Kapitel 61

Evilslyn

Rare-Mob
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Nur vereinzelte Vogelstimmen durchdrangen die bleierne Stille die über dem Land lag. Es schien als halte die Welt den Atem an. Als habe ganz Azeroth einen Schock erlitten. Ganze drei Tage hatte es gedauert, bis die Erde wieder zur Ruhe gekommen war. Drei Tage, voller Beben, entstehender Risse, und Feuer speiender Vulkane.
Die Gesteinsasche ging noch immer wie ein Schleier in der Luft, und dämpfte das einfallende Sonnenlicht. Der Geruch nach Schwefel, welcher allgegenwärtig in der Luft lag, belastete die Lungen derer die die Katastrophe überlebt hatten schwer. So auch die der Reiter, welche am nahen Waldrand erschienen, ihre Pferde zügelten und auf den Wall blickten. In der Mitte, stand ein stattliches Pferd, welches nach dem stehen bleiben unverzüglich damit begann das Gras zu seinen Füßen abzuäsen. Seine zierliche Reiterin versuchte nicht ihn zu hindern. Ihr braunes Haar lockte sich bis über die ihre Schulterpartie. Ihre Augen wirkten klar und wach. Man erkannte in ihre die geübte Reiterin, da sie sich nur mit Kraft ihrer Schenkel, welche sie gegen die Flanken ihres Pferdes presste, in Position hielt, während sie ihre Hände frei hatte. Dies war offenkundig auch wichtig, denn sie gestikulierte wild mit beiden Händen, und redete derweil auf ihre beiden Begleiter ein.
Bei ihren Begleitern, handelte es sich um Männer. Der eine, mit rotem Lockenschopf, blickte die Frau mit einer Mischung aus Bestürzung und Bewunderung an. Er hing an ihren Lippen, und sein Blick folgte nur selten ihren Fingerzeigen.
Ihr zweiter Begleiter hingegen, schien sich hauptsächlich für die Umgebung zu interessieren. Er Blickte kaum zu der Erzählenden, sondern ließ seinen Blick unentwegt umher schweifen. Seine Augen folgten dem Verlauf des Walls, oder dem was davon übrig war, wanderten immer und immer wieder über den Waldrand, welcher durch Lücken in der Mauer zu erkennen war, und hatte kaum auch nur einen Blick für die Frau übrig. Diese lies sich jedoch nicht von ihrer Geschichte abbringen, und rügte den offenkundig so unkonzentrierten Begleiter nicht.
Das mochte daran liegen, dass sie bestens mit Rumgars und Miras Art vertraut war Situationen wie diese anzugehen. Die beiden kannten sich schon ewig, und Rumgar war der einzige von dem Ellenora glaubte, dass er Miras noch besser kannte als sie selbst. Die beiden hatten gemeinsam etliche Schlachten geschlagen, hatte Freud und Leid miteinander geteilt, und hatten einen Bund zwischen einander geschaffen, der weit über Freundschaft hinausging. Miras, schon immer der von beiden, welcher besser mit Menschen umzugehen wusste, hatte sein Gespür relevante Informationen aus einem Gespräch herauszuhören immer weiter perfektioniert. Das ging so weit, dass er nicht nur besser verstand was gesagt wurde, sondern dass er vor allem deuten konnte was nicht gesagt wurde. Er hatte ein so feines Näschen für stressbedingte Tonlagenschwankungen, Wortwahlwechsel und Augenbewegungen, das Ellenora manches mal geglaubt hatte, er könne Gedanken lesen.
Rumgar entgegen, war schon immer jener von beiden Gewesen, der nie sonderlich redselig war. Dafür vergas er keinen Ort den er einmal gesehen hatte. Er schien Bilder förmlich in seinem Geist abspeichern zu können, und selbst nach Jahren konnte er genauste Beschreibungen wiedergeben. Dies gepaart mit seiner Vorstellungskraft, machte ihn zum perfekten Fährtenleser. Ellenora wusste genau, dass auch obwohl er abwesend wirkte, sein Blick genau jene Stellen betrachtete über die sie gerade erzählte. Ein Fingerzeig, war für ihn kaum von nöten.
Sie hätte sich wahrlich keine besseren Begleiter aussuchen können.

Die letzten Tage über, waren sie vollauf beschäftigt die Lagerabläufe wieder zu normalisieren. Die Feuer hatten vieles vernichtete was sie sich über Jahre hinweg aufgebaut hatten. Zelte waren dahin, Kleidung, Waffen. Was das Schlimmste war, auch das Vorratszelt hatte Feuer gefangen und einen Großteil der Nahrung war den gierigen Flammen zum Opfer gefallen. Doch durch Miras bedachte Organisation, hatten sie die Abläufe wieder in Gang gebracht, und nun endlich Zeit gefunden, den Wall in Augenschein zu nehmen. Den gesamten Ritt über hatten Miras versucht abzuklopfen, ob Ellenora nicht vielleicht etwas in ihren Beschreibungen übertrieben habe. Wie große Steine denn herausgefallen seien? Ob eine der Lücke bis auf die Erde reichte? Und sooft sie auch beteuerte der Wall sei Teilweise komplett von der Bildfläche verschwunden, bemerkte sei das erst jetzt, als die letzten Bäume hinter ihnen zurück gewichen waren, Miras und Rumgar ihr endgültig Glauben schenkten. Es tat ihr gut, denn innerlich hatte es sie stark gewurmt, nicht für voll genommen zu werden.
„Kommt mal her!“, vernahm sie unvermittelt die Stimme von Rumgar. Sie wandte sich um, und bemerkte, dass der drahtige Mann sich von seinem Pferd geschwungen hatte, und sich zur Mauer begeben hatte. Dort kniete er am Boden und blickte mit gerunzelter Stirn zu Boden.
Sie schnalzte fast Zeitgleich mit ihrer Zunge wie es auch Miras tat, und Framier sowie Miras Pferd setzten sich gemächlich trottend zu Rumgar in Bewegung.
„Was hast du da?“, fragte Miras, während er geschmeidig vom Pferd rutschte.
„Nichts gutes, wenn ich mich nicht irre.“, seine Stimme klang hart, doch schwang auch Sorge in ihr mit. Ellenora bückte sich, und sah was er meinte.
„Sind die frisch?“, fragte sie, mit einer Stimme kalt wie Stahl, und eine ihrer Hände fuhr in ihren Jackenärmel.
„Nein, die müssen schon einige Stunden alt sein.“, kam von Rumgar, der seine Fingerspitzen über die Vertiefungen im Boden gleiten lies. Fußspuren, jedoch nicht von Menschen. Hätte man die Abdrücke allein gesehen, hätte man es noch für die eines Menschen halten können, wenn auch eines Menschen mit sehr großen Füßen. Doch die tiefen Löcher, welche vor den Zehen in Boden zu sehen waren, riefen in Ellenora ganz klar die Erinnerung an Messerscharfe Klauen wach. Sie wandte sich um und schwang sich auf Framiers Rücken.
„Wir müssen ihnen folgen! Seit Jahren warten wir nun schon nach Gilneas einlass zu finden, und endlich vor diesen verdammten Worgen wegzukommen, und nun brechen diese Bestien durch den Wall. Das können wir nicht zulassen. Wir müssen sie aufspüren und vernichten, bevor diese Worgenpest auch noch in Gilneas Fuß fassen kann!“, Mordlust lag in ihren Worten.
Rumgar blickte zu ihr auf und schüttelte seinen Kopf.
„Was schüttelst du den Kopf?! Es steht ja wohl außer Frage!“, schoss Ellenora bissig.
„Ich fürchte wir sind zu spät.“, entgegnete ihr Rumgar niedergeschlagen.
„Was soll das heißen „zu spät“!? Du weist genau wie schnell Framier reiten kann. Und auch eure Pferde gehören zu den besten die ich je zu Gesicht bekam. Wenn wir direkt losreiten, werden wir diese Bestien schon einholen. Noch bevor sie ein, oder zumindest solange sie nur ein Dorf erreichen können!“, Ellenora war empört.
„Du fürchte du verstehst ihn falsch“, schaltete sich unvermittelt Miras in das Gespräch mit ein. Er stand etwas weiter in Richtung des Walls und blicke seinerseits auf etwas am Boden. Ellenora blickte ihn verwirrte und fragend an.
„Komm her und sieh selbst.“
Ellenora ging zu Miras, und schaute was er gefunden hatte. Zuerst erkannte sie nur weitere Fußspuren, und wollte ihn schon fragen was hier denn so anders sei, als bei Rumgars Spuren, doch da traf sie die Erkenntnis wie der Schalg.
„Die Spuren… aber wie kann das sein… sie…“, druckste sie herum, konnte es aber nicht aussprechen.
„kommen von Hinter dem Wall und führen zu uns, und nicht andersherum.“, beendete Miras langsam nickend den Satz. „Ich fürchte, wir haben einem schrecklichen Fehler gemacht. In all den Jahren, wo wir hinter dem Wall unser Heil vermuteten, war das Elend welches wir mit Lohenscheit erlebten, nur ein schwacher Abklatsch dessen, wovor uns der Wall all die Jahre schützte.“
Plötzlich bekam der Waldrand hinter dem Wall für Ellenora ein völlig anderes Gesicht. Die Schatten unter den Bäumen wirkten nun unheimlich. Gefährlich. Und stets hatte sie das Gefühl von gierigen Augen aus der Dunkelheit gemustert zu werden.
„Aber dann… dann…“, alles woran sie immer geglaubt hatte fiel in sich zusammen. Die Sicherheit hinter dem Greymanewall, der sichere Hafen vor der Geißel, jenes gelobte Land der Zuflucht. Alles war eine Illusion gewesen.
Miras legte seinen Arm um ihre Schultern und drückte sie an sich. „Wir schaffen das schon.“, Überzeugung lag in seiner Stimme. „Jetzt ist es erst einmal wichtig, dass wir ins Lager zurück kehren und Vorbereitungen treffen. So wie es scheint, werden wir in Zukunft auch in diese Richtung Wachen aufstellen müssen.
Sie stiegen auf ihre Pferde und machten sich auf den Rückweg. Ellenora blickte noch einmal zurück, bevor der Wald ihr vollends die Sicht nahm. Sie konnte es einfach nicht fassen.
Wie sollte es nur weitergehen?

…to be continued

Mit freundlichen Grüßen
Eure Evi
 
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