Kapitel 39

Evilslyn

Rare-Mob
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Ruhelos schritt Ellenora in dem geräumigen Zelt auf und ab.
Miras der auf einem Stuhl an einem kleinen Tisch platz genommen hatte, brütete über einer Karte, auf der das Flüchtlingslager, Lohenscheit und die umliegenden Wälder verzeichnet waren.
Die Karte war nicht hundertprozentig genau, doch waren die wichtigsten Knotenpunkte, wie die Position der vorgeschobenen Wachposten und Fallen vermerkt.
Resignierend schüttelte er den Kopf. „Wenn sie ihn haben, und ich sage bewusst wenn, da ich eher davon ausgehe, dass dieses Biest ihn in Stücke gerissen hat, nachdem er ihn nicht mehr benötigte, dann ist er verloren. Es gibt für uns keine Möglichkeit ihn zu befreien, geschweige denn, dort überhaupt hinein und wieder hinaus zu kommen.“
„Wir müssen es zumindest versuchen.“ Ellenora fuhr sich nervös, mit einer Hand durchs ihr braunes Haar, „wir können hier nicht tatenlos herum sitzen. Wenn er ihn hätte zerreißen wollen, warum dann nicht gleich hier. Er brauchte ihn nicht für seine Flucht, nachdem der Riegel erst einmal umgelegt war. Wenn du mich fragst, hat er ihn mitgenommen weil er ihnen wertvolle Informationen geben kann.“
„Wichtige Informationen?“, Miras schaute sich mit hochgezogener Augenbraue an, „Du glaubst doch nicht wirklich, dass diese Bestien so weit denken. Wenn er ihn mitnahm bis Lohenscheit, steckt er mittlerweile auf einem Spieß, wie ein Spanferkel.“
„Mag sein. Aber wenn es nicht so ist, könnte ich mir nie verzeihen, nicht wenigstens versucht zu haben ihn zu retten.“, Miras kannte Ellenora gut und lange genug um zu wissen, dass er sie nicht von ihrem Vorhaben abbringen konnte.
„Versprich mir wenigstens dass du dich umsiehst, und dann direkt wieder dort verschwindest. Und reite bei Tag, dann ist es weitaus weniger gefährlich.“, sorge lag in Miras Worten.
„Keine Angst, ich pass schon auf mich auf. Ich werde normal mit ihnen fertig, wenn sie Worgen sind, was sollen sie da schon als Menschen ausrichten?“, sie schenkte Miras ein Lächeln, und drückte ihm einen Kuss auf die Stirn. „Ich wusste du würdest verstehen, dass ich ihn nicht einfach aufgeben kann. Ich muss einfach sicher gehen.“
Vor Ellenoras innerem Auge sah sie Tesius vor sich, wie er auf der Lichtung gestanden und den in seinem Netz wütenden Worgen, mit großen Augen gemustert hatte.
„Willst du nicht lieber zwei oder drei mitnehmen? Du hast freie Wahl unter den Männern. Ich würde mich besser fühlen, wüsste ich, dass du nicht alleine da draußen bist.“, Miras Blick zeigte, dass er ihre Antwort bereits kannte.
„Ich bin nicht allein. Framier ist doch bei mir. Ich bin sicherer wenn ich nur auf mich selbst aufpassen muss. Außerdem hält eh kaum ein Pferd mit Framier mit. Sie würden mich nur aufhalten.“, als sie die Anspannung in Miras Augen sah, fügte sie noch hinzu, „Kein Sorge. Wenn es zu heikel wird, komme ich wieder und hole Verstärkung. Ich will ja erst einmal nur sehen ob er noch lebt.“
Bei ihren letzten Worten, eilte Ellenora auch schon aus dem Zelt.
Damit war die Diskussion beendet.
Miras Mund verzog sich zu einem Lächeln.
Auch wenn die Angst um sie ihn manchmal bald wahnsinnig machte, so erfüllte sie ihn doch immer wieder mit Stolz.



Arleds Sinne liefen auf Hochtouren.
Seine Nerven waren angespannt.
Wenn er die Nase in den Wind hielt, konnte er noch leicht den Geruch von Grimmgal wahrnehmen, obwohl es ein gutes Stück entfernt lag. Was jedoch seinen Puls beschleunigte, war ein anderer Geruch.
Ein Geruch dessen Quelle viel näher lag.
Der Geruch nach frischem Blut.
Nach Blut, und nach Wolf.

Arled verharrte, und hielt prüfend seine Nase in den Wind.
Die Quelle des Geruchs war näher gekommen.
Wie Nebel, konnte er die Geruchsfahne über einen nahen Hügel wehen sehen.
Adrenalin schoss in seine Adern. Was würde ihn hinter dieser Kuppe erwarten.
Gerne hätte er Flugur an seiner Seite gewusst, doch der hatte sich die gegenüberliegende Seite des Dorfes vorgenommen. Er hätte ihn holen können, doch dann wäre vielleicht schon alles vorbei gewesen.
Er würde zumindest erst einmal nachsehen, dann könnte er im Zweifelsfall immer noch Flugur herbeirufen, oder sich ungesehen zurück ziehen.
Der Wind stand günstig, wehe in seine Richtung. Wer oder was immer ihn hinter dem Hügel erwartete, konnte ihn also nicht wittern.
So leise wie möglich stieg er den Hügel hinauf.
Das Geräusch berstender Knochen, gefolgt von Schmatzlauten, kündigte bereits das Schauspiel an, welches sich ihm bot, als er die Kuppe erreicht hatte, und auf der anderen Seite hinabblicken konnte.
Ein Worg kauerte sich über etwas, was einmal ein Reh gewesen sein dürfte.
Es war kaum noch als solches zu erkennen, denn er schien sich schon eine ganze Weile an im gütlich getan zu haben.
Eine gewaltige Wunde klaffte im Bauch des Tieres, und Arled konnte die Eingeweide des Tieres sehen. Beim Anblick der Leber, zog sich sein Magen knurrend zusammen.
Seine tierischen Instinkte trieben ihn an, hinab zu stürmen, und dem anderen die Beute streitig zu machen, doch sein Verstand hielt ihn zurück.
Er hatte sich flach auf den Bauch gelegt, und beobachtete das Schauspiel.
Genüsslich riss der Worg große Stücke aus dem Hals seiner Beute und würgte sie kaum gekaut hinunter.
Aus seinen Lefzen triefte das Blut, färbte sein gräuliches Fell am Hals dunkel.
Er schien Arled nicht zu bemerken.
War ganz in den Verzehr seiner Beute vertieft.
Aus der Gier, mit der er seine Beute verschlang, folgerte Arled, dass es sich um eine seiner ersten Verwandlungen handeln musste. Seine tierischen Instinkte hatten eindeutig die Oberhand.

Arled betrachtete das Schauspiel gebannt.
Er und Flugur waren also nicht die einzigen Worgen in Gilneas.
Und wenn sie hier einen fanden, wie viele mochten noch dort draußen sein?
Vor seinem Inneren Auge, erschien aus den Tiefen seiner Erinnerung, das makellose Gesicht der weißen Frau, welche er schon mehr Mals in seinen Visionen gesehen hatte.
Er müsse Verbündete finden, hatte sie gesagt.
Müsse dem Rudel dienen.
Bisher konnte kaum von einem Rudel die Rede sein.
Wenn sie mehr wusste als er, und das lag auf der Hand, dann war dieser Worg sicherlich nicht der einzige, außer ihm selbst und Flugur.
Arled beschloss sich fürs Erste nicht zu zeigen.
Er würde dem Worgen folgen, und sehen wohin er nach seiner Mahlzeit laufen würde.
Wo er herkam, so dachte sich Arled, musste es noch mehr geben.
Da weder er noch Flugur für seine Verwandlung verantwortlich waren, mindestens noch ein weiterer.
Als wäre sein Gedanke ein Stichwort gewesen, kam Bewegung in das Gebüsch hinter dem fremden Worgen.
Aus dem Unterholz brach eine massige Gestallt hervor.
Bis auf das braune Fell, welches seinen Körper bedeckte, sah er seinem ins Fressen vertieften Artgenossen ausgesprochen ähnlich.
Der Graue, schien nicht überrascht, ob der Ankunft seines Artgenossen. Er störte sich auch nicht daran, als dieser begann sich am Bein seiner Beute zu schaffen zu machen.
Arleds Neugierde wuchs von Minute zu Minute.
Nun war er sich endgültig sicher, hier waren sie richtig.
Womöglich würde er hier endlich einige Antworten, auf die Fragen die ihn seit seiner Verwandlung plagten, finden.


Magnus stand wieder einmal Wache.
Wie er es wieder und wieder getan hatte. All die Jahre, Abend für Abend, seit Arugal mit den Resten seiner verlausten Armee hier eingefallen war, und sein eigenes Leben jenes unrühmliche Ende gefunden hatte.
Als sei es nicht schlimm genug gewesen, diese Viecher, aus ihrer Welt nach Azeroth zu bringen. Als wäre es nicht schlimm genug gewesen, als er herausfand, nicht in der Lage zu sein sie zu kontrollieren.
Hatte er auch noch seinen Verstand eingebüßt.
Seine Kinder hatte er sie genannt. Hatte etwas von Verantwortung ihnen gegenüber gefaselt.
So als wäre es das selbstverständlichste von der Welt, das Baron Silberlein seine Anwesen für ihn und sein Gezücht räumen müsse.
Magnus erinnerte sich noch immer an den überraschten Gesichtsausdruck, als der Baron seine Anliegen zurück wies.
Und er erinnerte sich an das Blutbad, welches auf diese Zurückweisung gefolgt war.
Er erinnerte sich weitaus besser als es ihm lieb war.
An diesem Tag war aus dem Silberleinanwesen, Burg Schattenfang geworden. War alles Leben aus dem Gemäuer getilgt worden.
Die Worgen hatten keinen Unterschied gemacht, weder Frauen noch Kinder hatten sie verschont.
Wer starb, zog noch das beste Los.
Weit schlimmer war das Schicksal derer die verwundet wurden, jedoch nicht starben.
Bei der ersten Vollmondnacht, waren sie zu ebensolchen Bestien geworden, wie es ihre Angreifer waren. Und dabei offenbar so degeneriert, dass sie darauf folgend, vor Arugal krochen wie seine Schoßhunde.
Doch auch sie beneidete Magnus, denn sie schienen ihr Schicksal kaum noch zu begreifen.
Er selbst aber, war gefangen, in jenem immer wiederkehrenden Rad, von Pflichtbewusstsein und Notwendigkeit. Er konnte nicht sterben, konnte jedoch auch nicht leben.
Sein Tagesablauf war immer gleich.
Jeden Tag erwachte er, obwohl das eine seltsame Bezeichnung war, denn er schlief nie. Er lag einfach in seinem Bett. Konnte nicht aufstehen, konnte nicht schlafen. Die Augen geöffnet und starrte an die Decke. Bis seine innere Uhr ihm vermittelte, dass er nun aufwachen würde, und sein Tagwerk von neuem begann.
Nie änderte sich etwas.
Bis heute.

Er stand auf dem Wehrgang und schaute über die Zinnen, als er etwas bemerkte, was anders war. Es war noch weit entfernt, schien jedoch schnell näher zu kommen.
Es fiel ihm schwer zu begreifen was er da sah.
Es sah aus wie eine Welle.
Jedoch lief sie nicht durch einen See oder ein Meer.
Sie lief auf breiter Front, soweit das Auge reichte, direkt durch das Land.
Wie ein Tischtuch, welches man ruckartig nach oben und wieder nach unter riss.
Die Welle rollte, und wo sie vorbei gekommen war, war nichts mehr wie zuvor.
Bäume knickten um, Hügel wurden eingeebnet, und neue Hügel aufgeworfen wo zuvor noch keine waren.
Seen, ergossen ihren Inhalt über das Land, als es sich ihr Grund nach oben wölbte, und die Landwelle, drückte das Wasser vor sich her.
Teilweise rollten riesige Steine wie Murmeln vor der Welle her, und walzten alles in ihrem Weg nieder.
Magnus Augen weiteten sich.
Er hielt es für durchaus möglich, statt als Geist diese Ruine, bald nur noch einen Steinhaufen zu bewohnen.
Die Welle kam näher und näher.
Ein Berg, etwa fünf Kilometer von der Burg entfernt, wurde von der Welle erfasst, und die obere Kuppel des Berges platzte auf wie ein riesiger Pickel. Darin eingeschlossenes Magma, spritzte orange leuchtend hervor, und setzte alle Bäume auf die es spritzte in Brand. Riesige Rauchfahnen stiegen innerhalb von Sekunden auf, und färbten den Himmel schwarz.

Dann erreichte die Welle die Burg.
Einer der vor der Welle dahin rollenden Felsen, schlug direkt unter Magnus in die Burgmauer ein und ließ das Gemäuer erzittern. Doch war dieses Zittern nichts, gegen das, was die Welle, Bruchteile Später anrichtete.
Wie Spielzeug wurden die Burg und alles in ihr, in die Höhe gerissen.
Ächzend und stöhnend, bogen sich die tragenden Balken, und Magnus konnte hören, wie manche von ihnen zerbarsten.
Zentner schwere Steine, welche die Zinnen bildeten, wurde einfach herausgerissen und fielen auf den Wehrgang, oder stürzten in die Tiefe.
Ein erbärmliches Knarren und Quietschen, wie von einem gigantischen Tier, lies Magnus herumfahren, gerade noch rechtzeitig, um den Burgfried dabei zu beobachten, wie er langsam Schlagseite bekam, dann schneller und schneller kippte, und schließlich unter lautem Getöse, in die gegenüberliegenden Burgmauer stürzte.
Die von der Erschütterung eh bereits geschwächte Mauer, hatte seinem Gewicht nichts entgegenzusetzen und stürzte ebenfalls ein.

Dann war alles auch schon wieder vorbei. Hier und da rollte noch eine kleiner Stein, sackte eine Wand nach, oder knarrte noch ein Balken. Doch die Burg schien zur Ruhe zu kommen.
Magnus würde wohl doch noch nicht, auf ein paar Steinen sein Dasein fristen.
Durch das in der gegenüberliegende Mauerloch hindurch, welches der sterbende Burgfried geschlagen hatte, blickte Magnus der Welle nach, die in unvermittelter Geschwindigkeit über das Land raste.

Was konnte nur solche eine Macht freisetzen.
Waren die Götter nach Azeroth zurück gekehrt?
In seiner Existenz als Geist, hatte der Glaube an den jüngsten Tag, einen beruhigende Wirkung. Vielleicht würde das Ende aller Tage viel kürzer auf sich warten lassen, als er es immer vermutet hatte.

Ein Soldatenlied auf den Geisterlippen, machte er sich auf zu seiner Patroullie.
Auch ein naher jüngster Tag, entband ihn jetzt noch nicht von seiner Pflicht.

… to be continued

Mit freundlichen Grüßen
Eure Evi
 
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