Krankenhausstempel

Whitesun

Rare-Mob
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Meine lieben Blogleser,

ihr werdet es nicht glauben, von wo ich euch schreibe, aber ich liege mit strenger Bettruhe zuhause im Bett, den Laptop auf dem Schoß. Davor lag ich 2 ½ Wochen im Krankenhaus, weil unser kleines Baby schon das Licht der Welt erblicken wollte. Das Problem ist nur: er wäre ein paar Stunden später gestorben, weil er viel zu klein gewesen wäre... Nun aber der Reihe nach. Hier ein Auszug aus meinem Tagebuch, das ich angefertigt habe, um der Langeweile zu entfliehen:

01.02.08
Eli und ich haben heute die beiden Hebammen kennen gelernt, die uns bei der Geburt unterstützen sollen. Wir sind sehr begeistert von ihnen, weil sie unsere Vorstellungen noch übertroffen und die gleiche Einstellung zur Geburt wie wir haben.
Ein paar Stunden später dann das Unglück: mein Bauch wurde unter heftigen Schmerzen regelmäßig hart und mich überkam ein ungutes Gefühl, dass etwas ganz und gar nicht stimmte. Da es Freitag Nachmittag war und mein Frauenarzt schon zu hatte, haben wir den Kreißsaal angerufen und gefragt was wir tun sollen. Die Ärztin am Telefon sagte, wir sollen sofort ins Krankenhaus kommen.
Vor dem Kreißsaal standen wir 20 min später und klingelten an der Türe. Eine Stimme fragte am anderen Ende: „Ja bitte?“ Ich erwiderte: „Guten Tag, ich habe gerade angerufen. Ich glaube, ich habe Wehen!“ Die Türe öffnete sich zischend und eine Frau in blauer OP-Kleidung schaute mich an und meinte mit einem Grinsen: „So so, sie haben also Wehen?!“ Der Ausdruck in ihren Augen sprach Bände: „Das höre ich mehrmals täglich, aber ob Du wirklich Wehen hast, das werden wir ja noch sehen!“
Sie nahm mich trotzdem an die Hand und brachte mich in einen Raum mit zwei Pritschen, die durch einen Raumteiler von einander getrennt waren. „Sind sie denn schon am Entbindungstermin?“, fragte sie ohne einen Blick auf meinen Bauch zu werfen. Ich guckte an mir runter und dann voller Entsetzten Eli an. „Nein“, erwiderte ich, „ich bin in der 22. Schwangerschaftswoche!“ (Hierzu eine kleine Anmerkung: eine Schwangerschaft wird in Wochen berechnet. 40 Wochen, also 10 Mondmonate, braucht das Baby um sich voll zu entwickeln. Wird ein Kind vor der 37. SSW [Schwangerschaftswoche] geboren, dann spricht man von einer Frühgeburt. Das „jüngste“ Baby, dass eine Frühgeburt überlebt hat – dank der Intensivmedizin – war gerade erst in der 24. SSW. Doch bis heute ist noch nicht klar, ob das kleine Mädchen bleibende Schäden davon getragen hat. Die Chance ein gesundes Kind vor der 30. SSW zu bekommen liegt bei unter 5 %. Die meisten sterben allerdings...). Die Krankenschwester starrte mich nun endlich an, legte mich auf eine Liege und schnallte mir ein Gerät um den Bauch, dass meine Wehen aufzeichnen sollte.
Eli und ich waren voller Sorge: was würde passieren, wenn es nun wirklich los ging? Würde unser kleiner Krümel das überleben? Würden die Ärzte überhaupt etwas unternehmen, ihn versuchen am Leben zu erhalten oder wäre es einfach nur eine Qual und man sollte ihn einfach sterben lassen? Wie würde ich mit so einer Fehlgeburt denn umgehen? Eli war kreidebleich und sein Blick ging oft ins Leere. Er dachte das selbe wahrscheinlich. Ich versuchte ihn zu beruhigen, fing an ihm den Wehenschreiber zu erklären. Durch meiner Hebammenausbildung war ich schließlich kein Laie. Nach 1 Stunde kam unsere Hebamme herein und war ganz erstaunt uns wieder anzutreffen. Sie schaute auf das CTG-Gerät, das weiterhin fleißig jedes Hartwerden meines Bauches mit schrieb, und erschrak regelrecht. Kurz danach kam eine Ärztin reingeschneit, nahm ihr den Streifen Papier ab ohne wieder mal auf mich zu schauen und freute sich: „Ja mei, das sind ja schöne Wehen! Dann kann es ja bald losgehen!“ Meine Hebamme erwiderte nur voller Entsetzten: „Mag sein, aber nicht in der 22. SSW!“ Die Ärztin erbleichte ebenfalls und starrte mich an. „Kommen sie mal direkt mit mir!“.
Wir gingen zu einem Ultraschallgerät und sie machte mehrere Aufnahmen von meinen Innereien, die für eine Geburt eine wichtige Rolle spielen. Ihr Gesichtsausdruck blieb ernst als sie sagte: „Gut, dass sie kommen. Die Geburtswege haben sich schon fast geöffnet! Sie müssen ab sofort strenge Bettruhe einhalten und bekommen direkt Medikamente gegen die Wehen. Dazu Antibiotika, um die Hauptursache für solch frühzeitige Wehen entgegen zu wirken: eine bakterielle Infektion.“ Ehe ich mich versah, wurde ich auf Station gebracht und in ein Bett gelegt.

02.02.08
Die Nacht war grauenvoll! Meine Schmerzen wurden immer stärker und die Ärztin beschloss, dass ich Valium bekommen sollte. Es sollte alles in mir zur Ruhe bringen. Ebenso meine Gebärmutter... Es funktionierte und ich schlief endlich ein.
Am Morgen blieb mir fast das Herz vor Schreck stehen: als ich aufstand lief mir Wasser die Beine nur so runter! Ich dachte, nun ist es soweit: Die Fruchtblase ist geplatzt und kann keiner das Leben meines kleinen Krümels noch retten! Gelähmt von Angst und Trauer legte ich mich wieder hin und weinte bitterlich. Schließlich kam eine Schwester vom Kreißsaal zu mir und wollte ein weiteres Mal meine Wehentätigkeit mit dem CTG-Gerät messen. Sie sah meine Tränen und fragte mich, was los wäre. Ich erzählte ihr von meiner schrecklichen Vermutung und sie ging sofort los und holte einen Arzt.
Wenig später wurde ich samt Bett wieder in den Kreißsaal gefahren. Es sollte ein spezieller Test gemacht werden, der zeigen sollte, ob es nun wirklich Fruchtwasser war, das abgegangen war. Meine Gedanken rasten. Ich hatte soviel Angst, dass mein Blick ins Leere ging. Ich sah meine Schwangerschaft bis heute Revue passieren vor meinem inneren Auge. Sollte nun alles vorbei sein? Wie sehr haben sich Eli und ich uns doch auf unseren kleinen Racker gefreut! Die schrecklichsten Bilder stiegen in mir hoch: ich sehe die Ärztin Kopfschüttelnd zu mir her kommen und den Satz murmeln: „Es ist Fruchtwasser. Wir können die Geburt nicht mehr aufhalten...“ Dann werde ich in einen Raum geschoben und muss mein Kind wie alle anderen Frauen zur Welt bringen. Wohl wissend, dass unser kleiner Junge außerhalb von mir nur wenige Stunden leben und schließlich seinen letzten Atemzug in meinen Armen machen würde...
Die Ärztin kam zu mir ans Bett, die ganze Szenerie lief erneut an mir vorbei. Das Lächeln auf ihrem Gesicht bemerkte ich gar nicht mehr. Erst die Worte, die sie sprach holten mich langsam aus meiner Erstarrung: „Wir haben Glück! Es war kein Fruchtwasser! Ihr Baby wird leben! Und wir werden alles daran setzten, dass es noch ein paar Wochen in ihrem Bauch verbringen darf!“ Die Erleichterung, die ich nun verspürte kann ich nicht Worte fassen. Mir liefen die Tränen erneut das Gesicht herunter, diesmal vor Freude. Hoffnung keimte wieder in mir auf und ich konnte wieder lachen! Ich wollte alles tun, was die Ärzte von mir verlangten, Hauptsache, mein Schatz blieb noch ein wenig unter meinem Herzen.
Um die Wehen in den Griff zu bekommen, wurde ich umgehend an eine 24-Stunden Infusion angeschlossen. Magnesium floss nun in einer hohen Dosis durch meine Adern und sollte diese Wehen, die medizinisch gesehen nichts anderes als Krämpfe sind, endgültig beruhigen. Man mag es nicht glauben, aber dieses metallne Gemisch brennt wie flüssiges Feuer durch meinen Venen. Den Weg, den die Lösung nimmt kann ich bis zum Herzen schmerzlich verfolgen. Aber es ist mir egal! Ich hatte mir geschworen alles zu tun, damit unser kleiner Junge überleben könnte, da ist das ein kleiner Preis im Gegensatz zu den schrecklichen Vorstellungen, die mich im Kreißsaal noch verfolgten.

04.02.08
Die Schmerzen lassen nach. Ich brauchte zwar gestern noch mal eine Valium, aber nun scheinen die Wehen in Griff zu sein. Die Dosis meiner Infusion, die permanent laufen muss, wurde auch herunter gefahren.
Und jeden Tag bekomme ich zusätzlich Blut abgenommen, um meinen Magnesium-Spiegel zu überprüfen. Denn zu viel ist nicht gut. Es kann das Herz zum Stillstand bringen. Es ist also ein Balanceakt für die Ärzte. Man sagte mir, dass es zwar noch andere Möglichkeiten der Wehenhemmung gibt, aber die würden in einer so frühen Schwangerschaftswoche meist nicht greifen.
Die Ärzte waren zufrieden mit dem Ergebnis, dass es mir allmählich besser ging. Und auch ich schöpfte langsam neue Kraft. Ich darf zwar immer noch nicht aufstehen, nur wenn ich auf Toilette muss oder mich waschen will. Sonst ist flach liegen das Beste, was ich tun kann.
Ein großer Ultraschall hat mich heute noch erwartet. Der Oberarzt persönlich hat die Untersuchung durchgeführt. Er schenkte mir ein großes Lächeln und sagte abschließend, dass es sehr gut aussieht und dass die Geburtswege, die sich schon geöffnet hatten, nun allmählich wieder verschließen.
Meine ständige Infusion sollte nun in der Dosis weiter runter gefahren werden. „Josef“, der Perfusor (ein Gerät, das zwischen Infusion und meinem venösen Zugang geschaltet ist und per Lichtschranke Tropfen dieser Lösung zählt und die Dosis über Druck reguliert), der mich schon seit vorgestern auf Schritt und Tritt verfolgt, wurde also runter gestellt. Glücklich über den Lauf der Dinge kam ich wieder in meinem Zimmer an.
Am Abend wurden die Wehen wieder stärker und ich musste die Schmerzen regelrecht wieder veratmen. Ein Arzt kam direkt, untersuchte mich und stellte „Josef“ wieder auf die alte Dosis ein. Es half. Total erschöpft von diesem ereignisreichen Tag schlief ich alleine in meinem Zimmer ein, weil meine beiden anderen Bettnachbarinnen im Laufe des Tages gehen durften.

11.02.08
Karneval ist komplett an mir vorbei gegangen, ich habe hier in meinen vier Krankenhauswänden nichts mitbekommen. Als ich noch am Rosenmontag aus meinem Zimmer zu der Ultraschalluntersuchung gefahren worden bin, hatte ich mich gewundert, warum Luftschlangen überall dekoriert waren. Und dann viel es mir ein. Ich bin zwar ein „Kölsche Mädel“ und in „Kölle jebore“, aber der Karneval hat mich nach meinen 6. Lebensjahr und einer Lungenentzündung, die ich mir auf einem Zug eingefangen hatte, nicht mehr interessiert.
Die Tage vergehen hier unterschiedlich schnell. Ich habe weder Fernseher noch Radio auf meinem Zimmer und meine Bettnachbarinnen neben mir wechseln wie die Papierhandtuch-Rolle auf der Gästetoilette der Station. Mir ist langweilig und ich habe angefangen allen möglichen Gegenständen Namen zu geben. „Josef“, den Perfusor, kennt ihr ja schon. Mein Bett, das mir schon fast ans Herz gewachsen ist, heißt „Gustav“ und „Hugo“ der Infusionsständer, an dem „Josef“ seine Arbeit macht. Außerdem heißen die Luftlöcher, die ich in die Decke starre „Karlheinz“, „Otto“ und „Elfriede“. Und „Dagmar“, mein Nachtkästchen mit dem schönen ausziehbaren Klapptisch, möchte ich hier nicht vergessen zu erwähnen. Ihr seht: Zeit zum Nachdenken habe ich alle Male...
Die letzten Tagen verliefen ganz ereignislos. An meiner Situation hat sich nichts geändert und auch an „Josef“ ist nichts mehr getan worden.
Allerdings alle paar Tage immer wieder neue Frauen auf meinem Zimmer anzutreffen ist gewöhnungsbedürftig. Am Anfang waren sie in meinem Alter oder Anfang 30, doch nun steigt der Altersunterschied rapide an! Im Augenblick liegen zwei Damen neben mir, die schon beide Weltkriege überlebt haben und die locker meine Urgroßmutter sein könnten. Das Durchschnittsalter liegt gerade bei 80 Jahren mit mir, jedoch bei gefühlten 120. Mit dem Altersunterschied steigt auch der Schnarchpegel... Zwar steht vor jedem Krankenhaus, das in einer Wohngegend liegt, Warnschilder mit der Aufschrift: „Ruhe! Krankenhaus!“ Doch der Krach, der neben mir mehrere Stunden täglich aus dem Rachen der alten Frau entweicht, gleicht eher einem startenden Jet. Respekt! Ich frage mich gerade, ob die Chirugen bei der OP eigentlich Ohrschützer tragen mussten? Tststs...
Gerade komme ich von einen so genannten „Fetalen frühen Fehlbildungsschall“. Das ist eine einstündige Ultraschall-Sitzung, in der Fehlbildungen am Baby frühzeitig erkennt werden sollen. Es war schön unseren Jungen (jetzt ist es amtlich bestätigt durch einen Profi!) in allen Einzelheiten so lange bewundern zu können. Ich spüre ihn zwar schon sehr regelmäßig und häufig, und manchmal lässt er mich sogar nachts nicht schlafen, weil er gerade Kickboxen übt, doch sein Profil, seine kleine Stupsnase und seine kleinen Händchen und Füßchen zu bewundern ist ein fach einmalig! Er hat gerade Daumenlutschen ausgiebig betrieben als wir mit dem Ultraschall anfingen. Aber stören ließ er sich davon nicht. Hin und wieder schlug er nach dem Schallkopf, der auf meinen Bauch auf und ab tanzte, doch irgendwann akzeptierte er unser Vorhaben und ließ uns gewähren. Es kam heraus, dass er ein ganz vitaler und gesunder Junge ist und sich hervorragend bisher entwickelt hat. Heute haben wir ja auch endlich die magische 24. SSW erreicht! Und mir fiel wieder ein ganzer Mount Evererst vom Herzen als ich hörte, dass es ihm gut geht und wir uns keine Sorgen machen müssen!

13.02.08
Ich bin beeindruckt! Hätte nämlich nicht gedacht, dass es eine noch größere Schnarchnase als die letzte Frau gibt, doch sie existiert und sie liegt wahrhaft neben mir. Ich bin ja schon so einiges gewöhnt und in meiner Ausbildung als Hebamme habe ich auch viele Stationen erlebt, in denen alte Menschen betreut werden. Ich kann also recht gut mit alten Menschen umgehen, möchte ich mit Fug und Rest behaupten.
Aber diese Oma schießt den Vogel ab! Sie war wohl schon Mitte 20 als die Titanic vor der Amerikanischen Küste versank und hat um den echten Leo DiCaprico geweint. Und sie hat eine Angewohnheit, die ich auf den Tod nicht ausstehen kann: sie redet mit sich selbst! Monologe können ja ganz interessant sein: in Shakespeers' Stücken erfährt das Publikum so einiges über die Darsteller. Doch weiß ich mit Sicherheit, dass Hamlett voller Entrüstung die Bühne verlassen hätte, wenn diese Frau in der ersten Reihe säße. So ein ständiges Gemurmel von ihr, wovon ich auch nur die Hälfte verstehe, weil sie schwäbelt wie ein Spatz. Und man weiß nie, ob sie nun von Monolog zu Dialog wechselt und tatsächlich eine Antwort von einem haben will.
Ich habe mir mal die Freiheit genommen und hier ihr persönliches Ranking an Selbstgesprächen zusammen gefasst. Hier sind die häufigsten Sätze der Titanic-Lady:

1.„Ja, mei, gibt’s denn das?“ Wenn ich jedesmal einen Cent für diesen Satz bekäme, Leute, ich wäre steinreich und würde bald eins der vielen Burgen und Schlösser in Bayern kaufen, um den Nestbau für meine kleine Familie auszudehen...
2.„Oi!“ Ein Lückenfüller, der universell und parallel zum:
3.„Ahh...!“ eingesetzt werden kann. Dieser Stöhnausruf drückt in einem Krankenhaus meistens Schmerz aus, liebe Männer...
4.„Früher hat's des net gegeben!“ Das sagt sie ungefähr zu allem und jeden, der es nicht hören möchte: Den Fernseher hat es früher nicht gegeben, das Telefon nicht, und vor allem nicht den Laptop, von dem ich gerade aus tippe. Als sie übrigens hörte, warum ich neben ihr liege, war ihr Kommentar nur dazu: „Ja mei, früher hat man die Kinder einfach sterben lassen und dann ein neues bekommen!“ Zu diesem Satz hat sie allerdings von ihrer Tochter, wohl auch Krankenschwester vom Beruf, eine ordentliche Standpauke erhalten. Ich war ihr dankbar.
5.„Ich versteh es nicht!“ Mein persönlicher Lieblingssatz. Einen Tag vor einer OP darf man nur noch flüssige Nahrung zu sich nehmen wie Suppe und Tee und muss (ja, ich weiß, es ist ekelig, aber es ist nun mal so:) seinen Darm komplett entleeren. Sehr nützlich bei jeder Bauch-OP! Es ist ja wohl klar, dass man nach so einer Tortour keinen Schweinehackbraten mit Klößen und Gemüseauflauf zum Abendbrot mehr bekommt, sondern einfach nur eine Brühe... Auch am OP-Tag und am Tag darauf darf man erstmal nur flüssige Kost weiterhin zu sich nehmen. Wer sich nicht an diese Regel hält, muss mindestens noch eine Woche extra im Krankenhaus verweilen, weil sein Darm die wundersamsten Töne von sich geben wird und man sich fühlt als wäre man vom Zug überrollt worden...

Warum sich die andere Frau im Zimmer nicht beschwert oder einen Ton sagt, fragt ihr euch sicherlich? Tja, das mag daran liegen, dass sie schwerhörig ist und die technische Errungenschaft in Form eines Hörgerätes ihr noch keiner erklärt hat. Frei nach dem Motto: „Oma, hast Du schon Deine Tabletten genommen?“ -“Wat sachste? In der Toilette jeschmomme?? Nene, Kindschen, dat mach isch net!“
Das Highlight bei ihr liegt in den Telefonaten. Die Telefone hier im Krankenhaus sind recht alt (wie der Rest des Gebäudes auch) und die Verbindung manchmal schlecht. Doch wenn ihre Freundin aus dem Nachbarhaus anruft, dann hab ich alle liebe Müh, mich nicht auf den Boden zu werfen vor lachen: „Aber nicht alleine duschen gehen, hast du gehört??“ Nach drei kurzen Sekunden folgt die Wiederholung etwas lauter: „Aber nicht alleine duschen gehen, hörst du???“ So ein wunderschönes Gespräch zu belauschen erfrischt Körper und Seele, vor allem, weil die beiden Freundinnen anfangen sich gegenseitig mit den gleichen Sätzen anzuschreien und das über mehrere Minuten hinweg! Das übertrifft dann selbst das Schnarchen der Titanic-Lady...
Das Tüpfelchen auf dem i kommt aber noch und ihn möchte ich Euch nicht vorenthalten: ihr kennt doch alle diese unglaublichen zappeligen Kinder, die nicht still sitzen können, ständig rumspringen, wie von der Tarantel gestochen durch die Gegend rennen, ihren Babbel nicht halten können, Hund und Katze gleichzeitig beim Schwanz packen und Lasso mit ihnen spielen, an denen man einfach nicht den Aus-Knopf findet und man hofft, dass sie bald vor Erschöpfung von selbst einschlafen? So ein Syndrom hat einen Namen: ADS. Es steht kurz für Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom. Eine Erkrankung im Kindesalter, die angeblich während der Pubertät verloren geht. Glauben viele Wissenschaftler. Falsch! Ich kann diese These widerlegen! Denn diese schmucke ältere Dame neben mir hat es ganz definitiv! Am ersten Tag nach der OP hat sie zwar noch viel geschlafen, aber in den wenigen Minuten, in denen sie keinen Regenwald zersägt hat, musste sie immer etwas in den Fingern halten. Und wenn es die Teetasse war, die neben ihrem Bett stand. Natürlich hat sie auch fleißig daraus getrunken und das revancierte sich in Form des rebellierenden Magens, der sich einmal von rechts nach links stülpte und den Tee wieder freigab... Das Gejammere war kaum zu ertragen danach und auch jetzt hat sie immer noch Probleme mit dem Verdauungssystem. Ihr Unwohlsein drückt sie dann gerne mit dem Satz „Ja mei, gibt’s denn das?“ aus, dicht gefolgt von „Ahh...!“

14.02.08
Es ist Valentinstag und das ist gut so! Ich finde diesen Tag super! Männer sollen den Frauen offiziell zu Füßen liegen und sie können es in aller Ruhe genießen bei Rotwein und einem teuren Abendessen.
Doch das war für mich leider nicht möglich. Hatte zwar gehofft, dass ich früher raus darf und mit meinem Schatz ins Kino gehen kann, so wie wir es letztes Jahr getan haben, aber das fiel ja leider ins Wasser. Doch mein zukünftiger Ehemann ließ es sich nicht nehmen mich ganz lange zu besuchen und mit schönen Geschenken zu beglücken. Er liegt mir zwar nicht zu Füßen, aber er legt mir die Welt dafür zu Füßen. Und ich bin ihm unendlich für seine Zuneigung und Liebe dankbar, die er mir entgegen bringt! Aus ihr kann ich jeden Tag neue Kraft, Hoffnung und Mut gewinnen.
Was wünscht sich eine Frau noch? Das neue Parfum von Davidoff vielleicht? Und genau das war in eins der Geschenke verpackt...

Mein liebster Schatz, Du bist für mich alles! Ohne Dich wäre ich nichts. Wie der Mond die Sterne braucht, so brauche ich Dich! Ich liebe Dich über alles! Danke, dass es Dich gibt!

18.02.08
Unfassbar, aber wahr: ich durfte heute endlich nach Hause gehen! Zwar mit strengen Auflagen wie z.B. maximale Schonung (sprich: hinlegen und nichts tun) und wöchentlichen Kontrollen bei meinem Arzt, aber ich bin glücklich endlich wieder die eigenen vier Wände zu sehen!
Meinen Krankenhausstempel bin ich schon vor ein paar Tagen losgeworden. Wer schon mal in einer Klinik war und Infusionen bekam, der kann sich mit Sicherheit an den Zugang zum venösen Blutsystem erinnern: die berühmte „Nadel“. Und wenn diese nach knappen 3 Wochen wieder gezogen wird, dann hat man einen schönen bunten blauen Fleck, der eher danach aussieht, als hätte ein Kind mit Wasserfarben an Dir herum experimentiert. Nur doof, dass es sich nicht abwaschen lässt. Ich nennen es einfach deswegen den Krankenhausstempel. Denn wenn dieses Ding nicht weg ist, kann man auch nicht nach Hause gehen. Wer jemanden mit solch einem Zugang in der Stadt sieht, der weiß, dass er in Wirklichkeit ein Patient auf ein paar Stunden festgelegten freien Fuße ist. Spätestens wenn die Sonne wieder untergeht muss derjenige wieder zurück in die Klinik...
Liege also gerade im Bett mit dem Laptop auf dem Schoß und mache wie versprochen gar nix außer meinen Kranken-Blog zu schreiben und Emails zu beantworten. Morgen werde ich mich dann bei meinem Arzt melden und am Mittwoch kommt meine Mama für eine paar Tage zu Besuch, damit sie mich ein wenig unterstützen kann. Ich freu mich schon schon sehr auf sie!
 
Alles alles alllllles Gute für euch! Und schön liegen bleiben. :-)

/hug
Claudi
 
Ich danke Dir tausend mal!! ;'-)
 
Hi Whitesun,
alles Gute auch von Dencarion, der Gänseblume!
Ich drück euch fest die Daumen - ihr 3 schafft das :)
Und schön im Bett bleiben, keinen Stress, kein Kara, keine daily heroic, gelle?!?
Ciao
Dencarion
 
Erst einmal Respekt! für jeden, der sich durch diesen langen Blog gekämpft hat!

@ Dencarion: vielen Dank für's Daumendrücken! Jetzt zählt einfach jede Woche. Und ich verspreche: kein Kara, keine dailys ;-)
 
Gute Bessereung auch weiterhin und das es keine weiteren Komplikationen mehr gibt bis zum eigentlichen Entbindungstermin :)

Gruß
Christian
 
@ Uzulia: Danke sehr! Das hoffen wir alle! Und vor allem hoffen wir, dass der Entbindungstermin noch eine Weile auf sich warten lässt! Bis End Mai/Anfang Juni wäre schön...
 
wow, da hast mich mit deinem riesigen Text echt gefesselt :)

Ha bin durch und wünsche dir alles Gute und natürlich n gesunden kleiner Quälgeist *zwinker*
Viel Spass mit eurer "bald" ein wenig grösseren Familie *schmunzel*

*husch und weg*
 
das hat sich ja alles ziemlich dramatisch gelesen. Hoffentlich wird jetzt alles wie geplant verlaufen und immer schön auf die Ärzte hören und schonen. Da darf auch ruhig mal was liegen bleiben. Ein wunder, dass du niemanden von den alten Ladies erdrosselt hast in der Nacht, wenn die wieder den Wald anfingen abzuholzen. Aber wirklich zum Vorfwurf machen kann man es ihnen ja nicht, auch die selbstgespräche, denn wir werden alle älter und wer weiss, vielleicht auch mal so ;-). Ich drück euch 3 beide Daumen, dass nix dramatisches mehr passiert und am nächsten Valentinstag geht ihr dann wieder ins Kino :-))
 
Ich habe versucht ein wenig lustiger zu schreiben, aber es fiel mir sehr schwerer als ich dachte. Der Blog spiegelt einfach meine Gefühle wieder, darunter vor allem Angst meinen kleinen Jungen zu verlieren. Aber wir haben wieder neue Hoffnung und das gibt uns Kraft die nächsten Wochen durchzuhalten. Auch wenn es wirklich manchmal schwer fällt die Füße still zu halten ;-)
 
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