Eine Woche harte Arbeit - Harvest Moon - Geschichte zweier Städte (3DS)

Khanor

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Tag 1:
Ein Pferdefuhrwerk reitet in einem Affenzahn durch das Gebirge, das Pferd erschrickt und der Wagen holpert ein paar Stufen hinunter. Der Avatar bleibt bewusstlos liegen, das Pferd und die Waldtiere stehen besorgt drum herum.

Der Spieler erwacht, als ein älterer Herr und eine jüngere Dame ihn wecken. Sie teilen ihm mit ihn erwartet zu haben, berichten jeweils von den beiden an den Berg grenzenden Dörfern und entpuppen sich als die Bürgermeister. In Bluebell wirtschaftet man mit Vieh, in Konohana mit Erntegut, der Spieler wählt sein Dorf nach seinen Vorlieben und bekommt einen Hof gestellt.

Der Rest des Tages verstreicht mit Tutorials aller Art, die nicht einmal Rechtschreibfehlerfrei sind, was mich die gesamte 50-minütige Busfahrt Richtung Darmstadt beschäftigte.


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Tag 2:
Langsam geht es los. Natürlich darf nicht gleich zum Aufstehen ein weiteres Tutorial fehlen, aber danach sind die ersten höflichen Pflichten abarbeitbar. So zum Beispiel das Rübenfeld abernten, welches bereits vor meiner Ankunft bestellt war. In meinem Lager finde ich noch je 3 Saateinheiten für zwei weitere Rübensorten, die ich anpflanze und bewässere.


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Ich sehe mich auf dem Hof um, es gibt aber nichts weiter zu tun, also will ich mich in Konohana ein wenig umsehen und vielleicht als Tagelöhner tätig werden - schließlich brauche ich Geld, um weiteres Saatgut zu kaufen.

Soweit erst einmal Fehlanzeige, aber ich habe ja schließlich noch die geernteten 9 Rüben, die mir mitsamt Hof überlassen wurden. 8 in die Tauschbox, eine behalte ich für alle Fälle, am nächsten Tag werden mich dafür wohl um die 250 Geldstückchen erwarten.

Der Tag verstreicht und ich spreche mit jedem Dorfbewohner, der mir über den Weg läuft, besuche jedes Haus und lese jedes Buch. Am interessantesten erscheint mir das Haus des Samenhändlers, das Montags von 11 bis 16 Uhr geöffnet hat. Es ist 13 Uhr und ich komme nicht in den Laden, komische Welt.

Ich nehme vom Schwarzen Brett vor dem Rathaus beide Aufträge an, die mich ins Gebirge führen um dort etwas zu sammeln.


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Dort angekommen kämpfe ich irritiert mit der Steuerung (das Tutorial sprach davon, sich nicht zu schnell an Tere anzuschleichen und mit dem L-Knopf schnell laufen zu können, mein Avatar kennt aber nur gehen mit dem Steuerkreuz und laufen mit dem Schiebepad. Irgendein Nager gerät mir doch in die Finger, zeigt sich darüber aber nicht sonderlich erfreut - also setze ich ihn wieder ab, suche bis zum Sonnenuntergang erfolglos nach einer grünen Heuschrecke und begebe mich mit Anbruch der Nacht auf meinen Hof zurück und gehe Schlafen.

Tag 3:
Kaum erwacht steht die Erntegöttin persönlich in meiner Wohnküche und erzählt mir, dass der Zwist zwischen Bluebell und Konohana traditionell bedingt ist und sie selbst es vor hundert Jahren war, die den Eintracht bringenden Tunnel zwischen ihnen wegen der Kleinkriege der Bürgermeister zum Einsturz brachte. Ganz nebenbei trällert sie fröhlich, dass ich durch meine Teilnahme an den regelmäßigen Kochwettbewerben diese Eintracht wieder aufbahen soll. Dabei hatte ich ursprünglich gar nicht vor, dem Kochen so große Bedeutung beizumessen.

Weiber...

Als ich mich dann endlich der Gartenarbeit widmen will steht Bürgermeisterin Ina auf meinem Hof und bringt mir stolz mein genesenes Pferd (welches ich spontan auf Steed taufe) und schenkt mir obendrein einen Ersatz für meinen zerstörten Wagen. Wer weiß wofür der gut sein wird.

Im Schlepptau hat sie den ortsansässigen Pferdeflüsterer, der mit einem weiteren Tutorial aufwartet. Pferd und Wagen werden erklärt, aufsitzen, absitzen, anspannen, abspannen und der Wagen ersetzt scheinbar das Lager in meinem Haus.

Voller Freude über das neue Spielzeut sitze ich auf und reite los, in den Wald, suche weiter nach dem grünen Insekt für Gombe und sammle Steine, Pilze, Blumen...


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Nebenbei falle ins Wasser und merke nicht schwimmen zu können, verschrecke einen Affen, begegne einem Bären, überlege was mir im Dorf über das Füttern eines Bären erzählt wurde, flüchte vor dem Bären, falle ins Wasser und kann noch immer nicht schwimmen, flüchte vor dem Bären, falle ins Wasser, kann noch immer nicht schwimmen, erhalte aber ein Erz irgendwo aus dem Bach, treffe eine Bewohnerin aus Bluebell, wundere mich über den einsetzenden Regen, erwische den Grashüpfer und mache mich auf den langen Heimweg, gebe bei Gombe das Insekt ab und erhalte Rübensamen, die ich in meiner Tasche ablege, durch die ich schon länger nicht mehr durchsteige, nachdem ich bereits vorher schon das Abgeben des Items aufgrund der Struktur der Tasche etwas unübersichtlich war. Gombe verspricht mir weiterhin viele Aufträge und ich reite so schnell ich kann zurück zum Hof, da ich die Feldarbeit am Morgen ganz vergessen hatte, seitdem zwar nur 10 Minuten Echtzeit aber 12 Stunden Spielzeit verstrichen sind. Wie dumm von mir, der Regen gießt doch für mich meine Rüben. Das war schon auf dem SNES so...

Was also tun mit dem angebrochenen Abend? Wie wärs mit Kochen? Mein Ausdauerbalken ist nämlich wirklich knapp dran... Mitte der 90er hatte man täglich eine gewisse Anzahl an Aktionen möglich. Also beispielsweise 50 Aktionen, machte 10 Parzellen mähen, 10 mal pflügen, 10 Samen pflanzen, 10 mal bewässern und 10 mal düngen. Jegliche weitere Aktion platzierte die Figur erschöpft auf dem Hosenboden. Einmal was essen, z.B. wieder Kraft für 10 Aktionen. So ähnlich ist es auch heute noch, wobei man hier Ohnmächtig zusammen bricht und am nächsten Morgen in seinem Bett erwacht (so ist es übrigens auch, wenn man nicht bis um 5 Uhr nachts seinen Tag manuell beendet hat) allerdings ist der Rübensalat - eine eigene, Sternekoch-gleiche Kreation von mir, liebevoll zurecht geschnippelt aus einer einzigen Rübe - nicht sonderlich energieträchtig.

Ich beschließe also noch schnell die beiden Rüben von Gombe einzupflanzen, verschrecke dabei einen Maulwurf und gehe zeitig um 19:50 Uhr schlafen bis nach dem Aufstehen...


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Tag 4:
"Guten Morgen, Lexon, ich dachte ich schau mal vorbei..."

Na herrlich, was wäre denn auch ein Tag, ohne Besuch von der Bürgermeisterin Ina höchstpersönlich? Ich bin hocherfreut. Besonders vor dem Frühstück. Und vor dem ersten Kaffee. Ich bin gerade erst aufgestanden und hoffe, nicht zu schlimmen Mundgeruch zu haben...

Sie erzählt mir... Dinge. Wie immer. Viele Dinge. Ich bekomme das Gefühl, dass mein Leben hier als Farmer, fernab der großen weiten Welt mit all seinen Zivilisationen, fast stressiger ist als ein Leben an der Wallstreet. Es gibt so viel zu lernen und man kommt gar nicht so recht dazu, sich in seine Abläufe einzugewöhnen.

Feste. Kochfeste. Ja, darüber spricht sie. Auch sie will, dass ich an den Kochfesten teilnehme und Bluebell zeige, was eine Harke ist.

Was ist den eine Harke? Ein neuartiges Reisrezept?

Nunja, sie gibt mir auch noch die Tipps, dass ich nicht mit verdorbenen Zutaten aufkreuzen soll (gekocht wird wie im Fernsehen live - "und das ganze kommt nun für 3 Tage bei 225 Grad in den Ofen... ich hab das hier schonmal vorbereitet!"), heißt also am besten ich suche mir ein Rezept aus und sammle die Zutaten am gleichen Tag frisch bzw. einen Tag vorher.

Aber das ist nicht alles, Ende der Woche ist auch noch Rübenfest des Dorfes. Das gleiche in Grün, wenn ichs richtig verstanden habe. Das Thema ist "Salat", wenn ich mich nicht irre. "Rübensalat" kann ich ja bereits. Auch hier wieder der Hinweis, nichts verdorbenes mitzubringen. Das habe ich auch nicht vor, aber mir stellt sich gerade die Frage, ob meine Rüben bis dahin denn überhaupt schon ausgewachsen und erntefähig sind. Die brauchen etwa 4 bis 5 Tage, könnte knapp werden, aber klappen.

Ich sprinte aus der Tür, gieße in aller Hektik meine Rübchen und mache mich auf den Weg, das schwarze Brett zu untersuchen. Steed natürlich immer dabei, geht ja schließlich schneller mit 4 Hufen. Aber eine Hundepfeife oder "Eponas Lied" wären klasse, dann müsste ich mir nicht immer merken, wo ich den Onkel geparkt habe...


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Aha, drei neue Aufträge. Gombe will einen Kohlweisling, Kana will auch irgendwas und der Doc will auch ein paar Kleinigkeiten. Alle Auftragsinhalte sagen lediglich "komm mal zu mir", aber natürlich heißt das nicht, dass damit die Aufgabe abgearbeitet wäre. Nein, es hagelt Tutorials...

Es ist gerade etwa 9:30 Uhr, "Gombes Samen" hat also noch geschlossen. Die Tür ist aber offen. Also schaue ich mal, was es so gibt. Habe ich die 2000 G erwähnt, die ich aus meinen Verkäufen erhamstert habe? Vielleicht wurden sie auch vom Storch gebracht, wer weiß. Aber es wäre doch mal wert zu schauen, was man dafür so kaufen kann.

...nichts.

Die Auslage ist leer.

Endlich begebe ich mich auf die Suche in den Wald, fange Gombes Schmetterling, habe gerade Kanas Fischlein beisammen und begebe mich dann noch auf die Suche nach der Minze für den Doc. Mittag ist schon lang verstrichen, also irgendwie artet das ganze schon wieder in Hektik aus und während draußen vor den Fenstern des Zuges Erzhausen an Sven und seinem 3DS vorbeizuckelt steht Lexon in eine Ecke des Waldes zwischen Bäumen, Felsen und dem Bachlauf gepresst und suche einen Ausweg vor der Wildsau, die irgendwie angepisst von mir ist und das regelmäßig zwischen zwei Rammattacken durch eine Sprechblase mitteilt. Aber keine Chance, die wilde Wutz ist so aggro, dass sie mich nach mehreren Hieben in eine Ohnmacht versetzt.

Lexon sagt etwas wie "oh, ich... ich kann... ich kann nicht mehr...", Sven sagt etwas wie "oh, du blöde Sau, du ganz blöde Sau, du ganz ganz blöde blöde Sau, meine schönen Rüben..." und die erscheinende Erntegöttin säuselt irgendwas lieblich dusseliges wie "hihi, du bist zum ersten Mal ohnmächtig geworden. Mach dir keine Sorgen, Toodles."

Wer ist Toodles?

Und wieso freut sie sich so?!

Tag 5:
Lexon schwingt sich aus dem Bett, voller Tatendrang, schlüpft in sein täglich gleiches Gewand bzw. hat es die letzten 4 Tage gar nicht erst ausgezogen, nachdem er es von Ina geschenkt bekam, stürmt Richtung Tür und "Hallo Lexon..." NEIN!

... ich dachte dies wäre eine Farm, kein Saloon. Vielleicht sollte ich die Tür heraus nehmen, sie scheint ja eh nie still zu stehen und der Holzverschleiß wird sicherlich eines Tages auf mich zurückfallen.

Man sehe es mir nach, ich habe keine Ahnung, wer an diesem Tag schon wieder was von mir wollte. Ich denke es war Ina, vermutlich steht sie auf mich oder meinen glasigen Blick nach dem Aufstehen.

Da das Fest näher rückt und der Tag noch frisch und knackig ist gieße ich meine Rübenfelder und stelle fest, dass bei den ersten Pflanzen schon ein Grünstrunk aus der Erde ragt. HEUREKA! Danach geht es in die Küche. Wäre doch gelacht, wenn ich nicht etwas rafiniertes zaubern könnte. Ich habe zum Beispiel Kräuter gefunden, die sich (laut Tooltip) für Tee eignen. Also rein in die Kochniesche, "kochen ohne Rezept" gewählt, noch etwas fragend drein geblickt und mit den Kräutern das Kochen begonnen.

Der Bildschirm verdunkelt sich.

Man hört jemanden Kräuter hacken.

Irgendetwas brutzelt.

Der Bildschirm wird wieder hell, Lexon dreht sich zur Kamera um, hält eine Schale dampfender Schwärze in die Luft, sichtlich erfreut, und unterhalb erscheint eine Textbox mit dem Inhalt:

"Du hast Fehlschlag hergestellt."

Grandios!

Erscheint das nun auch in meinem Kochbuch? Jamie Oliver zeigt bestimmt bald Interesse...

Der Tag verstreicht mit Besuchen bei meinen Auftraggebern, ich erhalte weitere Rübensamen und vom Doc sogar Kartoffeln, nachdem ich ihre Minze ohne Wildschweineinlage ergattern konnte, quatsche noch mit jedem, der mir so über den Weg läuft (Doc meinte, das steigere meine Sympathie mit demjenigen, und ich wolle ja schließlich beliebt sein), schaue den Rüben beim Wachsen zu bis die Erde wieder trocken ist, gieße erneut, habe natürlich alle weiteren Rüben und die Kartoffeln auch unter die Erde gebracht und - was soll man schon tun, wenn der Terminplan prall gefüllt ist und man gar nicht weiß, wo einem der Kopf steht?

Man geht schlafen.

Tag 6:
Ohne Elan öffnet Lexon die Augen, steigt aus dem Bett, blickt routiniert zur Tür und...

...nichts.

Kein Besuch, kein Auftrag, kein Tutorial. Kein Bittsteller, Kläger oder Staubsaugervertreter. Weder Einschreiben noch Brieftaube warten auf der Schwelle. Doch wo ist Errol mit dem Tagespropheten?!

Gehe ich gleich wieder schlafen? So viel Ruhe muss gut genutzt werden...

Desillusioniert suche ich nach dem Hinweis einer außerirdischen Kollonisation in der vergangenen Nacht, aber nichts dergleichen zu finden. Auch eine Kaffeemaschine suche ich vergeblich. Aber ich finde einen Kalender (praktisch, ich hatte schon befürchtet, dass es nur einen in der Stadt gibt).

Ach du Schreck, jeden zweiten Tag hab ich Termine! Vor zwei Tagen hab ich einen Geburtstag verpasst, morgen ist Party und heute hat Mako Geburtstag. Was soll ich nur schenken? Wo krieg ich auf die Schnelle etwas her? Ob er ein selbst gesammeltes Stück Holz zu schätzen weiß? Was zieh ich nur an?? Wann und wo ist denn die Feier???

Und wer ist denn bitte dieser Mako?!?

Ich gehe meine ersten Rüben ernten - yay - und teste deren Aerodynamik auf dem weg in meinen Karren. Grünzeug wässern nicht vergessen.

Auf der Suche nach Reina, um über ihren Auftrag zu reden, begegne ich ihr und tue ganz interessiert, als sie mir Dinge über das Sammeln von Gegenständen erzählt, die ich schon lange weiß.


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Kamille will sie. Und Minze. Na dann wollen wir mal...

Steed hoppelt in den Wald, ich greif mir quasi alles was ich finden kann (in der Zwischenzeit watschelt Reina fröhlich vorbei... selber sammeln macht dick!) und werde plötzlich und unverhofft unterbrochen. Das Grinsegesicht der Erntegöttin beglückwünscht mich zu 1000 Schritten zu Pferd. Sie brabbelt noch irgendwas, während ich in Gedanken zur Melodie ihrer Stimme Jazztanz mache und mir wünsche sie möge bald enden, ewig hält so ein Tag ja auch nicht und ich hab ja nich viiiiieel zu tun.

Mit einem schockierten Blick auf die Uhr stelle ich fest, dass es schon geschlagene 17:04 ist.

Um wenigstens mal zu versuchen, jemandem eine Freude zum Geburtstag zu machen, habe ich Blumen im Gepäck. Ich weiß zwar nicht, ob der eher nach wilden Samurai-Kämpfen aussehende Obstgärtner Mako auf Blumen abfährt, aber Steine werden wohl kaum seine Stimmung heben.

Die Sonne versinkt schon, als ich Konohana erreiche, außerdem hab ich ja noch Zeugs für Reina dabei. Das abzugeben wäre auch nicht verkehrt. Und vielleicht ein Blümchen extra...?

In den 90ern konnte man sich durch Anstrengungen auch eine Gefährtin und bis zu zwei Sprösslinge einheimsen.


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Reina wäre bisher die für mich ansprechendste Wahl, aber ich kann sie auf meinem Sprint durchs Dorf und seine Häuser nicht entdecken. Also fix weiter zu Mako, bevor sein Geburtstag vorbei ist. Verspätete Glückwünsche gehören in mein Reallife, sollen meinem Avatar aber erspart bleiben.

Im gesamten Dorf ist schon alles auf Halbmast, kein Mako. Gut, das grenzt die Möglichkeiten auf seinen Hof ein. Wo sollte er auch sonst sein? Hinterher flüchten noch die Äpfel von den Bäumen, wenn er nicht acht gibt...

Aber an seinem Platz am Zaun ist er nicht. Abstruse Fantasien über ein Schäferstündchen mit der Vogelscheuche zerstreuen sich bei einem Blick hinter die Baumgruppe auch, da steht der Krähenschreck mit unverwüstet verwüstezer Frisur und vollständig bekleidet. Das Klopfen an der Tür spart man sich und tritt direkt ein, sofern die Läden geöffnet sind und die Herrschaften nicht schlafen. Aber auch nach Einbruch der Dunkelheit findet sich kein Mako inside, im Schein des Kamins aber...

...steht die nun ehemalige Frau meiner ungezeugten Kinder am Tisch.

Reina.

Wie konntest du mir das antun, zur Nachtruhe im Gemach eines Anderen?!

Aber so spielt das Leben (oder heißt es in einem Spiel gar anders herum?) und ich beschränke mich auf das Geschäftliche: Items gegen Belohnung, aber zackig!

Schweren Herzens kehre ich auf mein Gehöft zurück,spare mir das Gießen auf den üppigen Äckern, denn wie in einer dunklen Vorahnung meines Herzschnerzes begann es bereits vor Einbruch der Dunkelheit zu regnen, ein kontrolierender Blick in meine Taschen, ob auch für morgen noch ausreichend frische Rüben da s8nd und a in die Falle.

Tag 7:
"Guten Morgen, Lexon, ich dachte ich komme mal vorbei."

Nett von dir, machst du das noch einmal, liebe Ina, pollier ich dir die Pixel!

Sag, stehst du irgendwie auf mich?!

Darüber sagt sie nichts, aber sie ist extra früh aufgebrochen um mich an den heutigen Battle auf der Bergspitze zu erinnern. Und ganz reinzufällig hat sie auch eine Gurke und Speiseöl dabei, ich solle doch mal "Gurkennamul" kochen und damit ab 12 am Kochduell mit Harry Weynfurt teilnehmen.

Ich häcksel also ihr Grünzeug und gieße das meinige und mache mich auf den Weg. Halb 8 am Morgen, um 12 gehts erst los...

Ich entscheide mich, Bluebell einen Besuch abzustatten. Denn was passt an einem Sonntag besser, als durch den Sonnenschein zu reiten, ein wenig neben dem Pferd herzuspazieren und die Landschaft zu genießen, freundliche Leute kennenzulernen und sich die Sehenswürdigkeiten fremder Orte anzusehen, über Märkte zu schlendern, Auslagen anzusehen und (...) geschlossen.

Alles.

Natürlich, es ist ja auch Sonntag.

Die meisten Häuser sind betretbar, aber es ist nichts los. Die Stände auf dem Platz sind vorhanden, aber verwaist oder ich bekomme den Hinweis aufs Wochenende. Die Tiere im entsprechenden Fachhandel schauen mir gelangweilt zu, wie ich durch die Stallungen und über die Höfe zwischen ihren Reihen hindurch schlendere, nur die Hühner wirken etwas erregt, als ich sie der Reihe nach einmal hochhebe und ein Podest zum Absprung suche... falsches Spiel, sorry liebe Hühner.


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In mir hinterlässt dieser Besuch doch eher das allgemeine Sonntagsgrau, welches mich auch in der Realität regelmäßig ereilt: ich hasse Sonntage, Man kann einfach nichts machen!

Die Zeit schreitet ausnahmsweise nur quälend langsam voran und ich untersuche jede Ecke des Dorfes genau aber gelangweilt und entdecke sogar einen leerstehenden Hof, der wie gemacht dafür scheint hier eine Karriere als Viehzüchter zu beginnen. Es gibt ein Wohnhaus mit Bett und Kochniesche, eine Stallung mit Weideplatz, sogar einen Ort neben dem Haus, auf dem man perfekt einen Pferdewagen abstellen könnte...

Letzten Endes mache ich mich um halb 12 auf den Weg zur Bergspitze, auf dem der Kochwettbewerb in Bälde beginnen wird.


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Vom Wettbewerb selbst gibt es nicht viel zu berichten. Die Teams jedes Dorfes warten mit jeweils drei Köchen auf, jeder mit einem anderen Gericht. Als Special Guest und einziges Jury-Mitglied ist ein Dieter-Bohlen-Verschnitt geladen, dessen Name ich ebenso vergessen habe wie den Grund, warum die reale Welt den realen Dieter Bohlen nicht augenblicklich lynchen sollte. Er wandert umher, verspeist insgesamt sechs Gerichte (und ich beneide ihn für diese Ausdauer), kommentiert sie allesamt recht einsilbig (von "..." über "Aha." bis "Nicht schlecht.") und kommt im großen Finale richtig in Fahrt - die Programmierer haben eindeutig zuviel ferngesehen. Er wandert zwischen "der Gewinner ist..." und der absehbaren Antwort "Konohana!" von Team zu Team drei Mal hin und drei Mal her, mit quälend bedacht langsamen Schritten.


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Wieso die Erntefee sich von den beinahe gehässigen Kommentaren der Bürgermeister im Anschluss an die Siegerehrung eine erneute Annäherung der Dörfer erwartet bleibt mir ein Rätsel.

Pünktlich um 18:00 Uhr stehe ich allein auf dem Berggipfel in der untergehenden Sonne, stapfe zu Steed und mache mich auf den Heimweg, gieße mein Unkraut und zupfe die Rüben und lege mich zufrieden ins Bett.

Tag 8:
"Guten Morgen, Lexon."

Komm doch rein, bring Bier mit. Schön dich zu riechen.

Ina, die gute Ina. Man muss ihr lassen, dass sie sich wirklich ausgiebig um ihre "Schäflein" kümmert. Die brave Ina. So nett und darauf bedacht, dass alles seinen Gang geht. So...

Was hat sie doch gleich gesagt? Vor lauter (A) drücken hab ich ganz vergessen ihr zuzuhören. Ich war so abgelenkt. Über Nacht kamen mir diverse Gedanken und ich konnte es beim Augenaufschlag kaum erwarten, mit deren Umsetzung loszulegen.

a) Ich will nach Bluebell reiten und mir das Dörfchen mal an einem Werktag ansehen.
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Das will ich gleich tun, nachdem ich mich um meine Anpflanzungen gekümmert habe.
c) Ich will einen Fisch fangen.
d) Ich will das ausprobieren, was mir ein Mädchen im Dorf gleich am zweiten Tag erzählte, nämlich den Fisch in der Nähe eines Bären im Walde platzieren und abwarten, ob er ihn frisst und sich dann im Laufe der Zeit vielleicht zu einem Knuddel-Teddy entwickelt.
e) Ich will mal schauen, ob ich nicht mit den gesammelten Steinen und Hölzern, in deren Tooltipp steht, sie seien für Werkzeuge geeignet, aus dem Schmied ein wenig mehr als glitzernde Ablehnung mit Sternchen heraus bekomme.

Also mache ich es wie die Madagaskar-Pinguine ("süß und knuddelig" sein bis Ina weg ist), sattele Steed und reite los.

Zu
cool.png

Erledigt. Auf gehts.

Zu e)
Der Schmied sagt etwas belangloses wie "woher wusstest du, dass ich das mag? Jetzt lass mich in Ruhe, ich hab zu tun", aber ich habe auch nicht mit einem instant-Heiratsantrag gerechnet.

Zu c)
Ein Fisch ist schnell gefangen, aber...

Zu d)
...wo sind denn die Bären, wenn man sie gerade sucht? Kann man sie nicht gebrauchen kräuchen und fläuchen sie an jeder Parkuhr und unter jedem Stein, nur darauf bedacht einem die Mütze zu stiebitzen, aber wenn man sie sucht sind sie wie der uppige Belag auf den REWE-qualitäts-Pizzen: einfach nicht vorhanden. Als ich dann nach gefühlten (und im Spiel tatsächlich vergangenen) Stunden eines der Brummeltierchen entdeckte gibt er mir zu verstehen, dass ihm der Fisch herzlich egal ist und scharwänzelt weiter um den Baum herum, auf den ich mich verkrochen habe...

Zu a)
Als erstes auf der Liste und als letztes in Angriff genommen gelange ich nach Bluebell und quatsche die meisten Herrschaften noch einmal an, die mir andere Dinge als Sonntags erzählen, meine Ungeduld und die Angst vor noch mehr Aufgaben für meinen ohnehin platzenden Terminkalender aber stetig steigern, bis ich die nächsten Aufgaben annehme.

Das nennt man "übertriebenes Geltungsbedürfnis". Die ganze Welt soll mich lieben!

Ich war eigentlich der Hoffnung verfallen, dass die Blumen, die man vielfach finden kann, zum verschenken da sind, gelegentlich auch für die Auftragserfüllung einiger Personen und, wenn man manchem Tooltipp glaubt, sie sich "gut als Hausschmuck" eignen, um mein Heim eines Tages zu verschönern - wenn ich mal genug Zeit habe, dort für mehr als den Nachtschlaf und die morgendlichen Tutorials einzukehren.


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Das hier ist Bluebells Blumenhändler und - Shrek lass nach! - aus Blumen lassen sich u.a. Parfüms herstellen. Das ist so wie Kochen, nur anders. Heißt also, dass es noch eine weitere Variante gibt sich per try-and-cry an irgendwelchen Ingredenzien auszutoben, nicht nur beim Kochen.

Aus dem "ich frag mal" im Zoohandel, wie die Aktien so stehen wird ein "ja, ich hätte gern für Regentage, an denen ich das Federvieh nicht auf den Hof lassen kann, auch noch eine Packung Trockenfutter dazu. Und eine Tüte". Gegen Nachmittag reite ich also als nebenberuflicher Ei-Magnat heim (erwähnte ich die dazu erforderlichen 800 Tutorials?).


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Was mir siedend heiß einfiel, als ich so durch die Tore nach Bluebell ritt, trieb mich zu noch größerer Eile an:
"Was mag das nur für eine große, rote Säule da auf dem Vorplatz des Dorfes sein? Es sieht ja aus wie ein Briefkasten..."


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Und so stehe ich alsbald vor besagtem Gebilde, bereit zur Interaktion und stelle fest: ja, es ist ein Briefkasten. Ich kenn nur leider niemanden, dem ich... ein StreetPass-Briefkasten?!? Wie genial! Eine meiner Lieblingsbeschäftigungen auf dem 3DS hat also auch hier Verwendung gefunden, wie Hammer ist denn das bitte?

Ich werde also durch die Stadt laufen und dem erstbesten 3DS-Genossen mein Datenpaket verpassen und, sofern er auch Harvest Moon - Geschichte zweier Städte spielt, bekommt er Post von mir. Von meinem System zu seinem System. Quasi elektronische Post.

Wenn es sowas doch nur in der Realität auch gäbe, elektronische Post...

Aber was will ich verschicken? Vermutlich steht so jeder StreetPass-Nutzer einmal vor dem Briefkasten und nimmt das Erstbeste aus seiner Tasche, was ihm am unwichtigsten erscheint. In meinem Falle ist es eine Fischgräte. Sorry, lieber Empfänger.

Das ist ein Problem, das in der Realität nicht auftaucht. Wenn man niemandem per Post was zu schreiben oder zu schicken hat, tut man es auch nicht. Ganz einfach. Es wäre zu schön, wenn sich das im Internet auch so gehalten hätte über all die Jahre. In Bahnhofsunterführungen oder Schultoiletten regt man sich über die "ich war hier"-Tags, die mit Edding an die Wände geschmiert wurden, auf, aber im Internet macht es doch eigentlich fast jeder genauso. Hauptsache irgendwas schreiben und zu allem seinen auch noch so dummen Senf dazu geben, gern auch mal beleidigend sein...

Hey Leute, hört mal: man darf in Deutschland eine Meinung haben, man muss nicht.

Aber zurück. Die Fischgräten sind verpackt, abschicken, alles klar, und nun warten, was die nächsten Begegnungen im StreetPass so bringen.

Das vorhin erstandene Frischgeflügel erwartet mich schon im Stall und ich bin dann doch etwas überfragt, wie die Futterbox funktioniert. Die in Erinnerung behaltene Erklärung probiere ich aus mit dem Ergebnis, dass ich schon die Hälfte meiner Notration auf dem Boden verteilt habe, bevor auch nur ein Stapel Trockenfutter im Trog landet.

Zeit fürs Bett, ich muss ohnehin gleich umsteigen.

...

Im Reallife vergehen nun einige wenige Tage in denen ich den einen oder anderen StreetPass habe, aber großartig zum Spielen komme ich nicht. Doch es dauert nicht lang, bis neben den üblichen Meldungen aus der StreetPass Lobby über Besuch, importierte Driver Renegade 3D Rekorde, Autolog-Empfehlungen aus Need for Speed - The Run oder aber Minispielherausforderungen aus Mario Party - Island Tour und weiteren auch die Mitteilung eintrudelt, dass ich in Harvest Moon - Geschichte zweier Städte Post bekommen habe!

Vermutlich eine stinkende Socke von jemandem wie mir, der das auch einfach nur mal ausprobieren wollte.

"Ich war hier!"

Insgesamt war meine erste Woche in Harvest Moon - Geschichte zweier Städte sehr erlebnisreich. Und auch anstrengend. Schön, aber auch etwas zu vollgefüllt und - was ich schade finde, aber vielleicht im Moment anhand so vieler neuer Eindrücke überbewerte - stressig. Termine über Termine, das Land der unbegrenzten Möglichkeiten erwartet mich dort stets aufs Neue, alles will man gleichzeitig machen und muss man gleichzeitig lernen, ohne sich Stück für Stück erst einmal einfinden zu dürfen. Vielleicht erst einmal zwei Wochen im Dorf sein mit nur dem minimalsten Aufwand an zusätzlichen Dingen außer dem Grundhandwerk, um die Leute kennenzulernen, sich umzusehen und zu entdecken, ja, das wäre für mich vielleicht nicht schlecht gewesen.

Aber sei es drum: die Musik ist stimmig, die Grafik absichtlich knuddelig bis auf die Dialogansicht der Charaktere, die Steuerung funktional und das Gameplay... "umfangreich".

Wer nach meinem Einblick dieser einen Woche Lust bekommen hat, macht sich am besten selbst ein Bild. Eine "richtige" Bewertung ist besonders in einem solchen Spiel schwierig. Für mich ist Harvest Moon - Geschichte zweier Städte eine Wackelpartie zwischen 6 und 9 Punkten, je nachdem, welche Kriterien man in den Vordergrund rückt. Als gesunden Mittelweg schlage ich 8 Punkte vor, sofern man auf harte Arbeit und viele soziale Kontakte steht sowie das Tagesgeschäft im Tempo eines Eichhörnchens zu verrichten vermag.

Ich für meinen Teil würde mich nun am liebsten gleich an den SNES kleben und Harvest Moon aus den 90ern spielen, aber das wäre nicht gerecht gegenüber diesem fantasievollen Titel. "Früher war alles besser" wäre übertrieben, aber ich empfinde es als deutlich übersichtlicheres Spielgefühl und auf den ersten Blick besser strukturiert.


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Aber wahrscheinlich sagte ich damals etwas ähnlicheres über den Wechsel aus der Tetris-Ära zu Harvest Moon.
 
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