3. Stollen des Todes

Dencarion

Rare-Mob
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12.06.2006
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Dies war nun die fünfte Höhle die sie heute untersuchte. Vorsichtig spähte sie in die Dunkelheit und wischte sich die Spinnweben aus dem Gesicht. Der gesamte Höhleneingang, war von Spinnweben verdeckt, aber wie es schien, gab es einen stärkeren Luftzug in dieser Höhle, und die Spinnweben flatterten in diesem Luftzug. Das machte die Höhle um einiges interessanter als alle anderen Höhlen zuvor.
Den ganzen Vormittag hatten sie und die anderen Aufklärer und Kundschafter nach einem Paß über das Gebirge gesucht, doch es war wie verhext, es gab einfach keine Überquerungsmöglichkeit. Nach einem Krisengespräch, hatte Kriegsfürst Nearchus den Befehl gegeben nach Höhlen und Stollen zu suchen, die vielleicht das Gebirge unterquerten.
Waldfee und ihr weißer Tiger, hatten in ihrem Suchgebiet einige Höhleneingänge gefunden. Viele zeigten bereits nach einem kurzen Blick, daß sie bereits nach wenigen Metern zu Ende waren, und daher nicht genauer inspiziert werden mußten. Bei drei anderen Höhlen, hatte es viel versprechend ausgesehen, und sie führten mehrere Meter in den Berg, bevor sie dann auch vor einer massiven Felswand endeten. In einer weiteren Höhle, die die Beiden vor ungefähr zwei Stunden betreten hatten, waren sie von einem gewaltigen Höhlenbären überrascht worden.
Sie waren gerade ein paar Meter in die Höhle gelaufen, als Waldfee den Geruch nach verwestem Fleisch bemerkte. Da begann auch schon ihr Begleiter die Haare auf dem Rücken aufzustellen, und ließ ein bedrohliches Brummen hören. Vorsichtig hatte sie die Fackel höher gehalten, als sie die gelb glühenden Augen entdeckte. Mit einem furchtbaren Brüllen war der Bär auf sie zugestürzt.
Ihr Tiger hatte sich dem Bären sofort in den Weg gestellt, und mit schnellen Prankenhieben auf ihn eingeschlagen. Statt weiter auf Waldfee einzustürmen, hatte sich der Bär dem Tiger zugewandt, und begann dann seinerseits zurück zu schlagen. Waldfee schoß mit ihrer Armbrust auf den Bären, doch dann sprang ihr Tiger auf den Rücken des Bären, und verbiß sich in dessen Nacken. Da sie nun nicht mehr auf den Bären schießen konnte, drang sie auf ihn mit ihren beiden Äxten ein.
Der Bär versuchte einerseits Waldfee und ihre Äxte abzuwehren, und andererseits den Tiger auf seinem Rücken loszuwerden. Da er beides nicht gleichzeitig bewerkstelligen konnte, schwankte er ständig zwischen Hieben auf Waldfee, und wilden Drehungen und Schlenkern hin und her. Doch der Biß des Tigers war zu fest, er konnte ihn nicht los werden. Sein grauer Pelz war bereits an zahlreichen Stellen aufgerissen, und Blut bedeckte einen Großteil seines Körpers.
Als der Bär sich wieder schnell im Kreis drehte, um den Tiger abzuwerfen, drang Waldfee mit vermehrter Kraft auf ihn ein, und schlug mit beiden Äxten nach seinen Hinterläufen. Der erste Hieb rutschte an dem Dichten Fell des Bären ab, doch der zweite Hieb drang tief in den Oberschenkel des Hinterlaufs ein. Mit einem schmerzerfüllten Brüllen warf sich der Bär zu Waldfee herum. Dabei gelang es ihm tatsächlich den Tiger abzuwerfen. Obwohl ihn sein verletzter Hinterlauf behinderte, richtete sich der Bär zu seiner vollen Größe auf. Drohend hob er die Vorderläufe, und holte mit den Tatzen zu gewaltige Schlägen aus.
Da sprang ihn der Tiger erneut in den Rücken, und schlug seine Fänge in das Fell. Durch den Aufprall und den Biß irritiert, hielt der Bär kurz inne.
Diesen kleinen Bruchteil einer Sekunde nutze Waldfee aus, und schlug mit beiden Äxten nach der Kehle des Bären. Bevor das riesige Tier reagieren konnte, durchschnitt ihm die erste Axt die Kehle und zahlreiche Venen, während die zweite tief in seine Muskeln und Sehnen eindrang.
Sein Todesschrei wurde von seinem eigenen Blut erstickt, und er fiel mit einem lauten Krachen auf den Boden. Ihr Tiger konnte nur durch einen beherzten Sprung verhindern, unter dem Kadaver begraben zu werden.
Erschöpft, und mit zittrigen Knien, untersuchte Waldfee zunächst ihren Tiger auf Verletzungen, und nachdem sie ihn verarztet hatte, den Kadaver des Bären.
Mit geübten Schnitten brach sie den Kadaver auf, und entfernte das Fell. Sie legte es zur Seite, denn die Qualität des gekürschnerten Balgs, schien wirklich hervorragend. Sie schnitt auch noch einige saftige Brocken des Bärenfleisches, das sie zum Teil sofort an den Tiger verfütterte, und zum anderen in ihrer Futtertasche verstaute. Danach inspizierte sie die Höhle, nur um enttäuscht feststellen zu müssen, daß auch diese Höhle nach einigen, wenigen Metern zu ende war.
Durch dieses kleine Abenteuer nun etwas vorsichtiger, betrat sie also diese Höhle. Neben dem stetigen Luftzug, bemerkte sie sofort, daß diese Höhle um einiges höher, als die bisherigen Höhlen war. Sie war ungefähr drei bis vier Meter breit und gute drei Meter hoch. Mit der Fackel konnte sie kein Ende erkennen, und so schritt sie vorsichtig weiter. Je tiefer sie in die Höhle trat, desto mehr erschien sie ihr wie ein Stollen, denn eine Höhle. Wie ein Schlauch wand sie sich in den Berg.
Immer wieder, mußte sie dichte Spinnweben zerreißen, die den Gang blockierten, doch sie bekam keine der Kreaturen zu Gesicht. Auf dem Boden fand sie die Knochen zahlreicher Tiere, die sich entweder in der Höhle verirrt hatten, oder einem Jäger zum Opfer gefallen waren. Da die Knochen, von der Form und Größe, auf die kleinen Sinar Hirsche deuteten, machte sich Waldfee keine großen Sorgen.
Nach wie vor spürte sie den Luftzug, und auch die Flammen der Fackel, flatterten unruhig in der Brise. Da bemerkte sie, daß die Luft mit jedem Schritt kühler zu werden schien. Es dauerte nicht lange, und sie konnte sehen, wie ihr Atem kleine Wölkchen vor ihrem Mund und ihrer Nase bildete. Unruhig rieb sie sich die Hände, um sie zu erwärmen. Sie blickte sich um, und bemerkte, daß die Felswände im Fackelschein schimmerten. Rauhreif bedeckte die Wände, und ließ sie glitzern, als wären sie mit Sternen bedeckt. Nach einigen Schritten, wurde auch der Boden vom Rauhreif bedeckt, und begann glatt zu werden.
Während sich ihr weißer Tiger in der eisigen Umgebung anscheinend sehr wohl fühlte, wurde Waldfee immer unruhiger. Sie hatte zwar keine Probleme mit Höhlen, oder mit Schnee und Eis, doch hier, in diesem unbekannten Land, und viele Meter tief im Berg, fühlte sie sich nicht wirklich wohl. Sie schlang ihren Umhang enger um sich. Vielleicht sollte sie anhalten, und schauen, ob sie den Pelz des getöteten Bären für ihre Zwecke nutzen konnte.
Nach ein paar Schritten fand sie ein Plätzchen mit einem Felsbrocken, der sich als Sitzplatz eignete, und auch etwas Windschutz bot. Aus ihrer Ausrüstung nahm sie etwas Feuermaterial und Zunder, und bereits nach wenigen Sekunden brannte ein munteres, kleines Feuer, das den langen, frostigen Gang erhellte, und ihr etwas Wärme spendete. Der Tiger lag zufrieden zu ihren Füßen und verspeiste einen weiteren Brocken Bärenfleisch. Mit Hilfe von Tiefsteinsalz und etwas Magie, machte sie den grauen Balg des Höhlenbären weich und geschmeidig. Mit einigen geübten Schnitten und etwas magischem Faden, brachte sie den Balg in Form, und nun eignete er sich hervorragend als Umhang und Mantel. Sie hüllte sich in den neuen Umhang, und verspeiste ihrerseits etwas Essen. Am Feuer hatte sie sich etwas Wein erwärmt, und als sie diesen Trank, breitete sich eine wohlige Wärme in ihrem Körper aus. Zufrieden reib sie sich noch einmal die Hände, und erhob sich dann mit neuem Elan.
Mit einigen geübten Handgriffen löschte sie das Feuer, ohne allzuviel Brennholz zu vergeuden, und verpackte die Reste wieder in ihrem Gepäck.
„So mein Großer, wir sollten weiter gehen.“
Mit diesen Worten forderte sie ihren Begleiter auf, weiter zu gehen.
Obwohl sie die Kälte, und die kleinen Atemwölkchen innerlich aufforderten schneller zu gehen, zwang sich Waldfee das Zittern zu ignorieren, und weiterhin langsam und aufmerksam weiter zu gehen. Der Stollen machte wieder eine Biegung, und schien nun etwas abzufallen. Seit es so kalt geworden war, hatte sie keine Spinnweben mehr bemerkt, und sie fand auch keine Knochen mehr. Sie war wohl schon zu tief im Felsen, als daß sich noch Tiere hierher verirren würden. Ihr Tiger lief aufmerksam vor ihr her, die Auge in die Dunkelheit vor ihm gerichtet, und intensiv schnuppernd. Seine dicken, mit Krallen bewehrten Pfoten hatten keine Probleme mit dem glatten Untergrund, während Waldfee immer wieder aufpassen mußte nicht auszurutschen.
Gerade hatte sie ihre Position mit wildem Rudern der Arme wieder stabilisiert, als sie beim aufsetzten ihres Fußes ein leises Knirschen vernahm. Sie hielt erschrocken inne und hielt den Atem an.
Mit einem lauten Kreischen und Rumpeln schnellte eine Gitterwand aus spitzen Speeren direkt vor ihr aus der Wand.
Augenblicklich drehte sich Waldfee auf die Seite; was ihr wohl das Leben rettete.
Nur einen Sekundenbruchteil später schnellte aus der gegenüberliegenden Wand ein weiteres Gitter aus spitzen Speeren.
Eingezwängt zwischen den beiden Gittern hielt Waldfee den Atem an.
Sie stand auf Zehenspitzen, die Arme dicht an ihren Oberkörper gepreßt.
Direkt vor ihrer Nase befand sich der Schaft eines Speeres.
Sie konnte spüren, daß einer der Speere in ihren neuen Pelzumhang gerungen war, und das Material aufgespießt hatte.
Als sie sicher war, daß sich die Speere nicht mehr bewegten, ließ sie langsam den Atem entweichen. Hinter ihrem Rücken konnte sie ihren Begleiter hören, der sich den Speeren vorsichtig näherte, und sie neugierig beschnupperte.
„Paß auf, mein Großer, komm nicht zu nahe, da sind vielleicht noch mehr.“
Als hätte er sie verstanden, bewegte sich der Tiger einige Schritte zurück, und betrachtete sie von dort aus. Er ließ ein beunruhigtes Brummen ertönen.
„Schon gut. Mach Dir keine Sorgen, mir ist nichts passiert.“
Vorsichtig schaute sie sich um.
Zwischen den beiden Speergittern, war gerade einmal so viel Platz wie der Unterarm eines Erwachsenen lang war.
Hätte sie sich nicht rechtzeitig auf die Seite gedreht, oder wären die beiden Gitter wirklich gleichzeitig aus den Wänden geschossen, wäre sie mit tödlicher Wirkung aufgespießt worden. Nur ihren trollischen Instinkten war es zu verdanken, daß sie noch lebte.
Vorsichtig, versuchte sie sich zu bewegen, doch der aufgespießte Pelzumhang behinderte sie zu stark.
Mit langsamen, aufmerksamen Bewegungen löste sie den Verschluß des Umhangs, und befreite sich davon.
Ihr Blick wanderte an den Speeren nach unten, und sie bemerkte etwa auf Brusthöhe einen aufgespießten Schädel. Sie zog den Kopf soweit zurück, wie es der schmale Raum zwischen den Speeren erlaubte, und schaute genauer hin. Sie konnte zwar erkennen, daß der Schädel humanoid war, doch kam ihr die Schädelform nicht wirklich bekannt vor. Er hatte zwar starke lange Hauer wie ein Troll, doch die Stirn war zu flach, und die Wülste über den Augen zu ausgeprägt. Die Form des Nasenbeins ließ eher auf eine platte, breite Nase schließen. Auch die Kieferform, war selbst für einen Ork zu breit. Schließlich bemerkte sich auf der Schädeldecke einen Fortsatz, ähnlich einem Horn.
Ein Oger? Hier auf Shat’Alor?
Doch aus diesem Blickwinkel, ließ der Schädel keinen anderen Schluß zu. Es handelte sich um den Schädel eines toten Ogers. Und bei genauerer Betrachtung fiel ihr auch die enorme Größe auf. Sein Besitzer mußte, selbst für einen Oger, eine wirklich beachtliche Größe gehabt haben.
Als sie nun den Blick auf die Felswand richtete, aus der die Speere gekommen waren, entdeckte sie auf dem Boden einen großen Knochenhaufen. Das mußten wohl die übrigen Teile des Ogers sein.
Sie betrachtete die Speere genauer, konnte aber nicht viel erkennen, das ihr half sich aus dieser Falle zu befreien. Da erinnerte sie sich an das leise Knirschen, das dem Abschuß voraus gegangen war, und hob langsam den Fuß, und setzte ihn vorsichtig etwas weiter weg auf. Sie versuchte die Stelle mit dem Auslöser zu entdecken, und nach einigen Drehungen und Verrenkungen, konnte sie das Steinstück erkennen, das den Auslöser verbarg. Es war eine große, rechteckige Steinplatte, die fast die gesamte Mitte des Stollenbodens ausfüllte, und so die größtmögliche Trittfläche bot.
Fast jeder, der den Stollen benutze, würde in die Falle tappen und aufgespießt werden. Sollte es ihr gelingen sich zu befreien, würde sie sich um den Auslöser kümmern müssen, um ihn unschädlich zu machen.
Vorsichtig hob sie die Hände, und griff nach der vorderen Verbindungsstange. Langsam und vorsichtig übte sie Druck darauf aus, und versuchte das Gitter zurück in die Wand zu drücken. Zunächst leistete das Gitter Widerstand, doch dann ließ sich das Gitter überraschend leicht zurück in die Felswand schieben. Mit einem leisen Klicken rastete das Gitter ein, und übte keinen Druck mehr auf Waldfees Hand aus.
Den Blick fest auf die auslösende Bodenplatte gerichtet, trat sie einen Schritt nach vorne, weg vom Gitter. Zwar trennte sie noch das zweite Gitter von ihrem Tiger und dem weiteren Verlauf des Stollens, doch bevor sie das zweite Gitter ebenfalls zurück in die Wand schieben konnte, mußte sie sich um die Auslöserplatte im Boden kümmern. Als sie sich hinkniete um die Platte genauer zu betrachten, schaute sie nochmals zu den Speeren in der Wand und zögerte kurz. Dann nahm sie einige der Knochen vom Boden auf, und begann damit die Speere in der Wand festzukeilen. Sie hoffte, daß dies ein versehentliches Auslösen der Speere verhindern würde. Nun, nachdem sie sich so abgesichert hatte, betrachtete sie die Bodenplatte genauer. Eine schmale Spalte umgab die Bodenplatte, so daß sie auf Druck nachgeben und nach unten, auf den eigentlichen Auslöser drücken konnte. Wer immer diese Falle gebaut hatte, hatte sich viel Mühe damit gemacht.
Langsam drückte sie die Klinge ihres Dolches in die Spalte und versuchte so die Bodenplatte vorsichtig anzuheben. Als sie nachgab, und sich an einer Stelle langsam hob, nahm Waldfee einen der großen Oberschenkeknochen des toten Ogers zu Hilfe, und steckte ihn in die entstandene Lücke. Dasselbe wiederholte sie an der anderen Ecke, und hatte so nach kurzer Zeit die gesamte Platte aus dem Boden gelöst, und um einige Zentimeter angehoben.
Sie legte sich auf den Boden und versuchte, im Licht der Fackel, einen Blick darunter zu werfen. Im Boden konnte sie zwei steinerne Stifte erkennen, die wohl den Druck nach unten weitergaben. Wurden die beiden Stifte oder die Bodenplatte selbst blockiert, sollte die Falle gesichert sein.
Schnell sammelte sie einige am Boden liegende Steinbrocken, und die restlichen Knochen des Ogers ein, und stopfte sie so unter die Bodenplatte, bis der gesamte Hohlraum ausgefüllt war. Als sie sich versichert hatte, daß die Füllung nicht mehr nachgeben konnte, zog sie die beiden Oberschenkelknochen wieder heraus, und ließ die Bodenplatte zurück sinken.
Sie schluckte trocken, dann stand sie auf, und nahm ihren Mut zusammen. Sie stellte zuerst ihren linken Fuß auf die Platte, und verlagerte dann langsam ihr Gewicht darauf. Als nichts geschah, zog sie den zweiten Fuß nach, und belastete die Platte mit ihrem gesamten Gewicht.
Erleichtert stieß sie die Luft aus, die sie vor Anspannung angehalten hatte, und kicherte leise.
„So, gleich haben wir es geschafft, mein Großer.“
Ihr Tiger, der sie die ganze zeit aufmerksam beobachtet hatte, hob seinen Schwanz und schnurrte ihr leise zu. Sie trat noch einmal zurück, und machte mit den Beiden Knochen, und einigen Steinen eine Markierung auf den Boden, so daß jeder, der nun auf die Stelle traf, gewarnt war, und sie mit Vorsicht passieren würde.
Bevor sie nun das zweite Speergitter wieder in die Wand zurück drückte, untersuchte sie die Speere nochmals genauer. Die Schäfte der Speere waren anscheinend aus Eisenholz gefertigt, und mit extrem scharfen Steinspitzen versehen. Geschmückt waren die Speere mit einigen Federn, und sie waren mit farbigen Bändern umwickelt. Die Verbindungen mit den Querstreben waren wohl aus dicker Spinnenseide gefertigt. In die Querstangen waren einige Verzierungen geritzt, die sie entfernt an die Tätowierungen der Feuermägen-Oger erinnerten.
Anscheinend war die Falle von Ogern errichtet worden, und der tote Oger, hatte davon nichts gewußt, oder aus einem anderen Grund hinein getappt.
Sie biß die Kiefer fest zusammen, und machte sich dann an die Arbeit, auch das zweite Gitter zurück in die Wand zu schieben. Als es einrastete, suchte sie am Boden noch einige Steine zusammen, und verkeilte auch sie unter den Speeren, so daß die Falle auf gar keinen Fall mehr zuschlagen konnte.
Der Tiger begrüßte sie freudig, und leckte ihre dargebotene Hand.
„Ja mein Großer, jetzt können wir weiter ziehen.“

***

Müde rieb ich mir den Nacken. Meine Augen brannten immer noch vom Rauch, der mir den ganzen Vormittag in die Augen geweht war, während wir das Schlachtfeld, rund um den kleinen Hügel abgesucht hatten. Es gab vieles das wir gut gebrauchen konnten, zumal wir noch nicht wußten welche Rohstoffe wir hier finden würden. Unsere Schmiede brauchten jedes Stück Eisen, Thorium und Stahl das sie in die Finger bekamen, um unsere Rüstungen auszubessern. Es war einen mühselige Arbeit, und das ständige Bücken und wieder Aufrichten, ließ meinen Rücken schlimmer schmerzen, als jeder Kampf.

Schon früh hatte mich mein Vater zu den besten Kämpfern unseres Dorfes geschickt, um das Handwerk des Krieges zu erlernen. Ich ging zwar viel lieber auf die Jagd, oder zum Angeln, doch mein Vater war in dieser Hinsicht immer sehr streng gewesen. Da half keine Diskussion, und auch die besänftigenden Worte meiner Mutter halfen nicht. Wenn der Unterricht bei den Kampfmeistern rief, mußte ich dort hin.
Mit dem Bogen und der Armbrust hatte ich nie Probleme, hier konnte ich schon immer trumpfen, und ich wurde mit der Zeit ein sehr guter und auch sehr schneller Schütze. Doch natürlich mußte ein guter Trollkämpfer mit allen Waffen umgehen können.
Naja, die Dolche und Äxte bekam ich schnell unter Kontrolle und ich konnte mich bald sehr gut damit verteidigen. Doch als ich dann zwölf wurde, entschieden mein Vater und unser Kriegsmeister, daß nun die Zeit der Schwerter und gekommen sei. Oh, wie sehr hatte ich mich an diesem ersten Tag blamiert – noch heute bekomme ich rote Ohren wenn ich nur daran denke. Als mir der Ausbilder das Schwert reichte war ich so von dessen Gewicht überrascht, daß ich es fast fallen ließ. Die Spitze des Schwertes kratze über den Boden, und traf schließlich die Spitze meines Stiefels. Sofort verpaßte mir der Kriegsmeister eine Kopfnuß, und schollt mich einen Narren, weil ich die Waffe unterschätzt hatte. In den folgenden, schier endlosen Unterrichtsstunden quälte ich mich mit Schwertern aller Art und Form. Ob Einhänder oder Zweihänder, ich lernte sie mit viel Schweiß und auch Blut zu meistern. Doch ein wahrer Freund des Schwertes wurde ich nie. Als mir der Kriegsmeister dann eines abends mitteilte ich würde am nächsten Morgen eine neue Waffengattung erlernen, konnte ich die ganze Nacht nicht schlafen und wurde von den übelsten Befürchtungen gequält. Irgendwann mußte ich dann doch eingeschlafen sein, denn mit den ersten Strahlen der Sonne erwachte ich, müde, verschwitzt und zerschlagen.
Mir war übel und ich konnte nichts Richtiges frühstücken, und so ging ich mit leerem Magen zu meinem Ausbilder. Er erwartete mich bereits am Eingang des kleinen Kampfplatzes. Zu meiner Erleichterung sah ich, daß es heute keine anderen Schüler gab, und wir auch sonst wohl keine Zuschauer hatten. Matsuri Daiko, unser Kriegsmeister, hatte schon viele Schlachten geschlagen, und alle Schrecken des Krieges erlebt. Und obwohl er humpelte und ihm ein Auge fehlte, war er noch immer einer der besten Kämpfer die es im Süden Durotars gab.
„Was weißt Du über Stangenwaffen?“
Ich schluckte trocken, denn Stangenwaffen waren für mich ein Buch mit sieben Siegeln. Sie waren lange und unhandlich, die eigentlichen Klingen meist riesig, und mit Zacken und Spitzen gewehrt. Einige unserer Dorfwachen trugen eine solche Waffe, doch ich hatte noch nie jemanden damit kämpfen sehen.
„Nicht viel Meister. Sie sehen beeindruckend aus, doch ich fürchte sie sind sehr unpraktisch.“
Matsuri hob die Augenbrauen und schaute mich eine ganze Weile ruhig an. Unter seinem Blick fühlte ich mich meist sehr unwohl, und da ich schlecht geschlafen hatte, und auch nichts gefrühstückt hatte, wurde mir flau im Magen. Doch schließlich nickte mir der Kampfmeister zu, und führte mich in die kleine Arena. Dort zeigte er mir eine einfache, aber sehr elegante Stangenwaffe. Er nannte sie den rasenden Schläger.
„Diese Waffe, ist die Waffe eines wahren Kämpfers. Wenn Du sie beherrschst, wird sie Dich treu beschützen.“
Er hob die Waffe hoch, und ihre Spitze fing das Sonnenlicht ein, und reflektierte es gleißend.
„Sie hat eine größere Reichweite als alle anderen Handwaffen. Mit dem Schaft kannst Du dich auch verteidigen, und mit der Spitze kannst Du stechen, mit der Klinge kannst Du schlagen, und mit dem Dorn kannst Du hacken.“
Er wirbelte kurz herum, und stand dann breitbeinig vor mir, den Schaft der Waffe unter die Achsel geklemmt, die Spitze des Schlägers auf meine Brust gerichtet.
„Lerne diese Waffe beherrschen und werde ein wahrer Kämpfer. Verdiene sie Dir, und ich werde mein Haupt vor Dir beugen.“
Obwohl ich es nie gedacht hatte, so lernte ich die Stangenwaffe lieben. Mit viel Fleiß und Ehrgeiz lernte ich Stunde über Stunde den Umgang mit ihr. Nach einiger Zeit wurden die Übungskämpfe zwischen meinem Meister und mir länger, und ich hatte das Gefühl ihn wenigstens ein kleines bißchen in Schwitzen zu bringen. Es dauerte nicht lange, und unsere Kämpfe zogen Zuschauer an. Ich verlor zwar nach wie vor jeden Kampf gegen Matsuri, doch mehr als einmal wurde ich durch den Beifall des Publikums, und dem respektvollen Nicken meines Meisters, für meine Leistung mit dem rasenden Schläger belohnt.
An meinem achtzehnten Geburtstag, dem Tag an dem ich unser Dorf verlassen sollte, um meine Jugend hinter mir zu lassen, wurde ich am frühen Morgen vom Klopfen an der Tür überrascht. Am Abend zuvor hatte ich mich von Matsuri verabschiedet, und er hatte mir viel Erfolg gewünscht. Dann hatte er sich umgedreht, und das Tor des Kampfplatzes für immer für mich geschlossen. Als ich nun nach unten ging, um dem frühen Besucher die Tür zu öffnen, hätte ich mit allem gerechnet, doch nicht damit, daß der Kampfmeister vor meiner Tür stehen würde. Verdutzt schaute ich ihn an.
„Dencarion, Du hast nun Deine Ausbildung nun abgeschlossen, und als Zeichen meiner Hochachtung überreiche ich Dir den rasenden Schläger. Er soll Dir gehören.“
Vollkommen perplex nahm ich die Waffe entgegen.
„Behandle sie gut, und immer wenn Du sie benutzt, dann denke an unsere Lektionen.“
Mit großen Augen, nickte ich.
„Ich werde Dich weiter beobachten, und wenn Du meine Erwartungen erfüllst, werde ich nach Dir rufen. Ich bitte Dich, komme dann sofort.“
Damit drehte er sich um, und ließ mich mit offenem Mund in der Tür stehen.
Seitdem sind viele Jahre vergangen, und ich habe in vielen Scharmützeln gekämpft. Zwar habe ich das Handwerk des Jägers erlernt, und mich dieser Zunft verschrieben, doch ein Kämpfer der Horde war ich immer. Ich habe viel gelernt, und mir den Respekt meiner Kameraden verdient. Ich wurde in die Zweite Sturmgarde aufgenommen und zum Offizier ernannt. Ich hatte unsere Dörfer verteidigt und war in Städte der Allianz eingefallen. Ich hatte mir den Respekt und die Ehrfurcht des Frostwolfklans erarbeitet. Dem Ruf der Horde war ich stets voller Stolz gefolgt. Wo immer sie mich auch hinschickte, ich folgte dem Banner der Horde. Der rasende Schläger Matsuris hat mich immer begleitet, und einen festen Platz in meiner Waffensammlung erhalten. Die Lektionen unseres Kriegsmeisters habe ich nie vergessen, doch als mich die letzte Woche, direkt nach dem Erhalt unseres Marschbefehls in die Scherbenwelt, eine Nachricht von ihm erreichte, war ich mehr als überrascht.
Wie ich es versprochen hatte, bin ich auf schnellstem Weg zu ihm gereist, und ganz wie damals, hatte er mich am Tor der kleinen Arena erwartet. Zwar ging er nun etwas gebeugter, und vielleicht etwas langsamer, doch er strahlte noch immer die alte Autorität aus, die ihn schon früher umgab.
Mit einem Handschlag begrüßte er mich und sagte:
„Danke, daß Du so schnell gekommen bist.“
Ich blickte in seine dunklen Augen und antwortete:
„Aber selbstverständlich Meister.“
Er grinste milde und legte den Kopf dann schief.
„Hast Du den rasenden Schläger noch?“
Ich hatte natürlich damit gerechnet, und ihn extra eingepackt. Ich nickte ihm also zu, und nahm die sorgsam verpackte Waffe aus dem Gepäck, das der Raptor trug.
„Hier Meister. Ich habe ihn immer in Ehren gehalten.
Matsuri nahm die Waffe entgegen und schaute dann mich an.
„Hat sie Dich je enttäuscht?“
Ich schüttelte den Kopf. Denn obwohl ich die Waffe nicht mehr nutzte, da ich mittlerweile eine etwas kräftigere Axt trug, hatte mich der rasende Schläger nie enttäuscht, und ich war immer froh gewesen sie zu haben.
„Nun, wie ich es Dir damals sagt, so habe ich Dich die ganze Zeit beobachtet.“
Er drehte sich um, und führte mich in sein Haus, das direkt neben dem Kampfplatz lag. Während meiner gesamten Ausbildung hatte ich das Haus nie betreten dürfen, und so war ich recht neugierig, als ich Matsuris Hütte betrat. Die Tür öffnete sich direkt in den Hauptraum, der sowohl Küche, Eßzimmer, als auch Aufenthaltsraum war. Über dem offenen Feuer im Kamin hing ein Topf, aus dem es köstlich nach Schreitereintopf duftete. Irgendwie hatte ich von diesem großen Kämpfer erwartet, daß viele Waffen und Schilde an den Wänden hingen, und sich überall Rüstungen und Waffen stapeln würden. Statt dessen waren die Wände von Regalen bedeckt, die über und über mit Büchern und Rollen vollgestopft waren, selbst auf dem Boden stapelten sich zahlreiche Bücher.
Er mußte meinen Blick bemerkt haben, denn er kicherte und sagte dann:
„Dencarion, Du hast Dir Deine Jagdrüstung des Kriegsherren redlich verdient, und Du sollst sie auch immer voller Würde und Stolz tragen. Doch ich habe mich schon vor langer zeit aus dem aktiven Dienst verabschiedet, und für mich gibt es keinen Grund meine Rüstung zu tragen – bei den Übungskämpfen wäre sie sowieso nur hinderlich. Sie ist gut verstaut und sicher verpackt.“
Damit zeigte er auf eine Tür, die wohl in ein anderes Zimmer führte.
„Draußen, da habe ich jeden Tag mit unseren Waffen und Rüstungen zu tun, was soll ich mich hier drinnen mit ihnen schmücken?“
Er zwinkerte mir zu, und deutete auf einen Stuhl, auf den ich mich setzten sollte. Er setzte sich mir gegenüber in seinen Schaukelstuhl, der nahe dem Kamin stand.
„Wie Du sicher schon bemerkt hast, ist es in jüngster Zeit Sitte geworden, sich mit Auszeichnungen unseres Handwerks zu schmücken, die vielen überhaupt nicht zustehen. Junge Hühner, die sich ihre Sporen gerade erst verdienen rennen wie aufgeblasene Gockel durch die Gegend, und sonnen sich im Glanz ihrer neuen Federn.“
Dieser Punkt schien ihn wirklich zu erzürnen, denn so hatte ich ihn in meiner ganzen Ausbildungszeit noch nicht gesehen. Er schlug sich mit der Faust auf den Schenkel.
„Nur weil die Schmiede nun die Erlaubnis haben wirklich hervorragende Rüstungen und Waffen für jedermann herzustellen, kann sich jeder dahergelaufene Bauernlümmel solch ein Teil umhängen. Egal ob er sich’s verdient hat oder nicht.“
Er schnaubte erzürnt.
„Komische Zeiten Dencarion. Die alten Werte sind bald nichts mehr wert, und wir alle werden uns mit dem Neuen auseinander setzten müssen.“
Er schüttelte traurig den Kopf, dann stand er auf.
„Aber Du, Du hast Dir etwas verdient.“
Damit öffnete der die Zweite Tür und verließ kurz das Zimmer. Dann kam er mit einem großen. Langen Bündel zurück. Damit stellte er sich vor mich, und hielt es mir hin.
„Dies ist mein Zeichen der Anerkennung. Du hast Dir meinen Respekt verdient.“
Er neigte den Kopf, und trat dann zurück und setzte sich wieder in seinen Schaukelstuhl. Wachsam beobachtete er mich, als ich das Bündel auf meinen Knien vorsichtig auspackte.
Die Augen fielen mir fast aus dem Kopf, als ich die wunderbare Stangenwaffe auspackte. Der Schaft schloß in einem strahlenden, roten Ring ab, der dann in die gewaltige Klinge überging. Zwei Spitzen umgaben die große Spitze mit dem gezackten Rücken. Die Klinge selbst war wunderschön verziert, und die Waffe lag federleicht in der Hand.
„Dies ist der Schweinestecher. Ich erhielt sie von meinem Meister, als ich in seinen Augen selbst ein Meister war.“
Mit trockenem Mund schaute ich ihn an. Ein Meister war ich noch lange nicht, das war mir klar.
„Du wirst die Horde auf dem Kreuzzug in die neue Welt begleiten. Diese Waffe wird dich begleiten.“
Dankbar nickte ich ihm zu und versprach ihm sie in Ehren zu halten.

Das aufgeregte Schnattern einiger Soldaten schreckte mich aus meinen Erinnerungen. Ich drehte mich um und sah eine Gruppe von Soldaten beieinander stehen, die sich über etwas beugten und munter vor sich hin kicherten. Zunächst war ich von ihren großen Schulterrüstungen irritiert, doch dann erkannte ich, daß es sich um einiger der Frischlinge in unserer Kampfgruppe handelte, denen es irgendwie gelungen war einen Schmied davon zu überzeugen, sie hätten schon genug geleistet, um diese Rüstungen zu tragen.
Ich schritt auf die vier Grunzer zu, und räusperte mich dann laut hinter ihrem Rücken. Erschreckt fuhren ihre Köpfe in die Höhe, und sie drehten sich zu mir um. Wobei sie erfolglos versuchten, das Objekt ihrer Belustigung hinter dem Rücken zu verstecken.
Ich funkelte sie nur böse an und streckte meine Hand aus. Der Troll, in dessen Händen es sich befand, verzog säuerlich das Gesicht, doch dann zog er es hervor und überreichte es mir. Es schien sich um ein kleines, dickes Buch zu handeln. Ich blickte wieder zu den Vieren, und nickte ihnen kurz zu, worauf sie salutierten und sich schnell verkrümelten. Amüsiert über ihre griesgrämigen Minen schaute ich ihnen nach. Es hatte schon seine Vorteile, seit langer Zeit Offizier zu sein.
Nun konnte ich das Büchlein in meinen Händen genauer betrachten. Es war eigentlich recht klein, und paßte gut in eine normale Uniformtasche, doch es wog überraschend schwer. Der Einband war aus dickem, gegerbtem Leder, und mit einer kleinen stählernen Schnalle verschlossen. Ganz offensichtlich handelte es sich um ein zwergisches Fabrikat. Da die Grunzer die Schnalle nicht wieder geschlossen hatten, öffnete ich den Einband. Überraschenderweise war der Inhalt nicht, wie erwartet, in der Sprache der Allianz gedruckt, sondern in der goblinschen Universalsprache, so daß auch ich es lesen konnte.
„Das kleine Soldatenhandbuch“ las ich da, und darunter „Der schnelle Leitfaden für den Feldwebel und seine Untergebenen“. In roter Schrift, und etwas dicker, war ein Sondervermerk aufgedruckt:
„Nicht für Offiziere geeignet. Offiziere bestellen bitte den Leitfaden ‚Der Schnelle Weg zum Großmarschall’, auch in diesem Verlag erhältlich“. Ich hatte noch nie von solch einem Leitfaden bei der Allianz gehört, aber ich wußte, daß bei der Allianz die Ausbildung der Soldaten oft viel theoretischer war als bei uns.
Doch das hatte auch seine Vorteile, denn unsere immer an der Praxis ausgerichtete Ausbildung, konnte oft sehr schmerzhaft sein. Uns wurde nicht erzählt, daß der Umgang mit goblinschen Spielzeugen zu Unfällen führen konnte, und oft beim Geisterheiler endete, uns wurde es am eigenen Leibe vorgeführt, und endete nur zu oft beim Geisterheiler des Bataillons.
Offensichtlich gehörte dieses Handbuch einem Zwerg namens Dalvar, vom Stamm der Silent Blades. Ich hatte zwar von diesem Stamm noch nie gehört, aber die vielen unterschiedlichen Zwergenfamilien und ihre verschachtelten Stammbäume, hatten mich nie wirklich interessiert. Neugierig was die Allianz ihren Unteroffizieren und Gemeinen wohl empfahl, begann ich die Seiten des Buches durch zu blättern.
Ich wurde sofort überrascht, denn es schien sich hier eher um ein subversives Machwerk zu handeln, als um einen echten Leitfaden.
Amüsiert las ich:
„Egal was dir die Offiziere einreden wollen, Orks freuen sich zwar wirklich auf einen ‚ehrenvollen Tod in der Schlacht’, aber damit meinen sie meistens nicht ihren eigenen.“
Da konnte ich nur zustimmen, denn die Orks in unserer Kampfgruppe starben selbst nur sehr ungern, empfanden aber ein angeborenes Vergnügen daran Andere, vorzugsweise Elfen und Gnome, zum Geisterheiler zu schicken.
Ich blätterte also weiter in diesem Kleinod:
„’Die Zwerge stürmen nach vorn’ ist KEIN Argument dafür, daß ein Gefecht gut läuft. Zwerge stürmen IMMER nach vorn, selbst beim Rückzug.“
Nun mußte auch ich kichern, denn wie oft schon hatte ich mich selbst über den geradezu hirnlosen Drang der Zwerge amüsiert, ständig voll gepumpt mit stärkenden Zaubern und Tränken, aber ohne Hirn, in ihre Gegner hinein zu stürmen, und meist sehr schnell zu sterben. Ich schaute mich kurz um, ob mich jemand gerade sah, und setzte mich dann auf einen Stein im Savannengras, um weiter zu lesen.
„Wenn die Gegner fliehen, ziehen sie sich wahrscheinlich nur zurück um sich neu zu gruppieren.“ Auch das, hatte ich selbst schon oft erlebt. Besonders in Scharmützeln im Alteractal kam es oft vor, daß sich der Gegner offensichtlich zurück zog, doch wenn man ihm nachsetzte, ging er schnell in den Gegenangriff über.
Bei „Die Schlachtpläne eines vorgesetzten Offizier sollten nicht mit ‚Das erinnert mich an das, was wir damals in Gnomeregan versucht haben.’ kommentiert werden.“ mußte ich laut lachen. Natürlich wußte jeder, daß Gnomeregan, der Inbegriff militärischen Versagens war, und ich konnte mir nur zu gut unseren Kriegsfürsten Cripp vorstellen, wie er auf solch einen Kommentar reagieren würde. Bevor ich das Buch mit lauten Lachen zuschlug, und in meiner Tasche verstaute, las ich noch: „So komisch es dir vorkommen mag, Offiziere halten sich tatsächlich für echte Soldaten. Laß ihnen am Besten einfach die Illusionen und frag nicht, warum ihre Rüstungen so aussehen, als hätten sie ein Stachelschwein gerammt.“
Ich streckte meinen Rücken durch und schaute mich um, als das Signal zum Sammeln ertönte.
Rund um die Fahne, die wir unter Einsatz unseres Blutes und Schweißes aufgerichtet und verteidigt hatten, hatte sich bereits der Großteil der Kampfgruppe versammelt, und Kriegsfürst Cripp stand an das Banner der Horde gelehnt und schaute zu uns hinunter.
„Kämpfer der Zweiten Sturmgarde. Heute morgen haben wir erfolgreich unseren Anspruch auf Shat’Alor geltend gemacht, und die Allianz in die Flucht geschlagen.“
Ich mußte unwillkürlich an das kleine Handbuch in meiner Tasche denken, und konnte ein Grinsen nicht verkneifen, ob dieser hochtrabenden Sprüche, doch wer immer mich grinsen sah, dachte sicher ich würde unserem Anführer zustimmen.
„Während wir uns hier um die Überreste des Schlachtfelds und um die Reparaturen gekümmert haben, waren unsere Späher und Kundschafter erfolgreich.“
Er deutete auf eine Gruppe müder und erschöpfter Soldaten. Unter ihnen erkannte ich Clar’Aroft, die langbeinige, und vollbusige Trollin, und auch Andia’Nisonej, den kauzigen Untoten, der immer mit Schlapphut und Peitsche durch die Gegend rannte. Sie gehörten wirklich zu unseren besten Kundschaftern.
„Leider ist es ihnen nicht gelungen einen Paß über das Gebirge zu finden.“
Ein unruhiges Gemurmel war zu hören, doch der Ork hob beruhigend die Hand und fuhr fort:
„Es ist uns gelungen ein ausgedehntes Stollensystem durch den Berg zu entdecken. Wie es scheint führen die Stollen auf die andere Seite des Gebirges. Allerdings…“
Bei diesen Worten hob er warnend die Stimme.
„Allerdings treiben sich dort auch schon die Schnüffler der Allianz herum. Wir müssen uns also beeilen!“
Wütendes Geschrei ertönte, als sich jeder von uns darüber aufregte, doch Cripps Stimme übertönte uns.
„Aber Vorsicht ist geboten! Unsere Kundschafter berichten von gefährlichen Ogern, und heimtückischen Spinnen in den Stollen. Wir müssen also nicht nur der Allianz zuvor kommen, nein wir müssen uns auch gegen Oger und Spinnen erwehren.“
Er blickte noch einmal zu uns herab, bevor er sich umdrehte und rief:
„Brechen wir auf, und stellen wir uns dem Kampf. Der Sieg wird unser sein!“
Sofort packten wir alle unser Marschgepäck und machten uns bereit. Auf meinem Frostwolf ritt ich durch die Reihen, bis ich wieder bei meinen Kameraden Bulljin, Smokefist, Lilium, Myrr und Pamram war. Wir schauten uns nach Sagrotan um, doch der ritt diesmal nicht mit uns, denn seine Rückenverletzung behinderte ihn zu sehr, so daß er diesmal im Versorgungstross auf einem Wagen mit uns reiste.

***

Argamil wischte sich wütend einen weiteren Schleier Spinnweben aus dem Gesicht. Seit sie diese elendigen Stollen betreten hatten, war er ständig in irgendwelche Spinnweben gelaufen. Es schien als sei das Zeug überall. Einige der Schneider freuten sich darüber, da das Material anscheinend von hervorragender Qualität war, doch wenn einem die Fäden ständig im Bart und den Augenbrauen hingen, und einem gruselig über die Arme strichen, dann war das ziemlich nervig.
Überhaupt war er mittlerweile sehr genervt. Nur ihm war es schließlich zu verdanken, daß die Allianz ihren Weg nach Shat’Alor gefunden hatte, und er erwartete ja nicht viel, aber etwas mehr als ein Schulterklopfen, und irgendwelche Abzeichen hatte er schon erwartet.
Und dann diese Dana, die kleine Schurkin ging ihm wirklich gewaltig auf die Nerven. Ständig hatte sie etwas an ihm auszusetzen, nörgele herum wenn er etwas sagte. Und dann zog ihn auch noch Aldrassil ständig auf, daß er in die Gnomin verliebt sei – Pft! Was sollte er denn mit dieser kleinen Giftspritze?
Wütend kickte er einen Stein aus dem Weg. Er schob beide Hände in die Taschen und ließ die Schultern hängen, während er vor sich hin murmelte.
„Also wirklich, was soll das? Ich kann auch nix dafür, daß meine Robe schon wieder zerrissen ist. Hier in dieser elendigen Wildnis bleibt man ja ständig irgendwo hängen.“
Gerade erst heute morgen, direkt nach der Schlacht, hatte sie ihn von oben herab angeschaut und abfallend gemustert – und das obwohl sie nicht einmal halb so groß wie er war – und dann auch noch gesagt:
„Argamil, wie läufst Du denn nur rum? Noch ein, zwei Tage, und Du hast nur noch Fetzen an!“
Dann hatte sie sich kopfschüttelnd den Staub von ihren tadellosen Kleidern geklopft. Noch immer wunderte er sich, wie sie so eine Schlacht überstehen konnte, ohne daß ihnen Kleidern auch nur das geringste zustieß – Daß sie immer Ersatzkleidung dabei hatte, fiel ihm natürlich nicht ein. Dann war sie mit Liubee, einer weiteren Gnomenschurkin, kichernd davon gelaufen.
Er runzelte die Stirn. Wenn er es sich recht überlegte, dann hatte er die Beiden seither nicht mehr gesehen. Er wußte nicht einmal, ob die Beiden mit in die Stollen gekommen waren. Er blieb stehen und schaute sich um.
Er stand ganz alleine in einem offensichtlich verlassen Stück der Stollen. Die Wände waren, wie schon die ganze Zeit, über und über mit Spinnweben bedeckt. Er mußte irgendwie den Anschluß an die Anderen verpaßt haben. Allerdings wußte er nicht, ob er nur langsamer als die Anderen gegangen war, oder ob er eventuell eine Abzweigung verpaßt hatte. Er drehte sich einmal um die eigene Achse, konnte aber nichts erkennen. Er schaute auf den Boden und suchte nach Fußspuren. Er sah nur seine eigenen.
Also hatte er eine Abzweigung verpaßt, und war wohl geradeaus weiter gelaufen.
Er seufzte tief, zuckte die Achseln, und lief dann zurück in die Richtung aus der er gekommen war. Ihm fiel auf, daß der Boden mit zahlreichen Knochen bedeckt war, und auch in den Spinnweben an den Wänden einige Überreste von Lebewesen hingen. So etwas war ihm in den anderen Stollen nicht aufgefallen. Etwas beunruhigt schaute er hinter sich, konnte aber nichts erkennen. Er schluckte trocken, und lief dann etwas schneller durch den Stollen. Er mußte schon eine ganze Weile die Gruppe verloren haben, denn er fand keine Abzweigung, und auch Fußabdrücke waren keine zu erkennen. Nun wurde er doch etwas nervös. Er hatte sich anscheinend verlaufen. Nicht weiter schlimm, er konnte ja Aldrassil anrufen, und der würde ihn dann schon durch die Gänge lotsen, aber dann würde er ihn nur noch mehr aufziehen. Diese Genugtuung wollte er ihm nicht bieten. Sicher er war etwas abgelenkt und nicht wirklich konzentriert, aber das hatte überhaupt nichts mit Dana zu tun. Überhaupt nicht!
Vor sich konnte er einen Lichtschimmer entdecken. Er grinste zufrieden und lief darauf zu. Im zunehmenden Schimmer konnte er eine Abzweigung erkennen. Gerade als er den Fuß hob um einen weiteren Schritt zu machen, fiel ein großer Schatten auf die Wand des Stollens. Irgend etwas kaum durch den Stollen auf die Abzweigung zu. An der Form des Schattens konnte er nicht viel erkennen, aber es schien auf vier Beinen zu gehen. Er blieb stehen, und drückte sich vorsichtig an die Stollenwand, wobei ihm unangenehm bewußt wurde, daß er sich voll an die Spinnweben lehnte. Der Schatten wurde größer, und nun konnte er neben leisen Schritten auch ein Schnauben und Schnüffeln hören. Er drückte sich noch tiefer in die Schatten und beobachtete die Abzweigung.
Da tauchte die Kreatur auf, und trat in das Licht.
Ein Eber.
Verdutzt stutzte er und schaute noch einmal hin. Zweifellos, dies war ein Eber. Groß, kräftig und mit hartem, struppigem, schwarzen Fell bedeckt. Er wollte gerade erleichtert auflachen, da trat ganz offensichtlich die Besitzerin des Ebers in sein Blickfeld.
Eine Nachtelfe, mit langem silbrigem Haar. Die langen, nackten Beine steckten in hohen, geschmeidigen Stiefeln. Das Wams, das sie trug und von ihrem breiten Gürtel vorteilhaft in der engen Talje gerafft wurde, war sehr kurz, und bedeckte nur spärlich das knackige Hinterteil der Jägerin. Argamil kannte sie, es war Aggressiva, eine wunderhübsche, wenn auch sehr kühle und zurückhaltende Nachtelfe. Er schaute ihr grinsend nach, ganz offensichtlich hatte sie ihn nicht bemerkt, auch wenn sie nun genau in der Abzweigung stehen blieb und sich mit ihrem Eber unterhielt. Er warf einen weiteren Blick auf ihre wirklich verlockende Rückansicht. Er grinste etwas breiter, und legte dann den Kopf schief. Wenn er nur ein bißchen näher… Er ging etwas in die Knie, doch noch immer war der Blickwinkel nicht ganz zufriedenstellend. Vorsichtig ging er einen Schritt weiter. Sorgfältig darauf achtend im Schatten zu bleiben, preßte er sich fest gegen die Tunnelwand, während er einen weiteren Schritt auf die Nachtelfe zu machte. Nun beugte sich die Jägerin zu ihrem Tier hinunter, um es zu füttern, und dabei rutschte ihr Wams ein gutes Stück nach oben.
Überrascht sog Argamil die Luft ein, und riß die Augen auf.
In diesem Moment gab das Gewebe hinter ihm nach, und bevor er wußte wie ihm geschah, viel er rückwärts um. Statt einer Wand, war hinter ihm nur ein weiterer Stollen, der steil in die Tiefe führte. Er hatte überhaupt nicht die Chance sich irgendwo fest zu halten, denn er kullerte immer weiter in die Tiefe. Er überschlug sich mehrfach, und zog sich zahlreiche Blessuren zu. Auch seine Robe riß an drei weiteren Stellen.
Schließlich traf er mit einem lauten Poltern am Fuße des Stollens auf. Vollkommen schwindelig von den vielen Überschlägen und den zahlreichen Schlägen gegen Kopf blieb er erst einmal liegen, und atmete vorsichtig tief durch. Auch seine rechte Seite schmerzte, offensichtlich hatte er sich eine Rippe verletzt. Verärgert setzte er sich auf, und rieb sich den Hinterkopf.
Da hörte er ein leises Zischen hinter sich.
Erschreckt sprang er auf, wobei ihm noch einmal schwindelig wurde und er mußte sich an der Wand abstützen. Die Spinnweben an dieser Wand schienen viel frischer zu sein, und waren leicht klebrig. Angeekelt zog er die Hand zurück.
Er starrte in die Dunkelheit, konnte aber zunächst nichts erkennen – er hatte noch immer das Negativbild vom Stollen und der Nachtelfe auf der Line eingebrannt. Dann ertönte ein weiteres Zischen, und er vernahm auch ein leises Klackern.
Da er sich der Gefahr bewußt war, kramte er hektisch in seinen Taschen, bis er endlich, erleichtert einen Seelensplitter hervor zog. Er war sich des immer lauter werdenden Klackern nur zu deutlich bewußt, als er den Seelensplitter auf den Boden legte, und das Ritual zur Beschwörung seines Leerwandlers begann. Durch die Beschwörung wurde er in ein helles, bläuliches Licht getaucht, was auch die Höhle in der er sich befand beleuchtete.
Ihm stockte der Atem, und fast vermasselte er das Beschwörungsritual, als er die zahllosen haarigen Körper in der Höhle entdeckte, die auf das Licht mit einem lauten, wütenden Zischen reagierten. Die ganze Höhle war mit unzähligen, großen, haarigen, weißen Spinnen bevölkert. Ihre Augen reflektierten das Licht in grünem Schimmer, und starrten ihn hungrig an.
„Na Klasse!“
 
Wahnsinn :) ... im positiven Sinne! Machte echt Laune die Geschichte zu lesen. Weiter so!

PS: Warum spielst du nicht auf einem RP Server?
 
Danke, danke :)
Also ursprünglich angefangen (auf der falschen Seite *kicher*) habe ich auf dem Zirkel des Cenarius, also einem RP Server. Aber naja, so weit ist's mit dem RP ja nicht dort. Danach habe ich auf die richtige Seite gewechselt und auf dem Syndikat angefangen (RP-PvP), aber auch hier war außer viel Gemeckere im /1über OOC nicht viel RP - es gab tolle Ausnahmen, so wie unsere Kneipe auf der Prügelinsel bei Ratschet.
Tja, dann habe ich ein paar Monate pausiert, und mit Dencarion vollkommen "zügellos und regellos" auf dem PVE Server Thrall angefangen ... hey, haben die leute lustig geguckt, wenn ich los gelegt habe :)
Ich war dann auch in einer tollen Gilde (Grüße an die Corporation und die Bull Chiefs of Chaos) -wo ich immer mit "Der Rollenspieler" begrüßt wurde :)
Ich fühl mich wohl auf Thrall, nehme das RP nicht so ernst, verschließe ab und an die Augen, und genieße die echten RP Augenblicke, wenn sie eintreten :-D
 
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