City of Heroes und World of Warcraft. Ein kleiner Vergleich.

Toonfuchs

Quest-Mob
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NCsoft reaktivierte für eine sehr kurze Zeitspanne inaktive Accounts von City of Heroes. Ein Grund für mich, mein altes Revier wieder unsicher zu machen. Dann hieß es erst mal den digitalen Staub von den Charakteren zu pusten und die erstbeste Bank zu überfallen. Wachpersonal mit Psychokräften durch die Gegend zu werfen, riesige Stahltore aufzubrechen und einen Strumpfhosenträger zu vermöbeln hat mir gefehlt. Ich kann es noch. Der geisteskranke, manische Superfuchs hat den Auslauf wirklich dringend nötig gehabt. So schön World of Warcraft auch ist, an den Charme einer Chaosmission kommt es kaum heran. Bevor man die Bank ausraubt, legt man die halbe Stadt in Schutt und Asche, vermöbelt so ziemlich jeden und macht noch ein paar schöne Erinnerungsfotos fürs Album. Das Knall-Rumms-Bang-Gefühl hatte ich in Azeroth leider noch nie; oder werft ihr da gelegentlich ein paar fiese Schurken auf Bäume und rammt sie durch Wände?`

Ein Vergleich. Der muss nun einfach sein. Ich greife einfach ein paar Punkte heraus.

In CoX bekommt man für ein LevelUp neue Kräfte oder Slots um diese zu verbessern. So wählt man am Anfang ein primäres und ein sekundäres Kräfteset, aus denen man im Verlauf des Spieles weiter wählen kann. In die Slots der Kräfte kann man Verbesserungen einbauen, die bestimmte Effekte verbessern. So kann ich entweder besser treffen, schneller zuschlagen oder ich verbrauche weniger Ausdauer. In WoW zählt fast nur die investierte Zeit, um gute Ausrüstung zu bekommen, wogegen es in CoX auf die Wahl der Kräfte ankommt. Nicht, dass das in WoW mit den Talenten unwichtig ist, aber ohne Ausrüstung, ist das ganze nicht mehr so viel wert. In CoX haben wir dafür die Erfindungssets. Die sind immerhin leichter zu bekommen, als unzählige Male zu raiden.

Das Plus von WoW ist, dass die Levelkurve sehr klein ist. Man erreicht, im Vergleich zu CoX, schnell ein hohes Level. Hier ist allerdings auch einer der großen Unterschiede. In CoX ist jede "Quest", dort als Mission bezeichnet, instanziert. Ein Spieler bekommt Gegner für einen Spieler und der vorher festgelegte Schwierigkeitsgrad gibt an, wie hart die Mobs sind. In einem großen Team (max. 8 Spieler) gibt es wahre Legionen von Mobs. Der Unterschied zu WoW ist der, dass man fürs teamen quasi nicht mit weniger EP 'bestraft' wird. In WoW ist teamen nur für besonders schwierige Mobs oder für Instanzen gut, wogegen in CoX ein großes Team eigentlich immer gut ist. Bei 8 Superhelden (oder Schurken) rattert der EP-Zähler nur noch.

Wer von CoX auf WoW umsteigt, hat das Gefühl aus seinem Ferrari in einen gedrosselten Trabbi mit Getriebeschaden zu steigen. Supergeschwindigkeit, Fliegen oder Supersprung sind Kräfte, die man schon relativ früh in CoX wählen kann. Allein die Sprint Kraft, die jeder Charakter am Anfang hat, ist schneller als ein Jäger mit Aspekt des Geparden. Es ist ein richtiger Schock, wenn man fliegen konnte, aber mit seinem Nachtelf nicht mal über einen Zaun springen kann. Was die Welt angeht, gewinnt ganz klar "World" of Warcraft gegenüber "City" of Heroes. In CoX kennt man irgendwann jeden Supermutanten beim Vornamen und ist auch schon über jeden Wolkenkratzer gesprungen.

Nach dem 500sten Banküberfall ist das Knacken des Tresors, das Flattern der Geldscheine im Wind und das Pflatsch des Supergehirns aus dem Kopf des Helden, der einen aufhalten wollte, an der nächstbesten Wand auch nicht mehr so lustig, wie am ersten Tag. In WoW gilt das Prinzip; Begleite den, Töte das, bring mir das. In CoX gilt, je nach Seite; Entführe/Rette den, Töte/Verhafte jenen, Stehle/Berge das. Es ist in etwa dasselbe, nur das man in WoW öfter den bösen Jungs vor einem anderen Hintergrund den Hintern versohlt. Die ewigen CoX-Lagerhäuser entwickeln irgendwann den Charme einer Zahnarztpraxis. Legionen von Mutanten, Außerirdischen und Killerrobotern umzunieten oder "zu verhaften" macht irgendwann auch nicht mehr so viel Spaß. Das ist allerdings dasselbe Problem, wenn man in WoW anfängt, eine Instanz abzufarmen, um auch noch dieses Item mit dieser überaus bescheidenen Droprate zu kriegen.

Thema Crowd Control: Als ich die Zeiten gesehen habe, die man in WoW einen Gegner ausschalten kann, habe ich das für einen Witz gehalten. Ein paar Sekunden. In Cox dagegen, als schizophrener Fuchsmutant mit bipolarer Störung und autoaggressivem Verhalten konnte ich mir einen Kaffee kochen, wenn ich mein Dominieren aktiviert habe und dabei durfte der Berserker trotzdem hauen wen er wollte. In WoW gibt es Disziplin. Wenn hier ein Gegner in ein Schaf verwandelt wird, lassen die Meisten es wohl in Ruhe. Wenn in CoX die Gegnerhorde eingeschläfert wird, kann sich so gut wie keiner zurückhalten, sich nicht auf dem Hacken drehend auf Alles, was noch nicht vaporisiert ist, einzuschlagen. Wer in CoX einen CC skillt, der durch Schaden aufgehoben wird, hat so viel Spaß wie ein holzbeiniger Steptänzer im Biberkäfig.

Die Anzahl der Spieler. CoX ist sehr klein. Manchmal habe ich das Gefühl, dass Montags um 6 Uhr auf der Forscherliga mehr los ist, als auf dem einsamen deutschen CoX-Server zur Primetime. Ich dachte, in WoW ist es leichter, ein Team zu finden. Die Randoms (bei CoX mehr als Pickups bekannt) sind teilweise ein Alptraum. WoW-Spielern muss ich nicht erzählen, dass bei manchen Randoms der Gedanke, sich eine Wassermelone im Stück rektal einzuführen, angenehmer ist, als die Instanz mit diesen Vögeln abzuschließen. Die Chancen, mit so einem speziellen Random eine Instanz erfolgreich abzuschließen, ist in etwa so wahrscheinlich, wie den Papst knutschend mit Oliver Pocher in einem vatikanischen Beichtstuhl zu erwischen. Ein Bekannter sagte mal, Quests sind nur dazu gut, um auf 70 zu kommen. Er scheint Recht zu haben. Das Problem in WoW einen 25iger Raid zusammen zu bekommen ist bei CoX ein Serverevent. Ich habe den verrückten Wissenschaftler, der sich in einen Einzeller mit titanenhaften Ausmaßen verwandelt hat, nie gesehen, dann werde ich wohl auch nie Illidan die Hand schütteln können. WoW hat irgendwelche Dämonen als die schier unüberwindbare Hürde am Schluss, CoX hat einen Waldmeister Wackelpudding, bei dem man schon von dessen Anblick Bauchschmerzen bekommt!

PvP und Interaktion mit der anderen Fraktion. Open PvP gibt es in CoX nur in sehr wenigen, speziellen PvP-Gebieten. In WoW sind Lowlevel PvP-Gebiete blutige Schlachtfeste, in denen PvP-Twinks durch Noobs metzeln, wie ein angetrunkener Gärter auf einem Mähdrescher im botanischen Garten. CoX Lowlevel PvP erinnert an klassische Wild West Filme; nur ohne Schauspieler.

Was mich in WoW tierisch nervt ist, dass ich keinem Orc mal sagen kann, was für Wunder sein Zahnarzt doch geleistet hat. Bei CoX kann ich mich als Bösewicht sehr gut mit den Helden unterhalten wenn man sich trifft! In CoX war ich als einziger Schurke (Fraktion, nicht Klasse) mit 7 Helden als Gruppe gemeinsam unterwegs, um die Alieninvasion aufzuhalten. Seit dem habe ich ein rosa Zahnfee-Kostüm mit Flügelchen. Die Gute Zahnfee holt sich die Zähne unterm Kopfkissen, die böse nimmt einfach alle. In CoX kann man quasi nicht ooc sein, solange man nicht sagt, dass es nur ein Spiel ist.

Nun kommt das, wogegen WoW nicht ankommen kann. Sidekickmodus. Ein Level 20 wird normalerweise nie mit seinem 70iger Kumpel durch den Blutkessel laufen können. In CoX würde das gehen. Ein hoher Level gibt einem Kleinen Sidekick. Das Kampflevel des Kleinen beträgt dann, wenn es in der Nähe des Großen ist, ein Level unterhalb des Großen. Der Kleine hat zwar nicht die Kräfte, die er hätte, wenn er auf dem Level wäre, aber dafür machen die, die er hat, so viel, als wenn er es wäre. Er bekommt sogar EP, dafür nur in der Höhe, die er für Mobs auf seinem Level bekäme aber immerhin. Das Gleiche gilt für den Abschlussbonus, den man für Missionen bekommt. Sicher kann der Kleine noch nicht die tollen Kräfte im Highlevelbereich, aber zum Leveln oder für einen fiesen Erzschurken oder Helden, den man allein nicht schafft, kann man auch einen Kleinen mitnehmen. Das gibt dem Satz "Ich hol meinen großen Bruder" eine völlig neue Bedeutung.

In WoW kann man als Newbie in einer Gilde vereinsamen. Vielleicht gibt es ein paar Spieler mit Twinks in dem Level, aber die würden sich fürs reine questen nur mit dem leveln aufhalten. Ich finde WoW in dem Punkt ziemlich doof, dass Gruppen nur als Zweckbündnis herhalten, da man fürs teamen durch EP-Teilung richtig bestraft wird. Gegenstände erhalten ihren Wert ohnehin erst im hohen Levelbereich. Meiner Meinung nach zielt WoW eigentlich fast ausschließlich auf den Endcontent ab. Hey, bald gibts neue Gegenstände und man kann Level 80 werden, aber diese Unterwassermission im Schlingendorntal ist noch immer total verbugt. Man versucht den anderen zu folgen, während die sich weiter von einem entfernen. Hat man endlich das maximale Level erreicht, kann man immer noch nicht mit, weil die Ausrüstung nicht auf dem Stand der gegenwärtig besuchten Instanz ist oder weil der PvP-Durchschnitt so ist, dass man als laufender Ehrenpunkt gehandelt wird. Ich will teamen, weil ich gern mit anderen unterwegs bin, denn dafür spiele ich ein Onlinespiel, aber ich will nicht länger für Erfolge spielen müssen, nur weil ich teame. Gruppenzwang kann eine Triebfeder sein, allerdings kann das auch für die Feder gelten, die aus deinem kaputten Computerstuhl hervorschießt.

Zum Schluss möchte ich nur noch eines loswerden. Onlinespiele machen nicht süchtig, denn vor dem nächsten Mob hat man fast immer noch Zeit für ein Raucherpäuschen.
 
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