Mechwarrior Online - Erster Überblick nach dem offiziellen NDA-Fall

Draco1985

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Yay, die NDA ist gestern gefallen (http://mwomercs.com/...-your-best-shot) und damit ist es mir offiziell erlaubt, auch öffentlich über das Spiel zu diskutieren.

Zuerst mal die obligatorische Warnung: Das Spiel ist noch in der BETA - und das spürt man. Das bedeutet, die wesentlichen Kernelemente sind bereits da und funktionieren, aber hier und da fehlen noch Dinge (allen voran das "Faction Warfare"-System). Zudem gibt es regelmäßig Balancing-Änderungen an Mechs, Waffen oder der Spielwirtschaft, inklusive Resets des Spiels.

Doch trotzdem merkt man MWO bereits sein Potenzial an.

Die Tastatur-/Maussteuerung, in den Standardeinstellungen vorheriger MW-Teile etwas hakelig, wurde jetzt standardmäßig auf ein eingängigeres Schema eingestellt: Die Mechs steuern sich mit den WASD-Tasten, reagieren dabei aber hintergrundgetreu eher wie ein Panzer auf Beinen statt wie ein Mensch. Wer die agilen Mechs eines "Hawken" oder japanischer Animes erwartet, wird enttäuscht, während MechWarrior-Veteranen in der Hinsicht erleichert aufatmen dürfen.
Die Steuerung verteilt sich primär um das allseits beliebte WASD-Quartett herum, unterstützt von der Maus. "W" und "S" dienen zum Festlegen der aktuellen Geschwindigkeit, fungieren also als "Schubkontrolle". "A" und "D" lenken den Mech in eine Kurve, bzw. drehen ihn im Stillstand auf der Stelle. Der Torso folgt in Drehungen und Neigung automatisch dem (von der Maus gesteuerten) Fadenkreuz, soweit es sein Bewegungsspielraum zulässt (je nach Mech mehr oder weniger). Die Leertaste dient zum Auslösen der Sprungdüsen, sofern vorhanden. Mit der "R"-Taste werden Ziele erfasst, mit "Z" (bzw. "Y", Achtung, englisches Tastaturlayout!) zoomt man in zwei Stufen an das Ziel heran (was leider die ganze Cockpitansicht betrifft, statt wie in MW3 nur ein Fenster um das Fadenkreuz herum).
An dem Punkt an dem man diese simplen Grundlagen der Steuerung begriffen hat, kann man auch bereits ins erste Spiel einsteigen. Dummerweise gibt es hierfür (und auch für die Feinheiten des Spiels wie Gruppenkoordination oder Rollenverteilung) *noch* kein Tutorial, weswegen sich Beta-Neulinge aktuell erstmal in der "Guides"-Sektion des Beta-Unterforums umsehen sollten.

Startet man das Spiel zum ersten Mal, so besitzt man erstmal noch keinen eigenen Mech und auch kein eigenes Vermögen. Die Entwickler haben aber netterweise eine kleine (!) Auswahl von vier vorkonfigurierten "Trial"-Mechs zur Verfügung gestellt. Jeweils eine Variante pro Gewichtsklasse lässt sich damit jederzeit auswählen und ins Gefecht schicken. Zwar muss man diese Mechs nicht reparieren wenn sie mal zerschossen wurden, man kann sie aber auch nicht modifizieren, erhält aus Matches mit ihnen keine Erfahrungspunkte und keinen "Salvage-Bonus" (Bonus-C-Bills für intakte Komponenten zerstörter Mechs). Bevor man seinen ersten eigenen Mech kaufen kann stehen also eine Reihe von Matches in diesen Maschinen an: Pro Match kann man mit zwischen 50.000 und 150.000 C-Bills rechnen, die Mechs kosten je nach Tonnage zwischen einer und zwölf Millionen.
Hier zeigen sich auch die ersten Auswirkungen des F2P-Konzepts: Mechs lassen sich auch mit der "Premium-Währung" MechCredits einkaufen, allerdings haben Zahlungswillige auch nur dieselbe Auswahl an Gerät wie die Free-User, weder gibt es "Premium-Mechs" noch "Premium-Waffen" zu kaufen. So haben zahlende Kunden zwar eindeutig keinen spielerischen Vorteil, dennoch ist der anfängliche Grind zum ersten eigenen Mech immer noch eher ungünstig vor allem in Hinblick auf das Hinzugewinnen frischer Spieler.
Käufer eines "Founder"-Packets haben es hier sogar noch einfacher, abhängig davon ob das 60$- oder 120$-Paket gekauft wurde, bekommen Founder beim Spieleinstieg entweder einen oder gleich alle Founder-Mech-Varianten geschenkt. Diese Varianten unterscheiden sich von den regulären Varianten nur im Präfix "Founders-" und darin, dass sie einen permanenten, prozentualen Bonus auf die erhaltenen C-Bills nach einem Match verleihen. Auch hier erhalten zahlende Kunden keinen direkten Vorteil auf dem Schlachtfeld.

Aber ist nicht eigentlich die Möglichkeit, Mechs früher kaufen zu können ein Vorteil?
Nicht zwingend, denn auch 100-Tonnen-Assault-Mechs haben keinen immanenten Vorteil gegenüber leichten Scouts. Amateurhaft gespielt ist auch ein Atlas nur Kanonenfutter und ein guter Pilot in einem leichten Jenner kann den Atlas eines schlechten Piloten im Alleingang massakrieren.

Zudem gilt, womit wir wieder beim Gameplay sind, dass Teamspiel Pflicht ist. Ein koordiniertes Team, das seine Mechs richtig einsetzt, Aufklärung und Feuerunterstützung nutzt und geschlossen vorgeht wird eine unkoordinierte Gegnergruppe selbst bei einem zahlenmäßigen und Gewichtsnachteil in 90% der Fälle konsequent auseinander nehmen.
Leider haben vor allem Zufallsgruppen damit so ihre Probleme und es kann frustrieren, wenn man auf bestimmtes Verhalten seiner Teamkollegen angewiesen ist. Aus eigener Erfahrung kann ich berichten, dass es einen recht schnell zur Weißglut treiben kann, mit einem Feuerunterstützungsmech hinter den Linien zu stehen und seine Raketenbatterien nicht effektiv benutzen zu können, weil man von den Verbündeten keine Zieldaten bekommt. Und sobald man sich nahe genug heran wagt, um Gegner selbst erfassen zu können, genießt das LRMs spammende Raketenboot sehr schnell unangenehme Aufmerksamkeit in Form konzentrierter Feuerkraft. Vom "Markieren" eines Feindes mit TAG-Lasern und NARC-Bojen ganz zu schweigen, sowas erlebt man in Zufallsgruppen gefühlt nur alle Jubeljahre.
Ebenfalls ein Teil des Gruppenspiels ist die Informationsgewinnung: Das Match startet in einer Double-Blind-Situation, abgesehen vom Wissen wo die beiden Startpunkte jeder Map sind hat man keinen Schimmer, wo sich der Gegner aufhält. Radarkontakte erscheinen erst bei Sichtkontakt, was Aufklärung spätestens beim Einsatz von Langstrecken-Feuerunterstützung unverzichtbar macht. Zu wissen wo sich die Gegner gerade aufhalten und ihre Taktik zu kontern ist zudem zentraler Bestandteil der Matches.
Positiv ist zudem zu vermerken, dass ich die gerüchteweise vernommene Präsenz der "CoD-Crowd", also den durchschnittlichen "Dei' Mudda..."-Sprüche reißenden Easymode-Shooter-Kiddies so nicht bestätigen kann. Echte Beleidigungen im Chat habe ich noch keine gelesen, sofern man nicht so sensibel ist dass man ein "We're gonna kick your asses!" als solche betrachtet. Dass die meisten Spielergruppierungen ("Corps") nicht nur mit (Ex-) Militärangehörigen in ihren Reihen werben, sondern in Matches auch mehr oder minder strikte militärische Disziplin fordern, könnte sich zudem mit der Zeit als "Noobfilter" herausstellen.

Was definitiv noch geändert gehört: Aktuell umfasst die Beta nur vier verschiedene Maps, an denen man sich sehr schnell satt gesehen hat. Ebenfalls schade ist dass momentan nur ein Spielmodus aktiv ist: "Assault", eine Mischung aus Team-Deatchmatch und Capture-The-Flag (/-Base). Gewonnen hat das Team, das entweder alle Gegner ausschaltet, oder durch Einnehmen der gegnerischen "Basis" punktet.
Dafür bieten zwei der Maps bereits einen Ausblick auf die Auswirkungen der Umgebungstemperatur auf die Kämpfe. Die Map "Caustic Valley" ist bereits berüchtigt für ihren Effekt auf die Hitzeproduktion eines Mechs und viele Builds enthalten Sätze wie "Mit der Menge an Heatsinks braucht man sich über Abwärme keine Sorgen mehr zu machen - außer auf Caustic Valley natürlich."

Apropos Builds: Das Mechlab, wo man die Kampfkolosse individualisieren kann, ist eine Mischung aus MW3, MW4 und ein paar eigenen Ideen. Da MWO sich weitestgehend an den Hintergrund hält und 3049 spielt, gibt es auch noch keine Omni-Mechs im Spiel. Dadurch lässt sich wiederum (noch) nicht jede Waffe beliebig an jedem Mech montieren. Zusätzlich zur reinen Tonnage der Ausrüstung und dem verfügbaren Platz im Chassis beschränken "Hardpoints" das Rumbasteln an den Mechs. Die sitzen in der Regel dort, wo die jeweilige Variante ihre Waffen montiert hat - und wenn das Original an der Stelle z.B. eine Raketenlafette besaß, kann man dort auch nur eine andere Art Raketenbatterie montieren, keine Laser oder Autokanonen. Das System ist so logisch wie eingängig und die Limitierung zwingt einen bei der Konstruktion zum Eingehen einiger Kompromisse.
Auf diese Art und Weise gewinnen die verschiedenen Varianten desselben Mechs enorm an Individualität und es macht deutlich Sinn, mehr als einen Mech desselben Typs zugleich zu besitzen.
Die verfügbare Technologie ist ebenfalls durch den Hintergrund beschränkt, Waffen wie ER-Laser, Streak-SRMs und Ultra-Autokanonen gibt es noch nicht in allen Größen, fortschrittlichererer Kram wie Doppel-Heatsinks, MRM-Raketenlafetten oder Artemis-IV-Feuerleitsysteme sind in der Inneren Sphäre noch gar nicht zu haben. ECM-Equipment bahnt sich auch gerade erst den Weg ins Spiel, dürfte zum Open-Beta-Start oder Release aber definitiv zur Verfügung stehen.
Was die Waffenbalance angeht, ging man bei allen Werten vom Tabletop aus, aber Anpassungen die sich im Test als nötig erweisen werden der blinden Canon-/Flufftreue vorgezogen. Es gibt ein paar Builds, die als "cheap" verschrien sind, aber auch die dominieren nicht das virtuelle Spielfeld.

Ans MechLab angeschlossen ist auch das PilotLab. Hier kommen die oben kurz erwähnten Erfahrungspunkte ins Spiel, mit denen sich entweder Mechspezifische oder Allgemeine (Pilotenspezifische) Vorteile freischalten lassen. Dafür unterscheidet das Spiel zwischen Mechspezifischer Erfahrung (gilt pro Variante und kann nur für diese benutzt werden) und allgemeinen "General XP" (gelten für alle Varianten und für Pilotenskills).
Die Skills selbst bewegen sich alle im Bereich von "Nützlich, aber nicht zwingend Spielentscheidenend".
Auf der Mech-Seite finden sich Dinge wie leichte Verbesserungen der Drehgeschwindigkeit des Torsos, der Beschleunigung oder des Hitzeabbaus, die Vorteile sind aber zum einen minimal (um 2,5%), zum anderen gelten sie nur für eine einzelne Variante. Sind alle Vorteile dreier Varianten desselben Chassis freigeschaltet, eröffnet sich ein neues Tier des Skillbaumes, woran man doch einige Zeit sitzt. Hat man auch dieses Tier mit drei Varianten komplett freigeschaltet, eröffnet sich die Option auf einen "Zusatz-Modulslot", mit dem aktuell aber noch nichts anzufangen ist.
Auf der Pilotenseite finden sich dagegen solche Fähigkeiten wie "Schnelleres Einnehmen des Missionsziels" oder "Schnellere Anzeige von Detailinformationen des erfassten Ziels".

Zusätzlich zum oben erwähnten nochmal ein paar Worte zum Thema F2P und P2W-Vorwürfen/Befürchtungen: Abgesehen vom Kaufen der Mechs für Cash besitzen zahlende Kunden aktuell noch die Möglichkeit, ihrem Account den "Premium"-Status zu verleihen. Das äußert sich in einem leichten Bonus auf erhaltene C-Bills und XP pro Match. Wenn der Itemshop denn mal integriert wird, rechne ich persönlich damit, dass der eher kosmetische Items (Skins für eigene Mechs) umfassen wird, da die Entwickler Vorteile die ins tatsächliche Spielgeschehen eingreifen (Stichwort: "Gold-Ammo" aus WoT) kategorisch ausgeschlossen haben.
Insofern gilt hier das Prinzip, dass Bequemlichkeit oder visuelle Extravaganz kostet, das eigentliche Spiel aber für jeden gleich aussieht und niemand zu einem Kauf gezwungen wird, um im kompetetiven Sinne mithalten zu können (der IMHO fairste F2P-Kompromiss für Entwickler UND Spieler).

Technisch ist zunächst zu sagen dass das CryEngine-3-basierte Spiel nicht gerade freundlich zu betagter Hardware ist. Möglich dass da noch Optimierungen kommen, aber aktuell läuft das Spiel auf meinem Mittelklasse-PC (2,8 GHz Phenom I-Quadcore, 4GB RAM, 1GB AMD Radeon HD6870) mit vereinzelten Rucklern, auf einem von mir ausprobierten Gerät mit Hardware von vor fünf Jahren war es vor Rucklern kaum noch spielbar.
Dafür bietet das Spiel leider aktuell auch nur eine mäßige Grafik. Die Mechs (also das Wesentliche) sehen wunderbar aus und sind ebenso gut animiert, aber die Landschaft ist abgesehen von vereinzelten Rauch- und Partikeleffekten bei weitem keine Referenz.
Ebenso ist die Soundkulisse gefühlt noch löchrig - das auf- und absteigende Summen des Fusionsreaktors hat man dauernd im Ohr (sehr atmosphärisch und weniger nervig als es hier jetzt klingt), die donnernden Stapfer des eigenen Mechs dagegen nicht (dafür hört man sie aber von anderen Spielern). Auch die Waffensounds klangen schonmal eindrucksvoller. Akustische Warnungen oder Statusmeldungen des Bordcomputers, leider inklusive des kultigen "Reactor Online, Sensors Online, Weapons Online, All Systems nominal" glänzen ebenfalls mit Abwesenheit (sehr gut möglich, dass das noch nachgereicht wird, aber im Moment fehlt es eben).

Zum Abschluss: Würde ich MWO empfehlen?
Ja, eindeutig. Es ist hier und da noch sehr deutlich eine Baustelle, aber man erkennt nach ein paar Patches, dass das vor allem daran liegt, dass die Entwickler die Vorabversion schrittweise auf vollen Funktionsumfang erweitern und testen. Das Balancing hat hier und da noch Überarbeitungsbedarf, es gibt hin und wieder ein paar unkritische Grafik- oder Gameplaybugs, aber das Gerüst ist bereits jetzt solide. So solide, dass ich das Spiel auch im jetzigen Zustand schon als Releaseversion spielen würde, weil das was schon da ist einfach unheimlich viel Spaß macht. Auch als eingefleischter Solospieler (wie meine Wenigkeit) kann man sehr viel Spaß haben und die Möglichkeiten des Zusammenspiels motivieren ungemein, sich auch als Gruppenspielverweigerer eine Stammeinheit ("Corp") zu suchen.
Allermindestens sollte man als ausgehungerter BT-Fan das Spiel im Auge behalten und ihm nach dem Start eine Chance geben - kost' ja schließlich nix.
wink.png


Übrigens, wer jetzt auch mal einen Blick aufs Spiel werfen will, der sollte nach "Beta-Key Giveaways" Ausschau halten, die in letzter Zeit immer mal wieder von verschiedenen Webseiten durchgeführt wurden. Alternativ mehren sich die Gerüchte, dass die Open-Beta demnächst beginnen könnte, also einfach Geduld haben und regelmäßig die Webrpräsenz des Spiels kontrollieren.

Auf Youtube kursieren weiterhin bereits die ersten Videos von Spielern, wenn man sich selbst einen ersten Überblick über das Spielgeschehen verschaffen will.
 
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