World of Warcraft gegen die Online-Welt

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Wir schreiben das dritte Quartal des Jahres 2010. Am MMO-Himmel thront seit mehr als fünf Jahren World of Warcraft, Blizzards Meisterwerk, dass es wie kein anderes Spiel schafft, vorhandene Spieler zu fesseln und gleichsam neue zu gewinnen. Was macht das 1991 gegründete Entwicklerstudio besser als die Konkurrenz, die seit einem halben Jahrzehnt nahezu aussichtslos mit einem Produkt mindestens gleichzuziehen versucht? Eines ist klar: Nach konsequenter Weiterentwicklung und zahlreichen Erweiterungen, ist World of Warcraft zweifellos das mit Abstand erfolgreichste MMORPG aller Zeiten. Doch beanspruchen demnächst weitere heiße Kandidaten den Platz auf dem Siegertreppchen, allen voran das vielgelobte Star Wars: The Old Republic von Bioware. Was macht das blizzardsche Werk so erfolgreich und wo liegen die Möglichkeiten der Konkurrenz?


World of Warcraft – Was macht dieses Spiel zum Kassenknüller?

Bei einem Kampf um den Titel geht es nicht nur darum, möglichst viele Treffer zu landen und am Ende noch aufrecht stehen zu können, sondern es geht vielmehr darum, sich die Stärken und Schwächen des Gegners bewusst zu machen, um dann potentielle Schwachpunkte auszunutzen, ohne dabei das Format des Konkurrenten zu verkennen. Was macht Blizzard besser als der Rest? Was fesselt die Spieler an die Welt von Azeroth?


Die Grafik: Augenschmaus oder welch ein Graus?

Sicher, viele Spieler findet man nicht, die die Grafik von WoW noch als zeitgemäß betiteln würden, wurde sie auch stetig weiterentwickelt. Aus einem Golf wird jedoch kein Ferrari, selbst nach einer Rundumerneuerung und dem Anbringen eines sportlichen Heckspoilers bleibt es eben ein Golf. Die Grafik bisherigen Blizzard-Spiele konnte man allerdings nie als State of the Art bezeichnen, vielmehr ging es darum, eine hübsche Engine zu erstellen, die durchaus ihre Momente hat und trotzdem auf möglichst vielen PC-Systemen läuffähig ist, ruckelfrei versteht sich. So wird ein möglichst großer Kundenkreis angesprochen und niemand bleibt aussen vor, bloß weil ihm das nötige Kleingeld für einen neuen Rechner fehlt. Wer spielt schon gerne ein verruckeltes Spiel? Nichtsdestotrotz hat die Grafik durchaus ihre schönen Momente, trotz verwaschener Texturen und dem grundsätzlichen Fehlen runder Objekte, die vielmehr an abstrakte Picasso'sche Werke erinnern als an wirkliche Rundkörper. Halten wir fest: Ansprechendes Design muss nicht gleichbedeutend sein mit nagelneuer Technik und WoW gilt es Paradebeispiel für die These: Grafik ist nicht alles.


Arbeit Arbeit: Es gibt immer was zu tun.

Blizzard schafft es, wie kein anderes Entwicklerstudio, den Spieler regelrecht an den Pc zu fesseln, beispielsweise durch ein recht ausgeprägtes Berufssystem, in dem man theoretisch den Tag damit verbringen kann, seine virtuelle Angel auszuwerfen und Kräuter zu sammeln (Nachwuchsdruiden aufgepasst: In den Zaubertrank kommt nur frischer Fisch). Weiterhin locken lukrative Belohnungen über zahlreiche tägliche Aufgaben, nach deren Erledigung auch die ein oder andere Stunde ins Land gezogen sein kann. Darüberhinaus verspricht die epische Geschichte des Spiels um den Verräter Arthas, der sein Königreich im Stich ließ und zum neuen König der Geißel aufstieg, gute Unterhaltung. Transportiert wird diese Geschichte über Quests, aber auch über die großen Raidinstanzen, die im leichteren Schwierigkeitsgrad auch relativ unproblematisch zu absolvieren sind. Aber auch an die Freunde des gepflegten Spieler gegen Spieler-Systems werden nicht enttäuscht. Schlachtfelder und Arenen laden zum fröhlichen Gemetzel und locken mit einem eigenen Belohnungssystem.

Neueinsteiger und Profis: Ein Spiel für jede Zielgruppe

Welcher Spieler kennt das nicht? Ein total überladenes Interface, komplexe Steuerung, undurchsichtige Talente, nahezu unmögliche Bossbegegnungen und infolgedessen totaler Spielfrust. So gesehen, so geschehen, nicht jedoch in World of Warcraft. Dank dem Erlauben von Drittanbietersoftware, kann sich jeder Spieler sein Interface komplett frei konfigurieren und hat nahezu jede Möglichkeit, das Aussehen des Spiels zu verändern. Gerade zu Beginn waren die Talentbäume oft von sinnfreien Optionen durchzogen, und oft war nicht klar, welche Fähigkeit wann zu Einsatz kommt. Damit ist jedoch spätestens zu Beginn des nächsten Addons schluss, da dort die Talente wieder entschlackt werden und es sogar noch leichter sein wird, mit seinem Charakter ins Spiel zu starten. Einsteigerfreundlicher Beginn und komplexes Endgame schließen sich jedoch nicht kategorisch aus: Schon seit der ersten Erweiterung – der Einführung der Scherbenwelt in Burning Crusade - ist es möglich, Instanzen in zweierlei Schwierigkeitsgraden zu spielen. Seit Wrath of the Lich King kommt dieses System auch für große Raidinstanzen zum Einsatz, die darüberhinaus auch wahlweise mit 10 oder 25 Spielern bestritten werden können. Mit diesem System kann nun wirklich jeder Abonnent die Inhalte des Spiels vollständig bestreiten, ohne seine Woche vor dem Rechner zu verbringen. Auch die Community trägt mit zahllosen Guides und Tipps im Forum dazu bei, Neueinsteiger nicht gleich wieder zu vergraulen, sondern möglichst schnell mit den Grundlagen vertraut zu machen.


Stillstand ist der Tod: Von bisherigen und kommenden Erweiterungen

Dieses einfache Credo ist grundlegend für die Spieleindustrie, insbesondere für MMORPGS. Der Stillstand ist Gift für die Abonnentenzahlen, denn Kunden möchten schließlich unterhalten werden, auch nach dem Erreichen der Höchststufe und dem Durchlaufen der schwierigsten Instanzen. Gibt es nichts mehr zu tun, wandern die Spieler ab. Selbst in WoW entstehen diese Löcher, doch versteht Blizzard es, ihre Kunden durch große und kostenfreie Inhaltserweiterungen bei der Stange zu halten. Etwa alle zwei Jahre wird dann wieder ein kostenpflichtiges Update auf den Markt geworfen, das die Stufenbegrenzung erweitert und grundlegende Neuerungen und Verbesserungen in Sachen Spielbarkeit verspricht. Gerade jetzt ist ein weiteres großes Erweiterungspaket auf dem Weg, das nicht nur durch Verbesserungen der Talentbäume, neuen Instanzen und zwei weiteren spielbaren Rassen zu gefallen weiss, sondern auch eine komplette Überarbeitung des Ur-Spiels beinhaltet. Bereits im Ruhestand befindliche Veteranen werden noch dieses Jahr aufgerufen,ihre Rechner zu entstauben, ihren Vorratsschrank mit gesunden Chips und Fertigpizzen zu bestücken, die Rolläden auf Lichtundurchlässigkeit zu überprüfen und erneut in den Krieg zu ziehen.


Die Community: Wir ziehen die Karre aus dem Dreck

Wenn alle Stricke reissen, helfen die Spieler sich selbst. Diese einfache Tatsache bewahrt Blizzard selbst in Zeiten, in denen neue Inhalte rar gesät sind, vor zu großen Einbußen. Stundelange Gespräche im Teamspeak, das gemeinsame Bestreiten von Schlachtfeldern und Instanzen, sowie die obligatorischen Witzeleien über die Unfähigkeit der jeweiligen Mitspieler, halten zweifelsfrei ein breites Publikum (völlig kostenfrei) bei der Stange. Unter den Spielern entstehen oft gute Bekannt- oder Freundschaften, selbst über die Grenzen des Spiels hinaus, so dass man eben nur zusammen aufhören kann, aus Angst davor, den Kontakt zu verlieren. Auch die ein oder andere Liebschaft soll schon auf diesem Weg entstanden sein. Dass Blizzard diese Chance längst erkannt hat, sieht man an der Einführung der Real-ID, dem Facebook für das Battle.net. Der Kontakt ist damit auch über die spielerischen Grenzen von World of Warcraft hinweg möglich, auch wenn Kritiker darin ein großes Problem für den Datenschutz sehen, denn der reale Name und die registrierte E-Mail-Adresse ist für die Nutzung dieses Dienstes zwingend erforderlich.



Fazit: Welche Chancen bieten sich der Konkurrenz?

Ein K.O. in der ersten Runde möchte man ja möglichst vermeiden, welche Chancen bieten sich überhaupt, den Giganten unter den MMORPGs vom Podest zu stoßen. Die Devise sollte lauten: Stärken weiterentwickeln, Schwächen ausnutzen. Selbst unter Betrachtung der hier aufgeführten Stärken, ist World of Warcraft keineswegs ein perfektes Spiel. Oft langweiliges Questdesign (töte x, sammle y), schwächelnde Grafikengine, zu große Vereinfachungen des Spielsystems (besonders ärgerlich für langjährige Abonnenten) und zu große Zeitspannen zwischen den Inhalterweiterungen, bieten Angriffspotential. Man muss das Rad nicht neu erfinden, etwas Feintuning tut es auch. Schwierig wird es, bisherigen WoW-Spieler vom eigenen Produkt zu überzeugen, besonders die hohen Erwartungen nicht zu enttäuschen. Innovation: Ja bitte. Halbgar umgesetzte Spielspaßbremsen und unausgereifte Produkte: Nein danke. Ein "ist ja ganz nett" reicht gegen den blizzard'schen MMO-Giganten einfach nicht aus, das hat die Vergangenheit gezeigt.
 
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