Es entbehrt meiner Logik, warum man mehrere hundert Euro für solche Anlagen ausgibt, wenn man nicht a) Millionär oder b) Plattenproduzent ist.
Hör Dir mal im Fachgeschäft eine "gute" Anlage mit Deiner Lieblingsmusik an und eventuell bemerkst Du dann den Unterschied .
Es ist natürlich die Frage, wieviel Bedeutung man Musik beimißt und wie man hört: Ist Musik nur das Hintergrundrauschen, dann mag man mit wenig auskommen. Besteht die Musiksammlung jedoch aus Platten und CDs oder hochwertigem Digitalkram der unterschiedlichsten Musikrichtungen von Klassik über Jazz bis Hardcore und Elektronik und hört bewußt zu, dann möchte man auch ein Abspielgerät, das möglichst alle Feinheiten wiedergibt.
Da kommst Du bei Boxen mit "mehreren hundert Euro" nicht mehr hin - da bist Du sehr schnell mal bei ein paar Tausendern, wenn's neu sein muß. Beim Verstärker sieht's kaum besser aus, wenn man hin und wieder etwas lautere Pegel hört und bei dynamikreicher Musik wert darauf legt, daß dem Ding nicht bei ständigem Wechsel von sehr leisen und lauten Tönen (wie es bei Jazz und Klassik nicht unüblich ist) die Puste ausgeht (glücklicherweise gibt es einen großen Gebrauchtmarkt, wo man sehr gute Boliden für 200,- Euro und weniger erwerben kann, die durchaus mit sehr teuren Geräten mithalten können).
Dazu kommt natürlich die Haptik: Solche Geräte kauft man nicht dauernd neu, sondern erwirbt etwas, das einen sehr lange Zeit begleiten soll - und wenn man nun eventuell jahrzehntelang mit dem Geraffel auskommen soll, dann muß sowohl die Optik als auch die Anfassqualität stimmen; und dafür muß man nun mal tiefer in die Tasche greifen.
Man kann Kanchelis "Vom Winde beweint" auf kleinen Computerboxen und per Youtube-Stream hören - und wird nicht mal die Hälfte dessen wahrnehmen, was diese Musik ausmacht, weil Feinheiten völlig untergehen bzw. gar nicht zum Tragen kommen (der fast minutenlange Nachhall eines einzigen Akkordes auf dem Klavier, während fast unhörbar eine Geige spielt). Ich höre oftmals von Freunden und Bekannten, daß sie bei Songs, die sie jahrelang kannten, plötzlich Details hören, die sie nie wahrgenommen haben. Songs, die als "langweilig" betrachtet wurden, werden plötzlich als aufregend empfunden - und ich bin weit von "HighEnd" entfernt; das ist "nur" verdammt gutes HiFi!
Je besser der Klang, je mehr Feinheiten man heraushört, umso mehr wird man auch emotional von der Musik angesprochen - und genau darum geht's doch bei Musik. Wieviel einem diese Lebensqualität wert ist, muß jeder selbst wissen.
Noch nebenbei: "Guter Klang" ist sehr subjektiv. Es nützt im Grunde nix, sich eine Anlage nach Empfehlungen zusammenzustellen, sondern man muß selbst hinhören, was einem gefällt. Boxen sind der Teil der Anlage, der den meisten Einfluß auf den Klang hat - und dabei muß man das finden, was einem am meisten zusagt (weicher/harter Bass, Mittenbetonung, allgemeine Auflösung, Bühnenstaffelung etc.). Und die Teile müssen in den Wohnraum passen; es nützt nichts, hervorragende Standboxen in einen viel zu kleinen Raum zu stellen, wo sie dröhnende Bässe produzieren; genauso wenig nützt es, eine sehr gut klingende Kompaktbox irgendwie in ein Regal oder auf den Schrank zu stellen. Mit "Raumoptimierung" wird meist mehr an Klang gewonnen als daß man sauteures Zeug kauft, das dank völlig abwegiger Aufstellung nicht mal die Hälfte des Potentials ausschöpfen kann.
Edit:
Anderes Beispiel: habe mehrere Albem auf Platte und auf CD und sie klingen deutlich anders - sowas finde ich spannend.
Ein Thema, mit dem man lieber gar nicht erst anfängt . Einen sehr spannenden Artikel von einem Insider der Branche zu Plattenspielern, Systemen und die Machenschaften der HiFi-Industrie findest Du übrigens
hier.