Kapitel 56

Evilslyn

Rare-Mob
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…Nach eingehendem Studium der erhaltenen Manuskripte, und Gesprächen mit Zeitzeugen, erachte ich die Theorien für ausreichen geprüft, um sie als Fakten anzusehen. Alles in Allem scheint mir dies die einzig plausible Erklärung. So bleibt mir nur noch ein letzter Schritt, um mir endgültige Gewissheit zu verschaffen.
Ich bete zum Licht, dass ich richtig liege. Die Zukunft unserer Welt, so wie wir sie kennen, hängt vom Ausgang dieser Mission ab. Wenn alles wie geplant läuft, werde ich in spätestens einer Woche zurück sein.

PS: Ich habe bisher nicht die Kirin Tor in Kenntnis gesetzt. Sollte sie dieses Buch lesen, bedeutet dies, dass ich nicht zurück gekehrt bin. Lassen sie es in diesem Fall, schnellst möglich den Magiern in Dalaran zukommen. Diese Informationen könnten sich als Kriegs entscheidend herausstellen.


Bleiche Finger hielten das Buch behutsam, und Augen, die von innen heraus rot zu schimmern schienen, saugten die Zeilen förmlich in sich auf. Ein Finger, lang und dünn, dessen Nagelbett bläuliche Haut umrahmte, fuhr zur vergilbten Buchkante und blätterte um. Die nächste Seite war leer. Auch die folgende, und die darauf folgende. Die Leserin –trotz der fahlen Haut, und tief ins Gesicht gezogenen Kutte war ihr Geschlecht unmittelbar zu erkennen- stieß verärgert Luft durch ihre Nase. Ihre Mund wurde zu einem Strich, und drückte ihren Unmut aus. Sie packte den Einband des Buches mit einer Hand, und schloss es, begleitet von einem dumpfen Knall.
In Gedanken war sie schon drei Schritte weiter. Die Tatsache, dass die Eintragung an jener Stelle endete, war eine genauso sichere Bestätigung der genannten Vermutungen, wie es eine direkte Bestätigung auf den nun noch leeren Seiten nur hätte sein können.
Ihn ihrer Erinnerung war sie wieder ein kleines Mädchen. Sie saß in ihrem Kinderzimmer, einem Raum, dessen Wände aus Holz bestanden. Im Grunde nichts ungewöhnliches, nur das diese Wände gewachsen, und nicht errichtet waren. Oh wie hatte sie die Abende genossen, als ihre Mutter, ihr und ihrer Schwester Geschichten erzählte, bevor sie sich zur Ruhe betteten.
Sie hatten mit großen Augen da gesessen, an ihren Lippen gehangen, und sich von ihren Geschichten in andere Welten oder Zeiten entführen lassen.
Erst viel später hatte sie begriffen, dass es stets darum ging, ihr Begriffe wie: Ehre, Verantwortung, Gemeinschaft, aber auch Gefahr, Versuchung und Verrat begreiflich zu machen.
Eine ihrer liebsten Geschichten, waren jene über die Worgen. Es verstärkte ihr Gefühl der Geborgenheit im sicheren Hain, wenn sie von Monstern und Dämonen hörte, und den tapferen Kriegern welche sie erlegten oder in den Nether verbannten.
Was sie damals nicht hatte wahrhaben wollen, war der große Wahrheitsgehalt, welcher offensichtlich in all den Geschichten gesteckt hatte.
Sie stellte das Buch zurück in ihr Regal, aus dem dicke Staubflocken aufstoben. Eine Spinne kletterte eilige an ihrer Sicherungsleine nach oben, und verschwand außer Sicht. Das alte Gemäuer bot ihr Verstecke und Nahrung im Überfluss.
Sie ging zurück zum Stuhl, hängte sich ihren Köcher lässig um die Schulter, nahm dann ihren Bogen von der Wand, und ging zur Tür. Die Türangeln quietschten widerwillig, als sie an dem dicken Türgriff in Löwenkopfform zog. Fauliger Geruch, begleitet von einem Schwall schwüler Luft schlug ihr entgegen. Es störte sie nicht. Sie hatte sich so daran gewöhnt, dass sie sich gelegentlich dabei ertappte, in frischer Luft ein Gefühl zu haben, als ob etwas fehle. Sie folgte dem Gang, der von ihrem Zimmer wegführte, und konnte bereits Stimmen und Geräusche vernehmen, die von regem Leben kündeten. Zumindest von geschäftigem Treiben. Der bittersüße Scherz kräuselte leicht ihre Lippen. Am Ende des Gangs, konnte sie die massigen Körper zweier Wächter, die den Zugang zu ihren Gemächern sicherten erkennen. Deren Schultern - wenn auch in Rüstung gehüllt - waren fast dreimal so breit wie die ihren. Die Rüstung hüllte fast jede Stelle ihrer Körper ein, sodass nur ein Stück ihrer Gesichter zu erkennen war. Verliehen ihnen schon die Rüstungen, mit all ihren Spitzen und Zacken, ein martialisches Aussehen, so unterstrichen die fast Fingerlangen Hauer noch das Bild, die aus ihren Mundwinkeln hervor ragten.
„Lok´thar!“, grunzten die Wachen ihr zu. Sie nickte nur kühl. Auch wenn sie den Umstand einsah den Wachen, welche unter Varimathras Kontrolle gestanden hatten, nicht mehr vertrauen zu können, konnte sie sich doch nicht dem Gefühl erwehren, die Krokon als Wachhunde vor die Nase gesetzt zu bekommen.
Nunja, sollten sich die Grünhäute nur hier einrichten. Wie es schien, würde sie ohnehin die nächsten Tag, Wochen, Monate oder gar Jahre, einer Aufgabe nachgehen, derer sie geneigter war, denn dem Verwalten dieses heruntergekommenen Gemäuers. Der Ruf der Schlacht, hatte sie ereilt. Die Verheißungen, die mit einer Schlacht, gar einem Krieg einher gingen, vermochten es ihr kränklich, dunkles Herz, das Blut schneller durch ihr fahles Fleisch zirkulieren zu lassen.
Sie beschleunigte ihren Schritt, und bewegte sich auf das Militärviertel zu. Es galt Vorbereitungen zu treffen.

…to be continued

Mit freundlichen Grüßen
Eure Evi
 
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