Hallo Freunde, hier eine kleine Geschichte, die ich geschrieben habe. Ich hoffe sie findet Anklang. Viel Spaß beim lesen.
Castors Reisen: Chroniken eines Abenteurers Teil I
Das Wetttrinken
„Kommt schon! Traut euch! Es kann doch nicht sein, dass es hier keinen gibt, der diesen zu kurz geratenen Alkoholiker besiegen kann!“
Der Mensch stand breitbeinig neben seinem Tisch und deutete mit ausladenden Gesten auf den Zwerg, der neben ihm saß und den letzten Rest Bier aus seinem Krug in seinen weit geöffneten Mund träufeln ließ. Sein letzter Kontrahent war eben mit einem dumpfen Krachen von der Bank gefallen und lag nun sabbernd auf dem Boden der Taverne. Es war schwer zu erkennen, ob er nur schlief, oder ohnmächtig war. Dem Zwerg schien es jedenfalls gleichgültig zu sein. Ungerührt schüttete er sich neues Bier aus einem Fass in seinen Krug, wiederholte das ganze mit dem Krug, der auf der anderen Seite des Tisches stand und starrte dann herausfordernd in die Menge, die sich mittlerweile in der Taverne versammelt hatte, um sich das Spektakel anzusehen.
Der goldene Krug im Zwergendistrikt von Sturmwind war schon immer berühmt gewesen für seine ausufernden Saufgelage, doch dieser Zwerg war eine wahre Attraktion. An der Seite des Tisches stapelten sich die bereits leeren Fässer in die Höhe und lagen teilweise auf dem Boden. Jedes Fass war mit fünf Litern Bier gefüllt und eines würde normalerweise schon mehr als ausreichen um einen erwachsenen, gut gebauten Menschen ins Delirium zu schicken, doch der Zwerg hatte bereits sechs davon in sich hinein geschüttet und saß immer noch aufrecht. Nur seine Augen waren mittlerweile etwas glasig.
„Wo sind die tapferen Helden Azeroths?! Wollt ihr mir erzählen, dass sich niemand mehr traut gegen meinen Freund hier anzutreten?“ rief sein Begleiter lachend.
Der menschliche Begleiter des Zwergs war hochgewachsen und hatte eine laute, wohltönende Stimme, die auch gut auf einen Jahrmarkt, oder in eine Theatervorstellung gepasst hätte. Er hatte rabenschwarzes, zerzaustes Haar und dunkle, schalkhaft blitzende Augen, die den Gästen in der Taverne zuzwinkerten. Sein Gesicht war schmal, fast elfenhaft und sehr gut aussehend. Ein freundliches Lächeln umspielte seinen Mund, dass seine Gerissenheit fast, aber nicht ganz, verdecken konnte. Er trug eine dunkle Lederrüstung und an seinem Gürtel hing ein Einhandschwert mit einem Griff, der in einem Greifenkopf endete, aus dessen Mund die Klinge führte.
Der Zwerg hatte ebenfalls schwarzes Haar, zu einem kurzen Zopf gebunden und ein gewaltiger Bart bedeckte sein Gesicht, der kunstvoll geflochten war und mit silbernen Ringen und Spangen in Form gehalten wurde. Er trug eine schwere Plattenrüstung und an der Seite des Tisches lehnte eine riesige, doppelköpfige Axt.
Lancy lehnte sich an den Tresen und sah den Wirt mit hochgezogenen Brauen an.
„Wer ist das?“
Der Wirt zuckte die Achseln und polierte weiter einen silbernen Trinkpokal.
„Ich habe keine Ahnung. Sie sind vor ein paar Tagen angekommen und haben Quartier in einem meiner Zimmer bezogen. Sie bezahlen alles sofort und haben bis jetzt noch keine Probleme gemacht.“ er grinste.
„Außerdem sorgen sie für mehr Kundschaft mit ihrem Schwachsinn. Gestern hat der Zwerg beim Armdrücken einem Draenei den Arm gebrochen. Ich glaube das war der erste und der letzte Draenei, der sich in den Zwergendistrikt verirrt hat.“
Lancy betrachtete den Wirt nun etwas genauer. Es war ein Mensch. Er hatte langes, graues Haar, das er offen trug und sein Gesicht war glatt rasiert. Trotz seiner grauen Haare konnte man sein Alter nicht genau bestimmen und seine Züge sahen wenig einprägsam aus. Nur seine Augen waren etwas besonderes, denn sie waren ebenfalls gewitterwolkengrau. Sie sah auf eine Halskette in Form eines sichelförmigen Mondes, die aus seinem Wams hervorlugte und blickte ihm dann abschätzend in die Augen.
„Du bist noch nicht lange in der Stadt oder? Wie kommt es, dass ein Mensch eine Taverne im Zwergendistrikt betreibt?“
Der Wirt hob abwehrend die Arme.
„Der vorherige Besitzer ist gestorben und ich habe sie seinen Angehörigen abgekauft. Ich hab mein Gewerbe bei der Stadtwache angemeldet und will auch keine Schwierigkeiten mit euch!“ sagte er und sah etwas ängstlich auf das Wappen auf ihrer Rüstung. Lancy war solche Blicke gewöhnt, seit sie damals in die Stadtwache von Sturmwind eingetreten war.
„Ja, Ja, ist schon in Ordnung.“ sagte sie mit einer wegwerfenden Geste ihrer Hand.
„Wie heißt du denn und wo kommst du her?“
„Laenas. Und wo ich herkomme ist, verzeiht mir, meine Sache. Ich will hier nur einen Neuanfang machen.“
„Schon gut.“ sagte sie und wandte den Blick wieder auf die beiden ungewöhnlichen Gestalten in der Mitte des großen Aufenthaltsraumes.
„Wie viele hat der Zwerg denn schon besiegt?“
Der Wirt hatte wieder angefangen seinen Trinkpokal zu polieren.
„Fünf, soweit ich das mitbekommen habe. Eben hat ein anderer Zwerg ihn herausgefordert, ein stadtbekannter Säufer, aber als selbst der dann irgendwann kotzend auf die Straße gelaufen ist, wollte niemand mehr antreten. Der, der da liegt, ist eben erst rein gekommen. Ich sollte ihn mal in ein Bett legen und sehen, ob er noch atmet.“ der Wirt stellte den Pokal ab, ging kopfschüttelnd zu dem komatösen Mann und hievte ihn dann ächzend auf einen Stuhl und gab ihm ein paar saftige Ohrfeigen. Der Mann zuckte hoch und sah ihn mit trüben, verständnislosen Augen an und sackte dann wieder auf dem Stuhl in sich zusammen.
Der Begleiter des Zwerges zeigte theatralisch auf ihn.
„Hah, seht ihr! Es geht ihm doch noch gut! Ist sogar noch halbwegs ansprechbar und trotzdem hat er aufgegeben! Findet sich hier keiner, der Manns genug ist ein paar Schlücke zu vertragen?“
„Jetzt hör mal auf zu labern du Witzbold!“ einer der Leute aus der Menge, ein Mensch in schwerer Rüstung, trat vor und schlug wütend seine Faust in seine Handfläche.
„Große Töne spucken kann jeder! Tritt du doch mal gegen deinen Freund da an, dann sehen wir ja, ob das hier mit rechten Dingen zu geht, oder ob ihr uns nicht einfach am be!@#$%^en seid!“
Aus der Menge kamen einige zustimmende Rufe und Lancy merkte, wie die Stimmung langsam kippte.
Der Begleiter des Zwerges hob beschwichtigend die Hände.
„Hey, ganz ruhig Freunde. Wir betrügen euch nicht, mein Kamerad hier hat einfach nur Durst. Ich persönlich habe noch einen Kater von gestern und würde meinen Zustand nur ungern verschlimmern.“
„Ach ja?! Das soll also deine Ausrede sein?! Jetzt bin ich mir verdammt nochmal sicher, dass ihr uns alle be-*!@#$t! Ich hab eben gewettet und 20 verdammte Goldstücke verloren! Du gibst mir mein Geld besser wieder, Freundchen, sonst wird’s gleich ungemütlich für dich!“
Der Mensch, ein gewaltiger Hüne von fast zwei Metern Größe, machte drohend einen Schritt auf ihn zu, doch der Zwerg erhob sich knurrend von seinem Platz und trat ihm in den Weg. Seine Schritte krachten laut auf dem hölzernen Boden. Lancy schätzte, dass er mit seiner Plattenrüstung mehr als zweihundert Kilo wiegen musste und das, obwohl er dem Mann vor ihm kaum bis zur Brust reichte.
Der Zwerg verschränkte seine gewaltigen Arme vor der Brust und sah finster nach oben, in das Gesicht des vor Wut schäumenden Mannes.
„Dein Geld kannst du vergessen.“ seine Stimme war tief und grollte, als würde sie aus den Tiefen eines Berges hallen. Er lallte ein klein wenig, doch das nahm nichts von seinem bedrohlichen Klang.
„Das is jetz nämlich nich mehr dein Geld, sondern unseres. Wenn du wettest, dann leb mit den Konsequenzen. Un außerdem-“ er nickte kurz in Richtung seines Kameraden „- guck dir den Jungen doch mal an. Siehste dieses elfenhafte Gesichtchen?“ sein Begleiter verdrehte entnervt die Augen. Das war wahrscheinlich nicht das erste Mal, dass er diese Beschreibung hören musste.
„Glaubste wirklich, dass der gegen mich auch nur die leiseste Chance hat? Und jetz tu uns allen nen Gefallen und %^-*!@# dich!“
Der Hüne bleckte die Zähne und zog die Schultern an. Aus den Augenwinkeln sah Lancy, dass einige Leute aus der Menge verstohlen an ihre Gürtel und ihre Waffen griffen. Sie trat beherzt in den freien Kreis, der sich um den Tisch des Zwerges gebildet hatte und zog ihr Schwert. Der reißende, metallische Klang, mit dem sie ihr Schwert aus der Scheide zog, ließ die Menge erstarren. Alle blickten auf sie und auf den Löwen auf ihrem Wappenrock.
„So, jetzt beruhigen sich alle wieder. Es wird spät. Ich finde, es ist Zeit, dass ihr alle nach Hause verschwindet.“
Die Leute sahen sie untätig und teilweise widerstrebend an. Wenn die Chance auf ein Blutvergießen erst einmal in der Luft lag, war es für viele schwer davon abzulassen.
„Macht schon. Verschwindet! Oder wollt ihr die Nacht in den Zellen des Verlieses verbringen?!“
Die Gäste murmelten verärgert, doch nach und nach verließen sie die Taverne. Der Hüne blickte noch ein letztes Mal wütend auf den Zwerg, doch dann drehte er sich um und ging.
„Und passt auf den Straßen auf!“ rief sie hinterher, während die Tür mit einem lauten Poltern zu fiel.
Der Mensch verbeugte sich vor ihr und zeigte sein bezauberndstes Lächeln.
„Ich danke Euch vielmals. Wie kommen wir zu der Ehre von der Stadtwache persönlich beschützt zu werden? Und wie ist Euer Name, werte Frau?“
„Ich bin Hauptmann Lancy Revshon, Anführerin der 2. Kompanie der Stadtwache und ich hab einfach gern Ruhe während meiner Schicht.“ sagte sie und steckte ihr Schwert wieder in die Scheide zurück.
„Und außerdem bin ich eigentlich wegen etwas anderem hier.“
Der Zwerg hatte sich währenddessen wieder an den Tisch gesetzt und sich einen Laib Brot genommen. Er biss ein riesiges Stück ab und stopfte sich noch etwas Käse hinterher.
Sein menschlicher Begleiter schaute ihn missbilligend an.
„Manieren waren noch nie deine Stärke, aber musst du dir wirklich den Käse und das verdammte Brot auf einmal in den Mund stopfen?!“ sagte er und äffte dabei mit übertriebenen Bewegungen seiner Hände zum Mund seinen Begleiter nach.
„If hab fedamtn Huner, fedamte Scheiffe!“ erwiderte der Zwerg, wobei ihm große Stücke Brot und Käse aus dem Mund flogen. Er nahm seinen Krug und schüttete Bier hinterher.
„Aah. Mann, ich werd langsam zu alt dafür! Früher konnt ich noch saufen ohne Ende, aber jetzt? Ich werd morgen den größten Kater meines Lebens haben, das sag ich dir!“
„Und ich freue mich schon unheimlich drauf.“ sagte der Mensch und verdrehte abermals die Augen, während er sich neben den Zwerg setzte und sich ebenfalls etwas Bier einschenkte. Er zeigte mit der Hand auf den Stuhl gegenüber und bedeutete Lancy, sich zu setzen.
„Also, was können wir für Euch tun?“
„Warum denkt Ihr, dass ich was von euch will?“
„Warum säßen wir sonst noch hier?“
Lancy nickte resignierend.
„Auch wahr.“ sie drehte sich kurz um und blickte zur Theke. Der Wirt war nirgends zu sehen. Sie zog den Stuhl zurück und setzte sich.
„Ich bin auf der Suche nach Leuten, die der Stadtwache bei einem kleinen … Problem helfen könnten. Gegen gute Bezahlung natürlich.“
Der Mann grinste.
„Ah, Drecksarbeit, die die Stadtwache nicht machen will.“ er lehnte sich zurück und nahm einen Schluck. Er blickte sie eine Weile lang an und grinste dann wieder.
„Wenn du ein paar erfahrene Söldner für schwierige Aufgaben suchst, dann hast du die richtigen gefunden. Es ist doch in Ordnung, wenn ich jetzt auf die Förmlichkeiten verzichte, oder? Sobald es um solcherlei Arbeit geht, sollte man sich mit Du anreden.“
Lancy zuckte die Achseln.
„Wie auch immer. Also, seid ihr interessiert?“
Der Mann beugte sich wieder vor.
„Kommt ganz darauf an was das für ein Problem ist.“
Lancy blickte in ihren Krug hinein, ließ ihn mit der Hand kreisen und sah sich das schwappende Bier darin an.
„In letzter Zeit sind einige … Dinge auf den Straßen passiert. Nachts ist es nicht mehr so sicher wie früher. Vor allem hier im Zwergendistrikt. Irgendjemand … -etwas streift Nachts in den Straßen umher und tötet alle, die es finden kann. Meistens finden meine Wachen nur noch Blutlachen und Kratzer im Pflasterstein und an den Häuserwänden. Aber vor ein paar Tagen haben wir ein Opfer gefunden. Es war eine Frau, ihre Kehle war zerfetzt und ihr Herz war ihr aus der Brust gerissen worden. Wir haben keine Spur von dem Täter. Sie verliert sich wenige Meter vom Angriffsort entfernt, so als hätte er sich in Luft aufgelöst. Es muss Magie im Spiel sein. Und meine Wachen trauen sich schon gar nicht mehr hierher und verweigern den Dienst. Es sind nämlich auch zwei Wachen unter den Opfern gewesen, die während ihrer Patrouille verschwunden sind. Wir haben nur noch einen Helm gefunden, im Blut seines Besitzers getränkt.“
Sie sah hoch in die Gesichter der beiden. Beide blickten sie nun interessiert an. Jede Fröhlichkeit war aus dem Gesicht des Menschen gewichen und er sah sie nur ernst und mit Neugier im Blick an.
„Hört sich durchaus interessant an. Ich nehme an die Bezahlung ist der Lage angemessen?“
Lancy nickte grimmig.
„200 Goldstücke für jeden von euch, wenn ihr mir den Kopf des $%^-*!kerls bringt. Also. Was sagt ihr?“
Der Mensch und der Zwerg sahen sich einen Moment lang an, dann blickten sie zu ihr und nickten gleichzeitig.
„Akzeptabel. Wir nehmen an.“
Lancy lehnte sich zurück und seufzte erleichtert.
„Gut. Dann haben wir eine Abmachung. Ihr bekommt euer Gold, sobald ihr mir den Kopf bringt. Braucht ihr sonst noch irgendwas?“
Die beiden erhoben sich bereits und machten Anstalten in den oberen Räumen der Taverne zu verschwinden. Der Zwerg trank seinen Humpen mit tiefen Zügen leer.
„Schick uns morgen früh eine Wache vorbei, die uns den letzten Tatort zeigt. Den Rest übernehmen dann wir.“ sagte der Mensch. Der Zwerg warf den leeren Krug achtlos weg und rülpste.
„Aber schick sie nich zu früh, ok? Ich brauch meinen Schönheitsschlaf, bevor ich Monster töten kann.“ brummte er.
Lancy nickte und erhob sich ebenfalls. Sie stutzte und drehte sich noch einmal zu den beiden um.
„Wie heißt ihr beiden eigentlich?“
Der Mensch hielt auf der Treppe inne und lächelte sie an.
„Mein Name ist Castor. Und der fette, hässliche Zwerg hier ist Borindal.“
„Halt´s Maul, Elfengesicht!“ donnerte Borindal.
Der Mensch schritt lachend die Treppe hoch, dem Zwerg hinterher und außer Sicht.
Lancy schüttelte grinsend den Kopf öffnete die Tür des Gasthauses. Ein heller Mond erleuchtete die nächtlichen Straßen von Sturmwind. Sie blickte in die dunklen Gassen des Zwergendistrikts und meinte ein leises Wispern im Wind zu hören. Sie fröstelte und machte sich zügig auf, zurück in die Kaserne, die Hand dabei immer am Griff ihres Schwertes. Schon bald hatte die Dunkelheit sie verschluckt.
...
Teil II folgt bald, wenn die Geschichte auf Interesse stößt
Castors Reisen: Chroniken eines Abenteurers Teil I
Das Wetttrinken
„Kommt schon! Traut euch! Es kann doch nicht sein, dass es hier keinen gibt, der diesen zu kurz geratenen Alkoholiker besiegen kann!“
Der Mensch stand breitbeinig neben seinem Tisch und deutete mit ausladenden Gesten auf den Zwerg, der neben ihm saß und den letzten Rest Bier aus seinem Krug in seinen weit geöffneten Mund träufeln ließ. Sein letzter Kontrahent war eben mit einem dumpfen Krachen von der Bank gefallen und lag nun sabbernd auf dem Boden der Taverne. Es war schwer zu erkennen, ob er nur schlief, oder ohnmächtig war. Dem Zwerg schien es jedenfalls gleichgültig zu sein. Ungerührt schüttete er sich neues Bier aus einem Fass in seinen Krug, wiederholte das ganze mit dem Krug, der auf der anderen Seite des Tisches stand und starrte dann herausfordernd in die Menge, die sich mittlerweile in der Taverne versammelt hatte, um sich das Spektakel anzusehen.
Der goldene Krug im Zwergendistrikt von Sturmwind war schon immer berühmt gewesen für seine ausufernden Saufgelage, doch dieser Zwerg war eine wahre Attraktion. An der Seite des Tisches stapelten sich die bereits leeren Fässer in die Höhe und lagen teilweise auf dem Boden. Jedes Fass war mit fünf Litern Bier gefüllt und eines würde normalerweise schon mehr als ausreichen um einen erwachsenen, gut gebauten Menschen ins Delirium zu schicken, doch der Zwerg hatte bereits sechs davon in sich hinein geschüttet und saß immer noch aufrecht. Nur seine Augen waren mittlerweile etwas glasig.
„Wo sind die tapferen Helden Azeroths?! Wollt ihr mir erzählen, dass sich niemand mehr traut gegen meinen Freund hier anzutreten?“ rief sein Begleiter lachend.
Der menschliche Begleiter des Zwergs war hochgewachsen und hatte eine laute, wohltönende Stimme, die auch gut auf einen Jahrmarkt, oder in eine Theatervorstellung gepasst hätte. Er hatte rabenschwarzes, zerzaustes Haar und dunkle, schalkhaft blitzende Augen, die den Gästen in der Taverne zuzwinkerten. Sein Gesicht war schmal, fast elfenhaft und sehr gut aussehend. Ein freundliches Lächeln umspielte seinen Mund, dass seine Gerissenheit fast, aber nicht ganz, verdecken konnte. Er trug eine dunkle Lederrüstung und an seinem Gürtel hing ein Einhandschwert mit einem Griff, der in einem Greifenkopf endete, aus dessen Mund die Klinge führte.
Der Zwerg hatte ebenfalls schwarzes Haar, zu einem kurzen Zopf gebunden und ein gewaltiger Bart bedeckte sein Gesicht, der kunstvoll geflochten war und mit silbernen Ringen und Spangen in Form gehalten wurde. Er trug eine schwere Plattenrüstung und an der Seite des Tisches lehnte eine riesige, doppelköpfige Axt.
Lancy lehnte sich an den Tresen und sah den Wirt mit hochgezogenen Brauen an.
„Wer ist das?“
Der Wirt zuckte die Achseln und polierte weiter einen silbernen Trinkpokal.
„Ich habe keine Ahnung. Sie sind vor ein paar Tagen angekommen und haben Quartier in einem meiner Zimmer bezogen. Sie bezahlen alles sofort und haben bis jetzt noch keine Probleme gemacht.“ er grinste.
„Außerdem sorgen sie für mehr Kundschaft mit ihrem Schwachsinn. Gestern hat der Zwerg beim Armdrücken einem Draenei den Arm gebrochen. Ich glaube das war der erste und der letzte Draenei, der sich in den Zwergendistrikt verirrt hat.“
Lancy betrachtete den Wirt nun etwas genauer. Es war ein Mensch. Er hatte langes, graues Haar, das er offen trug und sein Gesicht war glatt rasiert. Trotz seiner grauen Haare konnte man sein Alter nicht genau bestimmen und seine Züge sahen wenig einprägsam aus. Nur seine Augen waren etwas besonderes, denn sie waren ebenfalls gewitterwolkengrau. Sie sah auf eine Halskette in Form eines sichelförmigen Mondes, die aus seinem Wams hervorlugte und blickte ihm dann abschätzend in die Augen.
„Du bist noch nicht lange in der Stadt oder? Wie kommt es, dass ein Mensch eine Taverne im Zwergendistrikt betreibt?“
Der Wirt hob abwehrend die Arme.
„Der vorherige Besitzer ist gestorben und ich habe sie seinen Angehörigen abgekauft. Ich hab mein Gewerbe bei der Stadtwache angemeldet und will auch keine Schwierigkeiten mit euch!“ sagte er und sah etwas ängstlich auf das Wappen auf ihrer Rüstung. Lancy war solche Blicke gewöhnt, seit sie damals in die Stadtwache von Sturmwind eingetreten war.
„Ja, Ja, ist schon in Ordnung.“ sagte sie mit einer wegwerfenden Geste ihrer Hand.
„Wie heißt du denn und wo kommst du her?“
„Laenas. Und wo ich herkomme ist, verzeiht mir, meine Sache. Ich will hier nur einen Neuanfang machen.“
„Schon gut.“ sagte sie und wandte den Blick wieder auf die beiden ungewöhnlichen Gestalten in der Mitte des großen Aufenthaltsraumes.
„Wie viele hat der Zwerg denn schon besiegt?“
Der Wirt hatte wieder angefangen seinen Trinkpokal zu polieren.
„Fünf, soweit ich das mitbekommen habe. Eben hat ein anderer Zwerg ihn herausgefordert, ein stadtbekannter Säufer, aber als selbst der dann irgendwann kotzend auf die Straße gelaufen ist, wollte niemand mehr antreten. Der, der da liegt, ist eben erst rein gekommen. Ich sollte ihn mal in ein Bett legen und sehen, ob er noch atmet.“ der Wirt stellte den Pokal ab, ging kopfschüttelnd zu dem komatösen Mann und hievte ihn dann ächzend auf einen Stuhl und gab ihm ein paar saftige Ohrfeigen. Der Mann zuckte hoch und sah ihn mit trüben, verständnislosen Augen an und sackte dann wieder auf dem Stuhl in sich zusammen.
Der Begleiter des Zwerges zeigte theatralisch auf ihn.
„Hah, seht ihr! Es geht ihm doch noch gut! Ist sogar noch halbwegs ansprechbar und trotzdem hat er aufgegeben! Findet sich hier keiner, der Manns genug ist ein paar Schlücke zu vertragen?“
„Jetzt hör mal auf zu labern du Witzbold!“ einer der Leute aus der Menge, ein Mensch in schwerer Rüstung, trat vor und schlug wütend seine Faust in seine Handfläche.
„Große Töne spucken kann jeder! Tritt du doch mal gegen deinen Freund da an, dann sehen wir ja, ob das hier mit rechten Dingen zu geht, oder ob ihr uns nicht einfach am be!@#$%^en seid!“
Aus der Menge kamen einige zustimmende Rufe und Lancy merkte, wie die Stimmung langsam kippte.
Der Begleiter des Zwerges hob beschwichtigend die Hände.
„Hey, ganz ruhig Freunde. Wir betrügen euch nicht, mein Kamerad hier hat einfach nur Durst. Ich persönlich habe noch einen Kater von gestern und würde meinen Zustand nur ungern verschlimmern.“
„Ach ja?! Das soll also deine Ausrede sein?! Jetzt bin ich mir verdammt nochmal sicher, dass ihr uns alle be-*!@#$t! Ich hab eben gewettet und 20 verdammte Goldstücke verloren! Du gibst mir mein Geld besser wieder, Freundchen, sonst wird’s gleich ungemütlich für dich!“
Der Mensch, ein gewaltiger Hüne von fast zwei Metern Größe, machte drohend einen Schritt auf ihn zu, doch der Zwerg erhob sich knurrend von seinem Platz und trat ihm in den Weg. Seine Schritte krachten laut auf dem hölzernen Boden. Lancy schätzte, dass er mit seiner Plattenrüstung mehr als zweihundert Kilo wiegen musste und das, obwohl er dem Mann vor ihm kaum bis zur Brust reichte.
Der Zwerg verschränkte seine gewaltigen Arme vor der Brust und sah finster nach oben, in das Gesicht des vor Wut schäumenden Mannes.
„Dein Geld kannst du vergessen.“ seine Stimme war tief und grollte, als würde sie aus den Tiefen eines Berges hallen. Er lallte ein klein wenig, doch das nahm nichts von seinem bedrohlichen Klang.
„Das is jetz nämlich nich mehr dein Geld, sondern unseres. Wenn du wettest, dann leb mit den Konsequenzen. Un außerdem-“ er nickte kurz in Richtung seines Kameraden „- guck dir den Jungen doch mal an. Siehste dieses elfenhafte Gesichtchen?“ sein Begleiter verdrehte entnervt die Augen. Das war wahrscheinlich nicht das erste Mal, dass er diese Beschreibung hören musste.
„Glaubste wirklich, dass der gegen mich auch nur die leiseste Chance hat? Und jetz tu uns allen nen Gefallen und %^-*!@# dich!“
Der Hüne bleckte die Zähne und zog die Schultern an. Aus den Augenwinkeln sah Lancy, dass einige Leute aus der Menge verstohlen an ihre Gürtel und ihre Waffen griffen. Sie trat beherzt in den freien Kreis, der sich um den Tisch des Zwerges gebildet hatte und zog ihr Schwert. Der reißende, metallische Klang, mit dem sie ihr Schwert aus der Scheide zog, ließ die Menge erstarren. Alle blickten auf sie und auf den Löwen auf ihrem Wappenrock.
„So, jetzt beruhigen sich alle wieder. Es wird spät. Ich finde, es ist Zeit, dass ihr alle nach Hause verschwindet.“
Die Leute sahen sie untätig und teilweise widerstrebend an. Wenn die Chance auf ein Blutvergießen erst einmal in der Luft lag, war es für viele schwer davon abzulassen.
„Macht schon. Verschwindet! Oder wollt ihr die Nacht in den Zellen des Verlieses verbringen?!“
Die Gäste murmelten verärgert, doch nach und nach verließen sie die Taverne. Der Hüne blickte noch ein letztes Mal wütend auf den Zwerg, doch dann drehte er sich um und ging.
„Und passt auf den Straßen auf!“ rief sie hinterher, während die Tür mit einem lauten Poltern zu fiel.
Der Mensch verbeugte sich vor ihr und zeigte sein bezauberndstes Lächeln.
„Ich danke Euch vielmals. Wie kommen wir zu der Ehre von der Stadtwache persönlich beschützt zu werden? Und wie ist Euer Name, werte Frau?“
„Ich bin Hauptmann Lancy Revshon, Anführerin der 2. Kompanie der Stadtwache und ich hab einfach gern Ruhe während meiner Schicht.“ sagte sie und steckte ihr Schwert wieder in die Scheide zurück.
„Und außerdem bin ich eigentlich wegen etwas anderem hier.“
Der Zwerg hatte sich währenddessen wieder an den Tisch gesetzt und sich einen Laib Brot genommen. Er biss ein riesiges Stück ab und stopfte sich noch etwas Käse hinterher.
Sein menschlicher Begleiter schaute ihn missbilligend an.
„Manieren waren noch nie deine Stärke, aber musst du dir wirklich den Käse und das verdammte Brot auf einmal in den Mund stopfen?!“ sagte er und äffte dabei mit übertriebenen Bewegungen seiner Hände zum Mund seinen Begleiter nach.
„If hab fedamtn Huner, fedamte Scheiffe!“ erwiderte der Zwerg, wobei ihm große Stücke Brot und Käse aus dem Mund flogen. Er nahm seinen Krug und schüttete Bier hinterher.
„Aah. Mann, ich werd langsam zu alt dafür! Früher konnt ich noch saufen ohne Ende, aber jetzt? Ich werd morgen den größten Kater meines Lebens haben, das sag ich dir!“
„Und ich freue mich schon unheimlich drauf.“ sagte der Mensch und verdrehte abermals die Augen, während er sich neben den Zwerg setzte und sich ebenfalls etwas Bier einschenkte. Er zeigte mit der Hand auf den Stuhl gegenüber und bedeutete Lancy, sich zu setzen.
„Also, was können wir für Euch tun?“
„Warum denkt Ihr, dass ich was von euch will?“
„Warum säßen wir sonst noch hier?“
Lancy nickte resignierend.
„Auch wahr.“ sie drehte sich kurz um und blickte zur Theke. Der Wirt war nirgends zu sehen. Sie zog den Stuhl zurück und setzte sich.
„Ich bin auf der Suche nach Leuten, die der Stadtwache bei einem kleinen … Problem helfen könnten. Gegen gute Bezahlung natürlich.“
Der Mann grinste.
„Ah, Drecksarbeit, die die Stadtwache nicht machen will.“ er lehnte sich zurück und nahm einen Schluck. Er blickte sie eine Weile lang an und grinste dann wieder.
„Wenn du ein paar erfahrene Söldner für schwierige Aufgaben suchst, dann hast du die richtigen gefunden. Es ist doch in Ordnung, wenn ich jetzt auf die Förmlichkeiten verzichte, oder? Sobald es um solcherlei Arbeit geht, sollte man sich mit Du anreden.“
Lancy zuckte die Achseln.
„Wie auch immer. Also, seid ihr interessiert?“
Der Mann beugte sich wieder vor.
„Kommt ganz darauf an was das für ein Problem ist.“
Lancy blickte in ihren Krug hinein, ließ ihn mit der Hand kreisen und sah sich das schwappende Bier darin an.
„In letzter Zeit sind einige … Dinge auf den Straßen passiert. Nachts ist es nicht mehr so sicher wie früher. Vor allem hier im Zwergendistrikt. Irgendjemand … -etwas streift Nachts in den Straßen umher und tötet alle, die es finden kann. Meistens finden meine Wachen nur noch Blutlachen und Kratzer im Pflasterstein und an den Häuserwänden. Aber vor ein paar Tagen haben wir ein Opfer gefunden. Es war eine Frau, ihre Kehle war zerfetzt und ihr Herz war ihr aus der Brust gerissen worden. Wir haben keine Spur von dem Täter. Sie verliert sich wenige Meter vom Angriffsort entfernt, so als hätte er sich in Luft aufgelöst. Es muss Magie im Spiel sein. Und meine Wachen trauen sich schon gar nicht mehr hierher und verweigern den Dienst. Es sind nämlich auch zwei Wachen unter den Opfern gewesen, die während ihrer Patrouille verschwunden sind. Wir haben nur noch einen Helm gefunden, im Blut seines Besitzers getränkt.“
Sie sah hoch in die Gesichter der beiden. Beide blickten sie nun interessiert an. Jede Fröhlichkeit war aus dem Gesicht des Menschen gewichen und er sah sie nur ernst und mit Neugier im Blick an.
„Hört sich durchaus interessant an. Ich nehme an die Bezahlung ist der Lage angemessen?“
Lancy nickte grimmig.
„200 Goldstücke für jeden von euch, wenn ihr mir den Kopf des $%^-*!kerls bringt. Also. Was sagt ihr?“
Der Mensch und der Zwerg sahen sich einen Moment lang an, dann blickten sie zu ihr und nickten gleichzeitig.
„Akzeptabel. Wir nehmen an.“
Lancy lehnte sich zurück und seufzte erleichtert.
„Gut. Dann haben wir eine Abmachung. Ihr bekommt euer Gold, sobald ihr mir den Kopf bringt. Braucht ihr sonst noch irgendwas?“
Die beiden erhoben sich bereits und machten Anstalten in den oberen Räumen der Taverne zu verschwinden. Der Zwerg trank seinen Humpen mit tiefen Zügen leer.
„Schick uns morgen früh eine Wache vorbei, die uns den letzten Tatort zeigt. Den Rest übernehmen dann wir.“ sagte der Mensch. Der Zwerg warf den leeren Krug achtlos weg und rülpste.
„Aber schick sie nich zu früh, ok? Ich brauch meinen Schönheitsschlaf, bevor ich Monster töten kann.“ brummte er.
Lancy nickte und erhob sich ebenfalls. Sie stutzte und drehte sich noch einmal zu den beiden um.
„Wie heißt ihr beiden eigentlich?“
Der Mensch hielt auf der Treppe inne und lächelte sie an.
„Mein Name ist Castor. Und der fette, hässliche Zwerg hier ist Borindal.“
„Halt´s Maul, Elfengesicht!“ donnerte Borindal.
Der Mensch schritt lachend die Treppe hoch, dem Zwerg hinterher und außer Sicht.
Lancy schüttelte grinsend den Kopf öffnete die Tür des Gasthauses. Ein heller Mond erleuchtete die nächtlichen Straßen von Sturmwind. Sie blickte in die dunklen Gassen des Zwergendistrikts und meinte ein leises Wispern im Wind zu hören. Sie fröstelte und machte sich zügig auf, zurück in die Kaserne, die Hand dabei immer am Griff ihres Schwertes. Schon bald hatte die Dunkelheit sie verschluckt.
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Teil II folgt bald, wenn die Geschichte auf Interesse stößt

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