Warhammer und der Dualismus von Gut und Böse in MMORPG's

Pelorusjack

Quest-Mob
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Man blende eine Szene aus seiner Schulzeit ein. Eine regelmässiges Problem ergab sich jeweils im Turnunterricht, wenn aus einer Klasse zwei gleichstarke Teams gefiltert werden mussten. Das Teambuilding dauerte mitunter viel zu lange, und gelegentlich waren die Matches entschieden, bevor sie angefangen haben. Sport lebt davon, dass ein Team am Ende die Meisterschaft gewinnen muss. Das gilt auch für E-Sports und demnach auch für MMORPGS.

MMORPGS’s sind längst nicht mehr vergleichbar mit angenehmen Pen & Paper Wochenenden in den 90ern. Es geht meistens um den Krieg zwischen zwei verfeindeten Lagern, Gruppen, Völkern, wasauchimmer. Warhammer Online basiert dabei auf dem Rollenspiel und dem Tabletop von Games Workshop, zwei sehr langlebigen Systemen. Auf der einen Seite die Bösen Seiten, samt den berühmtberüchtigten Grünlingen, den Chaosgöttern und den Dunkelelfen, auf der anderen Seite, die sattsam bekannten Elfen, Menschen und Zwerge. Also im Endeffekt ein weiterer Aufguss von Mittelerde angereichert mit etwas mehr Tiefe und Hintergrund für das Böse als in den klassischen RPG’s, wo man meist die Guten spielte.
Anders als bei DAOC kann es bei Warhammer also definitiv keine dritte, neutrale Seite geben, weil es schon in der Vorlage keine gibt, mit Ausnahme der Echsenmenschen vielleicht. Eine dritte Seite in einem MMORPG hat den Vorteil, dass sie das Zünglein an der Waage spielen kann und erfahrungsgemäss auch meist tut. Anarchy Online hatte die Neutralen in Borealis, während bei DAOC meist Midgard den Underdog spielen musste, trotzdem jedoch genauso grossen Einfluss hatte wie die anderen beiden Fraktionen. Bei Gut vs. Böse Systemen gibt es diese dritte Ausgleichende Kraft nicht. Starwarsgalaxies war so ein Fall. Mit Ausnahme von zwei Servern waren die Rebellen fast überall in erdrückender Überzahl und wo nicht, war die Welt vollkommen vom Imperium beherrscht. Das was man heute als open PvP(Player vs Player) oder RvR (Realm vs Realm) versteht, konnte man nur sehr begrenzt erleben. Zu stark war jeweils die eine oder andere Seite auf einem bestimmten Server.
Noch extremer war es in WoW. Während Jahren versucht nun Blizzard vergebens Open PvP ins Spiel zu integrieren. Es wird nie möglich sein, aufgrund der sehr ungleichen Spielerverteilung. Noch ein jeder Versuch scheiterte an der totalen Kontrolle der Server meistens durch die Allianz. Genau wie Sony Online Entertainment (SOE) hat es Blizzard verpasst, rechtzeitig Fraktionsbegrenzungen einzuführen. Der Run auf die Allianz verwunderte einen nicht, der schon die Beta gespielt hatte: deren Figuren sahen besser aus, die Startgebiete waren detaillierter und Augenfreundlicher. Da WoW das erste PC Spiel ist, das von ganzen Generationen gezockt wird, verwundert die grossmehrheitliche Parteinahme für die Guten nicht. Es erstaunt hingegen keinen, wenn PvP immer das Stiefkind von WoW war. Für ein Milliardenunternehmen sind 4 Schlachtfelder in drei Jahren nicht gerade viel und das totale Fehlen von Open PvP eigentlich ein Armutszeugnis. Guildwars von NG hat seine Anziehungskraft auf PvP’ler nie verloren und zeigte, was möglich war, wenn man sich etwas darum kümmerte. WoW konterte mit der Integration der Arena, um dem von Guildwars angeregten MMO E-Sportlern und Counter Strike Spielern eine Plattform mehr anzubieten sich auszutoben. Vor drei Jahren konnte man auf einer LAN 80% der Spieler Egoshooter und RTS (Echtzeitstrategiegames) gamen sehen. Inzwischen spielen die meisten von denen auch WoW. Tatsächlich reichten die paar BG’s und die Arena aus, um genug PvP Content zu bieten. Es gab einfach keine Konkurrenz.
Doch diese Situation ändert sich. Nach langer, langer Wartezeit zauberte Mythic seinen quasi DAOC-Nachfolger aus dem Hut. Auffällig sind die vielen Ähnlichkeiten zu WoW und wiederum die Augenscheinliche Konzentration auf MMO-PvP. Mythics neues Game ist im Grunde genommen nicht sehr gehaltreich, aber es bietet die perfekte Ergänzung zu WoW an. Endlich PvP, endlich mehr BG’s, endlich mehr RvR. … Wenn da nicht die Spieler wären!
Schnell kristallierte sich noch in der Beta heraus, dass eine grosse Mehrheit der Leute Zerstörung spielen wollen. Wiederum ist klar warum: attraktive Klassen und attraktives Startgebiet. Die allermeisten WAR Spieler kommen von WoW oder haben WoW gespielt. Die Ankündigung grosser, aktiver Spielergilden die Zerstörungseite zu spielen tat sein restliches. Seit dem offiziellen Start werden die Ordnungsseiten auf den meisten Servern regelrechtrecht überrannt. Nein, es gab keine Begrenzung für die jeweiligen Fraktionen und was wir jetzt haben ist eigentlich eine Katastrophe. Die Möglichkeiten wären da, aber niemand scheint sie zu nutzen – den Zerstörungsspielern stehen keine Gegner gegenüber im Open RvR. Die Serverklone waren nur das Zuckerbrot, leider fehlte die Peitsche. Es ist eine Schande wie leer gewisse RvR Gebiete sind. Ich meine, die Gebiete sind auch viel zu gross für die kleine Zahl Spieler, welche die GOA Server zu ertragen scheinen. Grosses Gebiet, wenig Spieler die sich auch irgendwie an einer bestimmten Stelle treffen sollen…das erinnert an eine Ubootjagd im Atlantik: die Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Aber selbst wenn, wie gross ist die Lust an Open RvR, wenn auf der einen Seite 70, auf der anderen Seite 40 Spieler stehen? Die Idee mit den Klonservern ist auch lächerlich, denn wenn x Spieler der Zerstörung auf den Klon wechseln, stehen sie noch weniger Ordnungsspielern gegenüber als auf dem alten, deren Wartezeiten waren eh viel kleiner und da brauchten sie keinen Serverwechsel zu machen. Aber wehe denjenigen Ordnungsspieler, die es auf einen Klon verschlagen hat! Da wird aus dem „Massive Multiplayer“ ein Soloadventure mit gelegentlichen Multiplayereinlagen.

Die Gamer tun also nur Dinge, wenn sie auf eine gerechte Chance haben, etwas zu erreichen. Ergo findet die meiste Action in den Szenarien statt. Hier weiss der Spieler, dass auf der anderen Seite nicht einfach mehr Gegner stehen, sondern genau gleich viele. Es gibt viele BG’s und doch werden nur Nordenwacht, Mourkain Temple, Tor Anroc und Schlangenpass gespielt. Warum? Es sind reine Zerg BG’s und sie dauern nicht lange. Zwei Klumpen prallen aufeinander und das wars. Der Weg zur Action ist kurz, die Zeit auf 15 Minuten begrenzt. Es verwundert daher nicht, dass das Alteractal in WoW nie eine Veränderung erfahren hat. Weder durch seine Erschaffer noch durch die Spieler, die da hindurch mussten. Je komplizierter die Aufgabe ist, desto schneller scheitern die Spieler an ihr. Im Gegensatz zu einem Bossencounter in einem Raid wird einem in einem BG oder Szenario nicht gesagt, was man tun muss, um zu gewinnen. Schlecht ist zudem das Bewertungssystem gestaltet, welches Zerger bevorzugt. Logisch finden sich sehr wenige Spieler, die auf ihre Punkte verzichten möchten, um das ganze Team damit zu unterstützen, und wiederum ärgerlich sind die /afk Toons. Im Endeffekt verwundern die Zustände nicht, und sie werden immer öfter und lauter diskutiert, obwohl die Gamer eigentlich selbst schuld an der Misere sind.

Um das Gesamtspiel interessanter zu gestalten muss indes einiges getan werden. Offenbar ist die Gamerklientel dumm genug, sich nicht gescheit aufteilen zu können, aber klug genug, um aus dem Spielsystem die einfachste Krücke zu bauen, um schnell vorwärtszukommen. Es braucht eigentlich nicht einmal viel mehr Klassenbalance oder Bugbeseitigungen, was das betrifft, so hat sich WAR als erstaunlich durchdacht und sorgfältig geplant erwiesen. Gamergilden, die ohne Probleme bis in die Morgenstunden hinein aktiv sind, kann man kaum verhindern und sollte man auch nicht. Mythic muss es schaffen, mehr als nur 4 aktive BG’s zu bieten. Spieler hätte es sogar genug, nicht genug allerdings, um die Riesenwelt adäquat zu bevölkern. Wie sie es tun sollten mag ich nicht erörtern, ich krieg für meine Vorschläge kein Geld, aber die Firma, die monatlich absahnt, ist dazu angehalten, Lösungen für ihre Welt zu finden.

29.10.08
 
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