Kapitel 54

Evilslyn

Rare-Mob
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„Arled?“, sanft, leise, wie Balsam.
„Arled?“, drängender, beunruhigt.
Arled raste, in eine Blase des Wohlbehagens gehüllt, durch Tunnel aus Licht und Schatten. Alle Farben des Regenbogens umfingen ihn. Sein Geist kribbelte beim Versuch, all diese Eindrücke zu verarbeiten. Er wusste dass die Fragen ihm galten. Wusste auch das etwas nicht so war wie es sein sollte. Doch der Lichttunnel hielt ihn gefangen.
„Arled!“, einsam, flehend.
Vor Arled Augen, erschien das Bild der Frau in weiß, Dringlichkeit lag in ihrem Blick. Wie vom Donner gerührt, traf es Arled. Sie war es die nach ihm rief. Er schüttelte seinen Kopf, zumindest das was er als solchen wahrnahm, versuchte klar zu werden. Noch immer schossen die Lichter auf ihn ein. Wut stieg in ihm auf. Sie half.
Mit einem kehligen Knurren, schaffte er es den Lichttunnel zu vertreiben, und öffnete die Augen. Er lag nicht in Vodan´s Höhle. Er stand auf jener Lichtung, welche ihm mittlerweile wohl vertraut war. Der Moosboden, welcher den kleinen See, welcher in der Mitte lag um wuchs, verlor sich in der Dunkelheit. Der See schillerte in verschiedenen Farben, und seine Entfernung konnte Arled nicht richtig abschätzen. Eben noch schien er zum greifen nah, dann war es, als sei er etliche Steinwurf weit entfernt. Dem Farbentunnel war er also entkommen, der Wirkung des Bieres offenbar noch nicht.
Als sein Blick auf die anmutige Gestallt, seiner mystischen Gönnerin fiel, versuchte er sich zusammenzureisen. Als wäre sie seine Mutter, war ihm die Vorstellung unangenehm, sie könnte seinen Zustand bemerken. Ihrem unglücklichen Gesichtsausdruck nach zu folge, hatte er damit wenig Erfolg. Sein Herz zog sich zusammen.
„Ich habt mich gerufen?“, versuchte er in seinem ernstesten Tonfall eine Begrüßung. Doch seine Worte klangen, hallend, verschoben, und er war sich nicht einmal sicher ob er jedes Wort wie geplant hervor gebracht hatte. Seine Stimme schien ein Echo aufzuweisen. Er versuchte noch einmal anzusetzen, wurde jedoch unterbrochen.
„Versuch es erst gar nicht. Meinst du etwa ich weis nicht was mit dir los ist?“, ein Anflug von Ärger lag in ihrer Stimme, was Arled wie eine Nadel ins Herz traf. Jedoch lag auch ein Hauch von Belustigung unter selbigem, was sein Herz zum Lachen brachte.
„Ich…also wir…haben einen Tauren getroffen. Hast du auch schon mal so einen…äh, haben sie schon mal so einen gesehen? Die sind einfach riesig! Und diese Nase.“, wie ein Wasserfall schossen die Worte aus Arled hervor. Obgleich er schon früh bemerkte wie unpassend seine Ansprache war, konnte er seine Zunge einfach nicht im Zaum halten. Je peinlicher ihm seine Ausführungen waren, desto mehr versuchte er sie durch eine nächste zu relativieren, und so strömte mehr und mehr Unsinn aus seinem Mund, über den er keine rechte Kontrolle mehr zu haben schien.
„Einen Tauren?“, unterbrach sie ihn schmunzelnd. „Ja, die sind führwahr lustige Wesen. Besonders ihr Hang zu allen möglich Formen des Rauschs. Wie ich sehe, hast du bereits damit Bekanntschaft gemacht“ Sie lies ein kurzes Lachen erklingen, welches wie helle Glocken in Arled Ohren klang. Sein Innerstes füllte sich mit einer Woge der Wärme und Zuneigung. Mit einer Handbewegung unterband sie seinen Ansatz, seinen Redeschwall fortzusetzen.
„Ruhig, ruhig mein Guter.“, noch immer spielte ein gütiges Schmunzeln um ihre Mundwinkel. „Was ich dir zu sagen habe, ist viel zu wichtig, als dass wir es uns leisten könnten, wenn du die Hälfte wieder vergisst. Also komm her.“ Sie streckte ihm eine Hand entgegen. Ihre weiß schimmernde Haut, wirkte weich wie Samt. Er konnte sein Glück kaum fassen. Vorsichtig, um den Moment zu genießen, schritt er langsam auf sie zu. Als er vor ihr Stand, überragte er die kleine Frau um gut eine Kopflänge. Sie wirkte jedoch nicht im Mindesten besorgt, einen Worgen direkt vor sich zu haben. Sanft lächelnd drückte sie sich auf ihre Zehenspitzen, faste nach oben, und legte Arled ihre Hand auf den breiten Schädel. Wärme süß wie Honig floss von ihrer Berührung aus, in ihn hinein. Sickerte in die tiefsten Winkel seines Bewusstseins, und schien alle Folgen seines Biergenusses in sich aufzusaugen.
Die Konturen der Umgebung wurden wieder schärfer, wirkten nicht mehr so fließend. Das Empfinden, das alltägliche Dinge hatte urkomisch erscheinen lassen verschwand, genau wie das Hochgefühl in dem er geschwelgt hatte.
Das Gute war, dass allein durch ihre Anwesenheit schon ein Hochgefühl in ihm aufblühte. Unter der Berührung ihrer Hand, hätte sie wohl auch sein Leben nehmen können. Die leere Hülle seines Körpers, wäre noch selig lächelnd auf dem Boden aufgeschlagen.
Mit der Rückkehr seiner scharfen Sinne, nahm er auch ihre Anmut und Schönheit in noch größerem Maße wahr.
„So, nun solltest du mir wieder deine gesamte Aufmerksamkeit schenken können.“, nickte sie zufrieden, während sie ihm tief in die Augen sah. „Nun zu den Dingen warum ich dich gerufen habe.“ Ihre Finger schlossen sich etwas fester um seinen Schädel, und vor Arleds Augen verschwamm der Raum, und eine Vision ersetzte sein Sichtfeld.
Er raste über das Land. War Körperlos. Wälder und Wiesen flogen unter ihm dahin. Überall im Land waren folgen des Zwischenfalls zu erkennen. Neu entstandene Seen, aus denen noch immer die begrünten Baumwipfel hervorragten. Ehemalige Seen, deren ehemaliges Bett, nun nur noch braune schlackige Gruben waren, die langsam begannen zu trocknen, und dabei wie ein riesiges Mosaik von Rissen durchzogen wurden. Umgestürzte Bäume, Spuren riesiger durch die Landschaft gerollter Felsen.
Sein Geist flog immer weiter gen Osten. Bald schon sah er wieder den Greymanewall, der sich am Horizont als riesiges dunkles Band erhob. Als er ihn erreicht, und überquert hatte, konnte er sehen dass viele der Steine, die Murmeln gleich vor der Eruptionswelle dahin gerollt waren, in den Wall eingeschlagen waren, und gewaltige Trichter in das Bauwerk geschlagen hatten. Doch der Wall stand noch. Die Frage war nur wie lange noch.
Doch damit würde sich Arled später beschäftigen. Hier schien nicht das Ziel seiner Reise zu liegen, denn mit atemberaubender Geschwindigkeit, schoss er weiter.
Arleds Erinnerung an die Zwergenhallen wurde wach, an dessen Ende der schwarze Drache gelegen hatte. Todesschwinge. Ein Gefühl der Beklemmung befiel ihn. Was konnte es in dieser Höhle den noch zu sehen geben. Allerdings wurden diese Gedanken schon bald ersetzt. Ersetzt von blankem Entsetzen.
Zu Anfang waren es nur weit entfernte, vereinzelte Rauchfahnen gewesen. Arled hatte sie kaum bemerkt, zu beschäftigt, beobachtete er das Land über welches er hinweg flog. Dann hatte er unter sich die ersten Magmaspalten entdeckt. Zäh und brodelnd, quoll das Magma aus dem Innern der Erde. Der Schwerkraft folgende, wälzte es sich zwar langsam, doch unaufhaltbar die Hänge hinab. Alles was seinen Weg kreuzte, zu langsam oder nicht in der Lage war zu entkommen, verbrannte. Die Spalten waren zu Anfang nur wenige. Doch je weiter er vorstieß, umso häufiger tauchten sie auf. Er entdecke ein Dorf, oder das was davon übrig geblieben war. Wo einst der Dorfplatz gelegen hatte, teilte nun ein Magmastrom die Dorfhälften. Arled konnte es nicht fassen. Was ging hier nur vor sich. Als er den Berghang erreichte, den er als jenen wiedererkannte, in dessen Innern der Großdrache ruhte, wusste er, dass er das Epizentrum erreicht hatte. Ein Teil der Bergflanke fehlte komplett. Aus dem gigantischen Loch strömte ein Lavastrom der alles in den Schatten stellte, was Arled auf seinem Flug bisher zu Gesicht bekommen hatte. Wie ein Netz aus rot leuchtenden Adern, verzweigte er sich auf seinem Weg ins Tal. Jedoch schien dieser Strom nicht der Schwerkraft zu folgen. Sondern den Dörfern und Städten.
Nicht wie erwartet in den Berg, flog Arled über dem Lavastrom dahin, über brennende Dörfer hinweg. Sah, wie ameisengleich hunderte von Flüchtlingen, auf den Straßen die von der Lava wegführten unterwegs waren. Manche hatten ihr Vieh dabei, oder ihr Hab und Gut auf Viehkarren, doch die meisten trugen nur die Kleidung die sie am Leib hatten mit sich.
Immer wieder sah Arled kleine Vulkane die erst vor kurzem entstanden schienen. Tiefe Furchen zeichneten an manchen Stellen das Angesicht Azeroths.
„Schau, dort am Horizon“, ertönte plötzlich die melodische Stimme der weisen Frau. Er schrak überrascht zusammen, so gebannt hatte er die Veränderungen am Boden betrachtet.
Sein Blick richtet sich nach vorne, und er brauchte nicht lang um zu erkennen was sie meinte.
Zuerst erkannte er nur eine schwarze Wolke am Himmel. Ähnlich derer die ein Gewitter mit sich brachte. Nur das diese von einem weit tieferen Schwarz war. Sie schien wie ein Stück Dunkelheit selbst. Aus ihr zuckten keine Blitze, sondern Feuerbälle stürzten daraus zur Erde.
Als er noch etwas aufgeholt hatte, erkannte Arled auch wer oder was dafür verantwortlich war. Es war Todesschwinge, kein Zweifel. Die Umrisse des Drachen, waren in der Wolke nur zu erahnen. Sein riesiger schwarz geschuppter Körper, wirkte noch beeindruckender als er es ohnehin in der Höhle getan hatte. Hätte Arled einen Körper zur Verfügung gehabt, sein Maul hätte weit offen gestanden.
Er war also tatsächlich erwacht. Todesschwinge war aus seinem Versteck hervor gekrochen, um zurück zu holen was er einst verloren hatte. Auch wenn Arled glaubte, dass es ihm um weit mehr ging, als nur die Wiedererlangung seines ehemaligen Besitzes. Die Flammenzungen welche er gen Erde Schickte, legten reges Zeugnis davon ab, das Arled richtig lag. Todesschwinge wollte Rache. Rache, und Tot. Und er war dabei, all dies zu verbreiten.
Arleds Tempo passte sich dem Todesschwinges an. Er folgte ihm, kam jedoch nicht mehr näher. „Ich hab es gesehen. Muss ich mir das noch länger antun?“, fragte Arled in Gedanken, und hoffte die weiße Frau würde ihn hören können.
„Geduld. Geduld mein Lieber. Es ist wichtig das du etwas siehst.“, ihre Stimme war wie Balsam für seinen geschundenen Geist.
Nach etwa fünfzehn Minuten, fünfzehn Minuten die Arled hilflos mit ansehen musste, wie dutzende Dörfer und Städte von der Wut des Drachen ausgelöscht wurden. Zeuge wurde, wie der Drache Vulkane beschwor, welche ihren tödlichen Inhalt über Felder und Wiesen speiten. Wie sie alles in Brand steckten und eine Ascheschicht über den zuvor so fruchtbaren Boden legten.
Dann tauchte ein blaues Band am Horizont auf, das schnell näher kam, und immer breiter und breiter wurde. Die große See. Arled hatte mit seinem Vater einst einen Hafen besucht, und sich ausgemalt, was die Matrosen der Flotte, welche der ganze Stolz von Gilneas war, wohl auf ihren Reisen erleben mochten. Doch nicht im Traum, hatte er sich die große See, so groß vorgestellt.
Todeschwinge verharrte keinen Augenblick. Er schoss über den Küstenstreifen hinaus, kerzengerade auf sein Ziel zu. Lag es etwa in Kalimdor?
Kalimdor, ein wildes Land. In dem allerlei Gefahren und Abenteuer auf jene warteten, die wagemutig, oder dumm genug waren die Überfahrt zu wagen.
Da Gilneas eine Seefahrernation war, kursierten allerlei Geschichten. Die bekannteste, war mit Abstand jene über den Mahlstrom. Ein Strudel, dessen Ausmaße so gigantisch waren, dass man, an einem Rand angekommen, das andere Ende nicht erkennen konnte. Arled hielt diese Beschreibungen immer für Seemannsgarn. Es war ganz normal das Seemänner auf ihren langen entbehrungsreichen Fahrten Geschichten erfanden, und machte wurde gar Wirr, und faselten Unsinn. Da konnte ein großer Fisch, schnell zu einem Fischmenschen, und ein Strudel zu einem Mahlstrom werden. Arled hatte sich innerlich immer über diese Geschichten amüsiert. Bis heute. Nachdem sie eine Weile auf die offene See hinausgeflogen waren, der Drache hielt nach wie vor an seiner Richtung fest, geschah am Horizont etwas mit dem Wasser. Aus der Ferne wirkte es fast, wie Stromschnellen. Beim näherkommen, entpuppte es sich jedoch als der Rand, des mit abstand größten Naturschauspiel, dessen Arled je Zeuge wurde. Dagegen waren die Vulkane die von Todesschwinge aus der Erde gehoben wurden, wie winzige Pickel. Die Rundung des Randes, war kaum zu erkennen, so gewaltig war der Umfang des Mahlstroms. Nichts, hatten die Seefahrer bereichtet, was den weißen Rand des Stroms durchquert, kehrt je wieder zurück. Man berichtete sich, dass in der Mitte des Stroms, eine so gewaltige Menge an Schiffen liegen musste, dass sich die Seefahrer Stritten, ob sie nicht bereits an der Wasseroberfläche zu sehen sein müssten. Arled konnte sie nun verstehen.
Er war so gebannt von dem Anblick, dass er erst die Veränderung in Todesschwinges Flugbahn bemerkte, als dieser in sein Sichtfeld eintauchte. Weit unter ihm.
Im Sturzflug stieß der Leviathan auf die tosende Wasseroberfläche zu. Arled verstand nicht. War der Drache nun endgültig verrückt geworden? Oder war er über seinen Wahnsinn so verzweifelt, das er seinem Leben ein Ende setzten wollte?
Jeden Moment rechnete Arled damit, dass er seinen Sturzflug abfangen würde. Seine Schwingen ausbreiten und seinen Weg über die See fortsetzen würde. Doch es geschah nicht.
Kopf voran schoss die Echse, wie ein schwarzer Pfeil in die Fluten. Ein gewaltiger Schwall Wasser stieg in die Höhe. Prasselnd stürzte das Wasser zurück, schäumte, und schon wies nichts mehr, auf den Drachen hin, der gerade hier versunken war. Konnte es denn wahr sein?
War dies das Ende, eines der größten Drachen Azeroths? Ein Freitod?
„Mach dich nicht lächerlich.“, erklang tadelnd die vertraute Stimme in Arleds Kopf. „Es braucht mehr als ein wenig Wasser, um diesen Drachen aufzuhalten. Wir können ihm nicht weiter folgen. Sie würden dich bemerken. Ihre Netze sind gespannt. Du wärst leichte Beute.“
„Wer sind sie? Und wieso sollte ich ihre Beute sein? Ich bin doch Körperlich gar nicht hier.“, gab Arled verdutzt zurück.
„Deinen Geist einzufangen würde ja auch genügen, nicht war. Du solltest auf keinen Fall den Fehler machen, unsere Feinde zu unterschätzen. Dies ist schon vielen vor dir zum Verhängnis geworden. Es gibt viele Dinge in dieser Welt die anders sind, als sie auf den ersten Blick scheinen. Und hier, siehst du wohl eine der größten Täuschungen vor dir, die in ganz Azeroth existiert.“
„Wie…“, Arled war völlig verwirrt. Was meinte sie damit?
„Was siehst du wenn du da hinab schaust?“, fragte sie geduldig.
„Den Mahlstrom. Fluch der Seefahrer. Was soll ich den sehen?“, Arled war trotzig. Was wollte sie nur, er war doch nicht blind.
„Ja das ist es auch was du sehen sollst. Aber glaube mir, dieser Ort ist alles andere als Tot. Unter diesen Wassern, befindet sich die größte Population Azeroths, vergleichbar mit der Menge an Orcs, Menschen, Tauren und Elfen zusammen genommen.“, der Ernst in ihrer Stimme, wischte Arleds Glaube an einen Scherz hinfort. Es war ihr Offenbar ernst.
„Meint ihr etwa… die Fischmenschen?“, hauchte Arled.
Ihr Schweigen, sagte mehr als tausend Worte.

… to be continued

Mit freundlichen Grüßen
Eure Evi
 
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