Evilslyn
Rare-Mob
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Magnus schritt durch die Gänge der Burg auf einer seiner endlosen Patroullien.
Seit die Worgen das Gemäuer bewohnten war vieles anderes geworden. Wo früher Dienstmägde, wie fleißige Bienen durch die Gänge schwärmten, kümmerte sich nun niemand mehr um Spinnweben, Wollmäuse oder Fledermausdung.
Besonders letzterer hatte eine verheerende Auswirkung auf das alte Gemäuer. In den dunklen Ecken der Burg, und derer gab es viele, nisteten die Lederflügler teilweise zu hunderten, wenn nicht zu tausenden. Ihr Kot, der in manchen Gängen fast Kniehoch stand, fraß sich förmlich in das Gestein. Magnus tat es in der Seele weh, wenn er den langsamen Verfall, des einst stolzen Silberleinanwesens mit ansehen musste.
Ein Lächeln huschte über sein durchscheinendes Gesicht, als er an die Zeiten zurück dachte, als wahre Heerscharen von Dienern die Herrschaften umsorgten. Horden von Köchen, Dienstboten und Mägden das alte Gemäuer mit Leben erfüllten und noch rauschende Feste gefeiert wurden. Das Lächeln schwand, als er sich bewusst wurde, dass dies wohl nie wieder der Fall sein würde.
Und wenn, er hätte doch nicht teilnehmen können. Seine Zeit der irdischen Freuden war vorbei.
Wenn er durch die Gänge schritt, bleiben seine Füße immer auf dem Boden, selbst wenn der Guano ihm bis über die Knie reichte. Wenn er schrie, flog keine der Fledermäuse auf.
Er würde wohl auf immer als stiller Beobachter durch die Gänge schreiten, bis Wind und Regen, auch den letzten Stein abgetragen, hätten.
Vielleicht, würde er dann Frieden finden.
Fest in das dichte Fell seiner Beute gekrallt, den Blutgeschmack noch auf der Zunge, fand sich Arled in einer prekären Situation wieder.
Er hatte gerade seinem Opfer, welches noch immer heftig zappelnd zu entkommen suchte, den Todesstoß versetzen wollen, als er plötzlich die Fänge Flugur an seiner Kehle spürte.
Er hatte ihn im Rausch, der mit seiner Jagd einherging, völlig vergessen.
Wie konnte er nur so anmaßend sein?
Er war ein schlechtes, unbeherrschtes Mitglied des Rudels.
Er wartete auf das unvermeidliche.
Wartete das Flugur sich seiner entledigen würde.
Wölfe die ihrem Alphatier nicht gehorchten, waren ein Gefahr für das Rudel.
Doch der Biss kam nicht.
Sekunden dehnten sich zu einer kleinen Ewigkeit während sie so verharrten.
Arled fragte sich, wenn Flugur ihn schon nicht töten würde, warum er dann nicht endlich losließ.
Immerhin hatten sie Beute gemacht, genug für beide.
Als Esmeralda just in diesem Augenblick in seinen Armen blökte, füllte sich sein Geist mit Bildern. Es mag an der Art ihres Blökens gelegen haben, oder am langsam nachlassenden Adrenalin in seinen Adern, doch erst jetzt erinnerte sich Arled wo er sich befand, und welche Beute er umfangen hielt.
Sein Griff lockerte sich.
Esmeralda, dem Wahnsinn nahe, schoss davon, und verkroch sich in der hintersten Ecke ihres Gatters. Fleisch hing von ihrem Rücken herab, und ihr Blut hatte die rechte Seite ihres Fells blutrot gefärbt.
Flugur, der den Wechsel in Arleds Gemüt bemerkt hatte, lockerte seinerseits seinen Biss um Arleds Hals.
Esmeralda!, würgte Arled hervor.
Seine Worgenstimmbänder ließen die Bestürzung, welche in seiner Stimme lag, falsch klingen. Doch selbst als Mensch hätte Arled wohl kaum ein Wort hervor gebracht.
Was hatte er nur getan?
Flugur merkte erleichtert, dass der Kampfgeist, die Wut und die Gier aus Arled wichen.
Sein Geruch änderte sich vom wilden Duft der Jagd, zu einem devoten, Respekt bezeugenden.
Dann entspannten sich auch seine Muskeln und die arme Esmeralda schoss davon.
Auf ihrem Rücken klaffte Arleds Bisswunde. Dunkles Blut sickerte daraus hervor. Arled blickte ihr nach, dann zu Flugur, und wieder zu Esmeralda. Verwirrung und Entsetzen lag in seinem Blick. Flugur konnte sich nur zu gut in seine Lage versetzen.
Ihm war es in den ersten Nächten seiner Verwandlung, ähnlich ergangen, nur war er auf sich allein gestellt gewesen.
Noch immer erinnerte er sich mit Grauen an den Morgen zurück, als er mit blutigen Kleidern, im Wald unweit ihres Hauses erwacht war. Er war extra weit von zu Hause weg gegangen, um Übergriffe aufs eigene Vieh zu vermeiden, doch hatten ihn offenbar seine Instinkte zurück geführt.
Das schlimmste war jedoch, als er an seinem Haus ankam, und von der völlig aufgelösten Maiiden erfuhr, dass ihr Sohn in der Nacht von einem Tier angefallen worden war.
Noch immer wurde ihm flau im Magen, dachte er an die ohnmächtige Verzweiflung zurück, die ihn geplagt hatte.
Diese war dann aber in blankes Entsetzen umgeschlagen, als Arleds Verhalten zweifelsfrei darauf hinwies, dass seine Verwandlung bereits im Gange war.
Dies, gepaart mit der Tatsache mit niemandem sprechen zu können, war die Hölle gewesen.
Arled stand auf und ging auf Esmeralda zu.
Sein Jagdfieber war völlig erstorben.
Es sah seltsam aus, wie dieser riesige weiße Worg, in ach so menschlicher Haltung, leicht vorn übergebeugt, auf Esmeralda zuging.
Eine Hand beschwichtigend nach vorne ausgestreckt, welche aufgrund der messerscharfen Klauen an ihrem Ende, nicht wirklich beruhigend wirkte.
Esmeralda sah dies offenbar genauso, denn sie blökte und verdrehte die Augen bis nur noch das Weiße zu sehen war.
Als Arled noch ein paar Schritte näher gekommen war, stob sie plötzlich schlingernd los, hielt auf die Begrenzung ihres Gatters zu, drückte sich ab, und krachte mit ihrem Kopf gegen den Querbalken der Umrandung.
Schwer schlug sie auf dem Boden auf, kam auf die Beine, schüttelt ihren dicken wolligen Schädel und blökte trotzig. Arled, der beim Geräusch von Esmeraldas Einschlag mitfühlende zusammengezuckt war, wollte zu ihr eilen, was Esmeralda jedoch nur zu einem neuen Fluchtversuch trieb.
Diesmal rannte sie noch schneller, ihre kurzen Beine ermöglichten es ihr jedoch nicht höher zu springen, und so krachte sie erneut gegen die Holzwand.
Wo vorher ihr Fell noch die größte Menge des Aufpralls absorbiert hatte, vermochte es dies nun nicht mehr, und Esmeralda ging bewusstlos zu Boden.
Arled war direkt bei ihr.
Kniete nieder und bettete ihren Kopf auf seinen haarigen Oberschenkeln.
Esmeralda, so leise und zärtlich es seine Stimmbänder zuließen redete er auf sie ein. was machst du denn mein Mädchen. Ach was mach ich dir Vorwürfe. Was ist nur in mich gefahren.
Esmeralda, so war Flugur sich sicher, bekam von allem nichts mit. Der Stress, die Rückenverletzung und der doppelte Einschlag in den Zaun, hatten sie an die Grenze ihrer Belastbarkeit gebracht. Ihm war klar, wenn nichts geschehe, würde sie wohl schon bald auf der himmlischen Weide äßen.
Flugur beobachtete alles Angespannt.
Seine Anspannung wuchs.
Würde es wieder geschehen?
Arleds Verstand raste.
Wie konnte es nur dazu kommen.
Warum hatte Flugur sie überhaupt hergeführt.
Warum hatte Flugur nicht besser aufgepasst.
Aber im nächsten Moment verwarf er diese Gedanken.
Er hätte sich, in der Erregung der Jagd, auch von Flugur nicht abhalten lassen. Hatte ihn ja nicht einmal wahrgenommen bis er seine Zähne am Hals gespürt hatte.
Hatte nur noch seine Beute gesehen.
Beute, nicht mehr und nicht weniger, die sich nun als sein liebstes, unter allen Tieren die sie besaßen, herausstellte.
Wut keimte in ihm auf.
Wut auf sich.
Wut auf die Situation.
Wut auf die Unabänderlichkeit dessen was geschehen war.
Und seine Wut wuchs.
Äußerlich blieb er gefasst.
Fuhr mit seinen Klauen bewährten Pranken so sanft wie möglich über Esmeraldas Fell und redete beruhigend auf sie ein.
Esmeralda begann zu zucken.
Erst dachte er schon sie käme zu sich, doch dann wurden ihre Bewegungen mehr und mehr krampfhaft.
Panik vermischte sich mit der Wut in seinem Bauch, und fachte diese noch mehr an.
Ruhig, meine Kleine. Ruhig. Gefühlvoll wuschelte er ihr durchs Fell hinter den Ohren, so wie sie es immer am liebsten gemocht hatte.
Flehentlich blickte er zu Flugur auf, der aber nichts tun konnte als Mitfühlend zurück zu blicken.
Die Zuckungen Esmeraldas wurden stärker. Ihre Lieder flackerten, und entblößten ihre weg gedrehten Augäpfel. Rosaner Schaum trat vor Esmeraldas Maul.
Sie würde sterben.
Arled wusste es.
Nein!
Das würde er nicht zulassen.
Wut.
Loderte in ihm infernogleich auf, schien ihn von ihnen zu verzehren.
Verzweiflung.
Packte ihn, schien ihn zu erdrücken.
Nein!
Es durfte nicht sein.
Seine Klauen bohrten sich tief in Esmeraldas Fell, als er sich verzweifelt an sie klammerte.
Wärme.
Erst wie ein kleines Licht in den Feuern der Wut, und dem Ozean der Ohnmacht, fast nicht zu erkennen, erwuchs sie zu einem Nimbus der Zuversicht, der die Wut löschte, und eine Rettende Insel in dem Ozean für ihn bildete.
In seinem Kopf herrschte völliger Friede.
Arled hatte das Gefühl als ob elektrische Stöße durch seine Gliedmaßen strömten.
Seine Wahrnehmung wurde immer deutlicher.
Er konnte plötzlich den Wind in seinem Fell spüren, doch nicht wie normal, sondern mit jedem seiner Haare.
Nahm sich selbst wahr bis in die Haarspitzen.
Dann war da noch etwas anderes, verworren, und erst unverständlich.
Kurz aufblitzende Bilder.
Ein Junge, maximal Zehn Sommer alt, der über ein Gatter spähte.
Dann ein Baum, dessen Äste im Wind wehten, und der gleich Junge darunter, nur etwas älter, der ihm den Nacken graulte.
Es dauerte einen Moment bis er bemerkte, dass diese Erinnerungen nicht seine Eigenen waren.
Und noch einen bis er den Jungen erkannte.
Er war es selbst. Nur Jünger.
So wie Esmeralda ihn sah.
Irgendwie war eine Verbindung zwischen ihnen entstanden.
Er wusste nicht wie, er wusste nicht warum. Doch er wusste instinktiv was zu tun war.
Er stellte sich vor, seinen Verstand durch seine Hände in Esmeralda hinein gleiten zu lassen. Tiefer und tiefer, drang er ein und plötzlich hatte er die Gedankenwelt Esmeraldas hinter sich gelassen.
Spürte das, was sie selbst mit ihren Erinnerungen zu verdrängen suchte.
Die brennende Wunde auf ihrem Rücken. Die Infektion, die sich von seinem Biss aus in ihre Adern verteilte. Sowie die Prellung an ihrem Vorderkopf.
Es war so intensiv, als wären es seine eigenen Verletzungen.
Ohne genau zu wissen wie er es anstellte, ließ er die Wärme die sein Innerstes ausfüllte durch seine Hände in Esmeralda fließen. Hüllte die Verletzungen damit ein, umwob sie, durchdrang sie.
Und fühlte wie Augenblicklich eine Heilung einsetzte.
Flugur stand wie gebannt da und blickte auf das Schauspiel das sich ihm darbot.
Arled kniete noch immer bei Esmeralda und hielt ihren Kopf auf seinen Beinen.
Ein leichter Schimmer ging von ihm aus.
Obwohl Flugur es schon einmal gesehen hatte, konnte er seine Augen nicht losreisen.
Damals war er selbst so mit seinen Bisswunden beschäftigt, dass er schon in Erwägung gezogen hatte, es sei ein Traum gewesen.
Doch er hatte es sich nicht eingebildet, war keinem Irrsinn aufgesessen.
Sein Sohn hatte ihm damals, auf jener Lichtung, das Leben gerettet und konnte sich nicht einmal daran erinnern.
Und nun war er im Begriff das gleich für Esmeralda zu tun.
to be continued
Mit freundlichen Grüßen
Eure Evi
Seit die Worgen das Gemäuer bewohnten war vieles anderes geworden. Wo früher Dienstmägde, wie fleißige Bienen durch die Gänge schwärmten, kümmerte sich nun niemand mehr um Spinnweben, Wollmäuse oder Fledermausdung.
Besonders letzterer hatte eine verheerende Auswirkung auf das alte Gemäuer. In den dunklen Ecken der Burg, und derer gab es viele, nisteten die Lederflügler teilweise zu hunderten, wenn nicht zu tausenden. Ihr Kot, der in manchen Gängen fast Kniehoch stand, fraß sich förmlich in das Gestein. Magnus tat es in der Seele weh, wenn er den langsamen Verfall, des einst stolzen Silberleinanwesens mit ansehen musste.
Ein Lächeln huschte über sein durchscheinendes Gesicht, als er an die Zeiten zurück dachte, als wahre Heerscharen von Dienern die Herrschaften umsorgten. Horden von Köchen, Dienstboten und Mägden das alte Gemäuer mit Leben erfüllten und noch rauschende Feste gefeiert wurden. Das Lächeln schwand, als er sich bewusst wurde, dass dies wohl nie wieder der Fall sein würde.
Und wenn, er hätte doch nicht teilnehmen können. Seine Zeit der irdischen Freuden war vorbei.
Wenn er durch die Gänge schritt, bleiben seine Füße immer auf dem Boden, selbst wenn der Guano ihm bis über die Knie reichte. Wenn er schrie, flog keine der Fledermäuse auf.
Er würde wohl auf immer als stiller Beobachter durch die Gänge schreiten, bis Wind und Regen, auch den letzten Stein abgetragen, hätten.
Vielleicht, würde er dann Frieden finden.
Fest in das dichte Fell seiner Beute gekrallt, den Blutgeschmack noch auf der Zunge, fand sich Arled in einer prekären Situation wieder.
Er hatte gerade seinem Opfer, welches noch immer heftig zappelnd zu entkommen suchte, den Todesstoß versetzen wollen, als er plötzlich die Fänge Flugur an seiner Kehle spürte.
Er hatte ihn im Rausch, der mit seiner Jagd einherging, völlig vergessen.
Wie konnte er nur so anmaßend sein?
Er war ein schlechtes, unbeherrschtes Mitglied des Rudels.
Er wartete auf das unvermeidliche.
Wartete das Flugur sich seiner entledigen würde.
Wölfe die ihrem Alphatier nicht gehorchten, waren ein Gefahr für das Rudel.
Doch der Biss kam nicht.
Sekunden dehnten sich zu einer kleinen Ewigkeit während sie so verharrten.
Arled fragte sich, wenn Flugur ihn schon nicht töten würde, warum er dann nicht endlich losließ.
Immerhin hatten sie Beute gemacht, genug für beide.
Als Esmeralda just in diesem Augenblick in seinen Armen blökte, füllte sich sein Geist mit Bildern. Es mag an der Art ihres Blökens gelegen haben, oder am langsam nachlassenden Adrenalin in seinen Adern, doch erst jetzt erinnerte sich Arled wo er sich befand, und welche Beute er umfangen hielt.
Sein Griff lockerte sich.
Esmeralda, dem Wahnsinn nahe, schoss davon, und verkroch sich in der hintersten Ecke ihres Gatters. Fleisch hing von ihrem Rücken herab, und ihr Blut hatte die rechte Seite ihres Fells blutrot gefärbt.
Flugur, der den Wechsel in Arleds Gemüt bemerkt hatte, lockerte seinerseits seinen Biss um Arleds Hals.
Esmeralda!, würgte Arled hervor.
Seine Worgenstimmbänder ließen die Bestürzung, welche in seiner Stimme lag, falsch klingen. Doch selbst als Mensch hätte Arled wohl kaum ein Wort hervor gebracht.
Was hatte er nur getan?
Flugur merkte erleichtert, dass der Kampfgeist, die Wut und die Gier aus Arled wichen.
Sein Geruch änderte sich vom wilden Duft der Jagd, zu einem devoten, Respekt bezeugenden.
Dann entspannten sich auch seine Muskeln und die arme Esmeralda schoss davon.
Auf ihrem Rücken klaffte Arleds Bisswunde. Dunkles Blut sickerte daraus hervor. Arled blickte ihr nach, dann zu Flugur, und wieder zu Esmeralda. Verwirrung und Entsetzen lag in seinem Blick. Flugur konnte sich nur zu gut in seine Lage versetzen.
Ihm war es in den ersten Nächten seiner Verwandlung, ähnlich ergangen, nur war er auf sich allein gestellt gewesen.
Noch immer erinnerte er sich mit Grauen an den Morgen zurück, als er mit blutigen Kleidern, im Wald unweit ihres Hauses erwacht war. Er war extra weit von zu Hause weg gegangen, um Übergriffe aufs eigene Vieh zu vermeiden, doch hatten ihn offenbar seine Instinkte zurück geführt.
Das schlimmste war jedoch, als er an seinem Haus ankam, und von der völlig aufgelösten Maiiden erfuhr, dass ihr Sohn in der Nacht von einem Tier angefallen worden war.
Noch immer wurde ihm flau im Magen, dachte er an die ohnmächtige Verzweiflung zurück, die ihn geplagt hatte.
Diese war dann aber in blankes Entsetzen umgeschlagen, als Arleds Verhalten zweifelsfrei darauf hinwies, dass seine Verwandlung bereits im Gange war.
Dies, gepaart mit der Tatsache mit niemandem sprechen zu können, war die Hölle gewesen.
Arled stand auf und ging auf Esmeralda zu.
Sein Jagdfieber war völlig erstorben.
Es sah seltsam aus, wie dieser riesige weiße Worg, in ach so menschlicher Haltung, leicht vorn übergebeugt, auf Esmeralda zuging.
Eine Hand beschwichtigend nach vorne ausgestreckt, welche aufgrund der messerscharfen Klauen an ihrem Ende, nicht wirklich beruhigend wirkte.
Esmeralda sah dies offenbar genauso, denn sie blökte und verdrehte die Augen bis nur noch das Weiße zu sehen war.
Als Arled noch ein paar Schritte näher gekommen war, stob sie plötzlich schlingernd los, hielt auf die Begrenzung ihres Gatters zu, drückte sich ab, und krachte mit ihrem Kopf gegen den Querbalken der Umrandung.
Schwer schlug sie auf dem Boden auf, kam auf die Beine, schüttelt ihren dicken wolligen Schädel und blökte trotzig. Arled, der beim Geräusch von Esmeraldas Einschlag mitfühlende zusammengezuckt war, wollte zu ihr eilen, was Esmeralda jedoch nur zu einem neuen Fluchtversuch trieb.
Diesmal rannte sie noch schneller, ihre kurzen Beine ermöglichten es ihr jedoch nicht höher zu springen, und so krachte sie erneut gegen die Holzwand.
Wo vorher ihr Fell noch die größte Menge des Aufpralls absorbiert hatte, vermochte es dies nun nicht mehr, und Esmeralda ging bewusstlos zu Boden.
Arled war direkt bei ihr.
Kniete nieder und bettete ihren Kopf auf seinen haarigen Oberschenkeln.
Esmeralda, so leise und zärtlich es seine Stimmbänder zuließen redete er auf sie ein. was machst du denn mein Mädchen. Ach was mach ich dir Vorwürfe. Was ist nur in mich gefahren.
Esmeralda, so war Flugur sich sicher, bekam von allem nichts mit. Der Stress, die Rückenverletzung und der doppelte Einschlag in den Zaun, hatten sie an die Grenze ihrer Belastbarkeit gebracht. Ihm war klar, wenn nichts geschehe, würde sie wohl schon bald auf der himmlischen Weide äßen.
Flugur beobachtete alles Angespannt.
Seine Anspannung wuchs.
Würde es wieder geschehen?
Arleds Verstand raste.
Wie konnte es nur dazu kommen.
Warum hatte Flugur sie überhaupt hergeführt.
Warum hatte Flugur nicht besser aufgepasst.
Aber im nächsten Moment verwarf er diese Gedanken.
Er hätte sich, in der Erregung der Jagd, auch von Flugur nicht abhalten lassen. Hatte ihn ja nicht einmal wahrgenommen bis er seine Zähne am Hals gespürt hatte.
Hatte nur noch seine Beute gesehen.
Beute, nicht mehr und nicht weniger, die sich nun als sein liebstes, unter allen Tieren die sie besaßen, herausstellte.
Wut keimte in ihm auf.
Wut auf sich.
Wut auf die Situation.
Wut auf die Unabänderlichkeit dessen was geschehen war.
Und seine Wut wuchs.
Äußerlich blieb er gefasst.
Fuhr mit seinen Klauen bewährten Pranken so sanft wie möglich über Esmeraldas Fell und redete beruhigend auf sie ein.
Esmeralda begann zu zucken.
Erst dachte er schon sie käme zu sich, doch dann wurden ihre Bewegungen mehr und mehr krampfhaft.
Panik vermischte sich mit der Wut in seinem Bauch, und fachte diese noch mehr an.
Ruhig, meine Kleine. Ruhig. Gefühlvoll wuschelte er ihr durchs Fell hinter den Ohren, so wie sie es immer am liebsten gemocht hatte.
Flehentlich blickte er zu Flugur auf, der aber nichts tun konnte als Mitfühlend zurück zu blicken.
Die Zuckungen Esmeraldas wurden stärker. Ihre Lieder flackerten, und entblößten ihre weg gedrehten Augäpfel. Rosaner Schaum trat vor Esmeraldas Maul.
Sie würde sterben.
Arled wusste es.
Nein!
Das würde er nicht zulassen.
Wut.
Loderte in ihm infernogleich auf, schien ihn von ihnen zu verzehren.
Verzweiflung.
Packte ihn, schien ihn zu erdrücken.
Nein!
Es durfte nicht sein.
Seine Klauen bohrten sich tief in Esmeraldas Fell, als er sich verzweifelt an sie klammerte.
Wärme.
Erst wie ein kleines Licht in den Feuern der Wut, und dem Ozean der Ohnmacht, fast nicht zu erkennen, erwuchs sie zu einem Nimbus der Zuversicht, der die Wut löschte, und eine Rettende Insel in dem Ozean für ihn bildete.
In seinem Kopf herrschte völliger Friede.
Arled hatte das Gefühl als ob elektrische Stöße durch seine Gliedmaßen strömten.
Seine Wahrnehmung wurde immer deutlicher.
Er konnte plötzlich den Wind in seinem Fell spüren, doch nicht wie normal, sondern mit jedem seiner Haare.
Nahm sich selbst wahr bis in die Haarspitzen.
Dann war da noch etwas anderes, verworren, und erst unverständlich.
Kurz aufblitzende Bilder.
Ein Junge, maximal Zehn Sommer alt, der über ein Gatter spähte.
Dann ein Baum, dessen Äste im Wind wehten, und der gleich Junge darunter, nur etwas älter, der ihm den Nacken graulte.
Es dauerte einen Moment bis er bemerkte, dass diese Erinnerungen nicht seine Eigenen waren.
Und noch einen bis er den Jungen erkannte.
Er war es selbst. Nur Jünger.
So wie Esmeralda ihn sah.
Irgendwie war eine Verbindung zwischen ihnen entstanden.
Er wusste nicht wie, er wusste nicht warum. Doch er wusste instinktiv was zu tun war.
Er stellte sich vor, seinen Verstand durch seine Hände in Esmeralda hinein gleiten zu lassen. Tiefer und tiefer, drang er ein und plötzlich hatte er die Gedankenwelt Esmeraldas hinter sich gelassen.
Spürte das, was sie selbst mit ihren Erinnerungen zu verdrängen suchte.
Die brennende Wunde auf ihrem Rücken. Die Infektion, die sich von seinem Biss aus in ihre Adern verteilte. Sowie die Prellung an ihrem Vorderkopf.
Es war so intensiv, als wären es seine eigenen Verletzungen.
Ohne genau zu wissen wie er es anstellte, ließ er die Wärme die sein Innerstes ausfüllte durch seine Hände in Esmeralda fließen. Hüllte die Verletzungen damit ein, umwob sie, durchdrang sie.
Und fühlte wie Augenblicklich eine Heilung einsetzte.
Flugur stand wie gebannt da und blickte auf das Schauspiel das sich ihm darbot.
Arled kniete noch immer bei Esmeralda und hielt ihren Kopf auf seinen Beinen.
Ein leichter Schimmer ging von ihm aus.
Obwohl Flugur es schon einmal gesehen hatte, konnte er seine Augen nicht losreisen.
Damals war er selbst so mit seinen Bisswunden beschäftigt, dass er schon in Erwägung gezogen hatte, es sei ein Traum gewesen.
Doch er hatte es sich nicht eingebildet, war keinem Irrsinn aufgesessen.
Sein Sohn hatte ihm damals, auf jener Lichtung, das Leben gerettet und konnte sich nicht einmal daran erinnern.
Und nun war er im Begriff das gleich für Esmeralda zu tun.
to be continued
Mit freundlichen Grüßen
Eure Evi