicht Sonnenhoffnung ist, dann ist es etwas anderes. Vielleicht einer eurer Leute?"

Hathorel blickte sich um, lächelte jeden einzeln an. < Ich glaube es nicht >, stöhnte Tyballin innerlich. Himmelswispern schaute betreten zu Boden.

&#8222;Ah, so muss es sein", grinste Hathorel. &#8222;Melodir, ich denke, wir sollten zusammenarbeiten."

&#8222;Vergiss es", spie Tyballin sofort aus. Dieser elende Taugenichts, er machte ihn wütend. Er wusste genau, dass Hathorel nur so überlegen und siegessicher war, weil sioe ihnen unterlegen waren. Es würde ganz anders aussehen, wenn die Situation anders herum wäre. Dann wäre Hathorel nämlich furchtbar nervös. Oder er bluffte auch nur.

&#8222;Sei vernünftig. Ich schlage dir etwas vor.. Ich habe den Sattel da hinten am Baum nämlich auch schon entdeckt. Die Frage ist nur, wer die Beute für sich beschlagnahmen darf."

&#8222;Das ist ganz klar &#8211; wir natürlich. Ihr habt hier nichts zu suchen." Leireth Himmelsflamme war vorgetreten und starrte Hathorel an. Sie war immerhin vernünftig genug, um nicht sofort anzugreifen. &#8222;Leireth, zurück", zischte Feuerblüte.

&#8222;Also..?", grinste Hathorel. &#8222;Wisst ihr, ihr habt etwas, was wir wollen, nämlich ein Relikt. Und offrensichtlich ist da unten in der Schlucht irgendwo etwas, was ihr wollt."

&#8222;Was wir wollen? Woher willst du wissen, was wir wollen, Jorith?" Tyballin spie Hathorels Vornamen aus und starrte ihn an.

&#8222;Mmh.. Ich nehme an, einer eurer Kämpfer.", sagte Hathorel, erneut mit einem Seitenblick zu Verian, der zu Boden schaute.

&#8222;Es könnte auch der Spion sein", sagte Tyballin. &#8222;Oder beides zusammen. Was dann?" Solange Hathorel noch dachte, der Griff sei in ihren Händen, hatte er einen Triumph auf der Seite. Er konnte Hathorel erpressen. Und wenn er es geschickt machte, kamen sie hier alle heil heraus.

Sein ehemaliger Freund wiegte den Kopf hin und her, und strich sich über den Nasenflügel. Eine Hand hatte er an die Seite gelegt. Nähme in diesem Moment jemand Wetten an, hätte Tyballin seinen Monatssold darauf gesetzt, dass die Hand zitterte vor Aufregung und Nervosität. Er wurde etwas siegessicher und trat einen schritt vor, kam direkt vor Hathorel zu stehen.

Dieser senkte die Stimme und sagte die folgenden Worte so leise, dass niemand der Umstehenden etwas davon hörte.&#8222;Wir wollen nur den Griff. Ein fairer Austausch für euren Mann."

&#8222;Du beantwortest meine Frage nicht, Jorith." Erneut sagte er den Namen verächtlich, senkte aber ebenso die Stimme. Nicht alle mussten ihre Verhandlungen mitbekommen.. &#8222;Was ist mit eurem Spion Sonnenhoffnung?"

&#8222;Falls er sich da unten befindet.. dann... hm.. Betrachtet ihn als Finderlohn." Hathorel sprach in normaler Lautstärke weiter.

&#8222;Finder.. lohn?" Tyballin war so erstaunt, dass er das Wort lauter sagte, als beabsichtigt. Sowohl seine als auch Hathorels Leute blickten ihn an.

Hathorel nickte. &#8222;Für den Griff haben wir mehr Verwendung als für ihn. Ihr könnt ihn haben. Was ist? Haben wir eine Einigung?"

Tyballin antwortete einen Atemzug nicht, um Hathorel das Gefühl zu geben, dass er um seine Fassung rang. Dann nickte er. &#8222;abgemacht."

&#8222;Sehr gut", sagte Hathorel.


Drei Meter weiter unten drückte Dairean sich an die nackte Felswand. Die Worte waren zu ihm hinunter gedrungen, obwohl der Felsen über ihm leicht überhängend war. Aber seine Sinne waren übersensibel, und überreizt. ER hatte schon gedacht, er würde sich die Stimmen nur einbilden, als ein vages Echo zu ihnen in die Höhle nach unten gedrungen war. Trotz aller Freude, dass sie offensichtlich gefunden worden waren, hatte er sich vorsichtig hinausgeschlichen, eng an die Wand gedrückt, und war etwa fünfzehn Meter an der Felswand entlang gekrochen, bis er sich sicher sein konnte, dass er sich direkt unter den Sprechenden befand.

Als er Hathorels Stimme erkannt hatte, fiel ihm ein riesig grosser Stein vom Herzen. Fast schon wollte er aufspringen, jubeln, aber er vernahm auch Tyballin, und war sich nicht sicher, was das bedeutete. Wer war stärker? Sollte er sich offenbaren?

Nur wenige Momente später beglückwünschte er sich zu seiner Entscheidung, noch abgewartet zu haben. Er löste sich von der Wand, und schlich sich zurück, vorsichtig bemüht, kein Geräusch zu machen.

< Finderlohn, Finderlohn, Finderlohn >, hallte es in seinem Kopf nach. Er verkrampfte die Faust, und biss die Zähne zusammen. Hathorel hatte ihn als Finderlohn offeriert! Finderlohn! Wie konnte er nur? Der Griff wäre mehr wert, hatte er gesagt. Tyballin hatte dem Handel zugestimmt, obwohl er den Griff nicht besass. Tyballin pokerte hoch, aber in diesem Moment empfand Dairean eine seltsame Verbundenheit mit dem Silberbundischen Arkanisten.

< Nicht mit mir >, dachte Dairean, als er zurück in die Höhle schlüpfte. Ylaria blickte ihn erwartungsvoll an, doch er widmete sich ihr keine Sekunde. Stattdessen schnappte er sich die Satteltasche und zog den rechteckigen Behälter hervor, in dem sich der Griff befand. Er hatte nur noch wenige Minuten,dann würden sie die Höhle entdecken. Seine Fusspuren warne verräterisch genug.

&#8222;Dairean? Was.. machst du?"

&#8222;Nicht mit mir", knurrte er nur, und nahm den Griff in die eine Hand, den rechteckigen Kasten in den anderen. Er blickte nur kurz zu Ylaria.

&#8222;Ich bin kein Finderlohn."

Dann drang er tiefer in die Höhle ein, quetschte sich durch einen engen Spalt, den er bereits bei seinem letzten, erzwungene Aufenthalt in der Höhle entdeckt hatte.

&#8222;Nicht mit mir", murmelte er erneut. Der Spalt endete im Nirgendwo, das wusste er. Allerdings gab es da einen kleinen Riss, oben bei dem Spalt, der wohl durch Verschiebungen oder allgemeinem Druck entstanden war. Kaum auffindbar, kaum sichtbar. Er hatte damals gehofft, dass dort etwas Sonnenlicht durchfallen konnte, doch dem war nicht so. Jetzt war dies das beste Versteck, dass er sich denken konnte.

Er klemmte den Griff in den dünnen Riss, und schob ihn mit viel Kraft hoch, so weit es ging. Dann bückte er sich, suchte nach einem Stein in Handtellergrösse, und schob ihn direkt hinterher. Er machte sich nicht die Mühe, sein Werk zu betrachten, sondern eilte sofort wieder in den Hauptraum der Höhle zurück, liess sich neben Ylaria fallen, ausser Atem.

&#8222;Was.. hast du .. gemacht?", fragte sie.

&#8222;Etwas, was nötig ist.", entgegnete er nur. &#8222;Rettung naht", fügte er hinzu, noch bevor sie weitere Fragen stellen konnte.


Wenige Momente später duckten sich sowohl Tyballin und Hathorel durch den Eingang hindurch. Beide hatten es sich offenbar nicht nehmen lassen, selber nachzuschauen. Dairean hatte sich neben Ylaria gesetzt, und die Augen geschlossen, tat so, als würde er schlafen. Er reagierte entsprechend überrascht, brach in Dankesbekundungen aus und schilderte, wie sie hierher geraten waren. Er schauspielerte gekonnt seine Freude und seine Überraschung, und machte den perfekten Eindruck eines Sin'dorei, der einfach nur erleichtert war.

Ab und zu spürte er Ylarias Blick auf ihm, aber er mied es, sie anzuschauen.

Natürlich wurde sein Gepäck durchsucht. Natürlich fand man nichts.

Dairean grinste innerlich, als Tyballin anfing zu fluchen und Feuerblüte, die nach gekommen war, blass um die Nase wurde. Zumindest dachte er, das sie blass wurde. Sie hatte wohl bis zuletzt gehofft, den Griff bei ihm zu finden.

&#8222;Wo ist er?", fuhr sie ihn dann auch an. &#8222;Wo ist der Griff? Ich weiss, dass du ihn genommen hast, du elender Spion!"

Dairean setzte ein verstörtes Gesicht auf und blickte sie verständnislos an. &#8222;Was... wovon sprecht ihr?"

&#8222;Ihr habt den Griff genommen. Ihr wart auch bei Lorethiel und habt ihn getötet!"

Dairean lächelte innerlich.

&#8222;Ich habe.. was?", entgegnete er und spielte seinen Triumph aus. &#8222;Seid ihr noch bei Sinnen? Ich habe eure Kämpferin selbstlos gerettet, obwohl ich hätte abhauen können, und nun beschuldigt ihr mich, dass ich euren Lakaien umgebracht habe? Was für einen Sinn macht das bitteschön?" In diesem Moment hoffte Dairean, dass Ylaria nichts sagen würde. Er spielte hoch, das musste er zugeben. Sie konnte seine Worte auch missverstehen, konnte denken, er hätte sie aus reiner Berechnung gerettet.

Ylaria sagte nichts. Er spürte ihren Blick auf ihm, aber sie sagte nichts. Imenia schnaubte. &#8222;Feuerblüte, zurück", sagte er, und funkelte sie an. Sie gehorchte.

&#8222;Aber Melodir. Du hast unfair gespielt", sagte Hathorel daraufhin, und trat vor den Arkanisten. &#8222;Du hättest mir sagen sollen, dass ihr den Griff nicht habt. Ich betrachte unsere Abmachung als erledigt", teilte er ihm mit.

&#8222;Was? Das wirst du nicht", fuhr ihn Tyballin an.

&#8222;Oh doch. Ihr nehmt eure Kämpferin, ich nehme meinen. Ihr kehrt in die Feste zurück, und startet erst morgen früh, wir kehren heute schon nach Dalaran zurück."

&#8222;Das werden wir nicht", begehrte Tyballin auf.

Hathorel trat dich auf ihn zu. &#8222;Oh doch, das werden wir. Und dann werden wir diese ganze, unselige Geschichte vergessen, jetzt wo wir die Gelegenheit haben."

Tyballin wollte wohl noch etwas entgegen, doch dann schloss er den Mund. Seine ganze Haltung kündete vom Aufgeben. Dairean lachte sich ins Fäustchen.

< Nicht mit mir >, dachte er. < Und das gilt für beide von euch >.


Fünfzehn Minuten später befand er sich auf einem Windreiter in der eisigen Luft über den Drachenhöhen. Das Ziel war Dalaran. Er blickte zurück, nur um zu sehen, wie mehrere Greifen ebenso abhoben, einen anderen Kurs aufnahmen. Sein Triumphgefühl verflog schlagartig. Als er wieder nach vorne blickte, auf den Rücken des Elfen, der mit ihm auf dem Windreiter sass, seufzte er, und zog den Umhang enger um sich, um sich vor der beissenden Kälte zu schützen.

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Ende des vierten Abschnitts
 
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wow einfach nur wow aber armer phönix
 
Ich hoffe, dass du dein Werk noch fortsetzt.
 
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OoC: Euer Wunsch sei mir Befehl. Man verzeihe mir mein Kreatief. Offensichtlich brauch ich das manchmal, um mir klar darüber zu werden, wohin genau die Geschichte geht. Der fünfte Abschnitt hat mich beschäftigt, und ich war nicht zufrieden mit dem, was ich anstreben wollte. Umso zufriedener bin ich jetzt. Es sollte jetzt fixer gehen, auch RL-Bedingt.
Lg, Melian
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Fünfter Abschnitt

Nachspiel(e)

Wenige Tage später. Dalaran. Quartier des Magister Tyballin.

Melodir Tyballins Blick ruhte auf ihr, doch Imenia wich ihm aus. Die Rückkehr nach Dalaran war bereits einige Tage her, der Kampf gegen den Frostwyrm noch länger, und doch fühlte sie sich müde. Eine durchdringende, sie auffressende Müdigkeit liess sie nicht aus den Klauen.

&#8222;Wir müssen los", durchbrach Melodir die Stille. Imenia blickte hoch. Zwei tiefe Falten zeigten sich auf seiner Nasenwurzel.

Die Expedition war vor vier Tagen in Dalaran angekommen. Heute war der erste Tag, an dem Tyballin und Imenia überhaupt zusammensitzen konnten. Soviel hatte es zu erledigen gegeben. Die Verwundeten mussten gepflegt, Greifen versorgt, Berichte geschrieben werden.

Imenia war Melodir ausgewichen. Sie wusste, dass er es wusste. Obwohl er nichts sagte, worüber sie dankbar war, spürte sie seine Missbilligung. Er hatte zuerst mit ihr sprechen wollen, doch dann hatte sich jemand eingemischt, dem man sich nicht widersetzen konnte.

&#8222;Komm. Wir sollten Windläufer nicht warten lassen."

Imenia schluckte und blickte wieder weg. Sie schob das Glas Wein, welches sie in ihren klammen Fingern hin und her gedreht hatte, ohne daraus zu trinken, in die Tischmitte.

&#8222;Kannst du nicht..", versuchte sie zu sagen, dann brach sie ab.

&#8222;Nein. Sie will uns sehen. Jetzt sofort."

Imenia nickte ergeben und erhob sich.

&#8222;Was will sie wissen?", versuchte sie mit möglichst sicher klingenden Stimme zu fragen.

Melodir öffnete die Tür, um Imenia zuerst passieren zu lassen.

&#8222;Wärst du mir nicht aus dem Weg gegangen, hätten wir das ausführlicher besprechen können", sagte er, und schloss die Tür hinter sich, als sie beide durch den Türrahmen in den schlecht geheizten und noch schlechter beleuchteten Flur der Silberbundquartiere getreten waren. Imenia fröstelte sofort, als ein kühler Lufthauch um ihren Körper strich. In den Quartieren ihres Vorgesetzten war es deutlich wärmer gewesen.

&#8222;Ich bin dir nicht aus dem Weg gegangen."

&#8222;Natürlich bist du das. Wenn du aufhören würdest, dich zu benehmen wie ein Kind, hätte ich dich vorbereiten können.", sagte Melodir scharf, und setzte sich in Bewegung. Imenia folgte ihm, und musste den Drang unterdrücken, auf den Boden zu schauen wie ein beim Diebstahl von Süssigkeiten erwischtes Kind.

&#8222;Entschuldige", murmelte sie. &#8222;Die ganze Sache hat mich.. etwas mitgenommen. Ich weiss wirklich nicht.." Sie brach mitten im Satz ab und straffte sich. Was war bloss mit ihr los? Es war nicht ihre erste fehlgeschlagene Mission, die sie zu bewältigen hatte. Es war ihre erste mit Toten, aber das war nicht ihre Schuld. < Das wird aber niemand begreifen, wenn du dich benimmst, wie wenn es deine Schuld wäre>, sprach sie selber zu sich. Sie hob den Kopf etwas, und beschleunigte ihre Schritte, um mit Melodir gleich auf zu gehen.

&#8222;Ich werde Rede und Antwort stehen", sagte sie, und gab ihrer Stimme einen entschlossenen Klang, &#8222;und meine Strafe akzeptieren. Ich habe nach bestem Gewissen gehandelt."

&#8222;Übst du jetzt für Windläufer, oder willst du mich überzeugen?", giftete Melodir.

Imenia entfuhr ein Schnauben, woraufhin Melodirs Lippen ein schmunzeln umspielte. Das erste seit vielen Tagen.

&#8222;Ich werde versuchen, für dich zu sprechen", sagte er dann ernster, und blickte kurz zu ihr, während sie rechts abbogen, um die Quartiere in Richtung der violetten Zitadelle zu verlassen, wo Windläufer mit ihrem Gatten residierte. &#8222;Aber ich kann für nichts garantieren. Windläufer will natürlich wissen, warum alles derart schief gelaufen ist. Und ich warne dich, sie ist wirklich sauer."

Imenia nickte und sagte &#8222;Verständlich."

&#8222;Aber vielleicht will sie auch wissen, wie wir gedenken, das Problem zu lösen."

&#8222;Welches Problem?"

&#8222;Der Griff, Imenia. Was sonst?"

Imenia blickte Melodir fragend an.

Dieser seufzte. &#8222;Der Griff ist nicht einfach von der Welt, Imenia. Er ist noch irgendwo, und es wird meine &#8211; und natürlich auch deine Aufgabe sein &#8211; ihn wiederzubeschaffen. Du hast es vermasselt, du wirst mir dabei helfen. Zumindest gehe ich davon aus, dass sie dir das befehlen wird."

Imenia schluckte ihren Ärger herunter, und sagte erneut &#8222;Verständlich", während sie beide die Treppen erklommen.

Vor dem Quartier der Windläuferfamilie hielt Melodir noch einmal inne und fixierte sie mit seinem Blick. &#8222; Lass mich sprechen. Ich richte es. Aber nur damit eines klar ist: Das hier vergesse ich nicht so schnell", sprach er mit deutlich kühler Stimme. &#8222;Nach aussen hin &#8211; und somit auch gegen Windläufer &#8211; bin ich verantwortlich, aber ich werde nicht vergessen, warum ich mich rechtfertigen muss. Du wirst mir in der Erfüllung unseres Auftrages beistehen, egal wie es dir geht und wie du dich fühlst. Selbst wenn es das letzte ist, was du tust. Verstanden?"

Imenia nickte und Melodir klopfte an die Tür.


Es dauerte nur wenige Momente, bis ein Lakai die Tür öffnete und sie beide mit dem Hinweis, Lady Windläufer warte bereits, hinein bat, und sie in einen edel wirkenden Salon führte.

Auf einem kleinen Tischchen vor einem prunkvollen Diwan war ein Teeservice aufgestellt. Aus der Kanne dampfte es. Kekse waren in einer kleinen Schale angerichtet, ein kleiner Porzellanbehälter beinhaltete kleine kegelförmige Zuckerstücke. Auf dem Diwan sass Vereesa Windläufer, in der Hand eine Tasse Tee und musterte Imenia und Melodir, als sie den Salon betraten.

&#8222;Danke, Janias, das ist alles. Ihr könnt gehen", sagte sie zu dem Lakai, der sich verbeugte, und den Salon verliess. Windläufer stellte die Tasse auf die dazu passende Untertasse und legte ihre Hände in den Schoss.

Imenia musterte sie verstohlen, während sie ergeben einen Knicks machte und den Blick senkte, so wie es sich gehörte. Die Anführerin des Silberbunds trug für einmal keine lederne Rüstung, sondern war in eine reich verzierte, prunkvolle Robe gekleidet. Diesen Anblick war Imenia sich nicht gewohnt. Bisher hatte sie Windläufer nur in deren Waldläufertracht gesehen. Selbst an der Feier, an der sie den Spion das erste Mal gesehen hatte und mit ihm gesprochen hatte, war Waldläufer in Hosen erschienen. Die Feier schien eine halbes Jahrzehnt zurückzuliegen, selbst wenn Imenia wusste, dass es kaum zwei oder drei Wochen her war.

&#8222;Seid gegrüsst, Arkanisten Tyballin und Feuerblüte. Vielen Dank, dass ihr meiner Einladung so schnell gefolgt seid", begrüsste Windläufer sie.

Imenia tauschte einen kurzen Blick mit Melodir, der mit neutraler Miene erwiderte: &#8222;Das ist eine Selbstverständlichkeit, Lady Windläufer. Wir stehen euch zu Diensten."

Die Lady lächelte und griff wieder nach ihrem Tee. &#8222;Setzt euch, Tyballin, und nehmt euch Tee, während ich etwas mit Arkanistin Feuerblüte plaudere", forderte Windläufer Tyballin mit einem Lächeln auf, das keinen Zweifel daran liess, dass die Einladung explizit nur Melodir gegolten hatte und dass Imenia gefälligst zu stehen hatte. &#8222;Ihr wart ja so nett, und habt mir einen groben Überblick über die Ereignisse zukommen lassen", sagte sie zu Tyballin, und deutete mit einer Hand nach einer halb ausgerollten Pergamentrolle auf dem Tisch.

&#8222;Natürlich, Madame", murmelte Melodir und setzte sich gehorsam auf den Sessel , der seitlich am Tischchen stand. Er blickte Imenia nicht an, schenkte sich aber auch keinen Tee ein.

< Feigling >, durchfuhr es Imenias Gedanken. Einen Moment lang spürte sie Zorn in sich auflodern, doch sie bat sich selbst zur Raison. Melodir konnte nichts dafür. Er wusste, was er tat, und er war viel besser in diesem gelecktem Umgang mit Windläufer als sie.

&#8222;Wunderbar", sagte Windläufer. Imenia blickte die Lady an und musste den Drang unterdrücken, ihr ins Gesicht zu spucken. Das falsche Lächeln, dass deren Lippen zierte, konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie beabsichtigte, Imenia zu zerfleischen. Oder so ähnlich.

&#8222;Dann wollen wir mal. Seht, Madame Feuerblüte", fuhr sie fort und betonte das &#8222;Madame" abfällig, &#8222;ich bin etwas besorgt über die Art und Weise, wie diese Expedition zu ihrem Ende gekommen ist. Aber es könnte sein, dass ich etwas missverstanden habe und ich hoffe, dass ihr meine Fragen beantworten könnt."

&#8222;Nach bestem Willen, Lady Windläufer", sagte Imenia gerade laut genug, dass Windläufer es noch hörte.

&#8222;Dann erklärt mir, was falsch gelaufen ist", forderte Windläufer Imenia auf in einem bereits etwas harscherem Tonfall auf. Doch noch ehe diese etwas erwidern konnte, fuhr Windläufer fort &#8222;Ihr hattet klare Befehle. Einfache Befehle. Und ihr kommt zurück mit einem Toten, zwei Verletzten, zwei toten Greifen, ohne den Griff und ihr habt obendrein noch zusätzlich sieben weitere Silberbundler für eure Expedition gebraucht, da ihr es offensichtlich nicht allein geschafft habt! Wie bei der kärglichen Sonne Nordends habt ihr das angestellt? Ich dachte, ihr hättet Erfahrung", spuckte sie das letzte Wort fast schon hervor.

Imenia schluckte, und zwang sich, neutral zu blicken. Einen Moment überlegte sie, was sie sagen sollte, und dabei blickte sie kurz zu Melodir.

Tyballin öffnete den Mund und sagte, &#8222;Verzeiht, M'lady, aber vielleicht sollte ich kurz erklären, dass.."

&#8222;Nein, nicht ihr. Ich will es von IHR hören", fuhr Windläufer ihm ins Wort. Ihre Augen funkelten Imenia an. Offene Feindseligkeit sprach aus ihnen.

Imenia straffte sich erneut und erwiderte den Blick. Sie wagte es nicht, freundlich zu lächeln, um die Situation etwas zu entspannen. Ihr Magen spielte verrückt, aber sie liess sich nichts anmerken. Sie musste hier einfach durch. Danach würde alles besser, da war sie sich sicher.

&#8222;Lady Windläufer, es trug sich folgendermassen zu: Vor wenigen Tagen brachen wir hier in Dalaran auf, eine siebenköpfige Expedition, bestehend aus mehreren Silberbundlern, zwei Menschen und einem ortskundigen Kurierreiter, der uns begleiten sollte, da niemand von uns sich in der Drachenöde auskannte", begann sie. Sie hoffte zumindest, das es danach besser würde. Sie war bereit, alles zu tun, um ihre Fehler zu korrigieren.

&#8222;Wir hatten keine Ahnung, dass sein Empfehlungsschreiben eine Fälschung war. Es war raffiniert eingefädelt. Ich entschied mich, ihn mitzunehmen, da auf die Schnelle niemand sonst aufzutreiben war, und wir in eile waren." Imenia holte kurz Luft.

Windläufer nickte und deutete Imenia, fortzufahren.

&#8222;Dämmerpfeil machte den ersten Fehler, doch konnte er dies nicht wissen. Er erstattete mir vor Magierwache Himmelsflamme Bericht über den Spion in unseren Reihen. Sie griff ihn an."

&#8222;Einfach so?"

Imenia nickte. &#8222;Ich wusste, dass Himmelsflamme einen Hass gegen Blutelfen hegte, aber nicht, dass er derart stark sein würde. Es war, wie wenn etwas Besitz von ihr ergriffen hätte." Sie holte tief Luft, und senkte den Blick. Es war besser, Demut zu zeigen. &#8222;Dies war mein Fehler. Ich wusste nicht, dass sie zu so etwas imstande sein konnte. Ich habe sie falsch eingeschätzt. Dies ist unentschuldbar für einen Anführer einer Expedition."

&#8222;Wohl wahr", bestätigte Windläufer. &#8222;Fahrt fort."

&#8222;Ich habe getan, was ich in der Situation als das Beste erachtete.", sagte Imnenia, und blickte Windläufer direkt an. &#8222;Es war nicht vernünftig, den Spion im Wyrmruhtempel zu lassen, also beschloss ich, dass wir ihn mitnehmen, und sofort aufbrechen würden"

&#8222;Warum?", fragte Windläufer und nippte an ihrem Tee. Die dunkel umrandeten Augen bohrten sich in Imenia, doch sie hielt dem Blick stand.

&#8222;Ich war der Meinung, dass es von Vorteil wäre.- Wir mussten zu diesem Zeitpunkt vermuten, dass die Sonnenhäscher bereits Bescheid wussten, dass ihr Spion enttarnt war. Der Spion würde uns als Druckmittel dienen können, nahm ich an, sollten wir tatsächlich auf die Sonnenhäscher treffen. Es war sicherer, ihn mitzunehmen."

Windläufer setzte die Tasse wieder ab, und sagte nichts. Das Lächeln war aus ihrem Gesicht verschwunden, offenbar missfiel ihr die Antwort, aber sie konnte nichts entgegensetzen. Imenia fühlte sich sofort etwas weniger verwundbar.

&#8222;Ich kann bestätigen, dass Magierin Feuerblüte in diesem Fall richtig entschieden hat", wagte Melodir zu bestätigen.

&#8222;Hrm.. Und was ist mit dem Griff? Ihr hättet ihn nicht aus euren Augen lassen können! Das war töricht", fuhr Windläufer weiter fort, und blickte Imenia wieder an.

&#8222;Auch hier musste ich eine Entscheidung treffen, Lady Windläufer. Ich konnte mich entscheiden, den Griff zu behalten, damit er in meiner Obhut gewesen wäre. Ich hatte mich allerdings anders entschieden." Imenia hielt inne und sortierte einen Moment die Gedanken, fragte sich, wie sie ihre Entscheidung am besten ausdrücken sollte.

&#8222;Wie ich Arkanist Tyballin bereits gesagt habe: Ich musste annehmen, dass die Sonnenhäscher bereits wussten, dass wir ihren Spion enttarnt hatten." Sie sah Windläufer ungeduldig nicken. &#8222;Also teilte ich Dämmerpfeil im vertraulichen mit, dass ich beabsichtigte, ihm den Griff zu geben und erteilte ihm den Befehl, bei Feindkontakt sofort auszuscheren, und den Griff in Sicherheit zu bringen."

&#8222;Warum tatet ihr das?", fragte Windläufer. &#8222;Was macht das für einen Sinn?"

&#8222;Ich.. nahm an, dass die Sonnenhäscher den Griff sofort gefunden hätten, wäre er bei mir gewesen und wären wir auf sie gestossen. Sie wussten, dass ich die Anführerin war, und so ging ich davon aus, dass sie einem fliehenden Hochelfen nicht nachstellen würden, wenn sie nur mich und ihren Spion in den Händen hätten." Sie blickte kurz zu Melodir, der ihr zunickte. &#8222;Dämmerpfeil hätte einen grossen Vorsprung gehabt, bevor sie realisiert hätten, dass der Griff bei ihm wäre."

&#8222;Und dennoch ist alles schief gelaufen, und wir haben den Griff nicht!", sagte Windläufer scharf.

&#8222;Mit Verlaub, M'lady Windläufer, dies ist nicht die Schuld von Magierin Feuerblüte", sagte Melodir, und stand auf, trat neben Imenia. &#8222;Sie hat das getan, was jeder in ihrer Situation tun würde. Sie hat nicht töricht gehandelt, jede ihrer Entscheidungen war motiviert, den Griff und somit die Expedition nicht zu gefährden, selbst wenn das ihre eigene Gefahr bedeutet hat."

Imenia blickte kurz zu Melodir, Dankbarkeit durchflutete sie bis in ihre weichen Knie. &#8222;Ich würde dem Silberbund niemals schaden zufügen, M'lady", murmelte sie.

Windläufer schnaubte, und stellte die Tasse zurück auf den Tisch. Melodir fuhr fort zu sprechen. &#8222;Ihr einziger Fehler war, dass sie Leireth nicht genügend gekannt hat, um vorauszusehen, dass sie eine derartige Reaktion zeigt. Dass sie Dämmerpfeil nicht abgehalten hat, vertrauliche Informationen vor jemandem anderen als ihr selber auszuplaudern. Das war ihr Fehler."

&#8222;Ein grosser Fehler." Windläufers Augen funkelten immer noch wütend.

&#8222;Ein marginaler Fehler, nach einer anstrengenden, tagelangen Reise durch die Eiswüste." Melodir hielt ihrem Blick stand.

&#8222;Verzeihung, M'lady. Ich sehe meine Verfehlungen ein, und erwarte euren Urteilsspruch. Ich werde alles tun, um meine Fehler wieder gut zu machen, und in euren Augen Gnade zu finden", sagte Imenia, und versuchte, möglichst schuldbewusst zu klingen.

&#8222;Ihr steht hinter ihr?" Windläufer stand ebenfalls auf, und blickte Melodir Tyballin direkt an.

&#8222;Das tue ich. Sie hat in Bezug auf die Unterbringung des Griffes sowie der Mitführung des Spiones keine Fehler gemacht. Und selbst unter diesen Voraussetzungen hätte die Expedition noch glücken können, wäre der Frostwyrm nicht dazwischen gekommen. Mit Verlaub, M'lady, das hat Magierin Feuerblüte nicht voraussehen können. Ihre Fehler waren marginal, und ihre Entscheidungen im Angesicht der Umstände und dem Zeitdruck ausgereift und gut."

Einen Moment lang herrschte Schweigen. Imenia wagte es nicht zu Melodir zu blicken.

Es raschelte kurz, als Windläufer sich wieder setzte, und sich einen Keks nahm, die beiden Elfen vor sich musterte.

&#8222;Ihr seid von eurem Rang enthoben, Madame Feuerblüte", sprach sie nach einer Weile Schweigen. &#8222;Diese Fehler sind unentschuldbar, aber ich gebe euch die Gelegenheit, euch wieder empor zu arbeiten. Ihr werdet die nächsten Wochen Arkanist Tyballin zu Hand gehen. Danach werdet ihr auf den Turnierplatz strafversetzt, wo ihr Wach- und Ordnungsdienst leistet."

Imenia nickte gehorsam. &#8222;Ja, Madame Windläufer."

&#8222;Arkanist Tyballin, ihr werdet mir diesen Griff finden, und wenn es das letzte ist, was ihr tut. Ihr habt Zeit bis zur Feier der Eröffnung dieses lächerlichen Argentumturnierplatzes. Ich will, dass der Silberbund an diesem Tag über diese elenden Hunde der Sonnenhäscher triumphiert. Ihr habt alle Mittel zur Verfügung, die ihr braucht."

Tyballin nickte ebenso gehorsam. &#8222;Ja, M'lady Windläufer". Das hatte er erwartet. Die darauffolgenden Worte jedoch nicht.

&#8222;Und dass wir uns richtig verstehen: Wenn ihr es bis zu diesem Zeitpunkt nicht schafft, dieses Artefakt zu beschaffen, könnt ihr Madame Feuerblüte sogleich folgen. Ich finde sicherlich Ersatz für euch. Jemand, der Informationen besser sortieren und beschaffen kann, und sich nicht übertölpeln lässt von einem lächerlichen kleinen Würmchen von Spion."

Tyballin zögerte einen Moment. Imenia blickte zu ihm. Erneut zeigten sich die tiefen Furchen über der Nasenwurzel. &#8222;Natürlich, M'lady Windläufer", presste Melodir hervor, sichtlich bemüht, die Fassung zu wahren.

Er war für sie eingestanden, hatte sie verteidigt &#8211; und wurde für solidarisch mit ihr zusammen bestraft. Imenia wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Denn dass er bestraft wurde, schien ihr unausweichlich &#8211; das Artefakt war doch so gut wie verloren für sie.

Windläufer zog an einem kleinen Strang, der neben dem Diwan von der Decke hinab ging. Ein Glöckchen erklang irgendwo im Flur, und sogleich betrat der Lakai den Salon, verbeugte sich tief. &#8222;Ihr könnt gehen. Janias, geleitet die beiden zum Ausgang." Mit einer Handbewegung deutete Vereesa Windläufer, Waldläufergeneral des Silberbunds, Gefährtin von Rhonin, Mutter von zwei Halbelfen, den beiden Silberbundlern an, das sie sich zu entfernen hatten.


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Gefällt mir sehr gut. Bin schon gespannt wie sie vorgehen werden.
 
Quartiere der Sonnenhäscher, ungefähr zur selben Zeit.

&#8222;Ihr habt nicht alles gegessen, Herr Sonnenhoffnung."

Dairean wandte den Blick nicht vom Fenster. Er konnte sich die sorgenvoll-missmutige Miene der für ihn eingeteilten Blutritterin auch so gut vorstellen. Sonne schien durch das kleine, mit einem eisernen Gitter geschützten Fenster auf sein Gesicht,. Einen kurzen Moment fragte er sich, ob das Gitter jemanden davon abhalten sollte, einzudringen, oder ihn abhalten sollte, das Zimmer zu verlassen. Er vermutete Letzteres.

&#8222;Herr Sonnenhoffnung, hört ihr überhaupt zu?", fragte die Blutritterin. Ihren Namen hätte er längst wieder vergessen, lautete er nicht aus purem und kuriosem Zufall Feuerblüte. Eloira Feuerblüte. Zumindest hatte sie sich so vorgestellt. Dairean schmunzelte schief, blickte zu ihr und setzte sein charmantestes Lächeln auf. &#8222;Entschuldigt, ich konnte nicht mehr. Die Portion war sehr grosszügig."

&#8222;Ich habe meine Instruktionen. Ihr müsst aufessen und zu Kräften kommen."

Dairean seufzte und drehte sich ganz vom Fenster weg. &#8222;Mir ist übel."

&#8222;Kein Wunder", schnaubte sie, und warf ihr geglättetes langes Haar zurück. Sie war wie die letzten Tage immer in voller rot-schwarzer blutrittertypischen Plattenmontur erschienen, einzig den Helm trug sie heute nicht, so dass ihre Haare in voller Pracht über ihre Schultern fielen. Sie war hübsch.

Dairean blickte wieder weg von ihr in die Sonne, die durch das Fenster schien.

&#8222;Ich verlasse das Zimmer nicht eher, bis ihr aufgegessen habt", sagte sie erneut. &#8222;Das hilft eurem Körper zu Kräften kommen, das wisst ihr genau."

&#8222;Ich habe nichts gegen eure angenehme Gesellschaft", erwiderte Dairean schmunzelnd.

Metall klackte gegen Metall, als die Blutritterin wohl energisch die Arme verschränkte, so gut es die Platte zuliess. &#8222;Und ich habe Besseres zu tun als einen Sturkopf zu hüten, als wärt ihr ein Kleinkind. Esst!", befahl sie.

&#8222;Wollt ihr riskieren, dass ich über eure schön polierte Rüstung kotze?", konnte Dairean die Nebenbemerkung nicht verkneifen. Er blickte sie wieder an, um ihre Reaktion zu beobachten. Das einzige Vergnügen in den letzten Tagen, dass er sich geleistet hatte, war es gewesen, sie ein wenig zu ärgern. Die meisten der wenigen Heilkundigen Sonnenhäscher, die in Nordend stationiert waren, hatten sich längst auf den Weg in den Norden gemacht, wo sie auf dem Argentumturnier Dienst leisteten. Die Blutritterin, die denselben Namen trug wie diese unglückselige Expeditionsleiterin des Silberbunds, gehörte nicht zu den Sonnenhäschern, sondern war lediglich auf Durchreise gewesen, ebenso mit dem Turnierplatz als Endziel. Sie hatte nur das Pech gehabt, gerade zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen zu sein. Hathorel hatte sie dazu verpflichtet, ein paar Tage länger in Dalaran zu weilen, um sich um Dairean zu kümmern, obwohl dieser erfolglos insistierte, er bräuchte keine Heilerin.

Erneut musste Dairean wegen diesem kuriosen Namenszufall schmunzeln. Feuerblüte. Und Feuerblüte. Das Schicksal spielte manchmal mit einem sehr speziellen Humor.

&#8222;Natürlich nicht". Madame Feuerblüte schnaubte und stützte einen Arm in die Hüfte.

&#8222;Dann zwingt mich nicht zu essen", erwiderte Dairean nur schlicht.

&#8222;Ihr werdet essen, und wenn es das letzte ist, was ihr tut."

Dairean konnte den Gedanken nicht verwehren, dass es hier gar nicht um das Essen ging. Die Blutritterin war sauer auf ihn, was er ihr nicht verübeln konnte. Erneut blickte er aus dem Fenster, doch dann drehte er sich um, und setzte sich an den kleinen Tisch, auf dem noch immer das Tablett befand, auf dem das Mittagessen geliefert worden war und von dem er nur knapp die Hälfte geschafft hatte. Er hatte nicht gelogen. Ihm war furchtbar übel, er schwitzte und er litt immer noch Schmerzen, wenngleich er auch zugeben musste, dass sie in den letzten zwölf Stunden weniger geworden waren. Er hatte versucht, aus dem Zimmer zu entkommen, um sich Blutdistelpulver zu besorgen, doch das war nicht möglich gewesen. Die Blutrittern wachte über ihn wie ein Bachtatze über ihre Neugeborenen, und wenn sie nicht da war, schloss sie die Tür ab, und stellte eine Wache davor ab.

Dairean griff nach der Gabel, und spiesste ein Stück einer Karotte auf, das längst kalt geworden war. Blutritterin Feuerblüte nickte zufrieden und siegessicher.

&#8222;Geht doch. Ihr seid selbst schuld, dass euch übel ist."

Dairean blickte sie an. &#8222;Wie meinen?"

&#8222;Denkt ihr wirklich, ich bin so dumm? Euch fehlt körperlich nichts, ausser eurem Zeh. Denkt ihr, ich erkenne die Symptome nicht? Ihr seit ein Distelsüchtiger."

Dairean verzog das Gesicht, als sie ihn an seinen Zeh erinnerte. Sofort begann der Verband um den linker Fuss dumpf zu pochen.

&#8222;Das ist nicht wahr", sagte er und kaute auf dem Stück Karotte herum.

&#8222;Ahja?", höhnte Blutritterin Feuerblüte. &#8222;Und wie erklärt ihr euch eure Symptome?"

&#8222;Ich habe mich in der Drachenöde erkältet", erwiderte Dairean schlicht.

&#8222;Stellt euch nicht dumm. Das habe ich längst beseitigt. Ihr seid ein Blutdistelsüchtiger."

Dairean liess die Gabel wieder sinken und schwieg einen Moment. Dann setzte er erneut sein charmantestes Lächeln auf, und blickte die Blutritterin an.

&#8222;Wir wollen uns doch darüber nicht streiten, hm?"

&#8222;Nein, das will ich sicher nicht", ein Grinsen umspielte ihre Lippen. Es wirkte ein wenig schadenfroh. &#8222;Ich werde vor der Tür Wache stehen, wenn ihr von Magister Hathorel die Standpauke bekommt, die für dieses abscheuliche Vergehen angemessen ist."

Daireans Lächeln schwand und er starrte sie an. Natürlich hatte sie es ihm gesagt. Was hätte er erwarten können? Er wollte etwas erwidern, doch keine Worte kamen ihm in den Sinn. Sofort drehte er den Kopf wieder zur Seite, richtete den Blick stur auf den Teller mit Karotten, Erdwurzelbrei und Braten mit Sosse. Er wollte ihr nicht die Genugtuung geben, ihn wütend zu sehen.

Ihr Lachen perlte melodisch durch den Raum, erneut klackte Metall gegen Metall, als sie sich in Bewegung setzte, und vor den Tisch trat, die Hände aufstützte, sich etwas zu ihm hinab beugte und ihn anblickte.

&#8222;Ihr seid doch gescheit und gutaussehend, ich hätte euch nicht zugetraut, dass ihr so töricht seid, und dieses Kraut benutzt. Ihr habt das nicht nötig." Ihre Stimme war erfüllt von Belustigung.

Dairean kaute verbissen an einem weiteren Stück Karotte herum, und versuchte gleichzeitig die Übelkeit zu bekämpfen, antwortete ihr nicht.

&#8222;Wie unüblich. Keine Reaktion? Wollt ihr mich nicht bestechen, dass ich ihm sage, das sich mich geirrt habe? Wollt ihr mir nicht das Blaue vom Himmel versprechen?"

Dairean blickte sie an, und schluckte den Karottenbrei in seinem Mund herunter. &#8222;Nein."

&#8222;Verratet ihr mir warum?"

Dairean glaubte, Neugier in ihren Augen aufblitzen zu sehen. Er schmunzelte. &#8222;Ich traue euch nicht."

Erneut lachte sie, es klang angenehm in seinen Ohren. Es war eine Abwechslung, selbst wenn das Lachen nicht von der Person stammte, von der er es gerne hören wollt.. Dairean brach den Gedanken ab, während sein Blick auf ihren vollen, blutrot geschminkten Lippen lag.

&#8222;Eine gute Antwort. Ich sehe, ich habe euch falsch eingeschätzt", erwiderte Blutritterin Feuerblüte und richtete sich wieder auf. Wie üblich knickte sie die Hüfte etwas ab. Dairean konnte sich nicht vorstellen, dass das mit Plattenrüstung auch nur ansatzweise bequem war, doch schien es die Elfe nicht zu stören. Sie fuhr sich erneut durch die Haare und wie zufällig über die Haut an ihrem Hals. &#8222;Doch nicht so unvernünftig, wie ich es dachte. Ich glaube, ich beginne darüber hinwegzusehen, dass ich euch grolle, weil ich wegen euch hier feststecke."

Dairean blickte sie an. Wenn er seinem gesunden Elfenverstand noch trauen konnte, was er im Moment bezweifelte, dann würde er schätzen, dass sie versuchte, mit ihm anzubandeln. Er hatte den Verdacht in den letzten Tagen oft gehabt, dann wiederum war er jedes Mal entkräftet worden, als sie ihn wütend angeschnauzt hatte.

Er lächelte sie an, und liess seinen Blick über ihren Körper gleiten. Das war ein Spiel, das er kannte. Darin war er gut. &#8222;Ihr würdet es ihm sowieso sagen, Eloira. Ich darf euch doch so nennen, oder?"

Die Blutritterin nickte. &#8222;Natürlich, Dairean. Wir stecken ja wohl noch ein paar Tage länger zusammen, also können wir auf die Förmlichkeit verzichten. Und ja, ich hätte es ihm sowieso gesagt."

&#8222;Es wäre mir eine Ehre", erwiderte Dairean und nahm einen Löffel des Erdwurzelbrei in den Mund. Der Geruch liess eine Welle Übelkeit in ihm aufsteigen. Er war froh, dass seine Bewacherin und Heilerin in einer Person ihre Feindseligkeit allmählich aufgab. Diese Chance würde er nicht verspielen.

&#8222;Ehre hin oder her.. Esst schneller. Der Magister will euch sehen."

Er zog eine Augenbraue hoch. &#8222;Wirklich? Warum?"

Eloira lachte. &#8222;Woher soll ich das wissen?"

Dairean zuckte mit den Schultern. &#8222;Hätte ja sein können", murmelte er, und schob dem Brei tapfer noch ein Stück Fleisch nach.

Er musste wohl bleich geworden sein, denn die Blutritterin zog ihm den Teller unter der Nase weg. &#8222;Genug", brummelte sie. Er hatte offensichtlich genug herunter gewürgt, um sie zufriedenstellen. Welch erbärmliches Bild er dabei gemacht hatte, wollte er sich lieber nicht vorstellen.

&#8222;Danke", murmelte er erneut.

Eloira rümpfte die Nase und schob ihm über den Tisch ein Bündel zu. &#8222;Das ist eine Ausnahme. Nur weil wir gehen müssen. Zieht euch an. Ihr müffelt."

Dairean nahm das Bündel und erhob sich. Tatsächlich roch er wohl ein wenig unangenehm. Die letzten drei Tage hatte er sich kaum aus dem Bett bewegt. Fieberschübe hatten sich mit Phasen des Schüttelfrosts abgelöst. Er hatte sich nicht umgezogen und konnte sich auch nicht erinnern, dass Eloira ihn aus seinen Kleidern befreit hatte.

&#8222;Ihr hättet mich ja umkleiden können", wagte er keck zu erwidern, und schmunzelte dabei. Das Spiel. Er spielte es. Vielleicht war es seine Chance. Wofür wusste er nicht, aber er wusste, dass hier nichts lief, wie er es wollte. Er musste hier raus. Er fühlte sich wie ein Gefangener.

&#8222;Ich mag meine Männer zwar nackt und willig, aber nicht nackt und krank", erwiderte Eloira trocken. Nun lachte Dairean auf, während er sich die einfache Hose und das rote Hemd sowie die gefütterte Weste besah, die sich im Bündel befunden hatten.

&#8222;Gut gekontert, Eloira. Ich sehe, wir verstehen uns." Er drehte sich um, und begann sein Hemd aufzuknöpfen, fixierte sie mit seinem Blick. &#8222;Wollt ihr nicht das Zimmer verlassen, während ich mich umziehe?"

&#8222;Warum? Fürchtet ihr um eure Tugend?", feixte Eloira.

&#8222;Eher um eure."

&#8222;Beruhigt euch. Das ist nicht das erste Mal, dass ich einen nackten Mann sehe." Sie hielt seinem Blick stand.

Einen Moment lang hatte Dairean das Gefühl, einer weiblichen Form von ihm selbst gegenüberzustehen und das Gefühl behagte ihm nicht wirklich. Als er das Hemd ganz auszog, drehte er sich gleichzeitig um. Er spürte ihren Blick auf seinem Rücken, während er langsam und mit einigen Pausen in die frischen Kleider schlüpfte. Er musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, dass sie ihn die ganze Zeit ungeniert betrachtete.

&#8222;Setzt euch hin. Ich wechsle euren Verband", befahl Eloira, als er fertig war.

Dairean tat, was sie sagte und beobachtete die Blutritterin, als sie den Verband um seinen Fuss wechselte. Seiner Meinung nach wäre er unnötig gewesen. Die Blutritterin hatte ihm den erfrorenen kleinen Zeh fachmännisch amputiert und mit Hilfe des Lichts die Wundheilung derart beschleunigt, dass sich bereits frische Haut über den Stumpf spannte. Doch sie bestand auf den Verband, da die neue Haut sich noch an Druck der Stiefel gewöhnen musste.

Es dauerte nur wenige Minuten, ehe sie sich erhob, und ihm befahl, ihr zu folgen. Dairean stand auf, und gehorchte. Er würde dieses verfluchte Zimmer das erste Mal seit drei oder vier Tagen verlassen, da wollte er den Zorn seiner Bewacherin nicht riskieren.


Als sie den Flur betraten, erkannte Dairean, dass sich die kleine Kammer nicht weit von Hathorels Quartieren befinden musste. Und tatsächlich kam, sobald sie das erste Mal abgebogen waren, die fürchterlich albern aussehende schwebende Topfpflanze, die Hathorels Quartier kennzeichnete, in Sicht.

&#8222;Ich war so nah?", murmelte Dairean. &#8222;Warum hat er mich nicht vorher aufgesucht?"

&#8222;Ich schätz' mal, er ist sauer auf euch. Wäre ich auch."

Dairean nickte nur. Sie hatte wohl Recht. Er fuhr sich durch die Haare, während die Blutritterin an die Tür klopfte. &#8222;Herein", drang es dumpf durch die Tür.

Eloira öffnete sie und schubste Dairean leicht über die Schwelle.

&#8222;Paket intakt abgeliefert, wie bestellt. Ich warte draussen, Magister", erstattete sie knapp Bericht. Ihre Stimme liess keinen Zweifel aufkommen, dass sie in Magister Hathorel einen noch grösseren Grund sah, warum sie hier festsass.

Das &#8222;Danke, Blutritterin Feuerblüte", vernahm sie gar nicht mehr, denn da war die Tür bereits mit einem Knall zugeschlagen worden. Dairean zuckte zusammen.

&#8222;Setzt euch, Sonnenhoffnung", befahl Hathorel. Er sass an dem runden Tisch, an dem die beiden damals die Karte Nordends gemeinsam angesehen hatten. Das Gespräch schien eine halbes Jahrzehnt zurückzuliegen, selbst wenn Dairean wusste, dass es kaum zwei oder drei Wochen her war. Er setzte sich und nickte dankbar.

&#8222;Anu belore dela'na, Magister Hathorel", grüsste er seinen Vorgesetzten. Dieser spielte mit einigen farbigen Holzchips in seinen Händen.

&#8222;Es geht euch besser?"

&#8222;Es wird", sagte Dairean.

Hathorel mahlte mit seinem Kiefer. Das tat er oft, wenn er wütend war. Dairean machte sich auf den unvermeidlichen Ausbruch gefasst, und schloss ergeben die Augen.

Stille herrschte. Nichts passierte.

&#8222;Tut nicht so, als würde ich euch gleich auffressen", brummte Hathorel.

&#8222;Sire?", fragte Dairean.

&#8222;Und hört auf, mich Sire zu nennen. So förmlich sind wir noch nie miteinander umgegangen."

&#8222;Natürlich", murmelte Dairean.

&#8222;Ihr seid ein Idiot! So, jetzt habe ich es gesagt, dann können wir weiterfahren." Hathorel blickte Dairean eindringlich an, während seine nimmermüden Hände aus den Holzchips einen Kreis formten.

&#8222;Ich bin bereit, für jeden meiner Fehler die Verantwortung zu tragen", sagte Dairean nur.

&#8222;Habt ihr denn einen Fehler gemacht?", fragte Hathorel.

Dairean wusste nicht recht, was er darauf antworten sollte. &#8222;Ich weiss nicht, Sire."

&#8222;Ich sage es anders", Hathorel beugte sich etwas vor. &#8222;Hat eure vermaledeite Sucht dazu geführt, dass ihr töricht gehandelt habt? Seid ehrlich!"

&#8222;Nein", sagte Dairean, und erwiderte den stechenden blick des Magisters endlich. &#8222;Es war nicht von Belang."

&#8222;Und doch habt ihr unter Entzugserscheinungen gelitten."

&#8222;Das ist korrekt."

&#8222;Gebt mir nicht derart einsilbige Antworten, Mann! Sprecht, bei allen dreimal verfluchten Dämonenpforten." Hathorel schob die Holzchips zur Seite, sie fielen auf den Boden. &#8222;Und benehmt euch nicht so, als wäre ich Sargeras persönlich. Ich fresse euch schon nicht."

Dairean seufzte und straffte sich wieder.

&#8222;Ihr hättet die Mission selbst bei normalem Verlauf durch eure Sucht beeinträchtigt", setzte Hathorel nach.

&#8222;Nein, das hätte ich nicht. Ich nehme nicht viel, ausserdem weiss ich genau, wie ich damit umgehen muss, und.."

&#8222;Lasst das Geschwätz. Das sagt jeder Distelsüchtige."

&#8222;Es ist wahr." Daireans Worte klangen schlicht.

&#8222;Offensichtlich nicht. Oder warum habt ihr unter Entzugserscheinungen gelitten, als wir euch antrafen?"

Dairean schwieg einen Moment. &#8222;Es stillt Hunger, Durst und Schmerzen. Ich gab es der Hochelfe. Alles, was ich noch hatte. Nichts für mich", antwortete er.

Stille herrschte daraufhin zwischen ihnen. Erneut hatte Dairean das Gefühl, dass diese Diskussion um das Pulver nur ein Stellvertreter für etwas anderes war. Unter anderen Umständen hätte Hathorel das Thema längst vergessen. Er war bei weitem nicht der einzige, der sich ab und an eine Prise des Krauts gönnte, es war in den regulären Truppen weit verbreitet, sogar bei den Magiern. Üblicherweise machten nur Heiler so ein Drama um so etwas harmloses. Hathorel machte schliesslich eine verärgerte Geste mit der Hand, als wolle er das Thema vom Tisch schieben.

&#8222;Wechseln wir das Thema. Ihr habt hoffentlich daraus gelernt."

&#8222;Ja, das habe ich", antwortete Dairean, ganz so wie es Hathorel von ihm erwartete. Es war gelogen. Er würde das Pulver weiter nehmen. Der Fehler lag nicht bei ihm.

&#8222;Nein, habt ihr nicht", seufzte Hathorel. &#8222;Veralbert mich nicht. Ich kenne euch gut genug. Aber lassen wir das Thema."

Dairean nickte nur.

&#8222;Ich wollte wütend auf euch sein, aber ich bin der Meinung, dass ihr euch nichts zuschulden habt kommen lassen. Aber es wird an der Zeit, dass ihr die Karten offenlegt. Ich habe euch drei Tage lang Ruhe gelassen. Zeit, die wir eigentlich nicht haben", führte Hathorel aus, und ergriff eine weitere Handvoll Holzchips, dieses mal von weisser Farbe. Weiss für den Argentumkreuzzug.

&#8222;Verzeihung? Ich kann nicht ganz folgen." Dairean blickte Hathorel in seiner besten verwunderten Miene an.

&#8222;Das Artefakt", erwiderte dieser ungeduldig. &#8222;Wir brauchen es. Ihr habt ein gutes Spiel gespielt, da in der Höhle, aber nun müsst ihr mir sagen, wo ihr es versteckt habt."

&#8222;Verzeiht, aber warum sollte ich es haben?"

&#8222;Ich habe meine quellen. Der Silberbund hat es nicht. Windläufer ist viel zu arrogant, um geheim zu halten, dass sie es in ihren gierigen Fingern hat. Ausserdem habe ich erfahren, dass sie Tyballin und Feuerblüte darauf angesetzt hat, es wieder zu beschaffen.", fuhr Hathorel ungeduldig fort und liess Dairean nicht aus den Augen. &#8222;Also, wo habt ihr es versteckt? In eurem Gepäck war es nicht."

&#8222;Ich weiss nicht, wo sich das Artefakt befindet", erwiderte Dairean.

&#8222;Es reicht, Sonnenhoffnung, das wisst ihr auch. Wir spielen hier keine Spielchen. Ihr seid der einzige, der in Frage kommt, also sagt mir, wo ihr es habt. Oder wollt ihr etwa, dass euch der Silberbund entführt, weil sie denken, dass ihr in dessen Besitz seid?" Hathorel tippte ungeduldig mit den Fingerspitzen auf die Holzchips, die auf der Karte lagen.

&#8222;Ich habe versucht zu fliehen, Magister Hathorel", erwiderte Dairean steif. &#8222;Ich habe mich nicht um das Artefakt gekümmert, weil mein eigenes Leben auf dem Spiel stand. Verzeiht, dass dies Vorrang hatte." Er konnte es nicht verhindern, dass eine Spur Sarkasmus in seiner Stimme mitklang.

Hathorel hielt in der Tippbewegung inne. &#8222;Ihr lügt", sagte er eisig.

&#8222;Wie könnt ihr mir dies unterstellen?" Dairean zog die Augenbrauen zusammen. <Finderlohn.. Finderlohn..>, hallte es in seinen Gedanken. Er wusste, er sollte es Hathorel in diesem Moment sagen, wo sich der Griff befand. Und doch tat er es nicht. Ein Teil von ihm wusste, dass Hathorel nur gesagt hatte, was er hatte sagen müssen. Ein Teil von ihm wollte glauben, dass Hathorel nur gepokert hatte, und Daireans Leben niemals auf dem Spiel stand. Dass er nicht bloss eine Tributzahlung an den Silberbund gewesen wäre. Doch der andere Teil von ihm wusste, dass es nicht wahr war. Er konnte nicht einschätzen, wie ernst es Hathorel gewesen war. Und &#8211; so sehr der Gedanke ihn schmerzte &#8211; es war Hathorel zuzutrauen, dass er es ernst gemeint hatte. Er hätte sein Leben für Hathorel gegeben, und dieser hatte sein Vertrauen missbraucht. Dairean wusste, er sollte sich nicht so fühlen. Er war ein Spion. Ein Agent, der im Untergrund agierte. Ersetzbar. Es war nur logisch, dass man einen Spion opferte, um die Mission zu erfüllen. Er hatte es immer gewusst, und hätte an Hathorels Stelle vermutlich nicht anders gehandelt.

Und doch fühlte er sich miserabel. Die Enttäuschung pochte dumpf in seinem Brustkorb, nagte an ihm, bohrte an ihm und verstärkte seine Übelkeit nur noch.

&#8222;Spielt nicht mit mir", sagte Hathorel scharf. &#8222;Ich kann euch zerquetschen wie eine kleine Kakerlake, wenn ich es will."

&#8222;Ich würde niemals mit euch spielen, Sire", erwiderte Dairean steif. Seine Miene war undurchschaubar, nichts sollte von seinem Schmerz und seiner Enttäuschung nach aussen dringen.

&#8222;Ich weiss nicht, wo sich das Artefakt befindet. Ich hatte angenommen, dass Feuerblüte es bei sich trägt. Ich wollte mich in Sicherheit bringen. Zu Feuerblüte und der Gruppe vorzustossen, die sich mit dem Frostwyrm prügelte, wäre Selbstmord gewesen."

Hathorel blickte Dairean prüfend an, dann seufzte er. &#8222;Ihr habt vermutlich Recht."

&#8222;Ich wollte möglichst schnell in ein Hordelager. Ich wollte euch benachrichtigen. Gallgrimm war nicht weit entfernt, ich dachte, ich schaffe es."

&#8222;Ihr hättet in Erfahrung bringen sollen, wer den Schwertgriff trägt!", begehrte Hathorel noch einmal auf. Dairean kannte seinen Auftraggeber gut genug, um zu wissen, dass es ein verzweifelter letzter Versuch war, noch einmal Recht zu bekommen, obwohl dieser längst wusste, dass er im Unrecht war.

&#8222;Wie denn? Ich wurde angegriffen und habe eine Kopfwunde davongetragen, die mich einen halben Abend ausser Gefecht gesetzt hat! Danach war ich natürlich gefesselt und geknebelt!" Dairean hob die Stimme. &#8222;Ich möchte lieber nicht betonen müssen, wessen unzureichende Arbeit das gewesen ist. So früh enttarnt zu werden war bestimmt nicht meine Schuld." Er blickte den Magister an.

&#8222;Wagt es nicht, mir zu unterstellen, dass.."

Dairean unterbrach Hathorel. &#8222;Ich unterstelle nichts. Ich stelle lediglich fest. Ihr habt mir versichert, dass ihr Tyballin gut genug kennt. Ihr habt versichert, dass er keinen Verdacht schöpfen würde, zumindest nicht so schnell. Offensichtlich habt ihr euch geirrt."

Hathorel sagte nichts mehr. Seine Finger stapelten die weissen Holzchips aufeinander. Dairean verfolgte die Bewegung mit den Augen.

&#8222;Warum habt ihr das Mädchen mitgenommen?", sagte Hathorel schliesslich, und blickte ihn an.

&#8222;Ich wusste, ich schaffe es nicht im Sturm nach Gallgrimm", sagte Dairean, langsam, überlegend. &#8222;Ich kannte die Höhle von meinem Kurierflug vor ein paar Monaten, ihr erinnert euch.. der Sturm?"

Hathorel nickte.

&#8222;Ich beschloss, dass ich sie mitnehme, falls der Silberbund zuerst auf mich trifft. Ich hätte ein Druckmittel. Oder ihr Mitleid wecken können, weil ich sie gerettet habe. Und wenn ihr zuerst auf mich gestossen wäret, dann hättet ihr eine Geisel gehabt. Ich fand beide Optionen sehr angenehm, also habe ich mich dafür entschieden. Warum fragt ihr? Denkt ihr, das war falsch?"

&#8222;Nein, das denke ich nicht. Allerdings hätte ich nicht erwartet, dass ihr in so einem Moment derart strategisch denken könnt."

Dairean wusste nicht, ob er beleidigt sein sollte oder ob das nur ein Versuch war, ihm die Wahrheit zu entlocken. Konnte Hathorel wissen, was.. <Nein, hör auf. Natürlich weiss er es nicht. Du bist ein guter Schauspieler. Ausserdem... du hast sie doch nur deswegen gerettet>, sprach er sich selber zu. Er setzte ein verschmitztes Lächeln auf und erwiderte, &#8222;Tja, da seht ihr, wie viele versteckte Talente ich habe."

&#8222;Und ihr seid sicher, dass es nur das war? Oder wolltet ihr vielleicht eine Elfe retten, die euch sehr am Herzen lag? Man hört so einiges munkeln..."

Dairean setzt einen angemessen empörten Gesichtsausdruck auf. &#8222;Wie könnt ihr mir dies nur unterstellen, Sire?"

&#8222;Nun, man hört so einiges. Es kursieren unter den Silberbundlern Gerüchte, dass ihr euch massiv an diese Elfe heran gemacht habt. Ich frage mich.." Hathorel tippte mit dem Zeigefinger gegen sein Kinn und musterte Dairean. &#8222;Ich frage mich, ob ihr euch vielleicht von gewissen Emotionen habt beeinflussen und blenden lassen."

Dairean hielt einen Moment inne, und lachte dann leise. Hathorel zog die Augenbrauen hoch.

&#8222;Mit Verlaub, Sire. Das war rein taktisch. Ich hatte gehofft, über sie an Informationen heranzukommen. Denkt ihr tatsächlich, ich würde mich von einer Hochelfe angezogen fühlen? Welch abscheulicher Gedanke. Sie war nichts, nur ein Mittel zum Zweck. Und es hat sich bewährt. Sie war naiv genug und hat sich zu mir hingezogen gefühlt. Leider kam ich nicht dazu, das auszunutzen, weil ich enttarnt wurde. Und wir wissen ja, dass das nicht mein Fehler war", lenkte Dairean geschickt das Thema erneut auf Hathorels Fehler.

Hathorel schnaubte. &#8222;Nun gut. Ich glaube euch. Vorerst. aber wir werden uns noch sprechen."

&#8222;Natürlich, Magister", sagte Dairean.

&#8222;Ihr werdet euer Zimmer nicht verlassen", befahl Hathorel. Dairean öffnete den Mund, um zu protestieren, doch er konnte nicht einmal eine Silbe sagen. &#8222;Nein, sagt nichts. Ihr seid ein Ziel. Der Silberbund will euch in seine Finger bekommen. ES wäre töricht von euch, wenn ihr denkt, dass ihr weiterhin unbeschadet, als wäre nichts passiert, in Dalaran umher spazieren könnt. Vor allem, wenn ihr noch so schwach seid. Es ist nur zu eurem eigenen Schutz."

Der Magister durchquerte den Raum, um die Tür zu öffnen. Offensichtlich interessierte er sich nicht für eine Antwort auf seine Aussage.

&#8222;Blutritterin Feuerblüte, bringt Sonnenhoffnung bitte wieder in seine Kammer und sorgt dafür, dass er es so angenehm wie möglich hat."

&#8222;Bin ich ein Dienstmädchen?", brauste Eloira auf und funkelte den Magister an. &#8222;Ich habe jetzt schon genug Zeit hier vertrödelt."

&#8222;Das ist ein Befehl", erwiderte Hathorel barsch, drehte sich wieder um, stapfte an den Tisch zurück und liess ihr keine Zeit zu antworten.

Dairean hatte sich mittlerweile erhoben. &#8222;Shorel'aran, Magister Hathorel."

&#8222;Ja ja, geht schon. Wir sprechen uns noch. Ich muss jetzt ungestört überlegen, wie ich diese ganzen Probleme löse!", seufzte Hathorel

&#8222;Natürlich."

Dairean trat zu Eloira und liess sich von ihr zurück in die kleine Kammer führen.


Nur wenige Momente nachdem Dairean und die Blutritterin die Quartiere verlassen hatten, stand Magister Hathorel wieder auf, und öffnete eine weitere Tür in seinem Quartier, die in sein Schlafzimmer führte.

&#8222;Du hast alles gehört?", fragte er den Elfen, der neben der Tür gewartet hatte. Dieser nickte nur.

&#8222;Gut. Ich will, dass du ihn nicht aus den Augen lässt, und mir über jeden seiner Schritte Bescheid gibst."

&#8222;Ihr glaubt ihm nicht?"

&#8222;Kein bisschen, Meeran. Kein bisschen."

&#8222;Was glaubt ihr, was er tun wird?"

&#8222;Vorerst behalte ich meine Überlegungen für mich. Beobachtet ihn einfach."

Der Elf salutierte und verliess Hathorels Quartier fast ungesehen.
 
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Ich würde nicht gerne in der Haut von den vieren stecken, mal sehen, wer das Rennen gewinnt.

Wieder 2 schöne Teile.
 
OOC: Ich leide auch mit mit allen vieren.. Das Rennen gewinnen... Uuh.. ich glaube, das wird für manchen Leser noch eine überraschung. Ich hab mit den Charakteren noch einiges vor. ^-^
Der nächste Part ist etwas ruhiger. Ich wünsche viel Spass beim Lesen.

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Freundschaftsspiel(e)

Ylaria betritt den Raum des Gasthauses. Es ist in einer Stadt, die sie kennt. Der Name spielt keine Rolle. Sie öffnet die Tür, und tritt hinein, in Wärme. Ein grosses Feuer flackert, doch nicht im Kamin. Sie friert, sie friert so sehr. Sie nähert sich dem Feuer, streckt die Hände aus. Das Feuer weicht vor ihr zurück. Sie streckt die Hände mehr aus, tritt näher an das Feuer, welches mitten im Gastraum lodert, auf nacktem Boden. Das Feuer weicht erneut.

Sie friert. Sie friert und sie verglüht innerlich. Sie tritt näher zu dem Feuer und es verwandelt sich in eine humanoide Gestalt. Sie glaubte, ein Kichern zu vernehmen. Das Feuer läuft vor ihr davon, durch die Räume des Gasthauses, und...

Als Ylaria das erste Mal aufwachte, registrierte sie nur wenig, und doch so Essentielles.

Ein kalter Hauch fuhr über ihre Wangen. Sie lag weich. Ihr war wohlig warm. Etwas schweres lag auf ihr, weich und bequem. Decke.. Es war eine Decke. Es war warm. Und weich. Sie öffnete die Augen nicht. Sie fror. Sie hatte das Gefühl zu erfrieren, obwohl es warm war. Sie wusste, es war warm, und dennoch dachte sie zu erfrieren. Sie wimmerte leise. Durch den Nebel ihrer Gedanken spürte sie eine Berührung. Kalt. Metallisch. An ihrem Mund. Es dauerte nicht lang, da war sie wieder eingeschlafen.

&#8222;Geh nicht fort." Ylarias Rufen verhallt ungehört. Sie eilt durch einen flur. Das Feuer trägt elfische Gesichtszüge, ein lodernder elfischer Körper, ohne genaue Konturen. Dennoch ist sie sicher, es ist ein Elf. &#8222;Bleib stehen.. mir ist kalt."

Sie ruft erneut, doch das Feuer lacht nur. Das Lachen schallt durch das ganze Gebäude. Der Flur hört nicht auf. Sie ist in Silbermond. Sie ist zuhause. Das Anwesen der Silbersangs.

Das Feuer lacht und spielt mit ihr. Es hält sie zum Narren. Kurz bevor sie es erwischen kann, macht es einen weiteren Schritt, immer schneller als sie. Viele Türen säumen den Flur. Das Feuer stellt ihr ein Bein, und berührt sie, dann verschwindet es. Ylaria steht auf. Das Feuer ist nicht mehr da. So viele Türen, die sie..

Das zweite Mal wachte sie auf, als Stimmen durch ihre vernebelten Träume drangen. Sie spitzte die Ohren. Viel bewusster als das vorherige Mal war sie anwesend. Sie fror immer noch ein wenig. Nur leise drangen Wortfetzen an ihre Ohren. Träge versuchte sie sich zu erinnern, wer sprach. Die Stimmen kamen ihr bekannt vor.

&#8222;.. immer noch fiebrig.. Gefährlich" - eine weibliche, sanfte Stimme. Rau und ungewohnt, in der Allgemeinsprache.

&#8222;Ihr müsst doch.. dagegen.. können.." Männlich. Elf.. oder..? Sie war sich nicht sicher.

&#8222;.. Geduld.. vonnöten.. Tee. Licht." erneut die Frau.

Ylaria schlummerte wieder ein, als sich die Stimmen entfernten.

Das Feuer wispert ihr Koseworte in die Ohren. Von überall und nirgendwo. Es ruft nach ihr. &#8222;Ylariaa...", säuselt es, wie der Wind. Und dann weiss sie, welche Tür. Sie weiss, wo sie hin muss. Die fünfte Tür von links.

Sie öffnet die Tür, und befindet sich sofort im Raum. Sie kann sich nicht erinnern, den Raum betreten zu haben. Sie ist einfach da.

Das Feuer steht vor ihr. Er steht vor ihr. Es ist ein Elf.

&#8222;Ylaria, da bist du ja endlich", sagt er. Die Stimme kommt ihr bekannt vor. &#8222;Ich friere", sagt sie.

&#8222;Ich weiss", sagt das Feuer und breitet seine Arme aus. &#8222;Ich werde dich wärmen", sagt das Feuer. Und tritt auf sie zu. Sie..

&#8222;Ylaria, könnt ihr mich hören?" Schlagartiger als die beiden Male zuvor erwachte sie und öffnet die Augen. Die Sonne blendete sie grell. Ihr war furchtbar heiss. &#8222;Wo..", krächzte sie, doch ihre Stimme versagte. Sie fühlte sich durstig. Sie hatte furchtbaren Hunger. Sie wollte..

&#8222;Scht, ganz ruhig", murmelte die vertraute Stimme. Sie drehte den Kopf und erblickte die Menschenpriesterin. Wie war noch gleich ihr Name? &#8222;Ihr seid in Sicherheit, in Dalaran", sagte sie leise, und strich mit einem kühlen Lappen über Ylarias Stirn. &#8222;Ihr wart verletzt und ihr habt ein übles Fieber davongetragen", fuhr sie fort. &#8222;Bewegt euch nicht."

Ylaria holte tief Luft, und keuchte sofort, als ihr ein scharfer Schmerz in die Brust stach. Ein Hustenreiz überwältigte sie und sie begann Schleim in das Tuch zu husten, welches die Heilerin ihr hinhielt. &#8222;Durst", konnte sie nur ächzen, nachdem sie fertig gehustet hatte.

Ihr ganzer Körper schmerzte. Sie schwitzte. Es war viel zu heiss. Und sie war durstig. Es tat weh. Sie wollte zurück. Zurück. Schlafen. Das Feuer.. der Traum.. Sie krächzte erneut &#8222;Durst".

&#8222;Ganz ruhig. Bitte beruhigt euch. Ihr strengt euch zu sehr an", sagte die Menschenfrau und wusch mit dem Lappen über Ylarias Gesicht. Ylaria traten Tränen in die Augen, doch dann beruhigte sie sich langsam. Sie schloss die Augen wieder, atmete ein und aus, nicht zu tief, um nicht zu viele Schmerzen zu erzeugen.

&#8222;So ist es gut. Ich werde euch helfen, euch aufzurichten, dann könnt ihr etwas trinken."

Ylaria musste die Augen nicht öffnen, um zu wissen, dass die Heilerin lächelte.

Langsam richtete sie sich &#8211; mit Brionnas Hilfe &#8211; auf. Die Menschenfrau stopfte ihr ein paar Kissen in den Rücken, so dass sie in einer halb aufgerichteten Lage schliesslich eine Tasse voll lauwarmen Tee in die zitternden Hände nahm, und gierig daraus trank.

Nur wenig später schlief sie wieder ein.
Traumlos.


Das nächste Mal erwachte sie mit einem brennenden Hunger. Das Licht schmerzte nur kurz, als sie die Augen aufmachte. Sie fror nicht, sie schwitzte nicht. Sie richtete sich auf und blickte sich im Zimmer um. Sie fühlte sich besser. Bedeutend besser.

Auf einem Stuhl neben ihrem Bett sass Verian und schlief in einer Position, die sehr unbequem aussah, den Kopf an die harte Wand gedrückt. Die Heilerin war nicht zu sehen.

Ylaria bewegte ihre Hände, die unter der Decke lagen. Sie erinnerte sich jeder Einzelheit, die ihr zugestossen war. Die Expedition. Ihre anfängliche Euphorie. Der lange Flug. Die Ankunft.. Sie hatte Drachen gesehen. Dairean.

Ylaria lächelte, doch bald verlor es sich in den nachfolgenden Gedanken.

Der Absturz. Das grässliche Gefühl, als sie ihren Knochen knacksen hörte. Ylarias Hand wanderte zu ihrem Bein und betastete es.

Sie spürte keinen Verband und keine Wunde.

Sie bewegte es probeweise und keuchte leicht, als ein stechender Schmerz durch den Knochen fuhr. Was..

&#8222;Ylaria, du bist wach! Oh bei der Sonne.." Verian war von ihrem Keuchen aufgewacht, und blickte sie an. Sofort setzte er sich auf ihr Bett, neben sie, und legte ihr eine Hand auf den Oberarm. Er strahlte.

Sie lächelte. &#8222;Ja", erklang ihre heisere Stimme. Es fühlte sich an, als hätte sie seit Monaten nicht mehr gesprochen.

&#8222;Oh, bei der Sonne", wiederholte Verian. &#8222;Ich bin so froh, dass du aufwachst. Brionna hat gesagt, dich hat ein starkes Fieber erwischt, und sie hat es nicht wirklich gut bekämpfen können, es blieben noch Überreste davon in deinem Körper, oder so, sagte sie zumindest. Deinem Bein geht es gut, aber es muss sich noch gewöhnen, an dem geheilten Zustand, meinte sie. Also.. sie hat es richten können, aber der Knochen und das Gewebe drumherum sind in Mitleidenschaft gezogen worden, und müssen sich noch an den geheilten Zustand gewöhnen, und.."

Ylaria lachte leise, als Verians Wortschwall auf sie ein sprudelte. Verian unterbrach sich selbst und blickte sie verwirrt an. &#8222;Du lachst..?"

Ylaria lächelte und hob die Hand. &#8222;Es ist.. schön dich.. sprechen zu hören. Gut, dich zu sehen", sagte sie leise. &#8222;Wie lange..?"

&#8222;Wir waren drei Tage unterwegs bis nach Dalaran. Du hast die letzten vier Tage zusätzlich noch verschlafen und bist hier gelegen."

Sie hatte eine ganze Woche verloren. Ylaria blickte Verian an. Er rutschte etwas näher.

&#8222;Wie fühlst du dich?", fragte er vorsichtig.

&#8222;Es tut weh", murmelte sie. Verian nickte. &#8222;Durstig. Hungrig. Mir ist übel."

&#8222;Das ist ein gutes Zeichen", sagte er lächelnd. &#8222;Frierst du?"

&#8222;Nein."

&#8222;Sehr gut. Das Fieber ist weg. Brionna sagte, ich solle es ihr sofort sagen, wenn du noch frierst. Sie schläft gerade, weisst du? Sie hat sich um dich und um Hammerschmied gekümmert. Er ist wieder auf den Beinen."

Ylaria richtete sich etwas mehr auf und zog eine Hand unter der Decke hervor, legte sie auf ihr Bein.

&#8222;Du wirst wieder laufen können. Noch ein paar Tage, und du wirst wieder beweglich und aktiv sein wie ein Eichhörnchen."

&#8222;Ausgerechnet.. ein Eichhörnchen? Warum nicht etwas.. hm.. Anmutigeres?" Sie schmunzelte und blickte zu Verian, der erneut anfing bis über beide Ohrenspitzen hinweg zu strahlen.

&#8222;Ach, wie habe ich deinen Humor vermisst. Ich dachte schon, ich.." Er unterbrach sich selbst und blickte zu Boden.

&#8222;Du dachtest was?"

Verian hielt einen Moment inne. &#8222;Dass ich dich verloren habe. Wir haben nach dir gesucht. Dich nicht gefunden. Ich hatte .. Weisst du, ich hatte solche Angst. Ich habe.. mich sogar mit Tyballin angelegt."

&#8222;Wirklich?"

&#8222;Arroganter Sack", murmelte Verian nur als Antwort.

Ylaria lachte und Verian grinste sie verschmitzt an.

&#8222;Du weisst.. doch, ich bin so leicht nicht unterzukriegen."

&#8222;Ich hab's gemerkt. Ach, Ylaria, ich bin so froh", sagte Verian, und beugte sich etwas zu ihr, um sie spontan in die Arme zu nehmen.

Ylaria schloss den einen Arm, den sie schon unter der Decke hervorgezogen hatte, um ihren besten Freund und schmiegte sich an den warmen Körper.

&#8222;Danke", murmelte sie.

Verian fragte nicht, wofür, sondern hielt sie einfach fest. Seine eine Hand strich durch ihr Haar. Es war eine Geste, die Geborgenheit in ihr weckte.

Nach einer halben Ewigkeit löste sie sich von ihm. &#8222;Ich bin.. durstig.. Könntest du bitte..?"

Verian liess sie sanft zurück in die Kissen sinken und liess sie dann los. &#8222;Natürlich. Entschuldige, ich hätte vorher dran denken können." Er stand auf, und schenkte ihr etwas Saft ein. &#8222;Brionna sagte, ich solle dir Saft zu trinken geben, aber wenn dir der zu kühl ist, könntest du warme Brühe bekommen. Du brauchst einerlei dringend Energie und Nahrung." Er reichte ihr das Glas.

Ylaria nahm es entgegen und nickte. &#8222;Saft.. reicht schon.. im Moment. Denke ich." Als sie daran nippte und der kühle, erfrischende, süsssaure Saft ihre Kehle hinunter rann, seufzte sie wohlig.

&#8222;Und jetzt.. setz' dich hin.. Erzähl mir alles, was ich verpasst habe in den.. letzten Tagen.. hm?Was ist mit dir und Leireth? Was ist mit Imenia passiert? Wie habt ihr den Frostwyrm überstanden? Wie habt ihr uns gefunden? Was ist mit den Sonnenhäschern passiert?"

Und Verian erzählte.

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Ich bin so froh das es weiter geht!
Und immer noch erfüllst du meine Erwartungen vollends
 
OOC: Vielen Dank auch dir, Silmyiel, dass du noch weiterliest.
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"Was is' los, Bri?" Connell benutzte den Kosenamen, den er sich in den letzten Tagen für sie ausgedacht hatte und blickte sie an.
Brionna konzentrierte sich auf die Teekanne, aus der sie Tee in eine Tasse goss. &#8222;Was sollte los sein?", antwortete sie. Sie klang kurz angebunden, obwohl sie das nicht wollte.

Connell sass am Tisch ihr gegenüber. Er hatte sich in der letzten Woche hervorragend erholt, und war schon fast wieder ganz auf den Beinen. Einzig eine leichte Erkältung plagte ihn noch und sein Körper musste sich noch von den Strapazen und dem Blutverlust der Wunde erholen, die er im Kampf gegen den Frostwyrm erlitten hatte. Er schnaubte kurz. &#8222;Natürlich nicht'", brummelte er.

&#8222;Warum kommst du auf die Idee, dass etwas los sein sollte?", wiederholte sie. Sie konnte es nicht lassen. Es ärgerte die Menschenfrau selbst.

&#8222;Weil du sonst nie so ruhig bist", schlussfolgerte Connell blauäugig.

&#8222;Willst du behaupten, ich sei eine Klatschbase?", giftete Brionna zurück und funkelte ihn über der Teetasse an. Sie wusste, es war töricht.

&#8222;Wa.. Nein.. Das wollt' ich sicher nich' sagen, ich mein', dass du sons' immer mehr.. du weisst schon", stammelte Connell, ehe er schwieg und sie hilfesuchend anblickte.

Brionna blickte noch einen Moment ernst, ehe sie grinste. Connell schnaubte erneut, doch dann lachte er auch und so genossen sie einen Moment die fröhliche Atmosphäre, die sie selbst erzeugt hatten.

Der Gemeinschaftsraum war leer. Es war später Nachmittag. Brionna hatte einige Stunden geschlafen, nachdem sie die ganze Nacht über die Elfe gewacht hatte. Sie hatte sich nun etwas zu Essen gegönnt. Nur noch diese Tasse Tee, dann würde sie wieder nach Miss Silbersang schauen.

Connells Blick ruhte immer noch auf ihr. &#8222;Jetzt aber.. mal im Ernst. Dich beschäftigt was.. Is' es die Elfe? Wacht sie nich' auf?", bohrte er weiter.

Brionna seufzte und stellte die Tasse hin, legte die Hände mit den Handflächen nach unten auf die raue Oberfläche des Tisches. &#8222;Das auch."

Connell legte sofort seine beiden ebenso rauen, ledrigen Pranken auf ihre Hände und schlang seine Finger um die ihren, viel zärtlicher als man es für so einen grossen und starken Mann erwarten würde . Er sagte nichts, sondern blickte sie nur an, was Brionna nicht weiter erstaunte.

Sie hatten in den letzten Tagen viele Stunden miteinander verbracht. Nachdem er sich soweit von seinen Verletzungen erholt hatte, dass er problemlos wieder aufstehen konnte, liess er es sich nicht nehmen, sie fast überall hin zu begleiten, sofern sie es zuliess. Viele Stunden waren sie einfach nur während Brionnas Wache in Miss Silbersangs Zimmer gesessen, hatten einige Mahlzeiten miteinander eingenommen und viele Kannen Tee getrunken. Brionna hatte in diesen Stunden vor allem eines herausgefunden: Connell war ein aufmerksamer und guter Zuhörer. Was sich andere in langem Studium aneignen mussten, wusste er instinktiv. Er schwieg, wenn seine Worte den Gedankenfluss stören würden, er sprach, wenn es notwendig war, die Stille zu durchbrechen, und er sagte mit wenigen Worten das, wofür andere eine halbe Ewigkeit brauchten. Er scheute sich nicht, zu sagen, was er dachte, auch wenn das beinhaltete, dass er Kritik übte. Trotz dieser beneidenswerten Fähigkeiten hatte Connell auch ganz oft etwas tollpatschiges und unüberlegtes an sich. Brionna lächelte, als ihr dies durch den Kopf ging. Sie hatte ihn am Anfang der Expedition nicht ausstehen können, aber ihr Widerstand war schnell geschmolzen, als sie realisiert hatte, dass er kein Spiel spielte. Dass er einfach nur er selbst war.

Connell blickte sie immer noch an, aufmerksam, und streichelte mit dem Daumen über ihre Hand. Er sagte immer noch nichts, weil er wusste, dass sie zu gegebener Zeit schon sprechen würde.

Brionna erwiderte seinen Blick. &#8222;Einerseits wacht sie nicht auf, andererseits.." Sie seufzte und löste eine Hand unter seiner hervor und richtete sich die Haare etwas. &#8222;Sie ist.. mitgenommener als sie sein sollte."

&#8222;Wie geht'n das?", fragte Connell.

&#8222;Ich wusste es nicht. Ich .. habe mir den Kopf zerbrochen, ob es vielleicht an mir liegt. Ob ich nicht genug heilende Kraft übrig gehabt habe, nachdem ich mich um dich gekümmert hatte, oder ob ich vielleicht etwas übersehen habe, weil sie eine Hochelfe ist und ich mit diesem Volk wenig Erfahrungen habe."

Connell strich sich mit der freien Hand über den Dreitagebart, der sein Kinn zierte.

Brionna fuhr fort, ihre Gedanken auszuführen. &#8222;Ich hab vor zwei Tagen eine andere Heilerin gefragt. Ich weiss nicht, ob du sie kennst, es ist eine zwergische Priesterin, die ich von meinen Studienreisen nach Eisenschmiede her gut kenne. Wir hatten immer losen Kontakt." Ihre Hand hielt nicht still. Sie griff nach der Teetasse und nippte daran. &#8222;Item, sie hat Miss Silbersang auch untersucht, aber sie konnte auch nichts finden."

&#8222;Warum denkst'n du, dass es ihr nich' so gut geht, wie es ihr gehen sollt'?", fragte Connell und stützte den Ellbogen auf.

&#8222;Das Fieber. Es ist nicht herunter. Du hast sie doch gehört, wie sie im Schlaf gezittert hat, oder?"

Connell nickte. &#8222;Wollt' immer noch mehr Decken holen."

&#8222;Das hätte auch nichts genützt. Irgendwas war.. irgendwas ist immer noch in ihr, es.." Brionna verstummte mitten im Satz, als die Tür des Gemeinschaftsraumes aufging. Herr Himmelswispern, der gute Freund von Miss Silbersang, betrat eilig und breit grinsend den Gemeinschaftsraum. Kaum hatte er Brionna erblickt, rief er&#8222;Sie ist wach!", und eilte zum Tisch, wo die beiden Menschen sassen.

Brionna atmete hörbar erleichtert auf. &#8222;Endlich.. Das sind gute Neuigkeiten." Sie wollte ihre Hand aus Connells Griff winden, doch er hielt sie weiterhin sanft, aber beständig fest.

&#8222;Ja. Sie sagte, sie sei hungrig und durstig. Fieber hat sie keins."

&#8222;Ich hoffe, ihr habt ihr etwas zu trinken gegeben?"

&#8222;Ja, wie ihr mich instruiert habt, Saft. Sie hat ein Glas getrunken, obwohl sie über Übelkeit klagte."

Brionna runzelte die Stirn. Sie war gerade im Begriff gewesen, aufzustehen, doch sie setzte sich wieder. &#8222;Übelkeit?", murmelte sie. &#8222;Das sollte nicht sein. Wobei.. sie könnte hungrig sein, es könnte aber auch..."

Herr Himmelswisperns Strahlen verschwand etwas aus dessen Gesicht und er runzelte die Stirn. Sein Gesichtsausdruck war für Brionna leichter zu lesen als die Miene der anderen, oft unnahbar scheinenden Hochelfen.

&#8222;Ihr seht besorgt aus. Aber sie ist doch wach?", fragte er. Seine Stimme klang verwirrt.

&#8222;Ja, sie ist wach. Aber wie ich gerade Connell erzählen wollte, macht sie mir dennoch Sorgen."

&#8222;Warum?"

&#8222;Das.. ich sollte das vielleicht nicht mit euch besprechen."

Himmelswispern verzog das Gesicht. &#8222;Ich bin ihr bester Freund. Ich erfahre es sowieso."

&#8222;Das meine ich nicht. Ich meine.. Ich weiss nicht.. Hach.. es ist kompliziert", seufzte Brionna.

&#8222;Aber ihm wolltet ihr es erzählen?". Er deutete auf Connell.

Connell lächelte beschwichtigend und Brionna wurde rot.

&#8222;Ihr Zustand ist.. schlechter, als man es nach meinen Heilkünsten erwarten würde. Das Licht hat mich reich gesegnet, um sie zu heilen. Und dennoch.." Brionnas Blick haftete auf Herr Himmelswisperns Augenbrauen, die mit jedem ihrer Worte höher wanderten. &#8222;Blickt mich nicht so an", brauste sie plötzlich auf. &#8222;Und wagt es gar nicht, daran zu denken, meine Heilkünste in Frage zu stellen. Weil das ist genau das, was ihr gerade tun wollt, gebt es zu!"

Herr Himmelswispern hob die Hände. &#8222;Nein, ich wollte.. nicht.." Dann seufzte er. &#8222;Entschuldigt. Doch. Das wollte ich."

&#8222;Hrmpf." Brionna zog eine Schmollmiene.

&#8222;Erzähl' einfach, Bri. Is' wohl besser", forderte Connell sie sachte aber bestimmt auf.

&#8222;Ihr Fieber hielt länger an, als es eigentlich hätte anhalten dürfen. Sie ist sehr schwach. Sie hatte Schüttelfrost, er viel zu stark war für gewöhnliches Fieber. Sie hat teilweise auch sehr stark geschwitzt. Sie hat zwischendurch auch immer mal wieder Phasen von Schmerz gehabt. Ich sah es ihr an. Und.. und ihr Atem stank", führte Brionna widerwillig aus.

&#8222;Was.. hat ihr Atem damit zu tun?" Erneut wanderte Herr Himmelswisperns Augenbraue nach oben.

Brionna schwieg einen Moment, sortierte Worte, dann räusperte sie sich. &#8222;Ich .. sehe ihr habt keine Erfahrung darin. Ich allerdings schon. Es sind.. nun.. klassische Symptome eines Entzugs vom Kraut, das nur in Quel'thalas wächst. Das Kraut, welches zumeist nur Elfen konsumieren."

Herr Himmelswisperns Miene wurde eisig. &#8222;Ihr meint Blutdisteln?"

Brionna nickte nur.

&#8222;Das ist unmöglich. Ylaria ist keine Distelsüchtige. Das wüsste ich!", begehrte Herr Himmelswispern sofort auf.

Connell zuckte nur mit den Schultern. &#8222;Hab gehört, viele Elf'n nehmen das Zeuch." Er erntete einen wütenden Blick des Elfen.

Brionna hob die Hände. &#8222;Bitte, ich wollte euch nicht beunruhigen, Herr Himmelswispern."

&#8222;Ihr irrt euch. Ylaria nimmt keine Disteln, das würde ich wissen", wiederholte er sich.

Brionna seufzte. &#8222;Es gibt keine andere Erklärung."

Der Elf schaute sie einen Moment an, dann liess er sich auf den dritten Stuhl fallen, der am Tisch stand. &#8222;Das kann nicht sein", murmelte er. &#8222;Das wäre.. das kann ich nicht erklären. Sie ist meine beste Freundin. Das würde sie nicht .. Das macht keinen Sinn."

&#8222;Nicht immer gibt es dafür eine Erklärung", versuchte Brionna ihn zu beruhigen und legte die freie Hand auf Herr Himmelswisperns Oberarm. Sie konnte sein Entsetzen gut nachvollziehen. Das Kraut war zwar nicht weit verbreitet unter den Menschen. Weil man es aus Quel'thalas importieren musste, war es relativ teuer, und für den einfachen Menschen unerschwinglich. Aber es gab andere Möglichkeiten und andere mehr und weniger gefährliche Substanzen. Alkohol in grossen Massen war das Hauptproblem vieler Menschen. Viele derjenigen, die sich dem Alkohol hingaben, wollten niemals zugeben, dass sie ein Problem hatten. &#8222;Manchmal haben nicht einmal diejenigen, die süchtig sind eine Erklärung. Sie haben eines Tages probiert, und dann lässt es sie..."

Herr Himmeslwispern fiel ihr ins Wort und schüttelte ihre Hand ab. &#8222;Ihr versteht nicht! Ylaria nimmt keine Disteln! Wir haben es zweimal erleben müssen, dass einer der unseren nach dem Fall des Sonnenbrunnens an einer übermässigen Dosis von Blutdisteln gestorben ist. Diese Idioten dachten, dass sie so ihre Magiesucht stillen können.. Sie würde.. Sie würde niemals.. Sie weiss, wie sehr.."

Herr Himmelswispern wurde erneut still. Brionna stellte fest, dass er müde wirkte. Die anfängliche Freude, die beim Betreten des Raumes in seinem Gesicht gestanden hatte, war wie weggewischt und war wieder dem sorgenvollen Ausdruck gewichen, den Brionna von den letzten Tagen her nur zu gut kannte.

&#8222;Ich irre mich nicht", sagte sie schliesslich und blickte dem Elfen direkt in die Augen. Sie irrte sich wirklich nicht. Sie war sich sicher. Die letzten Zweifel waren verschwunden, nachdem ihr die Zwergin versicherte, dass sie alles in ihrer Macht Stehende versucht hatte und sie selber auch keine Möglichkeit mehr sähe, wie die Symptome der Elfe durch Licht noch mehr hätten gelindert werden können.

&#8222;Ich.. ich muss mit ihr sprechen. Wenn das wahr ist..", murmelte Herr Himmelswispern.

Brionna blieb hartnäckig und legte ihm die Hand wieder auf den Oberarm. &#8222;Ihr habt mich heute morgen früh schon zur fünften Stunde abgelöst, weil ich so müde war. Ich nehme ausserdem an, dass Miss Silbersang schon länger wach ist, und ihr euch unterhalten habt. Ihr seid müde. Ihr müsst dringend ruhen, Herr Himmelswispern. Die Nachricht ist.. ich hätte sie euch vielleicht erst später erzählen sollen."

&#8222;Nein", begehrte der Elf auf. &#8222;Nein, ihr habt.. das Richtige getan, indem ihr es mir gesagt habt."

&#8222;Das ändert nichts an der Tatsache, dass ihr euch zuerst ausruhen solltet, bevor ihr mit ihr sprecht", fuhr Brionna fort.

&#8222;Warum?"

&#8222;Sons' sagt ihr nur irgendwelchen Mist", schlussfolgerte Connell, &#8222;und kriegt euch mit ihr in die Haare und am Schluss sin' alle sauer auf Bri.. ich mein Brionna.." Seine Fingerspitzen streichelte immer noch über ihre Handoberfläche.

Brionna schmunzelte und drehte die Hand so, dass Connell ihre Handinnenfläche berührte. Sie genoss das Gefühl sehr. &#8222;Ich muss Hammerschmied recht geben, Herr Himmelswispern. Ausserdem würde ich Miss Silbersang gerne zuerst befragen, was es damit auf sich hat, und in welchen Dosen sie das Kraut genommen hat."

&#8222;Warum?", fragte Herr Himmelswispern dumpf.

&#8222;Damit ich mir Massnahmen überlegen und sie entsprechend behandeln kann", erklärte Brionna geduldig, während sie zu Connell blickte, der sie anlächelte.

&#8222;Aber ich will mit ihr sprechen", begehrte der Elf schwach auf.

&#8222;Ihr solltet euch zuerst einmal ausruhen", sagte Brionna erneut.

Connell richtete sich etwas auf. &#8222;Hört auf sie. 'S is' besser, sonst bekommt ihr nur noch ihren Zorn zu spüren. Ausserdem.. Eine von euch hat nach euch gefragt. Die.. wie hiess sie..?" Er blickte hilfesuchend zu Brionna.

&#8222;Miss Himmelsflamme", ergänzte diese sofort.

&#8222;Leireth hat mich gesucht?"

&#8222;Hat gefragt, wann ihr fertich seid bei der Miss un' wann ihr zu ihr kommt", nickte Connell.

Der Elf rieb sich die Augen und stand schliesslich auf.

&#8222;Ihr könnt auch noch morgen mit ihr sprechen. Ihr solltet wirklich etwas zu Ruhe kommen", sagte Brionna. Der Elf tat ihr Leid.

&#8222;Gut", sagte er schliesslich. &#8222;Aber versprecht mir eins.."

&#8222;Was soll ich euch versprechen, Herr Himmelswispern?"

&#8222;Sagt.. sagt Feuerblüte nichts davon."

Brionna zog eine Augenbraue hoch. &#8222;Ich weiss nicht, ob das möglich ist. Ich habe ihr schon.. gewisse Bedenken mitgeteilt."

Der Blick, den ihr der Elf zuwarf, war mörderisch. &#8222;Ihr habt Feuerblüte schon erzählt, dass sie Disteln nimmt? Einfach so?"

&#8222;Nein, ich habe ihr gesagt, es läuft mit der Heilung nicht alles so, wie es sein sollte, noch nicht meinen Verdacht."

&#8222;Das Licht sei gesegnet", murmelte der Elf. &#8222;Hört zu, ihr dürft ihr das nicht erzählen. Das könnte.. das Ende sein für Ylarias Karriere."

&#8222;Das kann ich nicht beurteilen." Brionna rutschte auf ihrem Stuhl herum. Mehr und mehr wurde ihr das Gespräch unangenehmer. &#8222;Und ich kann das auch nicht verschweigen."

&#8222;Dann.. dann schiebt es wenigstens auf. Ich bitte euch! Ich will zuerst mit Ylaria reden, und ihr solltet das auch tun. Es kann alles noch ein Irrtum sein."

&#8222;Ein Irrtum?", unterbrach Brionna die in einem flehenden Tonfall vorgebrachten Worte des Elfen.

&#8222;Was weiss ich.. vielleicht hat es ihr jemand untergejubelt und sie wusste nicht, was es genau war. Oder jemand hat sie betrogen, oder was weiss ich.. Ich bitte euch.. Inständig. Lasst mich zuerst mit ihr reden. Bitte!", fuhr Herr Himmelswispern eindringlich fort. Seit er aufgestanden war, hatte er damit begonnen, an der kurzen Tischseite auf und ab zu gehen.

Brionna verfolgte das rastlose Treiben des Elfen einen Moment mit den Augen, dann wanderte ihr Blick zu Connell.

Der drückte kurz ihre Hand und rieb sich erneut den Dreitagebart. &#8222;Feuerblüte wird nich' dran sterb'n, wenn sie es erst morgen erfährt, hm? Lass' ihn doch zuerst mit ihr red'n. Du wärst auch froh, wenn du das könntest, wenn's um wen gehen tät', denn du gern hast, oder nich'?"

&#8222;Da hast du wohl Recht", gab Brionna zur Antwort.

&#8222;Also.. werdet ihr es ihr nicht sofort sagen?"

&#8222;Nein. Geht, ruht euch aus und löst mich morgen früh ab, dann könnt ihr mit der Miss reden."

&#8222;Danke!", rief Herr Himmelswispern überschwänglich, und verbeugte sich so tief, dass er mit der Stirn der Tischkante gefährlich nahe kam. &#8222;Danke, danke! Ich bin sicher, das wird sich alles aufklären. Das ist nur ein Irrtum."

Bevor Brionna etwas erwidern konnte, hatte sich der Elf wieder aufgerichtet, hatte ihnen beiden einen Abendgruss zugesprochen und war aus dem Gemeinschaftsraum verschwunden. Sieblickte ihm einen Moment perplex nach. Dann zuckte sie mit den Schultern. &#8222;Schaden wird's ja wohl kaum", murmelte sie, mehr zu sich als zu Connell.

&#8222;Gute Entscheidung, Bri." Connel hob ihre Hand zu seinem Mund, und setzte einen scheuen Kuss darauf, lächelte sie an. Brionna fühlte Röte in ihrer Wange aufsteigen. Sie zog ihre Hand schnell zurück und stand auf. Sie wusste nichts zu erwidern. &#8222;Ich .. geh dann mal. Wache stehen. Du solltest dich hinlegen. Gute Nacht", stammelte sie schliesslich.

&#8222;Dir auch", sagte Connell und nickte.

Während Brionna durch die Flure ging, um zu Miss Silbersangs zimmer zu gelangen, ging ihr durch den Kopf, dass auch das eine Eigenschaft an Connell war, die sie sehr schätzte.Sie spürte, dass er grosses Interesse an ihr hegte, aber er bedrängte sie niemals, wenn sie einmal zurückwich. Brionna war aufdringliche Aufmerksamkeit von Männern gewohnt, das gab es immer wieder. Damit wusste sie umzugehen, das war kein Problem.

Sie wusste allerdings nicht, wie sie mit dem stillen, starken Connell umgehen sollte, der einfach nur da war. Der ihr unaufdringlich klar machte, dass er sie wollte. Nicht nur für eine oder zwei Nächte, sondern..

Brionna wollte den Gedanken nicht zu Ende denken, wie wenn er dadurch verschwinden würde. Natürlich tat er das nicht.

.. für immer.

Brionna wusste nicht, wie sie damit umgehen sollte.

Brionna gebot sich selbst zu schweigen, öffnete die Tür zu Miss Silbersangs Zimmer und trat ein.

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Zur gleichen Zeit, Quartier des Arkanisten Tyballin

Imenia unterschrieb ganz zu unterst am Rand des beschriebenen Blatt Pergaments und erlaubte sich dann einen kurzen Blick aus dem Fenster. Als sie das letzte Mal hinaus geschaut hatte, hatte die Dämmerung gerade eingesetzt, nun war es bereits dunkel. Sie strich sich über die Stirn, schloss die Augen und drückte mit den Zeigefingerspitzen kurz auf die geschlossenen Lider, bis sie farbige Punkte sah. Danach erhob sie sich. Melodir hatte sie angewiesen, ihren ausstehenden detaillierten Bericht in seinem Quartier auszuarbeiten. Diesem Befehl war sie mit gemischten Gefühlen gefolgt. Einerseits schätzte sie den Komfort, den der Arkanist in seinen Quartieren hatte. Die Räume waren besser geheizt, besser abgedichtet und geräumiger. Sie rochen auch besser, da sie nicht so nahe den Küchen lagen wie Imenias. Andererseits hatte Melodir nach der Besprechung mit Windläufer am vorigen Tag nicht mehr mit ihr geredet. Wenn sie ehrlich war, fürchtete sie die Konfrontation mit ihm. Während sie ihre Arme etwas dehnte, die vom langen Schreiben etwas steif geworden waren, dachte sie darüber nach. Töricht wie sie war, fürchtete sie zwar die Konfrontation, aber noch mehr fürchtete sie, was es für sie bedeutete, dass Melodir ihr nun fast einen ganzen Tag aus dem Weg gegangen war. Das flaue Gefühl in ihrem Magen war nicht verschwunden, obwohl sie erfahren genug war, um es sich nicht anmerken zu lassen. Sie hatte den ganzen Tag kaum etwas essen können.

Sie blickte kurz zur Tür, aber natürlich trat er nicht sofort in diesem Moment durch sie hindurch. <Er wird kommen, wenn es soweit ist. Hör auf, dir den Kopf darüber zu zerbrechen, es lässt sich ja sowieso nicht ändern>, befahl sie sich selbst. Ihre Füsse setzten sich wie von selbst in Bewegung und sie begann, im Raum auf und ab zu gehen, wo es der begrenzte Platz zuliess. Der Arkanist hatte mehr Platz zur Verfügung als sie, aber er hatte ihn gerade in seinem Arbeitszimmer, wo sich nun auch Imenia befand, diesen Platz ziemlich gut ausgenutzt. Oder eher vollgestopft, je nach Perspektive. Imenia strich mit den Händen über diverse Bücherrücken, während sie an einigen Bücherregalen entlangging. Teure Werke standen hier ebenso wie Sammlungen handschriftlicher Notizen. Als sie bei Melodirs Schreibtisch ankam, hielt sie inne und betrachtete die Ordnung darauf.

Sie konnte ihre Gedanken nicht abstellen, die immer wieder zu Melodir schweiften. Sie war sich nicht sicher, was das für sie beide bedeuten würde. Sie waren immer mehr gewesen als nur Vorgesetzte und Untergebene, dafür kannten sie sich zu lange. Davon zeugte ja auch schon, dass sie sich sehr informell ansprachen. Imenia musste zugeben, dass sie den etwaigen Verlust ihrer Freundschaft am meisten befürchtete.

Sie kehrte wieder zurück an den runden Tisch, an dem sie die letzten Stunden verbracht hatte. Ihre Augen glitten über das vollgeschriebene Pergament. Dann fasste sie einen Entschluss. Das, was geschehen war, konnte sie nicht ungeschehen machen. Natürlich empfand sie es als höchst ungerecht, dass nun alle Schuld auf sie abgewälzt wurde. Aber sie war auch furchtbar froh darum, dass Melodir für sie eingestanden war. Imenia würde alles tun, dass er nicht mit ihr zusammen bestraft wurde. Sie griff nach dem Federkiel, tunkte ihn in die Tinte, zog ein neues Blatt Pergament näher und begann zu schreiben. Alles, was ihr auffiel. Notizen, Stichworte, Gedanken, Überlegungen flossen auf das Pergament, alles, von dem sie dachte, dass es nützlich war, die Hintergründe der Mission zu begreifen. Noch immer hatte sie nicht alle einzelnen geflochtenen Stränge verstanden. Allerdings war das notwendig, um überhaupt irgendwo ansetzen zu können. Zumindest dachte Imenia das.




Kaum hatte sie fünf Minuten gegrübelt, hörte sie Stimmen. Melodir sagte irgendetwas zu irgendjemandem, direkt vor der Tür. Es dauerte keine zwei Atemzüge, da ging die Tür auf und der Elf betrat sein eigenes Arbeitszimmer. Imenia hörte mit einem Ohr einen anderen Elfen „Natürlich, Arkanist Tyballin“, sagen.

Sie blickte auf und setzte ihr überzeugendstes Lächeln auf. „Guten Abend Melodir.“

Der Arkanist trat zu ihr an den runden Tisch und nickte kurz angebunden. Imenia unterdrückte den Drang, sich auf die Lippe zu beissen, und behielt den Blick auf ihm.

„Sei gegrüsst. Woran arbeitest du gerade?“, erkundigte er sich. Seine Stimme klang kühl.

„Ich habe den Bericht fertig, wie du es gewünscht hast.“

„Sehr gut. Die Pergamente hier?“

Imenia nickte. Melodir ergriff die Pergamente und begann sie zu überfliegen. Seine Gesichtszüge wirkten starr, seine Körperhaltung angespannt. Imenia bedeckte ihr Gekritzel mit einer Hand und kam sich sofort albern vor. Wie hatte sie nur denken können, dass es irgendetwas gab, was die Freundschaft zwischen ihr und Melodir wieder gerade rücken konnte.

Ihre Hand begann das Papier zu zerknüllen und sie erhob sich gleichzeitig. <Schade um das teure Pergament>, dachte sie in einem Ecken ihres Bewusstseins noch, da war die zerknüllte Kugel bereits auf dem Boden gelandet. Sie schloss das Tintenfass und richtete alles auf dem Tisch wieder akkurat und ordentlich an, so wie sie es vorgefunden hatte. Sie sprach kein Wort und hielt den Blick gesenkt.

Erst als es raschelte und sich die vier Stück Pergament ihres Berichts wieder in ihr beschränktes Sichtfeld schoben, blickte sie hoch.

„Bist du schon fertig mit Lesen?“, fragte sie.

„Nein“, antwortete Melodir. Imenia wusste nicht, was sie darauf antworten sollte und blieb einfach stehen, hin- und hergerissen. Melodir setzte sich auf den Stuhl neben demjenigen, den sie den Nachmittag über besetzt hatte.

Imenia biss sich auf die Lippen. Als sie direkt nach dem Treffen mit Windläufer versucht hatte, überhaupt irgendetwas zu sagen, hatte er sie unterbrochen. Er war schneller weg gewesen als ein Kuchen in einem Raum mit hungrigen Kindern. Das einzige, was geblieben war, war seine Aufforderung wo sie ihren Bericht zu schreiben hatte.

„Melodir?“, fragte sie, fast atemlos.

Melodir antwortete nicht. Ihre Blicke kreuzten sich und Imenia unterdrückte den Drang, leer zu schlucken. Stattdessen setzte sie sich. Arkanist Melodir Tyballin wirkte weder wütend noch genervt. Er wirkte erschöpft und ratlos. Etwas, was sie an ihm nicht kannte.

„Danke“, sagte sie nur. Es war fast einen Tag zu spät, aber es war notwendig.

„Wofür?“, gab er zurück, fast etwas barsch.

„Wofür wohl?“, entgegnete Imenia schlicht.

„Lass uns nicht darüber sprechen. Wir sollten lieber anfangen, uns Gedanken zu machen.“ Melodir machte Anstalten, wieder aufzustehen, aber Imenia legte ihm ihre Hand auf die seine und blickte ihn eindringlich an.

„Doch, lass uns darüber reden. Ich will mich bedanken. Du hast dich für mich eingesetzt, und ich bin dir dafür sehr dankbar“, widersetzte sich Imenia und blickte ihn eindringlich an.

„Ja ja“, wollte Melodir ihre Worte beiseite wischen. „Wir sollten..“

Sie liess ihn nicht ausreden. „Es tut mir sehr leid, dass sie dich.. mit mir bestraft. Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich dich davon abgehalten, für mich einzustehen. Du kannst nichts dafür. Ich wünschte, ich könnte es irgendwie ändern, wenn es in meiner Macht stünde.“

Ein Moment breitete sich Schweigen zwischen ihnen aus. Dann seufzte Melodir. „Imenia, hör auf, so zu sprechen.“

Imenia blickte ihn verwirrt an. „Wie?“

„Als ich meine Aussagen gemacht habe, bin ich davon ausgegangen, dass sie mich kollektiv mit dir bestrafen würde.“

„Aber.. warum hast du dann..?“

Melodir zog seine Hand unter der ihren hervor, stützte die Ellbogen auf und legte die Fingerspitzen aneinander. Einen Moment lang sagte er erneut nichts. „Ich bin dein Vorgesetzter. Vorgesetzte sind mitverantwortlich für die Fehler ihrer Untergebenen. Es ist für mich logisch, dass ich für dich einstehe.“

Imenia nickte und murmelte „Verstehe“. Natürlich. Die Befehlskette und Logik. „Aber ich hätte es nicht erwartet.. Du hast es wirklich nicht verdient, da es meine Schuld war. Wenn ich Leireth besser gekannt hätte, dann hätte ich Dämmerpfeil davon abgehalten, mir die Nachricht vor ihren Ohren zu erzählen. Dann hätte ich gut überlegen können, was wir machen.“

„Und dann? Du hättest es ihr doch sowieso unter Umständen erzählt“, wandte Melodir ein. „Du bist keine Hellseherin, Imenia.“

„Dann... hätte ich sie vorher besser einschätzen sollen. Vielleicht bin ich zu distanziert. Vielleicht entgeht mir zu viel, vielleicht..“

Melodir fuhr ihr barsch ins Wort. „Sprich keinen Unsinn, Imenia.“

„Unsinn?“

„Natürlich, Unsinn. Du bist genauso wenig Schuld an der ganzen Sache wie ich. Es ist eine Verkettung unglücklicher Umstände gewesen.“

„Aber Leireth..“

„Himmelsflamme hat niemals den Anschein gemacht, über ihren Hass über die Blutelfen ihr gesamtes Befehlsbewusstsein zu verlieren. Ich habe Recherchen gemacht.“

„Du hast... Recherchen?“ Imenia blickte ihn erstaunt an.

Melodir nickte. „Was dachtest du, womit ich den letzten Tag beschäftigt war?“

Imenia senkte den Blick wieder. „Nichts..“

„Du hast dir keine Gedanken darüber gemacht?“ Nun war es an Melodir, erstaunt zu klingen.

„Doch.. das habe ich.. Ich dachte halt.. nun ja..“

„Nun ja was..? Muss ich dir alles aus der Nase ziehen?“ Melodir schmunzelte leicht, was sich in seiner Stimme niederschlug.

„Ich habe gedacht, du bist wütend auf mich und meidest mich deshalb“, murmelte Imenia und rieb sich beinahe krampfhaft über das Gesicht, um ihn ja nicht anblicken zu müssen.

„Deswegen habe ich dich natürlich in mein Quartier befohlen, damit ich dir aus dem Weg gehen kann.“

Melodirs leises Lachen liess Röte in Imenias Wangen steigen.

„Ich.. entschuldige. Ich schätze.. ich bin noch etwas verwirrt von dem Ganzen. Es tut mir wirklich leid, dass...“ Erneut wurde sie unterbrochen, doch dieses Mal nicht von seiner Stimme, sondern von einem Finger, der sich auf ihr Mund legte. Sie blickte wieder zu Melodir, der seinen Finger sofort wieder zurückzog.

„Entschuldigungen sind unangebracht, weil sie nicht notwendig sind, Imenia. Wir kennen uns doch lange genug“, sagte Melodir. Sein Gesichtsausdruck wirkte wieder neutral, doch nicht mehr kühl und feindselig. Womöglich hatte Imenia da sowieso zu viel hineininterpretiert.

„Ich bin nicht nur für dich eingestanden, weil ich es als richtig empfand, sondern weil ich glaube, dass du dasselbe tun würdest für mich. Und es gibt nicht viele Leute, denen ich so etwas zutraue. Viel zu viele von uns sind nur auf ihr eigenes Wohl bedacht, doch du hast sogar die alleinige Schuld auf dich geladen, so dass Windläufer in der Projektion ihrer Wut auf dich sogar Himmelsflamme vergessen hat.“

Auf diese Weise hatte Imenia das gar noch nicht betrachtet. „Ich habe gar nicht.. daran gedacht“, sagte sie.

Melodir lächelte erneut. „Siehst du? Das meine ich. Du bist eine hervorragende Anführerin und Leutnant deiner Leute. Du kannst Befehle geben und hart sein, wenn es nötig ist, aber du bist im Ernstfall auch dafür bereit, für deine Leute einzustehen. Du siehst die vergangenen Dinge als Resultat des Handeln eines Kollektivs. Diesem Kollektiv standest du vor, also ist es für dich nur logisch, dafür mit deinem Kopf zu bürgen. Ich gehe doch richtig?“

Imenia fuhr mit der Hand seitlich zu ihrem Hals und rieb sich in einer Verlegenheitsgeste die Haut. „Nun.. ja, das könnte durchaus sein.“

„Wie ich sagte: du bist die geborene militärische Anführerin. Und ich sehe es ähnlich wie du, also war ich meinerseits bereit, meinen Mitteil der Schuld zu tragen, da ich deiner Truppe ebenso vorstehe wie du.“

So formuliert klang es für Imenia gar nicht mehr so weltfremd. Dennoch konnte sie sich der Frage nicht verwehren, wie es nun um ihre Freundschaft stand. Sie liess ihre Hand wieder sinken, und zeichnete mit der Fingerspitze Muster auf den Tisch. „Du riskierst also deine Karriere für mein angeborenes Anführertum?“, schlussfolgerte sie überspitzt.

Melodir tippte die Fingerspitzen mehrmals aneinander. „Nein. Ich riskiere meine Karriere, weil ich der Meinung bin, dass Windläufer eine gute Freundin sehr ungerecht behandelt und weil ich das nicht mitansehen will, ohne etwas zu tun. Wenn sie dich auf einen verlorenen Posten abschiebt, dann soll sie mich ruhig mit schieben. Sie findet sicherlich einen Besseren.“ Den letzten Satz sprach Melodir in einem sarkastischen Tonfall, der keinen Zweifel daran liess, dass er genau wusste wie wertvoll er für den Silberbund war und dass Windläufer ihre liebe Mühe haben würde, einen Ersatz für ihn zu finden.

„Glaubst du, sie hat dir nur leer gedroht?“

„Das glaube ich nicht nur, das weiss ich. Sie wollte dir nur aufzeigen, welche gesellschaftlichen Rang du ihrer Meinung nach hast. Sie wollte ihre Zähne zeigen. Glaub' mir, ich habe oft genug mit ihr zu tun. Ich würde sogar fast sagen, dass sie sich instinktiv etwas fürchtet. Du bist nämlich eine mögliche Bedrohung, wenn du mehr von Intrigen und Machtspielchen verstehen würdest.“

„Ein zweifelhaftes Kompliment, würde ich sagen.“ Imenia lächelte zaghaft, dann immer sicherer.

„Ach was. Ein Kompliment ist ein Kompliment. Na also, du kannst ja noch lächeln. Das ist ja furchtbar, wie du die letzten Tage umher gehuscht bist, als ob du dich vom Drachenfalken in ein Mäuschen verwandelt hättest. So kenne ich dich gar nicht. Und..“, Melodir beugte sich etwas vor, „Wenn ich ehrlich bin, will ich dich auch gar nicht so kennen.“

Das laute, schallende Lachen Imenias, das auf diese Bemerkung hin folgte, schien ihn zufriedenzustellen. Er klopfte auf den Tisch und rief „Genau, das, so meine ich das!“, und grinste selber.

„Ich bin froh, dass wir das geklärt haben“, sagte Imenia schliesslich. Sie sprach von ganzem Herzen. Sie war tatsächlich froh.

„Das nächste Mal lasse ich dich auch nicht so lang warten damit. Ich wollte einfach zuerst diese Leireth überprüfen.“

„Was hast du herausgefunden?“

„Nichts, was überraschend wäre. Wie ich sagte, niemand hat sie mit derartigem Hass gekannt und hätte ihr das zugetraut. Du bist auf der sicheren Seite.“

Imenia nickte dankbar. Es erleichterte sie schon um Einiges, nun, da sie wusste, dass sie nichts hätte machen können, um das Ganze zu verhindern. „Danke“, sagte sie.

„Wenn du dich noch einmal bedankst, dann überlege ich es mir anders“, drohte Melodir grinsend.

„Bitte nicht.“ Imenia hob lachend die Hände. Sie genossen zusammen einen Moment lang die Fröhlichkeit, die sich zwischen ihnen ausbreitete und die Imenia in der angespannten Atmosphäre die letzten acht Tage lang sehr vermisst hatte.

Dann stand Melodir auf, und zauberte aus einem geheimen Fach in seinem Schreibtisch eine Flasche guten Wein hervor, ebenso zwei Gläser. Er öffnete sie und schenkte ihnen beiden ein, setzte sich wieder zurück auf den Stuhl an den Tisch und lehnte sich etwas zurück.

„Wir dürfen aber dennoch nicht vergessen, dass wir Ergebnisse zu liefern haben. Ich habe einigen Einfluss im Silberbund, aber wenn wir nichts liefern, ist jeglicher Einfluss nichts nütze.“ Nachdem er seinen Satz beendet hatte, hob das Glas an und prostete ihr zu.

Imenia erwiderte die Geste und nippte am Wein. Er war gut und süss, fast schon etwas zu schwer. „Ich habe mir .. nun ja, ich habe angefangen, mir darüber Gedanken zu machen. Also natürlich nachdem ich den Bericht beendet habe.“ Sie musste sicher gehen, dass sie nur ein Glas trank, sonst wäre sie beschwipst.

„Gedanken?“, Melodir legte eine Hand auf den anderen Unterarm, beugte seinen Oberkörper etwas vor und blickte sie interessiert an.

Imenias Blick wanderte zu der zerknüllten Papierkugel. Sie hob eine Hand und die Kugel schwebte auf den Tisch, wo Imenia sie ergriff, auseinander faltete und glattstrich. „Ich habe mir überlegt, was wir tun können.“

„Führe deine Gedanken aus“, forderte Melodir sie auf.

Imenia nickte und deutete auf einen Namen, den sie notiert hatte. „Einerseits ist da Ylaria. Silbersang. Du weisst schon, die Verletzte.“ Sie wartete Melodirs Nicken ab, ehe sie weiter sprach. „Ich glaube, ihr kommt eine Schlüsselrolle zu. Leider ist sie bisher noch nicht erwacht, aber die Heilerin hat mir versprochen, dass es nicht mehr lange dauern dürfte. Wir müssen sie gründlich befragen, was passiert ist, als der Spion sie mitgenommen hat, ob sie miteinander gesprochen haben, ob er den Griff vielleicht vor ihr versteckt hat.“

„Sie könnte möglicherweise noch lange nicht aufwachen“, wollte Melodir einwenden, doch Imenia unterbrach ihn.

„Das habe ich auch überlegt. Also habe ich einen zweiten gedanklichen Fokus auf den Spion selbst gesetzt.“ Sie tippte auf das Wort 'Spion' auf ihrem Pergament. „Wenn wir Imenia nicht befragen können, dann ihn. Ich nehme nicht an, dass er bereits aus Dalaran geflüchtet ist.“

„Warum nicht?“

„Na denk doch mal nach, die Sonnenhäscher wollen dieses Artefakt doch genauso sehr wie wir. Hast du das Gesicht dieses Magisters gesehen, als er erfuhr, dass weder wir noch der Spion den Griff besitzen?“

„Das habe ich in der Tat bemerkt“, murmelte Melodir und wirkte gleich etwas düsterer.

„Ich glaube, die wollen den Griff halt ebenso dringend wie wir. Und für sie ist dieser Spion der einzige Ansatzpunkt. Ich glaube nicht, dass sie ihn einfach gehen lassen würden. Also würde er entweder mit diesem Magister.. ich habe seinen Namen vergessen..“

„Hathorel. Jorith Hathorel“ warf Melodir den Namen abschätzig in den Raum.

„Hathorel, ja genau. Also ich glaube nicht, dass er ohne diesen Magister irgendwohin gehen würde. Und da der Magister noch in der Stadt weilt..“ Imenia lächelte stolz.

„Du hast da einige interessante Überlegungen angestellt, wohl wahr. Also sollten wir einerseits diesen Spion in die Finger bekommen, andererseits auch Ylaria nicht aus dem Fokus verlieren.“

„Ja, genau.“

„Gibt es noch anderes, was du dir überlegt hast?“, wollte Melodir wissen.

„Hm..“ Imenia tippte mit der Fingerspitze auf ihre Kinn. Da war schon noch etwas, aber vielleicht war es etwas weit hergeholt. „Bin mir nicht so sicher.“

„Du bist dir nicht sicher darüber, ob du dir noch etwas überlegt hast?“, sagte Melodir sichtlich amüsiert.

„Nein“, brummelte Imenia. „Ich weiss nicht, ob es relevant ist oder ob der Gedanke zu abwegig ist.“

„Erzähl' mir einfach davon, ich kann das ja immer noch beurteilen.“

„Also.. ich glaube, dass sich der Spion und Silbersang während der Reise in irgendeiner Form nahegekommen sind.“

„Nahegekommen? Meinst du.. das was ich meine? Oder freundschaftlich?“

„Kann ich nicht genau beurteilen, aber sicherlich in irgendeiner Form sympathisch. Sie haben des öfteren miteinander trainiert, sprachen und sassen oft mit- und beieinander.“

„Fahr fort.“

„Zudem dachte ich, eine gewisse Spannung zwischen Himmelswispern und Silbersang wahrzunehmen. Sie sind ja gut befreundet, seit längerer Zeit.“

„Und sie hat sich also zu dem Spion hingezogen gefühlt? Aber wäre das nicht längst obsolet, weil sie dann erfuhr, dass er ein Verräter ist?“

„Das dachte ich auch, weswegen ich ja der Meinung bin, dass mein Gedanke zu weit ging.“

Melodir strich mit der Handfläche über die Tischplatte. „Und dennoch hattest du den Gedanken. Spinne ihn weiter, ich bitte dich.“

„Wenn du möchtest. Also, gesetzt den Fall, dass.. und wir gehen hier von rein theoretischen Gedankenschritten aus, gesetzt den Fall, dass Silbersang und der Spion sich wirklich angefreundet haben, oder theoretisch vielleicht sogar eine gewisse körperliche und emotionale Anziehung zueinander empfinden, und wir dann annehmen, dass diese Anziehung stärker war als die zu erwartende Enttäuschung seitens Silbersang, als sie erfuhr, dass er ein Spion ist..“ Imenia holte kurz Luft. „Also, wenn wir von dem allem ausgehen, dann könnte es gut sein, dass sie in den zweieinhalb Tagen in der Höhle diese Enttäuschung überwunden hat. Gerade auch, weil er sie gerettet hat. Gerettete verbünden sich ja oft mit ihren Rettern. Es könnte also sein, dass sie versuchen wird, Kontakt mit ihm aufzunehmen.“

Melodir hielt in der Bewegung der Hand inne, zog die Augenbraue hoch und blickte Imenia an.

„Nicht.. gut? Ja, ich weiss, es ist zu weit hergeholt, und ich sollte es nicht in Betracht ziehen, dass es möglich wäre.“ Imenia seufzte und schlug die Augen nieder.

„Was redest du da? Das ist brillant!“, rief Melodir. „Jetzt weiss ich auch, warum du denkst, ihr käme eine Schlüsselrolle zu. Auf diesen Gedanken wäre ich niemals gekommen, dieses ganze Sympathie-Antipathie-Spiel hast du natürlich viel besser verfolgen können und du als Frau kannst das auch viel besser beurteilen.“

„Danke“, brummelte Imenia, die angesichts des zweiten zweifelhaften Kompliments an diesem Abend nicht ganz sicher war, ob sie sich geschmeichelt oder beleidigt fühlen sollte. „Nicht alle von uns sind so.“

„Nein, natürlich nicht“, beeilte Melodir hinzuzufügen. „Aber du kannst sicher auch beurteilen, ob eine deiner Geschlechtsgenossinnen töricht genug wäre, so dem Feind zu verfallen.“

Imenia hob abwehrend die Hände. „Ich weiss nicht.. Ich.. es könnte sein.. Ich kenne Silbersang nicht gut genug dafür, wirklich nicht.“

„Wir werden uns auch darum kümmern. Ich denke, eine stete Bewachung ist angemessen, so dass wir sicher gehen, dass niemand versucht, ihren Raum zu betreten. Sollte sie wieder auf den Beinen sein, wird sie zu ihrem 'Schutze' überwacht. In dem Falle, dass es so wäre, wie du sagst, können wir sicher sein, nichts zu verpassen.“

„Das klingt nach einer Lösung“, sagte Imenia.

Melodir nickte. „Lass uns nach weiteren Lösungen suchen. Wir haben nicht mehr viel Zeit“, schlug er vor. Imenia trank einen Schluck von ihrem Weinglas und nickte.

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Wie immer ein schöner Schreibstil und genialer Inhalt. Gefällt mich sehr gut.
 
wow.. da wollte man sich ednlcih mal hinsetzen und den fertigen teil lesen und stellt positiv überrascht fest das es mehr als einer ist
schön schön gefällt mir auch wenn ich sagen muss das ich der schwester von sylvie gern meinen pranke durch die visage ziehen würde blödes miststück ^^" und da heißt es imer böse horde.. pah aber was erwartet man von einem verwöhnten kleinen spitzohr

tja ich bin gespannt wies weitergeht und ob sich unsere beiden schätzchen nochmal vielleicht unter einem günstigeren stern näherkommen
 
Einen Moment lang hatte Verian überlegt, ob er doch noch einmal zu Ylaria gehen sollte. Doch die Worte der Priesterin waren recht deutlich gewesen. Er musste ruhen. Er wusste, er sollte sich ausruhen. Doch die Erregung, die ihn erfasst hatte, als Brionna über eine mögliche Distelsucht spekuliert hatte, liess ihn nicht los. Er hatte weder den Weg zu seiner eigenen Kammer eingeschlagen noch den Weg zu Ylarias Kammer. Er hatte einige Schritte getan und war um die Ecke gebogen, doch dann hatte er innegehalten. Der Flur wurde von einem matt schimmernden Licht von oben beleuchtet. Der Mond schien durch höher gelegenes Fenster in dem engen Flur. Verian hatte gelächelt und sich an die Wand gelehnt.

Es konnten kaum fünf Minuten vergangen sein. Verian stand immer noch unter dem Oberlicht, an die Wand gelehnt, die Arme verschränkt. Brionna hatte Recht. Er sollte ruhen. Aber er wollte nicht ruhen. Irgendwie wusste er, dass es vergebens wäre, wenn er nun versuchte zu schlafen. Er würde nicht schlafen können, nicht mit so vielen Gedanken, die ihn beschäftigten. Er wusste, er war müde, er spürte ein Pochen in seinem Kopf. Es war eine seltsame Mischung aus Müdigkeit und Erregung, die ihn durchdrang.

Energisch stiess er sich wieder von der Wand ab und ballte eine Faust. Er wollte sich hinlegen und er wollte gleichzeitig etwas schlagen. Er wollte am liebsten in Ruhe nachdenken, aber auch liebend gern jemanden anschreien, bloss um die Gedanken zu übertönen.

Er lockerte die Finger, die sich zur Faust geballt hatten. Sein Blick wanderte erneut zum Oberlicht, durch das er auch einige Sterne sehen konnte. Er wollte nicht allein sein. Er wollte aber auch nicht zu Ylaria. Er wollte nicht nachdenken, obwohl er es beständig tat. Er wollte mit Ylaria reden, aber er konnte es nicht. Er wollte unbedingt mit jemandem reden. Verian fasste einen Entschluss. Obwohl er nicht wusste, ob Leireth die Person war, mit der er reden konnte, lenkte er seine Schritte dennoch den Gang entlang in Richtung ihrer Kammer.




Es dauerte nur wenige Momente, bis er vor ihrer Kammer angekommen war. Er musste sich nicht mehr orientieren. Den Weg zu ihrer Kammer kannte er schon eine lange Zeit. Früher hatte er oft zufällig Wege gewählt, die durch die Gänge in ihrer Nähe führten, nur weil er gehofft hatte, ihr zu begegnen. Verian lächelte schwach und klopfte an die Tür der Kammer.

Als Leireth ihm die Tür öffnete, gesellte sich ein Flattern im Magen zum der pochenden Spannung in seinem Kopf dazu. Müdigkeit, ein überwältigendes Gefühl von Liebe und Erregung mischten sich in einem kaum zu ertragenden Verhältnis miteinander. Er wusste kaum mehr, wo ihm der Kopf und das Herz standen, dabei hatte sie noch nicht einmal ein Wort gesagt.

Guten Abend Leireth", sagte er und lächelte. Er konnte gar nicht anders als lächeln.

Sie erwiderte das Lächeln und machte eine Geste mit der offenen Hand. „Hallo Verian. Komm herein." Sie trat zur Seite um ihn einzulassen und Verian betrat Leireths Kammer, die definitiv grösser war als seine eigene enge Bleibe.

Früher hatte er gedacht, dass er diese Kammer nie betreten würde. Er hatte natürlich gehofft, aber ein Rest seines objektiven Verstandes hatte ihm gesagt, dass er sich vergebene Hoffnung machen würde. Natürlich hatte er sich damit nicht selbst davon abhalten können, Leireth weiterhin zu begehren. Er wusste nicht, wie lange es her war, seit er sich in sie verliebt hatte, aber es fühlte sich an, als wäre es eine halbe Ewigkeit her. Er hatte nicht gedacht, diese Kammer je zu betreten, und doch war es geschehen. Seit sie wieder in Dalaran waren, hatten Leireth und er jede Nacht zusammen verbracht.

Leireth schloss die Tür hinter sich. „Ich hatte nicht mehr mit dir gerechnet", sagte sie und trat einen Schritt von der Tür weg. Vage nahm Verian wahr, dass auf dem kleinen Tisch ein aufgeschlagenes Buch lag, ein Glas Wein und eine Weinflasche, ehe sein Blick auf ihr zu liegen kam. Ihre üblicherweise zu einem straffen Dutt geflochtenen Haare flossen ihr frei über die Schultern und rahmten ihr bildhübsches Gesicht ein. Sie trug eine einfach geschnittene Robe in einem satten Purpur, die ihre Figur zum Vorteil gereichte. An einer Kette um ihren Hals war ein kleines Schmuckstück befestigt, eine goldene Sonne mit einem roten Schmuckstein, die sich in ihren Ohrringen wiederholte, wenn er sich nicht irrte. Dezente Schminke betonte ihre Gesichtszüge. Verian registrierte dies alles, während sie wohl auf eine Reaktion seinerseits wartete. Er merkte erst, dass seine Gedanken abgeschweift waren, als sich das Lächeln auf ihrem Gesicht allmählich verlor.

Verzeih", sagte er leise und lächelte sie an, überwand die Distanz zu ihr mit einem halben schritt und legte die Arme um sie. „Deine Schönheit hat mich einen Moment lang gefesselt und abgelenkt", murmelte er. Langsam löste sie sich aus ihrer etwas steifen Haltung und legte ihre eigenen Arme ebenso um ihn, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn.

Verian hob eine Hand, legte sie auf ihren Hinterkopf, die andere an ihr Gesicht und erwiderte den Kuss innig. Er schien eine halbe Ewigkeit anzudauern, ihr Körper war eng an ihn gedrückt. Er hatte kaum einen Moment zum Atemholen, und er wollte auch nicht atmen, er wollte sie nur küssen, ihre perfekt geformten Weichen Rundungen an ihm spüren, ihren warmen Atem, ihre knabbernden Zähne an seinen Lippen. Der Kuss schien eine Ewigkeit anzudauern und dennoch war er zu schnell vorbei. Mit einem Schmunzeln auf den Lippen löste sie sich von ihm. Er strich ihr über die Wange und lächelte. Er konnte nicht anders. Er konnte es noch nicht so recht fassen, doch die Berührung ihrer Hände an seiner Hüfte bewies ihm erneut, dass er hier war. Es fühlte sich an, als hätte das zwischen ihnen schon immer bestanden und gleichzeitig war es so überwältigend neu und umfassend seltsam, dass seine Fantasien, die ihn so lange in Bann gehalten hatten, tatsächlich wahr geworden waren. Für sie schien der Umgang mit ihm selbstverständlich zu sein, während er sich zuerst ungeschickt und vorsichtig verhalten hatte, wie jemand, der befürchtet, dass sein Glück abrupt enden könnte. Doch mittlerweile war er sicherer geworden. Es fühlte sich gut an, mit ihr zusammen zu sein, mit ihr Zeit zu verbringen. Derzeit waren es zwar vor allem Nächte, aber es schien sie nicht zu stören. Ihn schon gar nicht.

Erneut ertappte er sich dabei, wie er sie einfach nur in Gedanken versunken anblickte. Er rieb sich die Augen und schloss sie kurz.

Und ich dachte schon, du hast mich satt", sagte sie. Verian öffnete die Augen wieder. Sie schmunzelte. „Natürlich nicht", antwortete er, leicht entrüstet. „ich bekomme nicht genug von dir." Er küsste sie erneut. „Wie könnte ich auch..", murmelte er gegen ihre Lippen.

Die letzten Tage bist du früher gekommen", flüsterte sie leise, immer noch neckisch grinsend. Ihre Hände lagen immer seitlich an seinen Hüften und er spürte, wie sie ihre Fingerspitzen ein wenig unter den Bund seiner Hose schob.

Entschuldige", murmelte er. Er spürte, wie der letzte Rest Müdigkeit schlagartig aus seinen Gliedern wich. Viel zu präsent waren die Fingerspitzen, ihre Brüste, die sich gegen ihn drückten. Dabei waren sie noch nicht einmal nackt. Bei der Sonne, wie er diese Elfe begehrte... „Ylaria ist aufgewacht", erklärte ihr und versuchte sich darauf zu konzentrieren, dass seinem Mund kein Stöhnen entwich.

Oh, wirklich?" Leireth blickte ihn an, lächelte. Allein dieses Lächeln schon konnte ihm den Verstand rauben. Er wollte sie erneut küssen, doch sie sprach weiter.

Ich nehme an, ihr habt lange miteinander gesprochen."

Verian nickte, während seine Hand von ihrem Haar zu ihren Schulterblättern wanderte, und schliesslich weiter den Rücken hinab strich und schliesslich auf ihrem Hintern zu liegen kam. Es fiel ihm schwer, sich auf etwas anderes zu konzentrieren als auf den Duft, der von der zarten Haut an ihrem Hals ausging, und auf die warme, weiche Haut, die er unter dem Stoff der Robe wusste.

Wie geht es ihr denn?", fragte Leireth. Gleichzeitig spürte Verian, wie ihre eine Hand wieder aus dem Bund seiner Hose schlüpfte, nur um nach vorne zu wandern, und sich mit der Gürtelschnalle zu befassen.

Leireth", protestierte er leise. Er wollte nicht über Ylaria reden. Nicht jetzt. Er wollte vergessen, was da im Hintergrund drohend lauerte.

Leireth zog ihre Finger unter seinem Hosenbund hervor und löste sich mit einem leisen, melodischen Lachen von ihm. Sie nahm eine seiner Hände in seine und küsste die Fingerkuppe des Zeige- und des Mittelfingers. „Lenke ich dich etwa ab?", sagte sie schmunzelnd. Ehe er antworten konnte, nahm sie die eine Fingerkuppe in ihren Mund und saugte ganz leicht daran, während sie ihn immer noch grinsend anblickte.

Verian biss sich auf die Lippen und versuchte sich auf eine scherzhafte Antwort zu konzentrieren, doch als er den Mund öffnete, entfuhr ihm nur ein leises Stöhnen. Nein. Sie lenkte ihn nicht ab. Sie raubte ihm den Verstand.

Erneut erklang ihr Lachen, das er so sehr liebte, und sie liess seine Hand wieder los. „Komm, gehen wir ins Bett", sagte sie.

Verian nickte. Er spürte sein Herz aufgeregt klopfen und während er die wenigen Schritte zum Bett machte, versuchte er sich selbst etwas zu beruhigen, indem er begann, sich auszuziehen. Seine Finger waren ungelenk, die Hemdknöpfe entglitten ihm immer wieder. Leireth war ihm gefolgt, und hatte sich dicht neben ihn gestellt. Bald schon gesellten sich ihre Finger zu den seinen, halfen ihm, sich des Hemdes zu entledigen. Es wanderte auf den Boden. Verian schloss die Augen, als warme Finger über seine Haut strichen und nur noch mehr Hitze in ihm erzeugten.

Leg dich auf das Bett und zieh dich ganz aus", sprach Leireth. Sie wusste, was sie wollte. Verian folgte ihr nur zu gerne. Er setzte sich auf die Bettkante, schlüpfte aus den Schuhen, schob die Decke beiseite und liess sich auf die weiche, bequeme Matratze sinken und beobachtete Leireth, die im Raum umher ging, um die Kerzen, die dem Raum Helligkeit gespendet hatten, auszublasen.

Sag mir bitte wenigstens, ob es ihr gut geht. Du hattest dir doch so Sorgen gemacht.", sagte Leireth, während sie sich etwas herunter beugte, um eine Kerze auf dem Tisch zu löschen.

Verian versuchte, regelmässig zu atmen, doch ihr Anblick im flackernden Kerzenlicht trug nicht dazu bei, dass er sich beruhigte.

Ja, es .. nun ja. Sie ist aufgewacht", antwortete er. Sie blickte ihn an, zog eine Augenbraue hoch, während sie zur nächsten Kerze ging.

Höre ich da ein Aber?"

Verian schob sich ein paar Kissen im Nacken zurecht, ehe er den Gürtel seiner Hose öffnete. „Vielleicht", antwortete er. Als die letzte Kerze erlosch, zog er sich die Hose aus und liess sie neben dem Bett zu Boden gleiten. Er schloss die Augen und versuchte zu erahnen, wo im Raum Leireth war. Ein vernahm ein Rascheln. Er konnte nur annehmen, dass das ihre Robe war, die soeben auf den Boden gefallen war. Das Bett knarrte etwas, als Leireth sich zu ihm gesellte, sich über ihn schob. Er spürte ihre Knie an seinen Hüften. Er spürte, wie die Matratze neben seinem Kopf etwas nachgab. Sie stützte die Hände auf. Ihre weichen Haare fielen auf seine Brust und auf seinen Hals, als sie sich herunter beugte, um ihn zu küssen. Er hob die Hände und legte sie an ihre Taille.

'Vielleicht' ist keine Antwort." Er konnte ein Schmunzeln in ihrer Stimme vernehmen. „Geht es ihr immer noch schlecht?" Ihre Hand strich über seine Wange und fuhr in seine Haare.

Ein wohliger Schauer glitt ihm über den Rücken und er schloss die Augen. „Nein, es geht ihr soweit gut."

Und dennoch machst du dir Sorgen, hm? Ich sehe es dir an."

Wirklich?", murmelte er und biss sich auf die Lippen. „Ich wollte nicht... also ich meine..."

Ihre Lippen unterbrachen ihn mitten im Satz. Sie küsste ihn erneut, innig, und knabberte an seinen Lippen. „Mach dir keine Gedanken. Natürlich sorgst du dich um sie. Sie ist eine gute Freundin."

Ja, das ... ist sie..."

Und ich freue mich, dass sie aufgewacht ist", murmelte Leireth, bevor sie mit den Lippen zu seinem Hals wanderte. Verian spürte, wie sie ihr Körpergewicht auf den linken Unterarm verlagerte, der neben seinem Kopf lag. Ihre rechte Hand kam auf seiner Brust zu liegen und sie begann, sanft über seinen Oberkörper zu streichen, immer mehr zu seinem Bauch hin. „Bleibst du morgen früh hier?", hauchte sie gegen seine Ohrmuschel. Verian holte etwas tiefer Luft als zuvor.

Bitte", fügte sie sofort dazu. „Du bist noch nie geblieben am Morgen. Ich bin immer allein aufgewacht.."

Ich... muss Brionna ablösen." Verian holte erneut Luft, als ihre Zungenspitze über sein Ohrläppchen fuhr. Er konnte sich kaum auf das konzentrieren, was sie sagte.

Aber.. Wenn Ylaria doch wach ist, muss sie doch nicht mehr überwacht werden. Bitte bleib. Nur ein paar Stunden in der Frühe", fuhr Leireth drängend fort. „Ich möchte nicht allein aufwachen, sondern mit dir."

Hab morgen reguläre Schicht ab Mittag", murmelte Verian.

Dann solltest du sowieso nicht so früh aufstehen", betonte Leireth und knabberte mit den Zähnen an seinem Ohrläppchen und entlockte Verian ein leises, unterdrücktes Stöhnen.

Noch immer berührte sie ihn kaum, schwebte ihr Körper über ihm, ohne Berührung. Er sehnte sich danach, ihr nahe zu sein, versuchte sie, mit seinen Händen zu sich zu ziehen, doch sie widersetzte sich ihm sanft aber bestimmt.

Ich... muss noch mit ihr reden." Seine Hände strichen über ihre Hüften, ihre Taille, ihren Hintern.

Warum? Ihr habt doch heute soviel geredet..."

Verian hielt einen Moment in der Bewegung inne. In der Dunkelheit konnte er Leireth nicht erkennen, dennoch fand seine Hand ihr Gesicht. Er seufzte leicht.

Ich mache mir Sorgen", sagte er endlich. Leireth würde nicht locker lassen, das spürte er. Neben vielen gemeinsamen freudigen Stunden im Bett hatten sie auch die eine oder andere Stunde damit verbracht, miteinander zu reden. Meistens waren es wenig substantielle Gespräche gewesen. Sie tasteten sich gegenseitig ab, lernten sich kennen, wollten alles voneinander wissen. Wenn er eines aus diesen Gesprächen gelernt hatte, dann war es die Erkenntnis, dass Leireth sehr wissbegierig war und von einer Sache nicht abliess, wenn sie sich mal dafür interessierte.

Das haben wir schon festgestellt, aber das erklärt noch lange nicht, warum das Gespräch nicht bis morgen Abend warten kann… Ich möchte wirklich nicht allein..."

Er legte einen Zeigefinger auf ihre Lippen und murmelte ein „Schhh..." Dann nahm er den Finger wieder von ihren Lippen, legte die Hand wieder auf ihre Hüfte und versuchte erneut, sie zu sich herunter zu bewegen.

Dieses Mal folgte sie der Bewegung und kam ihm entgegen, schmiegte sich an ihn. Verian seufzte wohlig und schlang die Arme um sie, zog sie eng an sich, so wie sie auf ihm lag.

Es könnte sein, dass Ylaria Unsinn angestellt hat", sagte er schliesslich.

Unsinn?", murmelte Leireth fragend.

Ja. Brionna vermutet es. Weil sie halt nicht so schnell gesund wurde. Ich muss mit ihr darüber reden. Das ist wirklich wichtig."

Unsinn, so so..." Leireth fuhr mit den Fingerspitzen durch sein Kinnbärtchen. „Kleiner Unsinn oder grosser Unsinn?"

Grosser Unsinn", seufzte Verian. „Riesengrosser Unsinn. Berge von Drachenfalkenmist."

Oh je. Aber was denn für Unsinn? Hat sie sich etwa den Sonnenhäschern angeschlossen..?", mutmasste Leireth.

Den Sonnenhäschenn? Was? Nein.. Wie kommst du auf so etwas", erwiderte Verian, klang dabei etwas entrüstet. „Nein, sicherlich nicht. Aber.." Er seufzte erneut und strich mit den Fingern durch ihre Haare. „Brionna vermutet, dass sie Blutdisteln nimmt."

Blutdisteln?"

Er konnte spüren, wie sich Leireths Körper auf ihm versteifte. „Sie sagt, sie kann es sich anders nicht erklären, dass Ylaria solche Probleme hatte, gesund zu werden."

Blutdisteln… Bei der Sonne… das hätte ich nicht gedacht." Leireths Stimme klang auf einmal kühl.

Ich auch nicht... Du siehst, warum es so wichtig ist, dass ich mit ihr rede? Bitte... Leireth… Ich werde dafür übermorgen den ganzen Tag für dich Zeit haben", bat Verian sie eindringlich.

Hast du davon gewusst? Dass sie süchtig ist?"

Verian seufzte erneut. „Bitte, Leireth… Lass uns.. nicht mehr davon sprechen. Es ist nicht sicher, dass sie wirklich... ich bin der Meinung, das ist ein Missverständnis... Irgendetwas... Lass uns nicht mehr darüber reden. Bitte.. Es war gerade so schön." Im selben Moment, als er dies sagte, kam er sich etwas seltsam vor. <Es war gerade so schön? Etwas Besseres ist dir wohl auch nicht eingefallen>, ärgerte er sich und hielt gleichzeitig den Atem an, als Leireth nicht sofort antwortete.

Du hast Recht", sagte sie schliesslich. „Ich weiss viel bessere Dinge, die wir in der begrenzten Zeit miteinander anstellen können..." Verian liess die Luft entweichen, als ihr Körper in seinen Armen wieder weich wurde, als sich ihre Lippen auf die seinen legten, und sie ihn in einen innigen Kuss vertiefte.

Nur zu gern", murmelte er.

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Sehr interessanter Teil, auch Uhrzeit der Veröffentlichung ist gut, aber Vorsicht vor der FSK!

Scherz beiseite, wie immer gut geschrieben. Ich bin schon gespannt wann sie herausfinden werden, wie und warum sie Blutdistelpulver bekam.
 
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