[RP] Reue und Sühne -3. Kapitel

Melian

Dungeon-Boss
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3. Kapitel – Ein Gespräch und eine Berührung.

Prolog / 1. Kapitel / 2. Kapitel


Die Elfe hob den Kopf und sah ihn an. Yoran stellte sich an die Wand, in der Nähe des Sofas, auf dem sie sass und grüsste sie mit einem Kopfnicken. Sie musterte ihn aufmerksam. „Verzeiht die Frage.. aber geht es euch gut?“, fragte Yoran und versuchte dabei, möglichst leise und bedacht zu sprechen. „Ihr habt sehr unglücklich ausgesehen.. da draussen“, fuhr er fort, als sie nicht antwortete, und deutete mit einer Hand zum Ausgang, der in die Richtung des Stadtausgangs führte.
„Nun.. Gut? Ich weiss nicht.. Ich hätte die Elfe getötet, wenn sie es zugelassen hätten!“, sagte die Elfe mit Nachdruck. „Ich fürchte um mein Leben“, setzte sie ein wenig leiser nach. „Wollt.. ihr mir vielleicht erzählen, warum ihr dies tut?“, fragte Yoran leise und strich sich eine Strähne seines Haars aus dem Gesicht. Er spürte, wie der Teil in ihm, der er war und doch nicht, ihn dazu verleitete, diese Frage zu stellen. Er drückte sich noch ein wenig mehr an die Wand, um den Abstand zwischen ihm und der Elfe zu vergrössern.
„Warum wollt ihr davon hören?“, fragte sie misstrauisch. „Ich glaube, ihr würdet sie gerne jemandem erzählen“, sagte er und war überrascht über seinen Mut. Zu seiner Überraschung nickte die Elfe und schaute ihn an. „Setzt euch doch“, sagte sie, und deutete auf den freien Platz neben ihr. „Nein.. Danke. Ich“, Yoran schluckte, „ich stehe lieber.“ Die Elfe zog die Schultern hoch. „Die Geschichte ist schnell erzählt. Die Kal´dorei war eine Blutamazone.“ „Ich habe noch nie von dieser Vereinigung gehört.“, sagte Yoran, nachdem er in seinem Gehirn nach diesem Begriff geforstet hatte. Aber entweder trügte ihn sein Verstand, oder er hatte wirklich noch nie von ihnen gelesen. „Die Kal´dorei sind friedlich, meistens.“, sagte die Elfe, „Aber diejenigen, die zu den Blutamazonen gehören, sind ebenso grausam wie zerstörerisch.“ Sie schloss kurz die Augen, holte einmal Luft. Yoran bemühte sich, sie nicht direkt anzuschauen, sondern wandte seinen Blick auf einen Ort ungefähr zwei Handspannen von ihrem Gesicht entfernt. Er wusste aus Erfahrung, dass er die Leute damit täuschte. Sie dachten, er schaue ihnen ins Gesicht, obwohl er es nicht tat.
Die Elfe begann zu erzählen, ihre Stimme war klar und ein leichter Anflug von Traurigkeit schwang darin mit. „Es ist noch nicht lange her. Ich befand mich mit 4 Mitstreitern in Auchindoun.“ Yoran überlegte. Den Begriff hatte er schon einmal gehört. „Wir wollten wieder einmal das Schattenlabyrinth besuchen, weil wir gehört hatten, dass sich dort wieder finstere Kreaturen eingeschlichen hatten. Wir standen in der Mitte des Rings der Beobachtung.“ „Ist das nicht.. diese zerstörte Grabstätte der Draenei?“, sagte Yoran schnell. Sie nickte nur kurz. „Ah.. ich habe davon gehört.. Ich meine gelesen.“, korrigierte er sich selbst schnell und kam sich ein wenig lächerlich vor. Er hielt den Mund, um sie weiter erzählen zu lassen.
„Viel gibt es nicht zu erzählen. Sie kamen in einer Übermacht und hatten kein Erbarmen. Sie töteten drei von uns und fügten den anderen schwere Wunden zu.“ Sie lachte trocken. „Ich habe nur überlebt, weil sie dachten, ich wäre tot. Ich habe mehrere Wochen gebraucht, mich zu erholen.“ Sie schaute ihm direkt in die Augen und er wich schnell ihrem Blick aus, nicht ohne zu spüren, wie er ein wenig errötet. „Sie sind blutrünstig, und grausam. Und sie haben mich bestimmt nicht vergessen.“ „Aber.. diese schien friedlich. Unbewaffnet.“ „Ich traue keiner Blutamazone mehr!“, unterbrach ihn die Elfe, in ihren Augen funkelte unbändiger Zorn. „Natürlich. Ich kann euch gut verstehen.“ Er betonte die Worte, da er sie wirklich verstehen konnte. Wenn es ihm so ergangen wäre, hätte ihn niemand zurückhalten können.
Überrascht über den Gedanken schlang er einen Arm um sich und zog ein wenig die Schultern vor. Er nahm mit seinen fast zwei Metern schon unglaublich viel Platz ein, aber gerade war es irgendwie zu viel für seinen Geschmack.
„Ich hätte es genauso getan. Ich hätte sie versucht zu töten.“, sagte er dann, und blickte ihr gerade in die Augen. Sie lächelte nur.
„Seid ihr sicher, dass ihr euch nicht setzen wollt?“, fragte die Elfe und liess am Ende des Satzes einen Raum frei. „Wie heisst ihr eigentlich?“. „Oh. Entschuldigt. Ich war unhöflich. Mein Name ist Yoran. Yoran ab Aran.“, sagte er hastig. Die Elfe lächelte. „Mein Name ist Nimmera Laubsang.“ Ihr Blick wanderte über seine Robe, und ihr Blick hellte sich ein wenig auf. „Das ist eine Robe der Priesternovizen, nicht wahr?“ Yoran nickte, ohne ein Wort zu sagen. Nimmera klatschte ein wenig in die Hände. „Ah, wie schön. Ich bin ebenfalls den Weg der Priester gegangen. Welch Zufall.“ Plötzlich sprudelten die Worte aus ihrem Mund. „Sagt, welchen Weg werdet ihr gehen? Ich selber gehe den Weg der Heilung. Die Schatten sind mir nicht geheuer.“ Yoran lächelte, ein wenig unsicher. Etwas rumorte in seinem Innern und befahl im stärker, endlich zu verschwinden. „Ich werde auch nicht den Schatten folgen“, sagte er leise und Nimmeras Augen leuchteten erneut auf. „Aah. Ein weiterer Heiler? Wie schön, wir können Unterstützung gebrauchen.“ Yoran bemerkte den neugierigen Blick der einen Elfe, die immer noch am Tresen sass. Sie folgte der Unterhaltung, seit das Thema auf die Priester gekommen war. „Nein.. Es gibt auch noch andere Arten, Schaden zuzufügen, ohne sich auf.. Schattenkräfte zu verlassen.“, entgegnete Yoran. „Der Weg der Disziplin.. Ein harter Weg“, sagte Nimmera leise. „Ich kann nicht anders.“ Nimmera schaute ihn fragend an. Ein harter Zug umspielte seinen Mund. „Es wäre viel zu gefährlich, wenn ich Schattenzauber benutzen würde. Sie verleihen zu viel Macht.“

Plötzlich stand die Elfe auf, die der Unterhaltung gefolgt war. „Die Schattenseite ist nicht gefährlich. Sie verleiht stärkere Kräfte, die ihr euch vorstellen könnt.“ Nimmera wandte den Kopf. „Ihr habt unrecht. Die Schattenseite ist sehr gefährlich.“ „Ihr täuscht euch“, sagte die Elfe mit einem überlegenen Lächeln und fuhr fort, zu Yoran zu sprechen: „Die Schatten sind das einzige, was euch wahre Macht verleihen kann“. Nimmera sprang auf und funkelte die Elfe wütend an. Ihr Gesichtsausdruck spiegelte eine Palette von Gefühlen wieder. Von Zorn über Wut und auch einen Funken Angst konnte Yoran vieles lesen. „Die Schatten verderben nur. Sie mögen den Anschein erwecken, wahre Macht zu geben, aber sie verderben den Geist und beschmutzen die Gedanken. Glaubt mir!“, sagte sie mit Nachdruck, mehr in die Richtung der Elfe als in Richtung von Yoran. Die Elfe lachte und plötzlich war ihre Gestalt von Schatten umhüllt. „Ihr habt ja keine Ahnung, was die Schatten alles bewirken können.“, sprach sie und ihre Stimme klang tiefer, melodiöser und ein wenig lockend. Nimmera entgegnete nichts, doch ihr ganzer Körper war angespannt. Sie stand keinen Meter von der Elfe entfernt, die Hände zu Fäusten geballt. Hilflosigkeit gesellte sich zu den anderen Ausdrücken in ihre Augen.
Yoran löste sich ein wenig von der Wand, streckte die eine Hand leicht aus und sagte: „Bitte.. streitet euch doch nicht wegen mir.“ Die Elfe grinste ihn an. „Ihr werdet schon noch draufkommen, und zur Schattenseite überwechseln. Verlasst euch drauf. Was euch angeht..“, sagte sie in Richtung Nimmera, „ ihr seid schwach. Ich werde mich nicht mehr mit euch abgeben.“ Dann rauschte sie in Richtung Ausgang davon. Ihre Begleiterin, die dem ganzen stumm beigewohnt hatte, folgte ihr kurz darauf.

„Alles in Ordnung?“, fragte Yoran Nimmera. Diese strich sich eine Strähne aus dem Gesicht zurück. „Ja. Sie ist naiv. Sie glaubt, sie hätte alles unter Kontrolle.“ Dann schaute sie ihn an. Sie setzte sich wieder auf das Sofa und deutete dann mit Nachdruck auf den freien Platz. „Setzt euch!“, sagte sie leise und es war eher ein Befehl als eine gut gemeinte Einladung. Yoran schluckte. Er verspürte den Drang, sich sofort wieder in seine Festung zurückzuziehen und sich mit einem grossen Stapel Bücher für die nächsten 10 Tage vom Leben fernzuhalten. Und doch.. Ein Teil von ihm drängte darauf, sich neben die hübsche Elfe zu setzten, so als ob er normal wäre. Yoran lachte trocken, brach dann aber sogleich ab, als er das fragende Gesicht Nimmeras sah. Er nickte entschuldigend und setzte sich dann auf das Sofa, peinlich bedacht, einen möglichst grossen Abstand zu ihr zu wahren und sie nicht zu berühren. Nimmera musterte ihn verwundert.
Doch bevor sie etwas sagen konnte, erklang aus dem einen Eingang das leichte Geklirr von einer Waffe, die auf einen schweren Plattenpanzer schlägt und das Geräusch, welches Eisenpanzer auf Eisenpanzer macht. Gleich darauf trat der gepanzerte Elf in das Gasthaus, der vorhin versucht hatte, Nimmera zu beruhigen. „Ah, da bist du ja Nimmera.“, sagte er und reichte ihr das Dokument. „Hier.. Dein Testament. Ich sehe, du hast es nicht gebraucht.“ Nimmera seufzte. „Danke Doru. Wer weiss.. Vielleicht werde ich es noch gebrauchen.“ „Ach komm schon.. Übertreib es nicht.“ „Ich übertreibe nicht!“, sagte Nimmera laut und funkelte Doru wütend an. Der lachte nur, verstrubelte ihre Haare und setzte sich mitsamt Schwert und schwerer Rüstung auf den Teppich vor dem Sofa plumpsen. Die Schwertspitze hinterliess mühelos einen langen Schnitt im Teppich, den er aber nicht zu bemerken schien. „Ich sehe, du hast schon Gesellschaft gefunden, Nimm.“, sagte er und lächelte sie freundlich an. „Heee..“, fuhr ihn diese an und versuchte ihre Frisur zu retten. Yoran konnte ein Schmunzeln nicht unterdrücken, setzte aber sofort wieder seine neutrale Miene auf, als er den Blick von Doru auf sich spürte. Er schaute zum Boden und murmelte ein leises „Ja“. Nimmera knuffte Doru in die Seite, zog dann aber sofort die Hand weg und hielt sie sich. „Au, verdammt, kommst du eigentlich nie aus diesem Panzer raus?“, sagte sie schmollend, warf Doru aber ein Lächeln zu. Doru lachte laut. „und ja, ich hab Gesellschaft gefunden.“, erwiderte sie und streckte die Nase ein wenig in die Luft. „Dazu brauch ich dich nicht unbedingt.“ Doru lächelte immer noch. „Doru. Das ist Yoran. Yoran. Das ist Doru. Doru kommt von Dofus. Ganz bestimmt.“, sagte sie und grinste Doru an. „Er denkt, er ist Paladin. Aber eigentlich ist er bloss ein kleiner Angeber.“ „Na warte. Dafür muss ich dir wohl mal wieder den Hintern versohlen, was?“, entgegnete der so angesprochene und lachte erneut röhrend. Yoran merkte, dass sich die beiden mochten. Sie kabbelten noch eine ganze Weile so weiter herum und Yoran liess sich nichts entgegen.
Dies war so fremd. Freunde zu haben. Miteinander zu scherzen. Plötzlich bekam er zu wenig Luft. Er hielt eine Hand an sein Herz und atmete schneller, angestrengter. Ein dumpfes Gefühl dröhnte in seiner Brust und schien jeden Platz wegzunehmen. Die Stimme in seinem Kopf flüsterte giftig. Plötzlich hielt Nimmera inne und betrachtete ihn. „Yoran? Alles in Ordnung.“ „Gleich..“, stiess er auszwischen seinen zusammengebissenen Zähnen hervor. Dann schloss er kurz die Augen, atmete tiefer ein und unterdrückte gewaltvoll das Gefühl, dass sich in seiner Brust ausgebreitet hatte. „Ja.. Entschuldigt. Ich war lange nicht in Gesellschaft.“ Er merkte zu spät, dass das eine seltsame Erklärung war. „Warum nicht?“ „Das ist eine lange Geschichte“, sagte Yoran leise und wünschte sich, er hätte nichts gesagt. „Hast du keine Freunde?“, fragte ihn Nimmera und betrachtete ihn. „Ich glaube nicht.“ Yoran sah beschämt auf den Boden.
Nimmera sprang auf und lächelte. „Das verstehe ich nicht. Du warst der Einzige, der mich gefragt hat, wie es mir geht. Du bist sehr sensibel.“ Nimmera wechselte so mühelos dazu über, ihn zu duzen, dass er sie erstaunt anblickte. „Du hast doch nichts dagegen, Yoran?“ „Nein.. Nein. Gar nichts.“ Sie stand nun dicht vor ihm. Yoran rutschte ein wenig auf dem Sofa zurück. „Ich habe eine Idee.“, sagte sie mit einem spitzbübischen Lächeln. Dann streckte sie die Hand aus. „Wollen wir Freunde sein, Yoran?“ Er schaute sie mit einer Mischung aus Überraschung und auch ein wenig Freude an. Er sah ihre ausgestreckte Hand, aber es war ihm unmöglich, sie zu ergreifen. Stattdessen sah er ihr in ihre Augen und sagte leise: „Ja. Wir können Freunde sein.“ „Dann nimm meine Hand.“, sagte sie. „Nein.. Das kann ich nicht. Es hat.. nichts mit dir zu tun Nimmera, es ist bloss..“, sie liess ihn nicht ausreden, sondern packte einfach seine Hand, und schüttelte sie kräftig.
Yoran sah sie erschreckt an. Sie hatte ihn berührt! Das durfte nicht sein. Nein. Das durfte einfach nicht wahr sein. Yoran zog seine Hand zurück und schaute fassungslos auf die Innenfläche seiner Hand und dann wieder zurück zu Nimmera. Er hatte sie berührt. Seine verdorbene Hand hatte sie berührt, sie, die so rein und unschuldig lächeln konnte, dass es ihm wehtat.
Yoran stand hastig vom Sofa auf und rannte aus der Gaststätte, ohne einen Blick zurückzuwerfen. Er wollte sich nur noch verkriechen.


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