Die Mikro-Transaktionen des Satans

Kreuzfeuer

Quest-Mob
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Eine Meldung geistert über die MMO Seiten: Turbine, die Firma, die ‘Herr der Ringe Online’ (HdRO) und Dungeons & Dragons Online (DDO) betreibt sucht einen Manager für Microtransactions.

OMG! Hilfe! Was fällt denen ein? Die Scheisse ist im Ventilator, alles zu spät, die Arschlöcher drehen durch.

So - oder ähnlich - hörte sich die Reaktion in den Communities an. Und nicht nur auf den Seiten von Turbine. Normalerweise wird nicht aus jeder Personalanzeige in der MMO Branche eine News-Meldung gemacht. Was ist hier passiert?

Im Vorfeld eine kurze Erklärung für die KNBs (Kacknoobs), die mit dem Begriff ‘Micro-Transaction’ vielleicht nichts anfangen können. Hierbei dreht es sich um Online-Zahlungsmethoden, bei denen Inhalte Stück für Stück bezahlt werden. Auf dem IRL-Gemüsemarkt ist dieses Verfahren seit ca. 5.000 Jahren erfolgreich im Einsatz. Bei MMOs hat sich - vor allem in der westlichen Welt - das Abonnement als Zahlungsmodell durchgesetzt. Mikro-Transaktionen kennt der normale Online Spieler (WOW) aus finsteren Gerüchten über koreanische und chinesische Gratisspiele, deren Betreiber sich durch den Verkauf (virtueller) Ausrüstung für die (virtuellen) Charaktere in sogennanten ‘Item-Shops’ eine goldene Nase verdienen. Ein Geschäftsmodell, bei dem der Spieler sofort die Kontrolle über seine (realen) finanziellen Ausgaben verliert und direkt in den Privatbankrott rauscht. Endstation dieser Spieler-Karrieren sind Online-Poker-Räume und die Schuldnerberatung. Man stelle sich das mal vor: da hat jemand sein voll-lila-IMBA-T15-Set nicht durch monatelanges, ehrliches, stupides Dauer-Raiden in der aktuellen Sado-Maso-Instanz zusammengefarmt sondern einfach so mit echtem Geld gekauft. Wie soll man im Spiel die ehrlichen Vollzeit-Versager (Black Tempel) von den reichen Schnöseln (Item-Shop) unterscheiden? Solche Gedanken scheinen in den Köpfen der MMO-Spieler rumzuspuken. Micro-Transactions = Itemshop = Untergang der westlichen MMO-Welt.

Zugegeben, für Rollenspiele, in denen man sich die Ausrüstung mit richtigem Geld zusammen kauft, habe ich ebenfall Null Toleranz. Das widerspricht dem Geist eines Spieles, der darin besteht, dass man sich bestimmten Regeln unterwirft und versucht, auf dieser Regelbasis erfolgreich zu sein. Mag sein, dass man heutzutage in den grossen Fussballligen, mit Geld Spieler, Stadien und ganze Vereine kaufen kann. Erfolge müssen aber immer noch durch Tore auf dem Platz erzielt werden. Nun sind MMOs aber nicht nur eine moderne Form des Gesellschafts-Spieles, sondern auch Entertainment. Sie stehen irgendwo zwischen klassischen Daddel-Games, Kino, TV und Vereinssport. Und da ist durchaus Platz für Mikro-Bezahlung. Schliesslich musste man damals 1976 an der Kinokasse auch nur für ‘Krieg der Sterne’ bezahlen. ‘Das Imperiumk schlägt zurück’ und ‘Rückkehr der Jedi Ritter’ wurden erst bei Erscheinen inkassiert. Niemand käme auf die Idee, Abonnements für Kino-Serien zu zahlen. Oder?

Das Beipiel klingt konstruiert, trifft aber den Kern der Sache. Warum bezahlen MMO Spieler so gerne für Inhalte, die sie erst viel später oder gar nicht nutzen? Warum bezahle ich für zwölf Klassen, wenn ich doch nur den Paladin spielen will? Warum bezahle ich bei WOW für die ‘Allianz’, wenn ich sie eigentlich für einen schleimigen Moralisten-Haufen halte, den ich nie anrühren werde? Wieso zahle ich für den schwarzen Tempel, wenn ich ihn niemals, niemals, niemals betreten werde? Die Antwort: wir sind es durch die alte Traditon des Spiele-Kaufs-in-der-Schachtel-bei-MediaMarkt gewöhnt. Wir wollen immer alles haben, was dazu gehört. Aber MMOs sind grösser als Tomb Raider und Quake. Die Spieldauer ist um ein vielfaches länger. Deswegen gibt es ABOs. Aber die sind meiner Meinung nach nicht immer die optimale Lösung.

Meine These: je grösser ein MMO ist, je länger man levelt, je mehr Start-Optionen an Rassen, Klassen oder Gebieten vorhanden sind, je sinnvoller sind Mikro Transaktionen. Für den Spieler. Für die Hersteller ist es durchaus sinnvoll, sich die teure Entwicklung des gesamten Spieles durch einen Boxverkauf und durch fette ABO-Gebühren von allen Spielern und von Anfang an bezahlen zu lassen. Auch wenn 3/4 der Spieler nach 1/4 des Spieles wieder aussteigt. Man sieht bei ‘Age of Conan’ sehr genau, wohin das führt. Wieso habe ich nicht nur Tortage bezahlt? Das war gut, der Rest des Spieles war Kernschrott.

Die Alternative sind Spiele, bei denen man sich bestimmten Features nach und nach bei Bedarf frei schaltet: Klassen, Rassen, komplette Gebiete oder auch nur Dungeons/Instanzen. Für langsame Gelegenheitsspieler ist das besonders sinnvoll. Guild Wars hat übrigens einen ähnlichen Ansatz. Bei DVDs und Büchern ist es vollkommen logisch, dass man sie an der Kasse bezahlt, wenn man sie konsumiern will. Und weil dieses Verfahren gut ist, wird auch mehr Geld mit DVD Verkauf als mit Pay-TV (z.B. premiere) verdient. Das Turbine über solche Ansätze nachdenkt, finde ich gut. Einen Item-Shop können sie sich aber in die Haare schmieren…

mehr zum Thema bei:
www.die-planaren-exploratoren.de
 
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