The Secret of Game Night for Kids

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08.04.2009
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Ich klaue einfach mal ganz dreist den Titel bei den Kollegen von Nuketown, da er wirklich gut passt. Dort kann man nämlich wunderbar nachlesen wie man als Geekdad mit seinen Kids Videospielabende gestalten kann. Bei mir gehts nach dem Klick um etwas anderes, doch der Titel passt hier vielleicht sogar besser als im Ursprungsartikel. Hier möchte ich einen kleinen Erfahrungsbericht liefern, wie mein kleiner Bruder und ich zum ersten Mal gemeinsam die Dungeons dieser Welt (un)sicher gemacht haben.In vielen Foren und Blogs liest man, dass klassisches Pen and Paper Rollenspiel keinen jungen Zuwachs mehr bekommt. Die Überalterung der Rollenspielgemeinschaft, Zersplitterung in ARS und ERZ und eine Verschiebung der Kaufkraft machen es jungen Menschen aber auch nicht leicht neu ins Hobby einzusteigen. Wenn meine Erinnerung mich nicht täuscht, konnte ich damals noch bei mir im Spielwarenladen um die Ecke all die wunderbaren DSA-Boxen bestaunen und mich fragen, was es damit wohl auf sich hat. Daneben gab es mit "HeroQuest" und den DSA-Brettspielen (gut die waren natürlich nicht zwingend förderlich für die Außendarstellung des Hobbys) weitere fantastische Spiele die einen in die "richtige" Richtung gelenkt haben.

Momentan sieht die Situation für geneigte Jugendliche schon wirklich anders aus. Rollenspiele und deren artverwandte Produkte sind meistens nur noch in Rollenspielläden zu erhalten und die Mundpropaganda läuft auch nur noch schlecht. Wer kennt denn noch Leute die zwischen 12 und 16 sind und P&P spielen und nicht nur online in Azeroth unterwegs sind? Was kann man also als verantwortlicher Rollenspieler und ggf. Vater, Bruder, Cousin, Patenonkel etc. tun? Diese Frage habe ich mir vor einiger Zeit selber gestellt, als mein jüngerer Bruder zum ersten Mal interesse an meinem Hobby geäußert hat. Als Jemand der mehr oder minder stark in der Materie Rollenspiel drin ist, war es für mich zunächst schwierig den ersten richtigen Schritt zu wählen. Wie kann ich meinem Bruder das Hobby näherbringen ohne ihn gleich mit einem dieser 300 Seiten dicken Regelwerke zu konfrontieren, die wahrscheinlich jedem Neuling abschrecken würden wenn er nicht irgendwie dabei angeleitet wird? Zunächst dachte ich daran einfach einen Charakter mit dem aktuellen DSA-Regelwerk vorzufertigen. Nach einigem Rumdoktorn an alten Hausregeln für schnellen Spielfluss, fiel mir auf, wie viel Vorwissen "DSA" mittlerweile von einem Spieler verlangt um Spaß zu machen. Ein anderes, einfacheres System musste also her. "Microlite" bot sich spontan an, aber auch "Dungeonslayers" wirkte passend. Schlussendlich entschloss ich mich für "Dungeonslayers", welches komplett in Deutsch verfasst ist - was es meinem Bruder einfacher macht, selber Sachen nachzulesen - und mit realtiv wenigen Regeln auskommt. Die Begriffe im Regelwerk sind leicht verständlich und man versteht recht schnell was gemeint ist.

Nachdem ich mir ein kurzes Szenario für den Anfang ausgedacht hatte, planten mein Bruder und ich unseren ersten Rollenspielabend. Direkt Feuer und Flamme dafür, endlich auch mal das mysteriöse Hobby des großen Bruders erleben zu dürfen, wollten wir beide den Abend besonders gestalten. Wir besorgten uns ein paar Snacks um bei Kräften zu bleiben, suchten gemeinsam Musik für die passende Stimmung heraus und kratzen Würfel und Bleistifte zusammen. Am Abend war es dann soweit. Gemeinsam erstellen wir unsere beiden Helden, die später zusammen die Verliese durchkämmen sollten. Dank der wenigen Regeln und Spielwerte bei "Dungeonslayers" waren wir schnell damit fertig. Mein Bruder zog mit seinem Elfenkrieger Gewendor (jepp, die Ähnlichkeit zu einer Elfe aus "Drakensang" ist durchaus gewollt) und meinem menschlichen Magier Landor nun aus ins Abenteuer. Anfangs war mein Bruder noch etwas unsicher was er nun tun sollte, da ihm anders als am Computer natürlich so gut wie keine Grenzen gesetzt wurden, und suchte in meinen Ausführungen der Szene nach Hinweisen für ein mögliches Vorgehen. Nach dem ersten kleinen Scharmützel mit einem Rudel Ratten, war der Bann jedoch gebrochen und er führte unsere beiden Helden sicher und gezielt durch den Tempel des Rattengottes. Dieser relativ kurze Spielabend war ein voller Erfolg und mein Bruder fragte direkt wann es weitergehen kann.

Mir persönlich hat dieses Einstiegsszenario ebenfalls viel Spaß gemacht, vor allem dank der erfrischend unbekümmerten Herangehensweise meines Bruders. Nach Jahren des Rollenspiels mit Leuten die ebenfalls schon lange aktiv sind, nimmt man gewisse Macken an und spult ähnlich Verhaltensmuster und bewährte Vorgehensweisen immer wieder ab. NPCs werden ständig hinterfragt, überall wittert man Verrat und Tempelspenden sind eh nur Mittel zum Zweck. All dies mal nicht zu erleben war erfrischend für mich. Da ich in den folge Tagen jedoch keine Zeit für einen weiteren Abend hatte, ließ ich die Planungen dafür erstmal schweifen. Nicht jedoch mein Bruder. Er plante bereits seinen ersten eigenen Dungeon und fragte mich hin und wieder um Rat wenn er Regelfragen hatte. Eine Woche später wollten wir unsere Reise fortsetzen und mein Bruder zum ersten Mal selber ein Abenteuer leiten. Nicht nur er war sichtlich aufgeregt, sondern auch ich war gespannt wie es verlaufen würde. Im Nachhinein muss ich zugeben, dass ich das Überleben meines Helden knallhart erarbeiten musste und meine Würfel Blut und Schweiss durchlebt haben.

Das was ich hier berichtet habe lässt sich bestimmt nicht verallgemeinern, doch war es erfreulich zu sehen, dass P&P in der Generation meines Bruders nicht aussterben wird. Getreu dem Schneeballprinzip etlicher "Bad Banks" dieser Welt hat mein Bruder nun eine Rekrutierungswelle in seinem Freundeskreis gestartet, die zumindest in meiner Umgebung etwas für den Altersschnitt der Rollenspieler tun wird. Gefreut habe ich mich aber auch über die Einrichtung eines echten Spieleabends bei uns in der Familie, mit dem mein Bruder und ich unser neues/altes Hobby nun gemeinsam pflegen können.

(Paul)
 
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