Ich verfolge jetzt seit UO-Zeiten die MMO(RPG)-Szene. Und die hat sich nach meiner Einschätzung über die Jahre zum Teil schon sehr extrem verändert, und das nicht zum Besten. Heute wird ja schnell jeder, dem ein Spiel wirklich gut gefällt, als Fanboi denunziert. Fanboi zu sein ist nachgerade eine Schande. Bei UO gab es fast nur Fanbois, obwohl der Ausdruck damals kein gängiger Begriff war. Hätte ich damals einen begeisterten UO-Spieler als Fanboi beschimpft, dem Beschimpften, so er mit dem Begriff überhaupt etwas anzufangen gewusst hätte, wäre nicht klar gewesen, dass ich ihn damit beleidigen und abqualifizieren wollte.
Nicht notwendigerweise fand immer gefallen, was in die MMO(RPG)s jener Zeit als Inhalt zur Verfügung stand oder darin eingebracht wurde. Kritik gab es auch damals schon, mitunter sogar heftige. Legendär sind die provozierten Server-Crashes in Everquest, die - so ironisch kann das Leben sein - von Jeff Kaplan (alias Tigole) - organisiert wurden. Die provozierten Server-Crashes waren ein Protest, es ging damals um die Entwicklung der Hybriden (i.e. Paladine, die zu vollwertigen Tanks aufgewertet wurden ... wer die Entwicklung der Hybriden bei WOW kennt und weiß, welche Position Kaplan dort bis Februar 2009 hatte, versteht jetzt, warum ich von Ironie spreche). Aber auch das war ein Ausdruck dafür, mit welcher Begeisterung man an den Spielen hing.
Auch in den Anfangszeiten von WOW war das nicht viel anders. WOW hatte, das wissen viele nicht, alles andere als einen glatten Start. Im Gegenteil: ich habe jetzt schon etliche Spielstarts mitgemacht, manche relativ glatt, manche mehr als nur holprig; aber von allen Spielen, die jetzt noch im Geschäft sind, war der Start von WOW der schlimmste. Das Bemerkenswerte daran war eigentlich, wie wenig das damals unter den Spielern der ersten Stunde ein Thema war. Ja, wir konnten uns am ersten Tag kaum anmelden, weil der Abo-Server wegen Überlastung dauernd abstürzte und dann für Stunden vom Netz genommen wurde. Ja, wir mussten stundenlange Wartezeiten am Anmeldebildschirm hinnehmen. Und ja, wir laggten uns anfangs tage- und wochenlang von Standbild zu Standbild in Ironforge auf dem kurzen Weg von der Bank rüber zum Auktionshaus. Und dennoch wurde in der Community überraschend wenig gemurrt. Warum? Weil wir alle Fans waren. Alle waren wir Fanbois, darum waren wir doch überhaupt hier in diesem Spiel. Es wurde kritisiert, klar, es gab anfangs genügend Grund dazu, aber relativ nüchtern. Ein Ton wie heute, diese Dauerkritik über Dinge, die letztlich Lappalien sind (ich zähle auch ganz klar die ganze Bot-Diskussion mittlerweile zu den Lappalien ... ich sage mal ganz hart: wer sich heute beschwert Bots würden ihn massiv im Spiel behindern, den halte ich für diese Spiel für zu dumm, Bots sind aktuell ein geringes Ärgernis, und mehr nicht), das wäre damals bei der Mehrheit der Spieler ganz schlecht angekommen. Die waren damals aber auch im Durchschnitt ein gut Stück älter als heute (kurz nach dem Release von BC gab es im US-Forum mal einen Link auf eine Studie über WOW-Spieler in den Staaten, darin wurde auch die Altersstruktur der Spieler angesprochen und wie sich die im Laufe der Jahre veränderte: von durchschnittlich über 24 auf 17 Jahre bis zum Release von BC ... dh. annähernd die Hälfte der Spieler war da jünger als 17 Jahre). Dieses Dauergejammere über alle möglichen Dinge, das hat in den Foren - aber auch ingame - geradezu Verachtung gegen die Jammerer hervorgerufen. Bis halt irgendwann die Jammerer so zahlreich waren, dass sie sozusagen die Meinungsmehrheit in den Foren an sich reißen konnten. Die MMOs waren aus der Nische der Fanprodukte herausgetreten und wurden ein Erzeugnis für die Massen, vorzüglich für Kinder und Jugendliche, die heute numerisch sicher die Mehrheit stellen. Und entsprechend änderte sich der Umgangston, sowohl ingame als auch in den diversen Fan-Foren. Nicht nur, wie ich hinzufügen möchte, bei den Jammerern, auch bei den Fanbois.
Schaue ich mir heute die Communitys in den gängigen MMO(RPGs) an ... tja, da muss ich oft an etwas denken, was mal ein User in einem der Boards hier auf Buffed schrieb: er fragte, ob es möglich sei sich vom Forum ent-registrieren zu lassen, denn er vertrage es nicht mehr so viel geschriebene Dummheit auf einem Haufen zu sehen.
Früher war gewiss nicht alles besser. Aber die MMO(RPG)-Community auf jeden Fall.
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Und noch ein Nachtrag, diesmal an die Moderatoren des Boards: Ihr seid ja relativ fix hier im Aion-Board mit dem Zudrehen von Threads ... da hätte ich mal eine Frage: ich weiß jetzt nicht welche Forumssoftware hinter dem Buffed-Forum steht, aber gibt es nicht die Möglichkeit Beiträge, die problematisch sind aus einem Thread zu entfernen? Entweder zu löschen oder in einen anderen Thread - nennen wir den mal "Quarantäne" - zu verschieben? Ein Thread, der für die User gesperrt ist, damit allfällige Beschimpfungsorgien nicht fortgeführt werden können, ihr aber Euch dennoch nicht beschimpfen lassen müsst Ihr würdet Zensur ausüben, denn die Postings sind ja noch da.
Ich glaube, es wird in keinem anderen Board so schnell zugedreht wie in diesem, und das, obwohl zb. der Umgangston im WOW-Board um einiges rauer ist als hier.