Kaiju - Kapitel 4: Richturteil

Zanryu

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Die nächsten zwei Tage sind zu einseitig für Yoseia. Sie führt Botenaufträge aus, besorgt Materialien für Forschungszwecke und tötet verdorbene Dämonen, die die Dörfer bedrohen. Jedoch merkt die Druidin deutlich wie das Band zwischen ihr und dem Frostwyrmwelpen Frosti immer stärker wird. Vor vier Tagen fand sie den vom Himmel gefallenen Knochenhaufen und entschloss sich dazu ihn zu beschützen und zu pflegen. Dazu will sie dem Knochendrachen eine Haut geben, wie sie jeder lebendige Drache hat. Dafür will sie Leder und Schuppen von Tieren benutzen, welche sie auf ihren Aufträgen töten muss.
Oft fällt ihr es nicht leicht es zu tun, denn sie weiß, dass für die Druiden das Leben so heilig ist, wie alles andere. Sie hat sich mittlerweise abgewöhnt zu fragen, warum man diese Leben auslöschen muss, denn immer wieder hat sie als Antwort bekommen, dass man diese Leben auslöschen muss, um andere zu beschützen.
Die Lehre, die Yoseia nun hinter sich hat, beinhaltet mittlerweise das Beschwören von Pflanzenwurzeln, um Angreifer auf Distanz zu halten. Dazu gehört ein großes Repertoire an verschiedenen Heilzaubern.
Die Anzahl der Aufträge, die die Nachtelfe ausgeführt steigt ständig und nun muss sie sich zu dem höchstrangigen und noch lebenden Druiden überhaupt begeben, Fandral Hirschhaupt. Bisher sagte man ihr, als sie noch in der Vorlehre, dass eines Tages der Tag kommen würde, dass sie ihm persönlich begegnet. Als sie die Tore von Darnassus durchquerten, kann Yoseia ihre Vorfreude kaum zügeln. Auch wenn sie stets ruhig und besonnen war, ist Fandral für sie ein Vorbild. Jemand, von dem sie gerne seine Meinung über sich hören will.
In den Baumhäusern im nordöstlichen Darnassus, in denen sie lange Zeit lebte, befinden sich nun neue Schüler, die ihre Vorlehre begonnen haben. Einige von ihnen helfen den Lehrmeistern der Stadt. Andere ruhen sich kurz am Straßenrand aus, oder hören sich einen Vortrag über die Geschichte der Nachtelfen an, während sie durch die Stadt geführt werden.
Schließlich kommt sie an ihr Ziel an, dem großen Druidenbaum im Norden der Stadt. Früher war sie oft in seiner Nähe, aber ihr war es nie gestattet hinein zu gehen. Nun kommt der Moment, an dem sie endlich ihrem Vorbild vor die Augen treten kann. Und wie immer, folgt ihr Frosti auf Schritt und Tritt. Die Vorfreude überdeckt die Blicke der anderen Druiden, die sich im unteren Teil des Baumes aufhalten. Im Inneren des Baumes führt eine Wendeltreppe in das erste Stockwerk. Oben stand nur ein Nachtelf vor einem Tisch und schüttelt ein paar Flaschen mit Flüssigkeiten hin und her. Neben ihm verläuft eine weitere Wendeltreppe in das zweite Stockwerk. Diese liegt jedoch außerhalb des wunderschön gestaltenen Baumes.
Wärend Yoseias Schritte immer kürzer werden, wächst ihre Aufregung. Gedanken strömen ihr durch den Kopf und viele davon kann sie nicht schnell genug zuordnen, um zu bestimmen woher sie kommen. Frosti quiekt kurz auf, um seine Gefährtin wieder bei Sinnen zu führen. Kurz streichelt sie ihn und setzt die Schritte fort.
Verbeugt geht sie dann durch den hölzernen Torbogen, der in den großen Raum des Erzdruiden führt. Ehrfürchtig spricht sie dann zu ihm: "Meister. Ich habe hier eine Phiole mit Teldrassils Tränen." Nachdem eine lange Pause den Raum erschüttert hat, richtet sich Yoseia dann langsam auf. "Meister?"
Dieser steht nur inmitten des Raumes mit dem Rücken zu ihr. Mit einem kalten Stöhnen antwortet er dann: "Was...? Ich spüre von euch eine unheilige Präsenz." Yoseias Pupillen weiten sich bis zum Rand der Iris, als sie sofort wusste, was er meint. "Ich spüre, dass ihr wisst, was ich meine. Verratet ihr es mir, was es auf sich hat?"
"Er... er ist mein Freund, und ich werde ihn nie verlassen und er mich auch nicht."
Dann dreht sich der Druide zu ihr. Hinter dem olivgrünen Vollbart verbrigt sich ein zorniges Gesicht, welches neben wenigen Narben zudem tief hängende Augenbrauen besitzt. Das volle Ausmaß des Zorns, welches im Raum liegt, werden durch die folgenen Worte noch härter untermauert, als es ohnehin schon ist: "Wenn ihr wirklich euch nie von ihm trennen wollt, dann bleibt mir nichts anderes übrig, als euch beide von Teldrassil zu verbannen. Das Bündnis mit der Geißel wird normalerweise höher bestraft, aber ihr seid jung und dumm und deshalb werde ich nur eine Verbannung aussprechen. Ihr solltet wissen, dass die Verbannung nur aufgehoben wird, wenn ihr euch von ihm trennt und zwar für immer."
Die Tränen rinnen Yoseia durch beide Augen. Ein dumpfes Beben ertönt vom Holz, als die junge Druidin auf beide Knie nach vorne sackt. Mit den Armen stürzt sie sich vornüber ab. "Nein. Nein! Das könnt ihr mir nicht antun."
"Und ob ich das kann. Hiermit seit ihr, Yoseia, von Teldrassil verbannt. Diese Verbannung bleibt solange bestehen, bis euer Begleiter für immer von dem Boden aller Welten verschwindet. Und nun, verlasst diese Gefilde und diese Stadt."
"Sagen denn die Druiden, denn nicht, dass jedes Leben heilig ist?" Ein tiefes Schluchzen unterbricht kurz die verzweifelte Ansprache. "Ist denn nicht auch das Leben von Untoten heilig? Ich weiß, dass in der Regel die Untoten die Lebenen hassen, aber dieser hier nicht. Er ist anders."
"Geht. Das ist mein letztes Wort, was ihr von mir hören werdet, bevor euer Kopf als Zeichen des Verrates angeprangert wird."
Mühselig richtet Yoseia sich auf, jedoch lässt ihre Trauer sie hin und her wanken, bis sie sich schließlich an dem Türbogen abstützen muss. Die Tränen haben die Haare der Druidin ganz filzig gemacht und anstatt den glatten und gepflegten Strähnen hängen ihr nur noch einzelne Büschel vor dem Gesicht. Mit einem durchbohrenen Blick gebt sie noch einen letzten Satz von sich: "Es ist noch nicht vorbei." Fandral zeigt ihr nur die kalte Schulter. Dann strauchelt sie die Wendeltreppe wieder herunter.
Nur mit einer Portion Glück schafft sie es, trotz dem Torkeln heil unten anzukommen. Manchmal musste Frosti kurz, und unter großer Mühe, sie vor einem Sturz bewahren. Vor dem Eingangsbogen stehen schon zwei Wachen, die ihr kurzerhand unter die Arme greifen. Yoseia lässt ihren Körper ganz locker, um sich ein wenig von der psychischen Anstrengung zu entlasten. Die Wachen setzen dann ihre Schritte und die Nachtelfe lässt sich hängen. Die Verzweiflung hat von ihr Besitz ergriffen. Sie weiß nicht, an was sie zuerst denken soll. Die Tatsache, dass die höchsten Druiden sie verbannt haben, oder dass alle sich vor Frosti fürchten. An etwas anderes denkt sie nicht. Jedoch kommen diese Gedanken alle ungeordnet in ihrem Kopf an. Diese Fülle lässt sie erneut in einen Tränenstrom versickern.
Schließlich lassen die Wachen sie dann fallen. Die Tränen haben der Verbannten die Sicht genommen und sie tastet sich vorsichtig um. Sie befindet sich auf einem Steg und kann den Geruch des Meeres schwach wahrnehmen. Dann spricht einer der Wachen sie an: "Auf Anordnung von Erzdruide Fandral Hirschhaupt seid ihr, Yoseia Mondträne, von Teldrassil verbannt. Das Schiff wird euch für immer von hier wegtragen. Ich wünsche für euch, dass ihr wieder zu Sinnen kommen werdet."
In aller Stille verdrückt sich Yoseia weitere Tränen, um auch nur eine Andeutung des Holzsteges sehen zu können. Langsam richtet sie sich dann auf. Mit einem Summen macht Frosti auf sich aufmerksam. Dieser nimmt Yoseias Arm in den Klauen und geleitet sie bis zum Stegende, wo sie dann, immer noch in einem Tränenausbruch, nach vorne über stürzt.
Dann klingelt kurz der Kapitän und das Schiff fährt ab.
 
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