Kapitel 51

Evilslyn

Rare-Mob
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Gespenstisch hallten ihre Schritte in der Weite der Höhle wieder. Das Plätschern tausender Tropfen prägte die Geräuschkulisse. Gelegentlich durchfuhr ein Schrei der fliegenden Wesen die Monotonie der Klänge. Arled fiel es dank seiner Worgensinne nicht schwer, jedem Geräusch ein Richtung zuzuweisen. Seine Ohren peilten zuverlässig jedes Geräusch an, und seine Pranken fanden stets sicheren halt. Jener war auch wünschenswert, denn direkt neben dem schmalen Weg ging es etliche Fuß tief, steil bergab. Wer hier den Halt verlor, brauchte sich auf jedenfalls keine Sorgen mehr, über den beschwerlichen Aufstieg zu machen.
Ragi ging leichtfüßig voran, hinter ihm Hun, der aufgrund seiner Körpergröße schon Probleme mit dem schmalen Stieg hatte, ging langsam und vorsichtig. Arled war es nur recht. Durch seine bedächtigen Schritte, wurde Ragi etwas gebremst, der fast den Anschein erweckte auf einem Waldweg zu spazieren. Sie kamen tiefer, und waren nun auf gleicher Höhe mit den gewaltigen Pilzkappen. Es war Arled nicht möglich zu bestimmen woher das Leuchten kam, welches von ihnen ausging. Sie schienen direkt aus dem Inneren zu erstrahlen.
Ein schimmerndes Insekt löste sich von einem in der Nähe dahin schwebenden Schwarm, und flog auf Arled zu. Es umkreiste ihn völlig Angstfrei. Aus der Nähe konnte Arled die feingliedrigen Flügel der Kreatur erkennen, die so strahlte, als bestünde sie aus purem Licht. Nachdem ihn das Tier einige Male umrundet hatte, kehrte es zu seinem Schwarm zurück.
Arled wollte seinen Weg fortsetzten und fand sich unvermittelt Auge in Auge mit Hun wieder, der mit weit aufgerissenen Augen vor ihm stand, und den Schwarm anstarrte.
„Komm schon mein Dicker!“, rief ihnen Ragi von weiter voraus zu. Hun schüttelte seinen riesigen Kopf, und riss so seinen Blick von den kleinen surrenden Wesen los. Dann drehte er sich um, und eilte vorsichtig hinter Ragi her. Arled fragte sich, was Hun nur mit diesen Wesen erlebt haben musste, um so traumatisiert zu sein.
Der Weg endete am Fuße der Höhle, und mündete in einen kleinen Weg, der sich durch eine Flora schlängelte, wie Arled sie nie zuvor gesehen hatte. Die Pflanzen in dieser unterirdischen Welt, hatten mit jenen an der Oberfläche nur sehr wenig gemein. Wo Blumen und Bäume, mit farbenprächtigen Blüten lockten, leuchteten hier die gesamten Pflanzen in allen nur erdenklichen Farben. Die Pilze wirkten von dieser Warte aus, noch um längen größer als sie es von oben getan hatten. Bäumen gleich, ragten sie mehrer Mannshöhen gen Höhlendecke, und tauchten die Umgebung in zartes bläuliches Licht. Arled kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Sein Blick wusste nicht woran er sich heften sollte. Die Pflanzen, die Pilze, die fliegenden, sowie die krabbelnden und kriechenden Tiere um ihn herum, waren so fremdartig und gleichzeitig so faszinierend.
„Bleib ganz ruhig.“, überraschte ihn plötzlich Ragis Stimme, „Ich möchte dir jemanden Vorstellen. Auch wenn er … ungewöhnlich ist, so ist er doch ein Freund.“
Arled richtete den Blick nach vorne, und sprang sofort in Kampfhaltung. Bleckte die Zähne und sein Nackenhaar stellte sich zu berge.
Zwischen Ragi und Hun stand ein Ding. Ein riesiges Ding. Es überragte Ragi, und selbst Hun. Erst hatte Arled geglaubt es handele sich um einen Worgen, denn sein gesamter Körper war mit Haaren bedeckt. Doch bei genauerem Hinsehen, offenbarten sich klare Unterschiede.
Dieses Wesen war noch eine ganze Spur bulliger als ein Worg. Seine Hände, wiesen keine Klauen auf, sondern dicke knubbelige Finger. Dafür endeten die Füße nicht in Pranken, sondern in Hufe. Über dem breiten Brustkorb, thronte auf einem wahren Stiernacken ein riesiger Schädel dem Hörner entwuchsen. So etwas hatte Arled zuvor noch nie gesehen. Er knurrte tief und machte sich bereit für den Kampf.
„Ist nicht gerade umgänglich der Kleine was?“, erscholl die dröhnende Stimme des Wesens. Es konnte also sprechen. Die Belustigung in der Stimme der Kreatur, heizte Arleds Wut noch mehr an. „Arled, ist das eine Art einen Freund zu begrüßen.“, Ragi schaute Arled, vorwurfsvoll an. Nur langsam legte sich Arleds Wut. Offensichtlich hatte Ragi als er von einem Freund sprach, tatsächlich dieses Ungetüm gemeint. Seine Lefzen senkten sich, und er ging langsam zu den dreien hinüber.
„Arled, darf ich vorstellen.“, setzte Ragi an, „Vodan. Taure vom Clan der Bluthufe. Schamane, vom Zirkel des Cenarius.“
„Seid gegrüßt junger Worg.“, die Stimme des Tauren war laut und dröhnend, doch wärme lag in ihr. Zögerlich kam Arled näher, immer darauf bedacht nicht in die Reichweite der Keulenförmigen Arme der Kreatur zu geraten.
„Taure?“, das Wort klang seltsam auf seiner Zunge. Er hatte von dieser Rasse gehört, jedoch kam sie soweit er wusste nur auf Kalimdor, einem Kontinent weit hinter der großen See vor. Nicht in den östlichen Königreichen, und schon gar nicht in Gilneas. „Was macht ihr hier? Wie…“
„Alles zu seiner Zeit, und immer eins nach dem Anderen. Kommt mit, ich bin sicher bei einem Humpen Pilzbier, und an einem wärmenden Feuer, werden wir Licht in all eure Fragen bringen.“, mit diesen Worten drehte sich der Taure um, und begann den Weg entlang zu schreiten. Als Hun und Ragi sich anschlossen, folgte Arled.
Nachdem sie einige Pilze umrundet hatten, kamen sie auf eine Lichtung, auf der sich Vodan sein Lager eingerichtet zu haben schien. Eine Bettstatt war auf einer Seite der Lichtung erreichtet. Die Mitte der Lichtung wurde von einer Feuerstelle markierte. Drum herum lagen eine Art Sitzkissen, die aus den Hüten junger Pilze gefertigt schienen. Leuchtenden Ranken, wie sie Arled sie immer wieder an Pilzen beobachtet hatte, waren um Stäbe gewickelt, die in den Boden gesteckt, wie Fackeln wirkten. Etwas abseits, hatte Vodan sein Feuerholz gelagert. Es waren, wie könnte es hier auch anders sein, ebenfalls Pilzstiele, die er zu einem fast hüfthohen Haufen getürmt hatte. Der Schamane bedeutete seinen Gästen auf den Pilzsitzen platz zu nehmen, und machte sich daran ein Feuer aufzuschichten. Die Stämme, die in seiner Hand wie gewöhnliche Holzscheite wirkten, waren in Menschen Maßstäben kleine Stämme.
Als der Haufen seine gewünschte Größe erreicht hatte, griff der Taure ein um seinen Hals hängendes Beutelchen, fingerte mit seinen riesigen Händen, vorsichtig ein kleines Halteband auf, und streute ein wenig des darin enthaltenen Pulvers auf die Feuerstelle. Er murmelte einige Worte, und mit einem elektrischen knistern, ging das Pilzholz in Flammen auf.
„Kann ich euch für ein wenig Pilzbier begeistern?“, fragte der Taure freundlich. Während er bereits einen Humpen vom Regal nahm und mit einer würzig riechenden Flüssigkeit füllte, die in einem ausgehöhlten Pilzstumpf schwappte.
Arled spürte in sich hinein und stellte fest das er großen Durst verspürte. Die Aufregungen der Flucht, hatten ihn sein natürliche Bedürfnisse ausblenden lassen. Dankend nahm er den Humpen Vodans entgegen. Auch Hun nahm dankend an, nur Ragi lehnte ab.
„Von dem Zeug ist mir immer drei Tage übel.“, meinte er, „Aber lasst es euch schmecken.“
Vodan prostete Hun und Arled zu und nahm einen großen Schluck. Arled und Hun, taten es ihm gleich. Der Trank rann Arleds Kehle hinab und hinterließ einen erdigen Geschmack. Wärme breitete sich in seinem Magen aus, und Arled genoss das Gefühl. Bisher hatte er nur wenige Erfahrungen mit Alkohol gemacht. Sein Vater hatte ihm auf Reisen, das ein oder andere Glas genehmigt, und bisher hatte er es immer gut vertragen. So leerte er den ersten Humpen mit nur zwei Zügen, und reichte ihn Vodan zurück mit der Bitte ihn nochmals zu füllen. Der Taure kam der Bitte nach, und lies sich dann bei ihnen nieder. Er blickte Arled von oben bis unten an, und wandte sich dann an Ragi.
„Also das ist der Junge von dem ihr mir berichtet habt?“, Arled horchte auf, Ragi hatte ihn offenbar schon angekündigt.
„Ja. Er kam am Tag des Zwischenfalls in unser Dorf, und Hespa zeigte von Anfang an reges Interesse an ihm. Es war schwer an ihn heran zu kommen, denn er sie beherbergte ihn in ihrem Haus, und versuchte ihn des Nachts mit einem Schlaftrunk außer Gefecht zu setzten. Wäre der Junge weniger gewieft, und hätte den Trank nicht selbst abgesetzt, würden wir sicher nicht hier sitzen.“, führte Ragi aus.
„So, hat er das? Und wie seid ihr hier her gekommen? Sie wird doch bemerken das er weg ist.“, grübelte Vodan. Seine Stimme war tief und dröhnend, selbst wenn er leise Sprach.
„Nun ja, das hat sie ohnehin bemerkt. Ich hatte gehofft einen günstigen Moment abzupassen und mich mit ihm zu dir davon zu stehlen, doch dazu kam es nicht. Heute Abend, hielt Hespa mal wieder einen Ihrer Gottesdienste in der Stadtkirche ab, das ganze Dorf war anwesend und lauschte ihren Worten. Pah, wie Schafe hängen sie an ihren Lippen.“, Ragis Stimme vermittelte Geringschätzung, „Tja, und da platzte Arled, mitten herein. Also er ist nicht einfach in die Kirche spaziert.“, reagierte er auf Vodans gehobene Augenbraue. „Er wurde beim spionieren erwischt. Ist um die Kirche geschlichen. Es gab einen riesigen Tumult in der Kirche. Diese ganzen Narren leben so in ihrer Furcht vor der Armee, die Hespa in ihnen schürt, dass sie ihn am liebsten direkt zerrissen hätten. Selbst Hespa konnte sie nicht beruhigen.“
„Und wie habt ihr ihn da hinaus gebracht?“, kam Vodans brummende Frage über den Rand seines Humpens.
„Tja das solltest du ihn am besten selbst fragen. Er hat sich selbst befreit. Hat sich urplötzlich in eine Worgen verwandelt.“, entgegnete Ragi mit einem Nicken zu Arled.
„Ihr meint er war ein Mensch als er die Kirche betrat?“, Vodans Stimme hatte sich etwas verändert, doch Arled wusste nicht was dies bei einem Tauren zu bedeuten hatte.
„Ja. Ich weis ja auch nicht wie das möglich ist. Hespa hatte selbst darüber nachgedacht, ihn zu einem der unseren zu machen, als wir ihn vor dem Dorf fanden. Doch sie entschied sich dagegen. Wir wussten bis zu diesem Zeitpunkt nicht, dass er sich überhaupt verwandeln konnte. Außerdem habe ich noch nie einen Worgen getroffen der sich nicht automatisch verwandelt wenn der Mond am Himmel erscheint.“, Ratlosigkeit lag in Ragis Stimme. „Ich hatte gehofft ihr könntet uns vielleicht weiter helfen.“
Vodan blickte Arled durchdringend an. Als suche er Antworten auf ungestellte Fragen. Plötzlich weiteten sich seine Augen. „Was hast du da unter deinem Hemd?“, stieß er hervor.
Arled blickte an sich herab, packte sein Hemd und zog es nach oben. „Das sind nur zwei Narben ich mir bei dem Zwischenfall zugezogen habe, sie…“, seine Stimme, die aufgrund des Pilzbieres schon auffällig schwankte, brach ab. Er war in jenen Tagen seit dem Zwischenfall so beschäftigt gewesen, dass er sich um die Narben in Sonnen und Mondform auf seiner Brust – was er für reinen Zufall hielt - kaum Gedanken gemacht hatte. Ohnehin sah er die Narben nur wenn er vor dem Spiegel stand, oder sich heftig verrenkte. Die meiste Zeit nahm er deren Existenz schon gar nicht mehr wahr. Doch nun stelle er mit erstaunen fest, dass sein Pelz, an den Stellen der Narben, nicht mehr wie gewöhnlich schneeweiß, sondern kohlrabenschwarz war.
Geräuschvoll stieß Vodan den Atem durch seine großen Nüstern.
„Seit wann sagst du, hast du diese Narben?“, fragte er offenbar aufbrausender als beabsichtigt, und mehr zu sich selbst als zu Arled setzte er hinzu, „ist es denn möglich? Nach all den Jahren?“

…to be continued

Mit freundlichen Grüßen
Eure Evi
 
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