Glückseligkeit

Ms. Miep

Rare-Mob
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Viel wurde über das Thema bereits philosophiert, und ich will da jetzt nicht aufgreifen, keine Angst
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Nein, es geht darum, dass ich niederschreibe, wie der Abend heute war - und das fällt mir ehrlich gesagt sehr schwer.

Heute war ich ja auf dem Loreena McKennitt Konzert, das sie anläßlich ihrer Ancient Muse Tour in der Düsseldorfer Phillipshalle gegeben hat. Nach neun Jahren des Schweigens, denn zuletzt veröffentlichte sie im Jahr 1997 ihr Album The Book of Secrets. Im November letzten Jahres dann veröffentlichte sie endlich wieder ein neues Album: An Ancient Muse

Vielleicht erstmal die negativen Seiten des Konzerts:
Die Phillipshalle in Düsseldorf ist eine der grauenhaftesten Konzerthallen Deutschlands. Ich würd niemanden, auch wirklich niemanden empfehlen dorthin zu gehen.
Die Qualität des Sounds lässt extrem zu wünschen übrig, so alt ist das Gebäude. Ich kam mir ehrlich gesagt vor wie in einer Eishalle... Lüftung? Fremdwort.
Von den Seiteneingängen drang Licht rein, was der Atmosphäre noch um einiges mehr geschadet hat.

http://www.mtv.de/ar...itt_loreena.jpg

Da Loreena McKennett Konzerte eigentlich 'Sitzkonzerte' sind, wurden jahrhundertealte Sitze und Tribünensitze hervorgeholt, auf denen man dann Platz nehmen 'durfte'. Ich kam mir vor wie ... ja keine Ahnung. Die Stimmung drückte es erheblich.
Eigentlich hätten jetzt nur noch Kurden gefehlt, und ein paar Leute hätten russisch sprechen müssen ...

Dann ging das Licht aus und leise Musik ertönte. Auf der Bühne gingen ein Licht an indem Loreena hell erleuchtet wurde. Mit ihren zarten Händen entlockte sie der Harfe Klänge, die nicht von dieser Welt schienen - wie ihre Stimme.
Mit She Moved Through The Fair gab sie den Auftakt zu ihrem Konzert, und alles um mich herum schien vergessen ... bis meine Mutter einen Kommentar von sich gab und die Frau in der vordersten Reihe einen bissigen Kommentar zurück warf.
Einen kurzen Moment schämte ich mich für meine Mutter, dann lies mich Loreena einfach nicht mehr los.

Ihr müsst euch vorstellen ... eine reife Frau (*1957), mit wallenden, Waterhouse-esquen, blonden Haaren sitzt im einsamen Scheinwerferlicht, sie selber dürr wie eine junge Linde, ihre Haut gezeichnet von ihren lebenslangen Erfahrungen - und hat eine Stimme wie sie einst das Orakel von Delphi gehaben muss. Oder eine Göttin selbst ... Aphrodite, Frejya ...
Ich werde nie wieder ihre Alben hören können, ohne zu denken, dass sie irgendwie steril wirken.

Sie traf jeden Ton, sie erhob sich über die Menge und strömte in die Seelen der Menschen, ihr Ensemble trug sie noch viel höher und ließ sie wie eine Hohepriesterin erscheinen, die zu ihrem Volk spricht.

Und nein, ich übertreibe nicht! Das hätte ich niemals erwartet! Natürlich bedeutet Loreena McKennitt für mich mehr, als viele andere Künstler. Sie ist eine Ikone für mich, und ich vergöttere sie, aber selbst meine Mutter hat es gespürt, diese Göttlichkeit, die Loreena verbreitet.

All ihre Erfahrungen, all ihr Können legt sie in ihre Stimme und erscheint mit einem Mal um sovieles größer...

In vielen Momenten habe ich Glückseligkeit empfunden.
Wenn sie z.B. in Penelope's Song aus der Sicht der Penelope singt, die ihren Odysseus vermisst ... ich musste einfach nur weinen, weil ich so glücklich war!
Die Sehnsucht in ihrer Stimme zerbarst mir fast das Herz, aber die Hoffnung die so allgegenwärtig ist in ihren Liedern trug mich und trägt mich immer noch ...

Kurz vor der Pause spielte sie dann Caravanserai, ein wunderschönes Lied! Sie erzählte ein wenig zu ihrer Reise, und wie sie die Zeit in der Wüste verbracht hatte.
Und wenn ihre Musik eines ist, dann atmosphärisch.
Sie webt aus ihrer Musik Bilder, und die weite der Wüste wurde einem bewusst, und Sterne leuchten am Firmament auf in der stillen Nacht. Und dann das Erwecken in einer uns so fremden, und doch so lebendigen Welt.

http://content.answe...0px-LM-DG-1.jpg

Nach der Pause gab sie den Auftakt mit The Mystic's Dream, ein Lied, das mir immer noch eine Gänsehaut über den ganzen Körper kommen lässt. Immer wieder wechselte das Licht von ihr zu ihrem Ensemble, jenachdem wer gerade primär zu hören war.
Es gab Instrumente wie die Geige, ein Piano, Harfe, Schlagzeug, Bass (!), Trommeln, ein Cello, eine griechische Laute, eine Lyra und sogar eine Drehleider - alles gespielt von 9 Musikern, die auch noch andere Instrumente abwechselnd spielten.

Als es dann zum Auftakt zu Santiago kam, bebte die Halle, denn Loreena hüpfte über die Bühne als wäre sie noch frische 20!
Schon vorher hat sie des öfteren zum Takt mit ihrer Hüfte gewippt, und es sah einfach süß aus in ihrem überlangen Gehrock, und sie halt als äußerst zierliche Person.
Aber bei diesem Lied klatschte einfach jeder mit und sie lächelte erfreut (was ich durch mein Spionageobjekt sah, haha!)


Was mir auch bewusst wurde war, dass ich so vieles in meinem Leben mit ihrer Musik verbinde. Beneath a Phrygian Sky ist ein für mich typisches Meereslied.
Jedesmal, wenn ich am Meer stehe, gehen mir ihre "Meereslieder" durch den Kopf. Aber wie kann ich auch anders, denn das ist, was ihre Musik so faszinierend und bereichernd macht: die Atmosphäre, die sie erschafft!

Nach Lady of Shalott (ein Lied, das ich eigentlich nicht mag, aber Live performed war es einfach wunderschön!) verabschiedete sich dann Loreena überschwenglich und ging hinter die Bühne.

Natürlich hatte sie Standing Ovations, wie konnte es anders sein? Sie ist einfach die Hohepriesterin der Musik!
Was mich ein wenig enttäuschte, war das Publikum ... schon in der Pause hatte ich festgestellt, dass ich mich auf einem Konzert der Randgruppe der Otto-Normalverbraucher befand... Ja, soetwas gibt es! Und ich sage euch, es ist eine Randgruppe auf Konzerten!
Ich hatte ja Myriaden von Wiccas und Gothics erwartet, und nur vereinzelt ein paar Althippies und 'Junggebliebene', aber nichts da! Was sich vor mir auftat waren WDR2 Hörer! Durch die Bank weg. Und die zuvor genannten Randgruppen waren in der Tat Randgruppen auf diesem Konzert.

Seltsame Welt :happy: (Und nicht böse nehmen, bin ja selber eine Randgruppe xD Aber diese Vorurteile musste ich dann doch übernehmen, weil meine Mutter sich davor im Auto so herrlich darüber ausgelassen hatte ^^)

Natürlich kam sie wieder - aber leider rief niemand 'Zugabe'. Es ist eigentlich eines der deutschen Phänomene, die mir wirklich am Herzen liegt, und ich war dann die Einzige, die es einmal rief ... und dann nicht mehr.
Aber die ganzen Leute die da waren sind halt älteres Kaliber gewesen, und viel zu gut erzogen. Die stampfen auf den Boden wie die Amerikaner ...

Danach spielte sie noch The Old Ways und nach erneutem Abgang erschien sie dann, um Never-Ending Road zu spielen.

Bewegend bis zum Schluss, als sie sich ein letztes Mal lächelnd verabschiedete mit ihrer sanften, majestätischen Stimme, und die Lichter angingen ...


Nie, nie in meinem ganzen Leben werde ich diesen Abend je vergessen...

When we are long bones and ashes, your voice will live on and illuminate the souls of those that will follow the trails of our journeys...

In diesem Sinne
-- und ein wenig traurig darüber, dass viele nur die letzten Zeilen lesen werden und nur wenige wissen, wie glückselig mich diese wenigen Stunden gemacht haben --
Gute Nacht,
Ms. Miep

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Naja, ich kann leider mit ihrer Musik nicht sehr viel anfangen. Was aber sicher ist, ist, dass sie tatsächlich eine Ikone ist... um das zu verstehen muss man kein Fan sein ;) Schön zu lesen, dass es dir gefallen hat.
 
Hach war das schön zu lesen. Da übersieht man auch großzügig den lustigen vertipper (Es heisst Harfe. Nicht Harde^^)

Aber du hast recht. Die Phillipshalle ist von der akustik her grauenhaft (Ebenso das Stahlwerk).
Ich muss zugeben, ich hab sie lange nicht mehr gehört. Aber gestern hab ich mir "The Book of Secrets" auf meine MP3-Quetschkomode gepackt und lasse mich grade davon berieseln. (sehr zum unbehagen meiner Kollegin gegenüber, die dabei gleich einschläft. - Aber so sind halt die Technoiden ^^)

Nu schlaf dich erstmal aus und dann gehts weiter mit bloggen bei geschwabbelt.de xD
 
Hahaha, da hab ich echt 'Harde' geschrieben xD

Harde Mugge, Junge!
 
Hui, ein richtig langen, schön geschriebenen Bericht hast du da abgeliefert.
Ihre Musik ist nicht das was normalerweise hören würde, aber als Soundtrack (wie bei dem CGI-Video weiter unten) passt es perfekt weils eben atmosphärisch ist. Sonst is bei mir auch eher harde Muggä angesacht, wa, alder? XD
 
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