Schwarzes Blut, Kapitel 4: Der endlose Hunger

Valfara

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Razuvious musterte ihn scharf. „Ihr habt Eure Klinge errungen, aber wisst Ihr sie auch einzusetzen?“
Valfor richtete sich empört auf und starrte ihm fest in die Augen. Das entlockte dem Instrukteur ein bellendes Lachen. „Ha! So gefallt Ihr mir doch gleich viel besser. Ein Todesritter, wie er im Buche steht. Bereit sich auf alles zu stürzen, was ihm im Weg steht.“
Valfor war nicht sicher, ob Razuvious sich über ihn lustig machte, behielt aber die stolze Haltung bei. Niemand sollte von ihm sagen, dass er sich vor etwas fürchtete. Furcht war eine Schwäche, die nur die sterblichen Völker plagte.
„Ihr werdet all eure Kraft, eure Macht und euren Willen brauchen, um ein echter Todesritter zu werden. Schon bald wird sich der unaufhörliche Hunger Eurer bemächtigen – und wenn dies geschieht, werdet Ihr gewaltige Schmerzen erleiden. Es gibt nur ein Heilmittel gegen das Leid: Der Hunger muss gestillt werden!“
Während seiner Rede bohrten sich Razuvious Augen in die seinen und Valfor fühlte sich extrem unbehaglich, starrte aber trotzig zurück. Es war ihm jedoch ein Rätsel wovon er genau sprach. Was für ein Hunger? Bis jetzt hatte er noch nichts Außergewöhnliches bemerkt. Aber was wusste er schon darüber? Er war ein blutiger Anfänger unter den Todesrittern. Also sollte er sich vermutlich darauf vorbereiten, dass ihn dieser Hunger befallen würde. Auch wenn ihm das gar nicht gefiel. Razuvious klang, als ob dieser Hunger etwas wäre, dass zu einem Todesritter gehörte, und den man eben besänftigen musste. Das widersprach allem, was er über Todesritter wusste. Und über die Geißel im Allgemeinen. Gefühle aller Art waren etwas für Schwächlinge und war ein Hunger, ein Verlangen nicht auch ein Gefühl? Warum war das jetzt in Ordnung zu haben? Oder waren es nur die positiven Gefühle die verpönt waren? Und konnten die negativen genutzt werden, um stärker zu werden?
Das alles verwirrte ihn immer mehr, und er beschloss diese Gedanken und Fragen auf einen anderen Tag zu verschieben, wenn er nicht mehr damit beschäftigt war, sich zu beweisen. Er konzentrierte sich wieder voll und ganz auf den Instrukteur.
Der hatte seine geistige Abwesenheit zum Glück nicht bemerkt sondern war enthusiastisch forgefahren: „Ich gebe Euch den Schlüssel der Eure Erlösung sein wird!“ Er drückte Valfor einen Schlüssel in die Hand und wies mit ausladender Handbewegung auf eine Reihe von angeketteten Personen in der Mitte des Raums: „Diejenigen, die der dunklen Bruderschaft unwürdig sind, werden ans Herz von Acherus gekettet. Befreit mit Hilfe des Schlüssels einen unwürdigen Initianden. Erlaubt ihm, seine Ausrüstung zu tragen, und mit Euch um seine Freiheit zu kämpfen. Tötet: und der Schmerz wird aufhören. Versagt: und Ihr werdet für alle Ewigkeit leiden müssen.“
Valfor gefiel das ganze Gerede von dem Hunger immer noch nicht, aber einen Kampf, um Stärke zu beweisen verstand er. Das war das Maxim der Todesritter: Nur die Starken hatten das Recht zu überleben. Die Schwachen wurden vernichtet.
Razuvious gab ihm als Abschied mit: „Lebt oder sterbt – die Wahl liegt bei Euch!“
Damit war er entlassen und machte sich sofort zu den unwürdigen Initianden auf. Er musterte sie sorgfältig und versuchte abzuschätzen wo ihre Stärken und Schwächen lagen. Er wollte einen möglichst ausgeglichenen Kampf, weshalb er sich schließlich einen Blutelfen aussuchte. Welche bessere Möglichkeit sich zu beweisen, als ein Spiegelbild zu töten?
Er ging zielstrebig auf ihn zu und löste die Fesseln mit denen er angekettet war. Der Elf stand langsam auf und rieb sich die Handgelenke. Dabei musterte er Valfor abschätzend. Der wiederum warf ihm einen verächtlichen Blick zu. Eigentlich war es unter seiner Würde mit jemandem zu kämpfen, der schon versagt hatte.
„Ihr werdet mir eine Waffe und Rüstung zugestehen, ja?“ fragte der Elf lauernd. Auf Valfors Nicken hin, begab er sich sofort zu den Rüstungen und Waffen, die an der Wand hingen und rüstete sich sorgfältig aber hastig aus. Vermutlich hatte er Angst, dass er ihm in den Rücken fallen würde, dachte Valfor belustigt. Aber das hatte er nicht nötig.
Valfor begab sich in die Mitte des Kreises, um den herum die Initianden angekettet waren und wartete dort mit gezogenem Runenschwert auf seinen Gegner. Auch er hatte inzwischen ein Schwert, wenn auch ein gewöhnliches. Langsam trat er in den Kreis und Valfor erwartete, dass er zu ihm kommen würde. Doch er hatte nicht die Absicht, fair zu spielen, wie er bemerken musste. Mit dem Schrei „Tod ist das einzige Heilmittel!“ griff er sich Valfor mit dem Todesgriff und zog ihn zu sich her.
Valfor fluchte innerlich, weil er vergessen hatte, dass er es hier mit einem anderen Todesritter zu tun hatte, der die gleichen Fähigkeiten wie er hatte. Er bemühte sich die wilden Attacken des Elfen zu parieren, was durch den Eisigen Griff schwer gemacht wurde. Trotzig begann auch er sein Arsenal auszupacken und bewarf seinen Gegner mit allem, was er hatte. Und das war auch nötig. Erst jetzt begann er zu verstehen, wie gefährlich ein Gegner war, der um sein Leben kämpfte. Er hatte nichts zu verlieren, er konnte alles auf eine Karte setzen.
Langsam, ganz langsam begann Valfor die Oberhand zu gewinnen. Seine Attacken kamen zielsicherer, und seine Fertigkeiten im richtigen Moment um den Gegner zu schwächen. Und geschwächt war er. Zum Schluss so stark, dass ihm Valfor mit einem triumphierenden Schrei den Todesstoß versetzen konnte.
Und in dem Moment durchströmte ihn ein unglaubliches Glücksgefühl. Er mochte aus vielen Wunden bluten, und selbst am Ende seiner Kräfte sein, doch den anderen tot vor ihm liegen zu sehen, versetzte ihn in Ekstase.
War das der gestillte Hunger? Wenn ja, wollte er es nie mehr missen. Er fühlte sich, als ob er noch gegen hunderte von Feinden kämpfen könnte, obwohl sein Verstand ihm sagte, dass der Kampf ihn stark mitgenommen hatte, und er vermutlich umkippen würde, wenn er es versuchte. Aber vielleicht war diese Ekstase ja der Schlüssel zu den Triumphen der Todesritter, denn wie konnte man verlieren, wenn man sich so fühlte?
Immer noch wie im Rausch begab er sich zurück zu Razuvious, der zufrieden lächelnd auf ihn herabsah. „Wie erwartet: Mein auserwählter Ritter hat den Sieg davongetragen.“ Er winkte einen seiner Nekromanten zu sich heran, der dem verdutzen Valfor eine Hand auf die Brust legte. Bevor er etwas sagen oder tun konnte, durchfuhr ihn ein scharfer Schmerz, doch vor seinen Augen schlossen sich die Wunden, die er davongetragen hatte.
Er betrachtete immer noch verblüfft seine unversehrte Haut, als Razuvious Worte ihn aus seinen Gedanken rissen: „Ihr seid nun bereit, Valfor.“
Bereit? Bereit wofür?
Doch Razuvious lies ihn nicht lange warten: „Seht. Acherus, die große Zitadelle des Todes. Seinesgleichen gibt es nur einmal auf der Welt. Nicht einmal Naxxramas, die mächtige Nekropole könnte einem direkten Angriff der Schwarzen Festung widerstehen. Über dessen Fassaden zeichnet sich drohend das Allsehende Auge von Acherus ab. Von dort aus kann sein Meister auf große Entfernungen sehen und die Gebiete seiner Feinde ausspionieren. Was das Auge sieht, sieht auch der Lichkönig, und nun ist die Zeit gekommen, das Ihr durch das Auge blickt! Der Lichkönig hat euch gerufen, Valfor. Geht nun. Geleidet Euch wohl, Bruder...“
Valfors Augen waren während seiner Rede unwillkürlich immer größer geworden. Natürlich hatte er schon etwas über das Auge gehört, aber es benutzen zu dürfen? Daran hatte er nicht mal im Traum gedacht. Er fühlte sich völlig überwältigt und erst Razuvious letzte Worte brachten ihn dazu, sich in Richtung der Terrasse zu begeben.
 
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