Der letzte Marsch

Kruaal

Rare-Mob
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06.11.2006
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Dunkle Wolken hingen über Dun Morogh. Wolken die so schwarz waren, das man Tag und Nacht kaum unterscheiden konnte. Auch hatte es seit Tagen ohne unterlass geregnet. Bäche waren zu Strömen geworden, kleine Tümpel zu großen Seen.
Ein letztes Mal schaute er sich um. Die Kammer war nunmehr aufgeräumt. Er hatte einige Tage gebraucht um alles so ordentlich zu bekommen. In der Kiste am Fußende des Bettes lag bis vor kurzem noch seine Rüstung der Macht, die ihn sicher durch den ganzen geschmolzenen Kern begleitet hatte. Hier an der Wand hing noch vor wenigen Stunden der Schild, den er damals im Pechschwingenhort erbeutet hatte. Direkt daneben die einhändige Axt, die er als Belohnung erhalten hatte, nachdem er Lord Nefarian zusammen mit seinen Gefährten besiegt hatte. Auf den nun leeren Ständern hatte er die Rüstung aufgestellt gehabt, die er in Ahn'Quiraj erhalten hatte. An der gegenüberliegenden Wand sah man noch die Umrisse der anderen Waffen, auf welche er am stolzesten war. Eine einhändige Axt die so scharf war, das man sie nur als Knochenspalterbeil kannte und ein riesiges Zweihandschwert, welches er aus den blutigen Krallen von Gluth gezogen hatte.

Kurz zögert beim Anblick all der Prunkstücke, die nun nicht mehr an ihrem gewohnten Platz waren. Er erinnerte sich an die tausende von Kämpfen, an die über 50 feindlichen Generale die er mit den Kameraden gemeinsam erschlagen hatte.
Die Kameraden... einer nach dem anderen waren sie von ihm gegangen. Mit der Zeit waren sie immer weniger geworden. Zwar waren neue Gefährten dazu gekommen, doch immer wenn sich ein Gesicht endgültig abwandte, war es schmerzlich und wurde noch lange vermisst. Die Lücken in den Reihen wurden gefüllt, nicht aber die Lücken in den Herzen.

Mit Tränen in den Augen und einem doch steinernen Gesicht wandte er sich plötzlich um und ging hinaus. Im schweren Regen ging er den Weg von Kharanos nach Ironforge hinauf. Die Gebirgsjäger, sonst ein eher rauer Schlag von Zwergen, die aufgrund ihrer Freiheiten im Gebirge wenig von Autorität hielten, hielten inne und erhoben ihre Flinten zum Gruß, als er vorbei schritt. Mit einem knappen Nicken erwiderte er den Gruß und ging weiter, während die Jäger ihm unaufgefordert mit einigen Metern Abstand folgten. Über kleine Brücke schritten sie nun und die Wachen von Ironforge salutierten vor ihm, was er auch hier nur knapp erwiderte. Sie verließen ihren Posten, als die kleine Gruppe vorbei gekommen war und folgten ebenfalls dem Mann an der Spitze. Auf dem weiten Weg nach Ironforge hinauf sammelte sich auf diese Weise ein kleines Heer hinter dem Mann, der in voller Schlachtrüstung vor ihnen her schritt. Keiner gab ein Wort oder gar ein Kommando.

In Ironforge angekommen, durchschritten sie das mächtige Tor der wohl sichersten Festung in ganz Azeroth. Von den Wehrgängen erschallte eine einsame, traurige Trompete, fast unhörbar in der überwältigenden Stille. Selbst das geschäftige Treiben vor dem Auktionshaus verstummte während die Krieger vorbeimarschierten.

Nach einigen weiteren Minuten erreichte der Mann den Thronsaal. Die königlichen Wachen erhoben ihre Waffen zum Gruß während er selbst auf den hohen Thron zuging. Kurz blieb er vor ihm stehen, als wollte er ihn genau betrachten, doch dann nahm er platz auf dem viel zu großen, steinernen Gebilde, auf dem er so lange gesessen hatte. Die Männer und Frauen die ihm gefolgt waren, verteilten sich unterdessen im weiten Halbkreis im Saal, nur das Klirren und Scheppern der Waffen und Rüstungen störte die Ruhe.
Der Mann auf dem Thron sah sich um, als bemerkte er die Anwesenden erst jetzt. Langsam schweifte sein Blick durch die Menge. Dort stand der freundliche Priester, welcher ihm Mal um Mal das Leben gerettet hatte, weiter hinten der Schurke, welcher ihnen in früheren Tagen so manche Tür geöffnet hatte. Ein Gruppe Jäger stand mit etwas Abstand weiter hinten, wie es ihre Art war. Sie mochten die Gesellschaft der Städter nicht besonders und ihre Augen waren ohnehin scharf genug um auch von dort alles zu sehen. Diese wackeren Schützen hatten mit ihrem gezielten Feuer so manche Schlacht entschieden.
Auch andere waren zugegen. Männer und Frauen aller Völker, aller Professionen und aller Schicksale. Sie alle waren jetzt hier, um sich ein letztes Mal den alten Mann zu sehen.

Während er den Blick schweifen ließ, nickte er einzelnen Gefährten zu, doch mit einem Seufzen kam wieder der Gedanke, das so viele treue Freunde fehlten. Geschmolzener Kern, Pechschwingenhort, Ahn'Quiraj, Naxxramas, Gruuls Unterschlupf... der Schlachten waren so viele und derjenigen, die nicht zurückgekehrt waren, war noch ein vielfaches mehr.

Eine Träne rann über sein Gesicht und er schämte sich nicht. Mit schwacher, leiser Stimme sagte er nur 'Danke', was aber nur diejenigen hörten, die ihm am nächsten waren. Dann schloss er die Augen und lehnte sich zurück. Ein letztes Mal. Für Immer. Kruaal der Erste, der einzig wahre König des Blackrocks, war nicht mehr.


Einige Tage später war ein Sarg im Thronsaal aufgebahrt, ein einfaches Exemplar aus robustem Holz. Einige wenige Verzierungen deuteten auf das Leben desjenigen hin, der in ihm lag.
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und aus einer Laune der Geschichte heraus, lag am Fußende des Sargs ein zerschlagenes Ei.


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Ursprünglich wollte ich hier eine Art Tagebuch führen, in dem der Weg meines Gnom Kriegers auf den Thron von Ironforge dokumentiert wird. Allerdings habe ich seit einige Zeit einfach keinen Spass mehr am Spiel. Die Gründe dafür sind vielschichtig und praktisch ausschliesslich im Spiel oder bei Blizzard selber zu finden.

Daher habe ich dann doch das Abo gekündigt und obiges Posting als Abschied in meinem Realmforum hinterlassen. Die Menschen hinter all den Charakteren, die Stimmen im Teamspeak, all die Erlebnisse in über 2 Jahren WoW... Es macht mich schon traurig. Ich finde es schade das ich diesen Schritt gehe, ja gehen muss.

Um es einmal kurz zu fassen, für die 1-2 Interessierten vielleicht die Hauptgründe warum ich gekündigt habe:
- Das Berufesystem ist seit Anfang an unausgegoren.
- Burning Crusade wurde in einem Stadium auf den Markt geworfen, der nichtmal den Titel Beta verdient hat.
- Items aus 18 Monaten Raidaktivität waren über Nacht praktisch wertlos. Ja, es ist gut das die Casuals am Anfang die Chance hatten mit den "Pro-Gamern" mitzuhalten, aber die "Progamer" wurden für ihr intensives Spielen abgestraft. Und das in einem Spiel das eigentlich nur PvE zu bieten hat.
- Es gibt teilweise Bugs seit der WoW Classic Beta und die wurden noch immer nicht beseitigt, am prominentesten dürfte da wohl das Anstürmen-Problem der Krieger sein.
- Klassenbalancing ist nicht vorhanden, streckenweise sind ganze Trees einer Klasse blanker Unfug (Survival Tree beim Hunter, Vergelter Tree beim Pala, diverse einzelne Talente beim Krieger um nur einige zu nennen)
- Arena/BG - PvP ist lieblos umgesetzt und eine billige Alternative zu echtem RvR, in dem die Spieler einen echten und zumindest zeitweiligen Einfluss auf ihre Welt nehmen können. Ehre lässt sich ebenso farmen wie Arenapunkte oder Kräuter. Hier spielt auch das nicht vorhanden Klassenbalancing stark rein.

Dies sind nur die mir wichtigsten Punkte, jeder andere mag das anders sehen, anders formulieren oder ergänzen. An sich könnte ich sogar mit der derzeitigen Situation leben und weiterspielen, wenn da nicht noch Blizzard wäre.

Seit Release werden alle Ideen und Kommentare aus den nicht-US Foren ignoriert.

Seit Release wird eine Eindeutschung von WoW durchgezogen, die absolut lernresistent gegen jedweden Einwand oder Widerstand durch die Community ist.

Seit Release gibt es kaum Kommunikation mit der Community. Die nicht-US Foren dienen lediglich dazu das der Ärger über WoW und Blizzard nicht zu sehr nach aussen dringt, die US Foren werden zum großen Teil einfach ignoriert. Die deutschen CMs beispielsweise sind ohne Ausnahme kompetenzlos, ihre britischen Kollegen schauen da im Vergleich auch nicht besser aus. Das Blueposts ausgerechnet im Übersetzungsforum am häufigsten sind, wo eine überhebliche und sehr zickige Chefübersetzerin in ihrer kleinen Pseudo-Welt als Diktatorin regiert, ohne auch nur das geringste bisschen Einfühlungsvermögen oder Hirnschmalz zu nutzen, ist schon schlimm genug.

Seit Release wird ausserhalb der US-Server de facto nichts gegen Goldfarmer oder irgendwelche Spambots unternommen. Die vierteljährlichen Löschungen sind lediglich pro forma und haben nicht den geringsten Effekt auf das Spiel oder die Ingame-Wirtschaft.

Seit Tigole bei Blizzard angeheurt hat, treibt er denselben Mist den er zuvor bei Everquest angeprangert hat. Schlüsselquest um Schlüsselquest, Ruffarming, verbuggte Encounter, verbuggte Instanzen, nicht getestet Bosse.


Unterm Strich denke ich, das in meinem Fall im wesentlichen die mieserable Firmenpolitik seitens Blizzard für meine Kündigung verantwortlich ist. Ja, ich bin frustriert und daher auch meine nicht allzu freundliche Abrechnung mit der blauen Gefahr. Nachdem ich aber ein ums andere Mal versuchte Vorschläge einzubringen und jeden erdenklichen Weg gegangen bin ohne auch nur eine Antwort in der Form von "Wir schauen uns das mal an" oder "Das macht so keinen Sinn" erhalten zu haben, bleibt mir nur das Desinteresse mit gleicher Münze heimzuzahlen ;-)

Bye WoW, hallo Warhammer-online

PS.: Im Übrigen bin ich nicht allein. Viele alte Freunde bei denen ich mich verabschiedet habe, denken auch schon länger über diesen Schritt nach, im Großen und Ganzen aus denselben Gründen. Manche sind schon weg und so langsam sterben die alten Spieler aus, während die neueren Spieler zwar begeistert sind vom Spiel, aber ohne die Hilfe der Alteingesessenen vor erheblichen Schwierigkeiten stehen. Wie erklärt man effektives Tanken? Wie heilt man "richtig"? Wie gehe ich unbekannte Gegner an? Wo und wann macht Crowd Control Sinn und wie setze ich meine Gruppe effektiv ein, selbst bei einem nicht-optimalen Setup?

Die Erfahrung im Spiel geht und mit ihr stehen sowohl neue Spieler als auch Casuals vor noch mehr Hindernissen.
 
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