Kapitel 65

Evilslyn

Rare-Mob
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Ihre leichten Lederstiefel verursachten kaum ein Geräusch während sie durch den dichten Wald schlich. Sie kontrollierte ihren Atem, er ging leicht und ruhig. Doch ihr Herz schlug schnell. Irgendetwas war mit ihr. Sie wusste nicht was, sie wusste nicht wo, doch sie wusste es. Hatte es das erste Mal gespürt, circa zwanzig Minuten nachdem sie das Lager verlassen hatte. Sie hatte nichts gesehen. Viel mehr kam ihre Überzeugung von ihrem Nackenhaar, das bitzelte als sei ein kleines Gewitter in ihrem Mantelkragen entstanden. Der Wald lag friedlich, ruhig und harmlos wirke er auf den ersten Blick. Doch es war zu ruhig.
Immer wieder warf sie einen Blick über ihre Schulter, nach oben in die Baumwipfel, und in dunkle Ecken aus denen sie einen Angriff erwartet hätte.
Was sie mehr beunruhigte als das Gefühl belauert zu werden, war die Tatsache nicht zu wissen mit welcher Art von Gegner man es zu tun hatte. Worgen schloss sie aus. Diese hirnlosen Bestien legten zwar Hinterhalte, hatten ihre Instinkte jedoch nicht im Ansatz so lange unter Kontrolle, ihre Opfer in selbige zu locken. Stattdessen brachen sie immer zu früh aus ihren Verstecken hervor und rannten direkt in ihr Verderben. Zumindest wenn sie es war, die sie in ihre Fallen locken wollten.
Mit ihren Händen hielt sie ständig die beiden Dolchgriffe, der in ihren Hemdaufschlägen verborgenen Klingen umschlossen. Mochte es sein, dass ihre Sinne ihr einen Streich spielten, doch sie wäre lieber unnötig vorbereitet, denn in der Not unvorbereitet.
Sie wünschte sie hätte Framier mitgenommen. Ihrem treuen Ross, hätte sie einfach die Sporen gegeben, und er hätte sie aus der Gefahrenzone befördert. Worgen waren besonders einfache Ziele, wenn sie ihrem Pferd nachjagten. Im Rausch der Jagd vergaßen sie jegliches Gefühl für Deckung oder Gefahr. Aber sie war ja der Überzeugung gewesen, lieber ohne Framier losziehen zu wollen. Trotz Miras heftigem insistieren, hatte sie seine Bedenken mit einer Handbewegung zur Seite gewischt, und ihm gesagt er müsse akzeptieren, dass sie langsam eine Frau war, die ihre eigenen Entscheidungen treffen müsse, und sich nicht für immer von ihm bevormunden lassen wolle. Der Schmerz in seinem Gesicht hätte sie fast dazu gebracht die Worte zurück zu nehmen, doch andererseits war ihr klar, dass eine Abnabelung ihrerseits nie schmerzfrei verlaufen würde. Jetzt bereute sie ihre Sturheit.
Das knacken von Holz ließ sie herum fahren. Nichts.
Sie versuchte ihren Atem so weit zu dämpfen um kein Geräusch mit ihrem Atem zu überlagern. Sie atmete leicht und flach und horchte, doch nichts regte sich. Es war fast, als ob der Wald selbst die Luft anhalte.
Sie beschloss den Rückweg anzutreten. Es wäre unverantwortlich gewesen, trotz ihrer Befürchtungen ihren nächtlichen Ausflug fortzusetzen. Sie wendete sich um, und folgte dem Weg zurück den sie gekommen war. Noch keine zwanzig Schritte hatte sie zurück gelegt, als etwas in einem Busch an der Seite des Weges ihre Aufmerksamkeit erregte. Es grenzte an ein Wunder dass sie es, im spärlichen Licht des Mondes der durch die Baumwipfel schien, überhaupt bemerkte. Irgendetwas schimmerte an einem der auf den Weg ragenden Äste. Ellenora ging näher heran und klaubte etwas von dem Ast das sich in ihrer Hand weich anfühlte. Sie rieb es zwischen ihren Fingern, und hielt es gegen das Licht des Mondes. Es war ein Büschel Haare. Ihr knisterndes Nackenhaar richtete sich noch eins Stück weiter auf. Um sicherzugehen führte sie das Büschel an ihre Nase. Angesichts des schweren Moschusdufts der ihre Nase durchströmte verengten sich ihre Nasenlöcher. Sie kannte diesen Geruch. Hatte man ihn einmal gerochen vergaß man ihn nie. Es war eindeutig. Worgenhaar. Und es war frisch, der Geruch im Fell war kaum verblasst. Ihr Herz schlug schneller. Ihre Beine wollten beginnen zu laufen. Doch sie zwang sich nichts zu überstürzen. Etwas an diesem Worg war besonders. Er verfolgte sie. Und das tat er, daran bestand für sie kein Zweifel mehr, bereits seit in ihr das erste Mal dieses beunruhigende Gefühl aufgestiegen war. Wenn sie plötzlich losrannte, würde das Scheusal wissen, dass sie um seine Anwesenheit wusste, und dies würde einen sofortigen Angriff auslösen. Ellenora hoffte, sie könne das Gefühl vermitteln sie habe nicht den Ursprung des Fells erkannt. Wenn er sie bis jetzt nur beobachtet hatte, würde er dies eventuell noch länger tun. So konnte sie im günstigsten Fall noch genug Weg zum Lager zurück legen um auf Rufweite heran zu kommen. Sie spürte wie sich winzige Schweißperlen den Weg von unter ihrer Achsel an ihrer Seite hinab bahnten. Sie hatte etliche dieser Bestien zur Strecke gebracht, aber immer hatte es sich für sie um hirnlose Bestien gehandelt, die selbst ihr größter Feind waren, doch dieser war anders.
Möglichst unbefangen versuchte sie ihren Weg gen Lager fortzusetzen.
Just in diesem Moment, erhob sich ein knacken und knirschen von Ästen in einem nahen Gebüsch und sie fuhr herum. Vor Schreck entfuhr ihr ein Schrei, und sie war trotz ihrer Anspannung froh, dass sie niemanden bei ihr hatte. Es wäre ihr extrem peinlich gewesen, hätte jemand von ihr ein so klares Zeichen von Schwäche vernommen.
In Bruchteilen von Sekunden lies sie die Dolch aus ihren Ärmelaufschlägen in ihre Hände gleiten. Die rechte Hand fuhr über ihre linke Schulter, den Dolch an seiner Spitze haltende, bereit ihn jede Sekunde zu schleudern. Etwas braungraues schoss aus dem Unterholz. Kein Worg, dafür war der Körper zu grazil. Die aufflammende Erleichterung Ellenoras wurde jedoch beim Anblick des gehetzten Blickes des Rehs sofort wieder getilgt. Dieses Reh rannte nicht einfach, weil es aus seinem Tiefschlaf gerissen worden war. Es rannte weil irgendjemand oder irgendetwas es zu Tode erschreckt hatte. Warnrufe ausstoßend, die klangen wie ein heißeres Bellen in der Nacht, und Haken schlagend, überquerte es den Weg, und verschwand so schnell es aufgetaucht war, wieder im Wald.
Ellenoras Blick haftete auf dem Gebüsch aus dem das Tier erschienen war. Sie spürte deutlich das Pochen ihrer Halsschlagadern. Den Dolch hielt sie noch immer wurfbereit erhoben. Doch der Wald lag still.
Ihre Taktik unbefangen zu wirken, konnte sie nun getrost aufgeben. Wer immer sie verfolgte, lachte sich sicher gerade ins Fäustchen, wenn er ihre Überreaktion auf das Reh bemerkt hatte. Sie behielt die Dolche in den Händen und setzte ihren Weg fort, jederzeit bereit einem Angriff zu begegnen. Sekunden dehnten sich zu Stunden. Der Wald wirkte bedrohlich wie nie auf sie.
Sie hatte ein gutes Stück Weges zurück gelegt, und begann gerade damit, sich einzureden, dass das Reh vielleicht ja doch nur vor einem Fuchs oder so geflohen war, als über ihr das Blätterdach zu rauschen begann. Es klang als falle ein Kartoffelsack quer durch die Baumkronen. Äste peitschten, Laub rauschte. Sie riss den Kopf nach oben und erblickte die Silhouette einer humanoiden Gestalt die sich vor dem Nachthimmel abzeichnete. Einer Gestalte mit Prankenhänden, und einer sie umgebenden Korona aus Fell. Sie handelte Instinktiv. Ließ sich auf den Rücken fallen, und rollte zur Seite. Nur eine Sekunde landete das Wesen mit voller Wucht dort, wo sie noch eben gestanden hatte. Anders als sie erhofft hatte, konnte er seine Kraft noch umlenken und prallte nicht ungebremst bäuchlings auf dem Boden, sondern auf seinen Tatzen. Es war also tatsächlich ein Worg. Und was für einer. Sein Pelz war graubraun, seine Eckzähne waren so lang, das sie gut sichtbar unter den Lefzen hervor standen. Sein Arme und Beine waren Muskulös und Krallen die seine Pranken krönten schimmerten im Mondschein. Sein Kopf fuhr in ihre Richtung herum, und schnappte ins leere. Kehliges Knurren ging vom dem Worgen aus, als er sich langsam aufrichtete.
Ellenora blieb nicht stehen. Sie hatte nach ihrem Ausweichmanöver einen Augenblick verharrt in der Hoffnung die Kreatur würde stürzen, und sie so in die Lage versetzen ihr einen Todesstoß mit ihrem Dolch zu versetzen, doch als sie der Landung gewahr wurde, hatte sie sofort begonnen zu rennen. Ihr Umhang flatterte hinter in der Nacht. Ihre Füße flogen nur so über den Waldboden. Dennoch war sie sich bewusst, dass sie gegen die Geschwindigkeit ihres Verfolgers nicht viel würde entgegensetzen können. Ein Schulterblick zeigte ihr, dass er bereits auf ihren Fersen war. Er setzte beim Laufen, seine Pranken und Tatzen ein, was ihm ein Aussehen vermittelte, als ob eine Walze aus Krallen und Fängen hinter ihn her wäre. Im Lauf fuhr sie blitzschnell herum und schleuderte eine Ihrer Klingen auf das Ungetüm. Die Klinge verschwand im Gewirr aus Fell und Gliedmaßen, zeigte jedoch keinerlei Wirkung. Sie ließ auch die Klinge aus dem anderen Ärmel durch die Luft surren, und hoffte. Diesmal entfuhr dem Wesen ein Keuchen. Sie blicke nach hinten, und sah dass der Worg gestoppt hatte. Sein Blick ging nach unten, wo der Griff ihres Dolches aus seinem Oberschenkel ragte. Er umschloss den Griff mit seiner Pranke und riss den Dolch mit einer ruckartigen Bewegung heraus. Noch während er die Klinge in den Dreck fallen ließ, fuhr sein Kopf wieder in Ellenoras Richtung. Der blitzende Hass in seinen Augen beschleunigte ihren Fuß. Während des Rennens nestelte sie an ihrem Gürtel herum, um an eine Weitere ihrer Klingen zu gelangen. Es wollte ihr im Lauf jedoch erst nicht gelingen diese aus ihrer Verankerung zu befreien. Sie fluchte innerlich. Sie richtete ihren Oberkörper gerade auf, was sie einiges an Geschwindigkeit kostete, doch so konnte die die Klinge endlich ziehen. Wurfbereit fuhr sie herum, und der Wald lag still.
Nichts regte sich. Der Worg war wie vom Erdboden verschluckt. Sie stand da, schwer schnaufend, Atemwolken bildeten sich vor ihrem Gesicht in der kühlen Nachtluft. Wo war das Biest. Sie blickte nach rechts und links, doch nichts regte sich. Dann fuhr ihr Blick in die Höhe, als sich ihr die Vorstellung eines in den Zweigen hängenden Worgen aufdrängte. Doch auch in den Ästen war alles Still.
„Ellenora!“, die Stimme kam rau, und ächzend, doch irgendetwas an ihr schien Ellenora vertraut. Schauder überliefen ihre Haut. Nicht ob der Rauheit der Stimme, nicht ob der Erinnerung, sondern da die Stimme direkt hinter ihr ertönte.
Sie wartete darauf von hinter gepackt und zerrissen zu werden. Zähne zu spüren die ihre den Hals zerrissen. Doch es geschah nicht. Stattdessen spürte sie die Wärme es Atems des sich ihn von hinten weiter nähernden Worgs. Sie umfasste die Klinge eines weitern Dolches, und beschloss alles auf eine Karte zu setzen. Mit einem Aufschrei fuhr sie herum und schwang ihre Hand die den Dolch führte mit aller Kraft. Und prallte auf ein Hindernis. Ihr Blick traf sich mit dem goldgelben der über einer schwarzen Nase und unter buschigen Brauen hervor lugte. „Na, na, na, nicht so stürmisch Ell!“
„Ell“, hatte dieser Worg sie gerade „Ell“ genannt? Sie erinnerte sich an diesen Spitznamen, doch sie hatte ihn schon ewig nicht mehr so gehört. Gut die Stimme war kratzig, aber die Art der Betonung weckte in ihre Erinnerungen, die sie schon lange für vergessen gehalten hatte.
Offenbar erkannte ihr gegenüber ihre Erkenntnis in ihren Augen, denn ein fieses Grinsen zog sich über das Worgengesicht. „Na kleines, wie gefall ich dir so?“
„Ma … Ma … Marl?“, druckste Ellenora ungläubig.
„Schön, dass du deine alten Freunde noch nicht völlig vergessen hast.“, raunte der Worg. Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf und Ellenora musste den Kopf in den Nacken legen um ihn weiter anzusehen. Sein langer schlacksiger Körper überragte Ellenora um mehrere Kopflängen, eine Tatsache die bei der meist geduckten, nach vorn gebeugten Haltung unter ging. Im nächsten Moment schnurrte er auch schon wieder zusammen und brachte seine goldenen Augen auf eine Ebene mit denen Ellenoras. „Na du sagst ja gar nichts.“, krächzte er. „Hab ich dir etwa den schönen Atem verschlagen? Ja, ich erinnere mich, du konntest schon damals den Blick nicht von mir lassen. Und ich muss dir sagen, ich schaute dich auch immer gerne an.“ Bei diesen Worten packte er Ellenora an den Schultern, und zog sie zu sich heran. Ehe sie wusste wie ihr geschah, schlug ihr plötzlich der faulige Atem des Worgen entgegen, als dieser sein Maul aufriss. Sie schloss die Augen und erwartete den Todesbiss. Doch was folge war kein Biss. Sie spürte wie sich eine lange, schleimige Zunge an ihren Hals schmiegte, und eine widerliche Schleimspur hinterlassend an ihr hoch leckte. Die Zunge bedeckte ihr halbes Gesicht. Und Sabberfäden zogen sich von ihren Haarspitzen bis zum Maul des Worgen als dieser zurück wich und sie betrachtete. Sie war zu gebannt um irgendetwas zu erwidern. „Hmm, Ell, dein Geschmack übersteigt noch Wonne deines Geruchs. Welch eine Vorstellung, dein zartes Fleisch von deinen Knochen zu nagen.“, ein Schauder durchlief den Worgenleib bei dieser Vorstellung. „Aber hab keine Angst, ich will dich nicht töten. Wir zwei sind füreinander bestimmt. Du und ich, als Worgen. Ohne die Bande dieser schwachen menschlichen Hülle, steht uns die Welt offen!“
Jetzt verstand Ellenora worauf dieses Gespräch hinauslaufen sollte, und von einer Sekunde auf die andere, fiel alle Angst von ihr ab. Wurde durch Wut ersetzt.
„Ich? Mit dir?“, sie legte alle Verachtung in ihre Stimme die sie aufzubringen in der Lage war. Sie wendete den Kopf zur Seite und spuckte aus. „Dann lieber tot. Bevor ich die Braut eines so floh zerfressenen Monsters werde. Marl und Karl, sind damals in Lohenscheit gestorben, du bist nicht mehr er!“
„Schweig!“, wie eine Keule traf Ellenora unvermittelt der Unterarm des Worgs ins Gesicht. Ehe sie recht realisiert hatte was geschah, lag sie auf dem Boden, und Sterne tanzten durch ihr Sichtfeld.
„Wir sind für dich also gestorben? Das wird Karl aber das Herz brechen wenn er das erfährt. Dieser sanft mütige Trottel. Er hat es nie verstanden. Egal wie oft ich es ihm erklärte. Er hält sich immer noch für einen Menschen. Einen kranken Menschen. Dabei sind wir Worgen, die noch immer mit dem Manko unserer Wirtsform leben müssen. Alles was noch Menschlich ist, bedingt unsere Schwächen. Du wirst es verstehen. Du hast genug Hass in dir. Noch währst du dich. Noch zweifelst du. Aber warte nur, ein kleiner Biss, und in Kürze wirst du auf meiner Seite der Geschichte stehen. Mit meinen Augen die Dinge sehen, und du wirst es verstehen.“ Während er so auf sie einredete kam Marl langsamen Schrittes immer näher und näher. Er ragte bedrohlich über ihr auf, und es schien alles verloren.
Der Worg beugte sich nach vorn, packte Ellenora am Hals und zog sie auf die Füße. Sie lies sich schlaff hängen, und dann, als er sie gerade bis auf die Füße gezogen hatte, riss sie ihre Hand hoch, und stieß den Dolch, den sie unbemerkt von Marl aus ihrem Gürtel gefriemelt hatte in dessen Rippen.
Die Puppillen Marls weiteten sich im Schock. Seine Pranke fuhr nach unten und umfasst Ellenoras Hand. Sein Atem ging schwerer. Sie hatte gut getroffen. Bei jedem Atemzug zuckte der Gesamte Worg schmerzvoll zusammen.
„Oh du…“, grunzte er und schleuderte sie mit dem Rücken gegen den Stamm eines nahen Baumes. Die Wucht des Aufpralls raubte ihr den Atem und sie rutsche an dem Stamm hinab in eine sitzende Position. Mühevoll rang sie nach Atem.
Wackelig stand Marl da, und blickte auf den Dolch der aus seinen Rippen ragte. „Du verdammte …“, er packte den Griff, und schloss die Augen. Mit langsam zog er die Klinge aus dem Fleisch, wobei ihm ein unwillkürliches Jaulen entfuhr.
Die Klinge schimmerte Rot im Mondenschein. Zähflüssiges Blut färbte sie dunkel rot.
„Du bist eine Kämpferin, dass habe ich immer gewusste. Das war es, was mich an dir immer begeisterte. Aber du solltest es nicht überreizen. Meine Geduld hat Grenzen.“, mit diesen Worten schleuderte er das Messer in eine nahes Gebüsch und kam auf sie zu.
Ellenora hatte noch immer mit ihrem Atem zu kämpfen.
„Dann, töte mich. Ich werde deine „Geduld“ bis zu meinem letzten Atemzug auf die Probe stellen. Niemals werde ich mit Worgengezücht zusammenarbeiten. Selbst dann nicht, wenn du irgendwann mal einer meiner Freunde warst. Weder Marl noch Karl, wären bereit gewesen mich so zu behandeln um mich von ihren Ansichten zu überzeugen.“, Ellenora keuchte schwer während sie sprach, und ein dünnes Rinnsal von Blut lief aus ihrem Mundwinkel herab. Blutgeschmack lag metallisch in ihrem Hals. Noch immer tanzen Sterne durch ihr Sichtfeld.
„Wir werden ja sehen wie du darüber als Worgin denkst. Es ist müßig dir alles zu erklären, du musst es fühlen. All die Macht, die Möglichkeiten. Es wird dir schon die Augen öffnen.“ Er packte sie am Aufschlag ihres Mantels und zog sie auf die Füße.
Ihr Kopf baumelte schlapp herab. Ihre Gegenwehr war gebrochen. Ihr Körper zu zerschlagen um ihm weiterhin etwas entgegen setzte zu können. Das Blutrinnsal an ihrem Mundwinkel war dunkler geworden, der Strom reicher. Für einen Moment glaubte Marl schon vielleicht zu fest zugeschlagen zu haben. Aber auch dieses Problem wäre bald gelöst. Das Problem, dass zeigte sich doch in allen belangen war diese schwache sterbliche Hülle. Doch nach seinem Biss würde sie schnell regenerieren. Und dann würde sich endlich erfüllen, was er sich schon als Kind erträumt hatte. Er und sie, vereint. Und Karl würde sich damit abfinden müssen.
„Marl…“, ein Flüstern.
„Marl… ich…“, er legte den Kopf schief, konnte sie jedoch nicht verstehen.
Er zog sie näher heran. „Ja Ell?“
„Marl, wenn du noch da drin bis…“
„Ell, ich bin es, du wirst es bald verstehen…“, setzte Marl an.
„…dann vergib mir.“, endete sie den Satz und plötzlich war wieder Spannung in ihr, ihr Arm, der noch eben schwach hinter ihrem Rücken gehangen hatte, schoss nach oben, und begleitet von einem widerlichen Knirschen, bahnte sich ein weiteres Messer seinen Weg durch Marl Schädelknochen.
In seiner Todesqual jaulte Marl erbärmlich auf. Er holte aus, und traf Ellenora auf die Seite ihres Gesichts. Seine Klauen rissen lange Furchen in ihr Fleisch, aus dem sofort dicke Bluttropfen hervor traten. Ein weiterer Hieb verfehlte sie. Dann taumelte Marl, mit einer Pranke den Griff umklammernd. Zittern durchlief seinen Körper. Dann riss er die Augen noch einmal auf, strecke ihr eine Hand entgegen und Ellenora glaubte Erkenntnis in seinem Blick zu erkennen. „Ell…“ stieß er hervor. Dann viel er der länge nach hin, atmete noch zwei rasselnde Stöße und lag dann still.
Ellenora glitt am Stamm des Baumes herab, und hielt sich sein Gesicht. Tränen mischten sich mit dem Blut, als sie hemmungslos zu Schluchzen begann. Durch ihre Tränen hindurch wurde sie Zeuge wie Marlskörper begann sich zu verändern. Seine Gliedmaßen schrumpften, sein Fell schien in den Körper eingesaugt zu werden. Und wenig später lag vor Ellenora nicht länger der Worg Marl, sondern der Mensch. Älter zwar, doch eindeutig ihr Freund aus Kindheitstagen. Dieser Anblick rief nur noch stärkeres Schluchzen in ihr hervor.

Ein Geräusch ließ sie aufschauen. Es war nur eine leises Knacken gewesen, zwischen ihrem Schluchzen kaum zu vernehmen, doch das Adrenalin hatte ihre Sinne geschärft. Sie Blickte auf, und ihre letzte Hoffnung schwand. Sie war zu erschöpft sich noch einmal aufzuraffen. Zu erschöpft sich noch einmal zur Wehr zu setzen. Es war fast komisch. Da war sie zum Mörder ihres alten Freundes geworden, nur um ihm dann nachzufolgen. Sie legte den Kopf zurück und lachte. Für sie selbst klang es nach Wahnsinn der in ihrem Lachen mitschwang. Aber gut, sollte sie das verdammte Vieh doch für wahnsinnig halten. Mit Wahnsinn kannten sich diese Viecher doch hervorragend aus. Friede breitete sich in ihre aus.
Sie beendete ihr Lachen. Atmete noch einmal tief ein. Und Blicke direkt in die Augen des weißen Worgen, der am Rand der Lichtung erschienen war, und erwartete das unausweichliche.

To be continued

Mit freundlichen Grüßen
Eure Evi
 
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