Philister
Rare-Mob
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Der Fall Kurras und die Folgen
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Und hier der Kommentar einer schweizer Zeitschrift
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Und hier der Kommentar einer schweizer Zeitschrift
Etwas rasch sind einige deutsche Zeitungen über die Enttarnung des früheren Stasi-Spitzels Karl-Heinz Kurras hinweggegangen. Der ehemalige Westberliner Polizist geriet am 2. Juni 1967 in die Schlagzeilen, als er bei einer grossen Demonstration den Studenten Benno Ohnesorg von hinten erschoss und damit einer Radikalisierung der deutschen 68er Bewegung massiv Vorschub leistete, ja vielleicht sogar durch seinen Todesschuss den Gründungsmythos schuf, auf den sich die randalierenden Studenten in ihrer Fundamentalopposition gegen die Bundesrepublik stets beriefen. In Kurras, so die damalige Lesart, sei der faschistoide Charakter, die unverdaute nationalsozialistische Vergangenheit der jungen BRD zur Kenntlichkeit entstellt worden. In der Hassfigur des autoritären, unter fragwürdigen Umständen später freigesprochenen Todesschützen glaubten die Protestler den Beweis für die Richtigkeit der eigenen Militanz zu erblicken.
Letzte Woche kam heraus: Der schiessende Polizist war in Wahrheit ein Agent der ostdeutschen Staatssicherheit, ein Spion und Mitarbeiter der DDR, der, selber Kommunist, jahrelang im Auftrag des Oststaats arbeitete. Ob der linke Polizist den linken Studenten auf Geheiss der DDR erschoss, um die Situation absichtlich zur Eskalation zu bringen, lässt sich nach heutiger Quellenlage nicht klären. Umgekehrt muss man sich die Frage stellen, mit welcher anderen Motivation der verdeckt arbeitende Kriminalbeamte im damaligen Konfrontationsklima auf einen unbewaffneten Studenten denn hätte feuern sollen. Kurras muss gewusst oder zumindest in Kauf genommen haben, dass seine Tat eine qualitative Veränderung, eine Steigerung des Chaos und eine Aufwiegelung militanter Gruppen bedeuten würde. Eigentlich ein brillanter Stoff für den Spionageschriftsteller John le Carré.
Der Fall Kurras ist keine Fussnote zur Geschichte der 68er. Er bringt unangenehm zum Ausdruck, was die revoltierenden Studenten bis heute gerne verdrängen. Ihr Protest mag nicht ausgelöst worden sein in den kommunistischen Kommandozentralen des Ostens, aber zu einem sehr frühen Zeitpunkt steuerten, beeinflussten und bemächtigten sich die Stasi-Strategen der Aufwiegler im Westen.
Manch einer, der damals in Deutschland oder in der Schweiz, aus ehrlicher Empörung über Ohnesorgs Erschiessung, auf die Barrikaden stieg, dürfte sich heute als nützlicher Idiot des internationalen Sozialismus vorkommen.
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