Kaiju - Kapitel 6: Trennung

Zanryu

Quest-Mob
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Eine Abenddämmerung legt sich über Stormwind, so wie Yoseia sie noch nie gesehen hat. Die Dächer der Häuser färben sich in ein glühendes Orange, wie bei glühenden Kohlen und die Stadt scheint zu brennen. Über den Marktplatz kann man den Rand des Elwynnwaldes erspähen, wie auch dieser in glühender Pracht strahlt.
Die Druidin setzt sich auf eine Steinbank neben dem Frisörladen, aus dem sie eben gekommen ist, und begutachtet, wie die Sonne aus dem Orange eine durch die Stadt erhellte Dunkelheit macht. Frosti hat es sich auf ihrem Schoß bequem gemacht und wird von der Nachtelfe gekrauelt.
Als dann die Nacht den Tag komplett verschlungen hat, wird Yoseia wieder an ihre Ziele erinnert. So steht sie dann auf und läuft dann über mehrere Brücken Richtung Westen. Ihr Frostwyrmwelpe muss wieder auf ihrem Arm still halten. Neben dem Meer aus Pflastersteinen, welche den Großteil der Straßen in Stormwind ausmachen, gibt es nur wenige grüne Stellen. Eine davon ist der Park, in dem sich Quartiere von Nachtelfen und dessen Boten und Diplomaten befinden. Im Gegensatz zu den dunklen Gassen, die am inneren Kanal langführen, ist der Park gut mit Laternen ausgeleuchtet und erstrahlt so hell, als wäre es Tag.
Einige Nachtelfen treiben hier trotz der späten Stunde immer noch viele Geschäfte am laufen und haben kaum eine ruhige Minute. Mühselig zwängt Yoseia sich nach und nach vorwärts, bis sie dann vor einem Mondbrunnen landet. Von diesem geht eine ungewöhnliche Wärme aus, die in die Druidin starke Gefühle der Freude und des Wohlergehens zum Vorschein bringen. Neben dem Brunnen stehen mehrere Nachtelfen in Fellen gekleidet, die aufmerksam alle näher kommenden Passanten begutachten.
Yoseia geht auf den ihr nächstgelegenen zu: "Lehrt ihr die Lehren der Druiden?" Der bärtige Nachtelf mit dem kantigen Gesicht scheint Yoseia die Seele aus dem Körper drücken zu wollen. Der erste Blick lässt sie kurz zurück schrecken. "Wer will das wissen?"
"Eine Druidin, dessen Reisen sie hier her getragen haben." Zunächst hatte Yoseia die Vermutung, dass er schon von der Verbannung wissen könne, aber sein Gesichtsausdruck lässt nicht locker.
"In euren Augen kann ich lesen, dass ihr soweit seid, dass ihr zur Mondlichtung geht und den alten Geistern in die Augen sehen könnt. Von ihnen sollt ihr mehr lernen, als ihr es von mir je können werdet. Kommt mit in den Brunnen, dann werden wir den Zauber für die Teleportation rezitieren."
Über die zwei steinernen Stufen geht es schon in das angenehm kühle Wasser. Zunächst erklärt ihr der Druide, der sich als Theridran vorgestellt hat, dass er das letzte Wort nicht sagen wird, denn er möchte ihr nur den Zauber beibringen und nicht mitkommen. Dann fangen sie an in der Sprache der Nachtelfen einen langen und komplizierten Satz abzuarbeiten. Er handelt davon, wie schön es wäre zu fliegen und zu jedem Ort hinzukommen, ohne auf Meer und Klippen zu achten. In dem Satz wird auch von einem ruhigen See nahe dem Berg Hyjal gesungen.
Als dann Yoseia das letzte Wort an den nicht vollendenen Satz hängt, fängt sie kurz an zu frieren. Dann erstrahlt vor ihren Augen ein grelles Licht, sodass sie die Lider schließen muss.
Als das grelle Leuchten wieder verklungen ist, befindet sie sich vor einem nachtelfischen Gasthaus. Neben diesem steht zu der linken eine Nachtelfenwache und zu der rechten eine Kuh auf zwei Beinen. Yoseia schaut sich das Tier genauer an. Es besitzt ein langes raues Fell, zwei kurze Hörner und hält einen Streitkolben in der rechten Hand. Die Nachtelfin kramt in ihren Erinnerungen, und findet ein Bild, welches dem Rind ähnlich scheint. Unter dem Bild stand "Taurin" und dass es zu der Horde angehöre. Jedoch scheint diese ganz friedlich zu sein.
Ohne sich darüber weiter zu kümmern schaut sich Yoseia weiter die Umgebung an. Es scheint ihr, dass sie zu dem Ort gekommen ist, den sie im Zauber besungen hat: Die Mondlichtung. Obwohl dieses Dorf nur so von Leben blüht, scheint es ihr wie ausgestorben. Irgendetwas fehlt ihr an diesem Idyll.
Frosti?
Sorgsam schaut sie sich um und bemerkt, dass er nicht da ist. Voller Panik rennt sie durch die Ortschaft, fragt mehrere der Wachen, aber niemand hat etwas gesehen. Im Norden des Dorfes liegt eine unerklimmbare Hügelwand und im Osten, sowie im Süden liegt der Elune'ara-See. Deshalb läuft sie nach Westen, wo sie sich nicht wohler fühlt. Sie rennt immer weiter, bis sie dann von der Straße weicht, als ihr klar wurde, dass er auch hinter jedem Baum sein könnte. Vergebens läuft sie jedem Gewächs nach, was sich in Sichtweite befindet, bis sie komplett die Orientierung verloren hat.
Voller Erschöpfung muss sie sich hinsetzen und sich einfallen lassen, wie sie ihren geliebten Schützling wieder findet. Jedoch wird sie beim Nachdenken gestört: "Wer hat mich aufgesucht?" Die tiefe, donnernde Stimme scheint aus Yoseias Kopf zu entströmen. Hastig steht sie wieder auf und schaut sich um. Die Ungeduld weicht aus der Stimme: "Ich habe dir eine Frage gestellt, also antworte, sterbliches Wesen."
Die Angst lässt Yoseia stottern: "I... i... ich bin Yoseia Mondträne. Wer spricht zu mir?" Vor ihren Augen erscheint ein dicker Nebel, der sich dann zu einem Abbild eines Bären materialisiert. "Ich bin der große Bärengeist. Zu mir kommen alle und keiner geht mit dem, was er hergebracht hat."
"Tut mir leid, großer Geist. Ich wollte euch nicht in eurer Ruhe stören."
"Ich weiß, dass ihr nach eurem Freund sucht."
"Wisst ihr, wo er ist?"
"Interessiert euch denn gar nicht, woher ich das weiß?"
"Nicht wenn ihr mir sagt, wo er ist?"
"Ihr seid genau so, wie der erste Eindruck es schienen ließ: freundlich und selbstlos."

Yoseia ist verwirrt. Niemals hätte sie gerechnet, dass ein Wesen, obgleich es ein Geist, ein Nachtelf oder ein Mensch ist, sie so in ihren positiven Aspekten lobt.
"Es war nicht richtig von Hirschhaupt euch zu verbannen. Ihr seid mehr Druide als das, was von ihm übrig geblieben ist. Ihr sollt von mir das lernen, was ich viele beigebracht habe, aber nur wenige meistern konnten: Das Gestaltwandeln."
"Wo ist Frosti?"
"Eure Ungeduld müsst ihr lernen im Zaum zu halten. Ich werde dazu noch gleich kommen."
Das laute Stöhnen von Yoseia war nicht zu überhören, jedoch lauscht sie jedem Wort, was der weise Geist von sich gibt. Vieles davon sind alten und neue Leitsätze der Druidin, die sie alle kennt und obwohl sich einige ineinander widersprechen, lässt sie ihre Aufmerksamkeit nicht den Worten. Ihr war bewusst, dass diese Leitsätze wichtige Aspekte in ihrem Leben sind und der wichtigste verankert sich tief in ihr: Wir töten nur zu unserem, oder zum Schutz anderer.
Und dann fragt Yoseia die Frage, die nur ein so weises Wesen wie der Bärengeist selbst beantworten könne: "Ist es richtig für Forschungszwecke, die vor tödlichen Krankheiten uns bewahren könnten, zu töten?"
"Du bist nicht so dümmlich, wie die anderen, kleine Nachtelfe. Aber ihr habt recht: Es kommen viele ungeklärte Fragen bei den Leitsätzen auf, und eigentlich soll man sich an sie halten, aber das tun nur wenige. Immer mehr verlieren den Respekt vor ihren Ahnen und erneuern das Traditionelle, welches immer die richtige Richtung wies und keine Fragen aufwarf. Jedoch nutzen die jungen Leute mit ihren neuen Gedanken jede Lücke, die sie selbst geschaffen haben, um gegen die Leitsätze zu verstoßen und sich damit selbst verraten. Aber um deine Frage zu beanworten: Nein, ist es nicht. Die Krankheiten sind auch nur kleine Lebewesen, die sich irgendwo einnisten wollen, um zu überleben. Diese Forscher töten um zu töten."
"Ich denke, dass ich es nun verstanden habe, weiser Geist. Aber meine Ungeduld gibt wieder ihre Präsenz zu Tage. Wo ist mein Freund?"
"Er befindet sich immer noch in der menschlichen Hauptstadt. Ein Teleportationszaubert befördert nur euch selbst zu eurem Bestimmungsort. Entspannt euch und ich werde euch zu eurem Freund zurückbringen. Ich denke, dass wir uns bald wieder sehen, Yoseia Mondträne."
"Habt für alles Dank."

Ein letztes Mal verbeugt sich Yoseia vor dem Geist und wird dann in ein strahlendes Licht eingetaucht.
 
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