Kapitel 64

Evilslyn

Rare-Mob
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Der Morgen dämmerte nur zögerlich herauf. Schwere graue Wolken trieben schwerfällig, wie ein Flickenteppich über das Firmament, und dämpften das Licht der Morgensonne. Die windgepeitschte See, brandete im ewigen Ansturm auf die schroffe Steilküste. Gierig schossen die Wellen in die Höhe, leckten über das graue Gestein bevor sie wieder ins Meer zurück glitten, nur um sich von neuem zu erheben. Kreischende Möwen kreisten auf der Thermik, und stießen mit Todesverachtung in die Tiefe, um zwischen den aufgewühlten Fluten nach Fischen zu tauchen. Von der Kante der Steilklippe, wallten wogende Schwaden von Nebel herab, und bildeten einen geisterhaften Vorhang.
Etwas bewegte sich ungesehen über die grauen Wasser, dass nicht natürlichen Ursprungs war. Es war als kleiner Punkt am Horizont erschienen, war näher und näher gekommen, und wäre ein Auge dagewesen es zu betrachten, es hätte es als Schiff erkannt. Der Rumpf des Schiffes war schmal gebaut, und die Reling ragte nur wenige Ellen über der Wasserlinie auf. Zwischen den Masten spannten sich kunstvolle Dreieckssegel, die sich im Wind blähten und das Schiff, über die Wellen tanzen ließen. Trotz der leichten Bauweise hatte das Schiff keinerlei Schwierigkeiten mit dem Seegang klar zu kommen.
Shanderelai stand am Steuerrad, und hielt das Schiff gekonnt auf Kurs. In den tausend Jahren, seitdem sie zur Kapitänin ihres eigenen Schiffes aufgestiegen war, hatte sie sich mit allen Kniffen des Wetters vertraut gemacht. Sie wusste stets, wie weit sie ihren Kahn belasten konnte. Es war fast als ob das Schiff zu einem Teil von ihr geworden wäre, wie ein Fuß oder eine Hand. Das Knarren der Spannten, das flattern der Segel im Wind, all das nahm sie als Stimme des Schiffs wahr. Die Planken waren sämtlich aus dem Holz von Teldrassil gefertigt, und die Magie des Weltenbaums war, auch nach all den Jahren auf See, noch immer so stark wie am ersten Tag in ihnen. Mit ihrem Schiff wäre Shanderelai sogar wäre bereit gewesen in die Pforten der Hölle selbst zu fahren.
Die Gischt peitschte, und hüllte das Schiff in einen silbrigen Nebel. Das sich niederschlagende Wasser durchdrang Shanderelais Haar, und klebte es an ihren Kopf. Die wie Tränen über ihre Wangen perlenden Tropfen, standen im krassen Widersatz zum Lächeln auf ihren Lippen. Die lilanen Halbmonde auf ihren Wangen, schillerten im spärlichen Licht.
Auf dem Vorderdeck waren nur wenige Teile der Mannschaft zu sehen. Wer nicht eingeteilt war die Takelage zu überwachen, oder die Winden beim überhol Manöver zu bedienen, hatte sich in den Bauch des Schiffes zurück gezogen.
Hart am Wind, schoss die Sham´tai an der Küsten entlang. Ihr Bug durchschnitt die Wogen, und nach kurzem Zeichnete sich am Horizont eine Veränderung der Steilküste ab.
Erst nur Schemenhaft, verdeutlichte sich immer mehr, dass die Klippen rapide abfielen, und einen kleinen Sandstrand umschlossen. Kleine, dilettantisch zusammengeschusterte Hüttchen waren auf dem Strand verteilt. Als die Sham´tai in die kleine Bucht einlief, lockte das ungewohnte Geräusch die Bewohner der Hütten ans Licht.
Ihre Körper schimmerten in den verschiedensten Farben. Ihre Köpfe waren von lagen Hautauswüchsen bedeckt, die sich als eine Art Kamm über ihren Rücken fortsetzten. Aus großen schwarzen Augen starrten sie das Schiff an. Gurgelnde Laute ausstoßend, verkündeten sie an den Rest ihrer Sippe die Ankunft. Ihre Mäuler offenbarten dabei Reihen scharfer Zähne die in ihren breiten Mäulern blitzten. Immer mehr dieser Wesen erschienen in den Eingänger der Hütten, einige mit Speeren in den schwimmhäutigen Händen.
Shanderelai griff zum Seil, der neben ihr hängenden Glocke, und ließ ihr Geläut erklingen. Ein Zeichen ihrer Ankunft. Nach kurzer Zeit, kam Regung ins Schiff, und mehr und mehr Nachtelfen drängten durch die kleine Kajüten Tür des Schiffs auf Deck. Als die Murlocs am Strand ihrer gewahr wurden, ergriffen einige panisch die Flucht, und rannten laut Gurgelnd in den nahen Wald davon. Einige jedoch sammelten sich am Strand, und wedelten Aufgebracht mit ihren primitiven Waffen.
Shanderelai musste immer grinsen, wenn sie diese Wesen sah. Es schien, als ob die sonst so unfehlbare Natur sich hier einen Scherz erlaubt habe. Diese Wesen waren zu schlau, um als Fische, aber auch zu dumm um als intelligente humanoide angesehen zu werden. Vergleich man sie mit den Furchteinflößenden Naga, die in den Tiefen der Meere hausten schienen sie eine Parodie auf selbige zu sein. Doch durfte man sie keinesfalls unterschätzen. Ein Speer im Herz war tödlich, egal wer ihn schleuderte.
Shanderelais Gedanken wurden unterbrochen als sich Gemurmel auf dem Vorderschiff erhob. Sie blickte nach vorne, und sah wie sich etliche Köpfe zum Gruß senkten.
Ell´redra hatte das Unterdeck verlassen. Ell´redra genoss ein hohes Ansehen unter der Besatzung. Nicht nur weil sie die Leitung dieses Unterfangens unterstellt bekommen hatte, sondern auch da sie auf Jahrhunderte der diplomatischen Bemühungen zurückgreifen konnte. Zum großen Teil wusste Shanderelai, dass für ihre Mannschaft wohl am meisten die Tatsache ins Gewicht viel, das Ell´redra sich von Anfang an nicht zu schade gewesen war, bei den Deckarbeiten zu helfen. Die Mannschaft hatte nicht schlecht gestaunt, als ein so hoch angesehene Diplomatin, die außerdem eine Hohe Stellung unter den Druiden des Bundes des Cenarius einnahm, in die Wanten geschwungen hatte, und vom Quermast des ersten Segels aus, die See in Augenschein genommen hatte. Nur wenige wussten, das Ell´redra, ehe sie zu höheren Ehren aufstieg, eine leidenschaftliche Seefahrerin gewesen war. Shanderelai, die sie in jener Zeit kennen gelernt hatte, befremdete es immer wieder, auch nach all der Zeit, wenn alle ihrer Freundin, in so offenkundiger Erfurcht begegneten. Für sie würde Ell´redra immer die Elfe bleiben, die bei ihrem ersten Sturm auf See, lachend in der Takelage herumgeklettert war. Damals hätte Shanderelai immer damit gerechnet, das sie eines Tages gemeinsam ein Schiff führen würden. Sie als Steuermann, und Ell´redra als Kapitänin, doch die Zeit und das Schicksal hatten einen anderen Verlauf für ihre Leben geplant.
Auf ihr Kommando hin, fiel platschend der Anker in die See. Das Schiff war nur in die Mitte der Bucht gefahren, und war so außerhalb der Reichweite der Fischmenschen. Zwar waren sei gute Schwimmer, doch auch wenn sie sich feindselig gebärdeten, so wusste Shanderelai, dass sie dies mehr zum Selbstschutz denn aus Boshaftigkeit taten. Sie waren einfach Tiere, die erst vor kurzem das Denken erlernt hatten, und nun mussten sie erst einmal mit allen Vor- und Nachteilen dieser Tatsache klarkommen.
Ell´redra stand an der Reling teilte einige Elfen ein, die mit ihr an Land gehen sollten. Es würde eine recht kleine Delegation sein, dass ihr erscheinen nicht fälschlicher Weise als Angriff gewertet würde, und so von vornherein alle Verhandlungen unterbinden würde. Der Erfolg ihrer Mission, war essentiell, um zumindest den Hoffnungsschimmer, in dieser sonst so dunklen Zeit aufrecht zu erhalten. Sie durften nicht scheitern.
Die Ausgewählten Elfen, verschwanden unter Deck und erschienen nach kurzem wieder mit allem was sie für ihren Landgang benötigen würden. Sie trugen leichte Rüstungen um, nichts von ihrer Beweglichkeit einzubüßen. Als Waffen führten sie lediglich ihre Bögen, und elfische Kurzschwerter mit sich. Insofern man das Wort „Elfe“ und „Bogen“, überhaupt mit „lediglich“ kombinieren konnte.
Ell´redra blieb unbewaffnet. Sie brauchte keine Waffen. Warum sollte sich direkt zeigen. Sie stellte sich an die Öffnung der Reling, und murmelte einige Worte. Die Worte waren unverständlich, doch zeigten sie umgehend Wirkung. Ein Knacken und Knirschen erhob sich von der See. Shanderelai hörte einige Rufe der Überraschung, als sich ein schmaler Keil aus Eis, begann vom Boot in Richtung Festland auszubreiten. Das Wasser links und rechts des entstehenden Weges schien völlig unberührt. Die Murlocs die es ebenfalls bemerkten, gaben nun noch aufgeregter Gegurgel von sich. Einige warfen ihre Speere auf die Erde und folgten ihren Vorgängern in den Wald.
Zwei Elfen ließen eine Planke hinab auf das Eis, und die kleine Delegation, angeführt durch Ell´redra gingen von Bord. Der Eisweg hielt ohne Schwächeanzeichen dem Gewicht der Elfen stand. Die Murlocs, welche noch am Strand verblieben waren, sprangen aufgeregt auf und ab, in der Erwartung ihre Beute endlich in Reichweite zu bekommen. Als die Elfen jedoch in Reichweite ihrer Speere kamen, die Wurfgeschosse jedoch an einer unsichtbaren Barriere in der Luft abprallten, und Effekt los ins Wasser fielen, ergriffen auch die letzten die Flucht.
„Brüder und Schwestern, hört mich an.“ Richtete Ell´redra das Wort an ihre Gefolgsleute. „Ich möchte dass ihr euch bewusst macht, wie essentiell unsere Mission in diesen Landen für den Fortbestand allen Lebens, so wie wir es kennen ist. Ich möchte, dass ihr euch bewusst macht, das hier unsere einzige Hoffnung auf Rettung zu finden ist. Es wird nicht leicht werden. Fast Niemand wird wissen, dass wir kommen. Und wer es weiß, wird uns nicht unbedingt willkommen heißen. Dennoch müssen wir unsere Mission erfüllen. Denkt daran, kaum etwas ist so schwer wieder zu bereinigen wie vergossenes Blut. Also werden wir versuchen allen Bedrohungen gewaltfrei zu begegnen. Die Waffe soll nur der allerletzte Ausweg sein zu dem ihr greift. Ist das klar?“
„Ja, Ehrwürdige.“, kam die Antwort von allen wie aus einer Kehle.
„Also gut, dann will ich lege all mein Vertrauen in euch. Doch seid euch bewusst, ihr werdet Dinge sehen, wie sie viele von euch nur aus den alten Geschichten kennen. Ich weis nicht wie weit alles schon Fortgeschritten ist, aber wir sollten auf alles gefasst sein. Es ist noch früh am Tag. Ich habe unsere Ankunft absichtlich so gewählt. Bis zur Dämmerung haben wir so Zeit, weiter ins Land einzudringen, und ein befestigtes Lager für die Nacht zu errichten. Seid ihr bereit?“, sie ließ ihren Blick über die vor ihr stehenden Elfen gleiten. Alle nickten bejahend, einige bestätigten ihr Nicken durch Zurufe. Ell´redra nickte zufrieden: „Dann lasst uns keine Zeit verlieren.“
Shanderelai sah wie Ell´redra ihr zum Abschied zuwinkte, und sich dann mit ihrem Tross in Richtung Waldrand in Bewegung setzte. Shanderelai schickte ihr in Gedanken alle Glückwünsche mit auf den Weg, die ihr einfielen, und hoffte inständig ihre Freundin unbeschadet wieder zu sehen. Dann verließ sie ihren Platz an der Reling, und begab sich ebenfalls unter Deck. Es war an der Zeit etwas zu Essen, und die Wärme eines Feuers, die Kälte, welche der Seewind in ihre Knochen getrieben hatte, vertreiben zu lassen.

To be continued

Mit freundlichen Grüßen
Eure Evi
 
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