The Story about Lord Tarbos

Tarbos

NPC
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Tarbos ein böser Gott aus dem Spiel Amberstar / Ambermoon, mein Char ist diesem Spiel gewimbnet was ich als 10 Jahre alter Bub gespielt hatte und auch versuchte damals weiter zu führen. Wir hatten anfang 2000 mit einem 10 köpfigen Team versucht es mit der NWN 1 Engine neu zu entwickeln, leider zerbrach das Team und die Demo liegt noch immer auf meinem Rechner...

Wir hatten sogar mal Kontakt mit Carsten Körper, er war einer der damaligen Programmierer und naja kurze Rede wenig Sinn, hier ist seine Geschichte:!

Wikilink:
http://de.wikipedia.org/wiki/Amberstar
Amberstar_cover.jpg


Dies ist die Geschichte von Tarbos, Gott des Chaos, der das Land Lyramion verwüstete - wie er groß wurde und wie er fiel.

1.Kinder

Vor mehr als tausend Jahren lag tief in den schönen Wäldern des Südostens Lyramions das Dorf Forbrook. Die Bewohner waren blond und gutherzig, sie lebten vom Fischfang, der Jagd und dem Handel mit der nächsten Stadt, die etwa zwei Tagesreisen im Westen lag.



In jenem Dorf wuchs ein Junge mit Namen Tar auf. Er war nicht wie die anderen im Dorf, sein Haar war schwarz wie die Federn eines Raben bei Nacht, sein Gemüt düster. Häufig wurde er von den anderen Kindern gequält, und oft kam Tar schmutzig und mit blauen Flecken nach Hause und verbarg dann sein Gesicht im blonden Haar an der Schulter seiner Mutter. Er weinte nie. Seine Mutter liebte ihn und gab ihm alles, was er wollte, doch manchmal lag sie wach im Dunkel der Nacht neben ihrem schlafenden Mann, und machte sich Sorgen, Sorgen über ihren seltsamen Sohn.

Um den anderen Kindern zu entkommen, ging Tar oft schon am frühen Morgen allein in die Wälder, um erst kurz vor dem Abendessen zurückzukehren. Sein Vater brummte oft wegen der langen Abwesenheit seines Sohnes, wußte aber in den Tiefen seines Herzens, daß sein Sohn die Einsamkeit brauchte, um den Grausamkeiten der anderen Kinder zu entkommen.

Eines Tages ging Tar besonders früh. Übervoll von Abneigung gegen jeden wollte er tiefer als je zuvor die Wälder durchstreifen, auch trotz der Warnung vor einem schweren Sturm, die er von seinem Vater bekam. So ging er durch versteckte Täler, kreuzte kleine, plätschernde Bäche und fand Plätze, wo die Sonne nur selten den laubbedeckten Boden erhellte. Doch so etwas hatte er schon oft gesehen, er ging achtlos vorüber.

Dann kam er auf eine Lichtung, die er noch nicht kannte. Das Gefühl des Unbekannten lies ihn aufhorchen. Er sah in den Himmel hinauf, der bereits dunkel wurde. Auf der anderen Seite der Lichtung, in den Schatten kaum zu erkennen, lag ein nackter Erdhügel mit einem dunklen Loch, dem Eingang zu einer Höhle. Langsam ging Tar über die Lichtung. Erneut sah er in den Himmel. Er würde sich beeilen müssen, wenn er nicht naß werden wollte. Doch bevor er umkehrte, wollte er einen Blick in die Höhle werfen, die ihn mit geheimnisvoller Stimme zu rufen schien. Die ganze Lichtung schien auf den dunklen Eingang der Höhle zu deuten, alles war ruhig, als ob nichts Tar von der Öffnung ablenken sollte. Mit jedem Schritt glaubte Tar mehr die Kontrolle über sich zu verlieren.

Dann erreichte er den Eingang. Tief in der Höhle wurde langsam ein Licht immer größer. Tar fühlte, wie ihn seine Füße in die Höhle trugen. Die Luft wurde dumpf, der Geruch erinnerte ihn an einen toten Fuchs, den er einst gefunden hatte, nur tausendfach stärker.

Das Licht wurde immer heller und größer, fiel flackernd auf die rauhen Wände der Höhle. Vor sich auf dem Boden erkannte Tar einen dunklen Schatten. Er wußte nicht, wo das Licht herkam. Ein leiser Ton erklang, wurde langsam lauter, wie Wasser, das über Steine fließt, und doch irgendwie anders.

Seine Füße blieben vor dem Schatten stehen, er sah hinab. Es war eine Leiche. Ein toter Bär. Er war noch nicht sehr lange tot, jedoch schon in Verwesung übergegangen. Der Gestank traf Tar mit voller Wucht, und er drehte sich weg von dem Anblick der sich krümmenden Maden im Fleisch des toten Tieres. Tars Füße gehorchten ihm nicht. Auch nicht, als der Kadaver sich bewegte, sich aufrichtete und Maden und Fleisch auf den Boden fielen. Er hob den Schädel, bis die Augen in gleicher Höhe mit denen Tars waren und öffnete sie. Tar sah das Leben in den Tiefen des Schädels flackern, ein übles, ein unreines Leben.

Der Kadaver atmete tief ein. Für einen kurzen Moment herrschte Ruhe. Dann sagte der Bär: "Tarbos", und stieß dabei eine Wolke übelriechender Gase in Tars Gesicht.

Tar kam zu sich, verzog das Gesicht und stolperte zurück. Er bekam keine Luft, konnte nichts sehen, versuchte, die faule Luft aus den Lungen zu bekommen, keuchte und stöhnte. Er fiel auf den Rücken, drehte sich, kroch zum Eingang der Höhle und sah nicht, wie der Bär hinter ihm zusammenbrach, als habe ein Puppenspieler die Fäden durchtrennt.

Das flackernde Licht wurde schwächer. Der Hügel erzitterte, während Tar zum Ausgang kroch. Staub und Erde fielen herab. Endlich war er wieder draußen. Er sah sich um, das Tageslicht stach in seine Augen, die häftig tränten. Mit einem lauten Rumpeln fiel der Erdhügel in sich zusammen. Als der Staub sich gelegt hatte, blieb nur ein Flecken kahler Erde.

Tar hustete und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Er spie aus, um den widerlichen Geschmack aus dem Mund zu entfernen. Dann setzte er sich und überdachte, was ihm geschehen war. Er fühlte sich gut, als ob Feuer in seinen Adern strömte. Sein Kopf war klarer denn jemals zuvor, die Kraft seiner Augen stärker denn je, jedes Blatt, jeder Grashalm, jeder Kiesel im Schatten zu erkennen. Dann fühlte er einen Schock, Scham, als ob sein Körper von seinem Geist gezogen wurde, der nun nackt und offen lag.

Tar stand auf, spuckte ein letztes Mal aus und sah zum Himmel. Es wurde immer dunkler. Er rannte zurück in sein Dorf, angeregt, mit neuer, unbekannter Kraft erfüllt.

Als Tar aus dem Wald herausgerannt kam, war der Himmel bereits schwarz. Er blieb stehen, lächelte. Er war überhaupt nicht erschöpft.

"Was gibt es zu lachen, Erdfresser?", schnarrte eine Stimme hinter ihm. Tar drehte sich um. Es war Mank. Mank quälte Tar, wo er ihn nur traf. Er war groß für sein Alter.Tar sah mit kühlem Blick an ihm hinauf und sagte: "Kratz deine Flohbisse, Pferdegesicht." Manks Augen weiteten sich, dann lächelte er. "Hat dein Papa dir neue Wörter beigebracht?" Sein Grinsen wurde breiter. "Dabei ist er gar nicht dein Papa. Wußtest du das? Dein richtiger Papa war ein Wildschwein, weißt du?"

Mank lachte und die anderen Kinder, die hinzugekommen waren, lachten mit ihm. Tar öffnete den Mund, um zu antworten, doch Mank stieß ihn hart, so daß er zu Boden fiel. "Seht ihr? Er kann nicht einmal richtig gehen!"

Die Kinder standen um Tar und lachten. Mank beugte sich über ihn, grinste und sagte: "Und weißt du, wer deine Mama war, du Wurm?" Tar fühlte, wie die Wut in ihm wuchs wie ein Feuer. "Ich sag dir, wer deine Mama war, mein Kleiner." Tar wußte nicht mehr, was er tat. Er fühlte nur Wut und Haß. Er sah rot, hob den Arm und legte die Hand auf Manks Brust.

"Sie war..." Weiter kam Mank nicht. Tar fühlte eine Kraft durch seinen Arm und seine Hand fließen, eine Gewalt unter seiner Hand in Manks Brust. Ein Geräusch entstand und wurde lauter. Weit riß Mank die Augen auf. Niemand bewegte sich, kein Geräusch war zu hören, als ob die Zeit stehen geblieben wäre.

Es donnerte. Tars Gesicht war dicht vor Manks, seine Hand immer noch auf Manks Brust. Ein Blutfaden rann aus Manks Mundwinkel, dann fiel er auf den Rücken, mit einem Ausdruck von Überraschung und Angst im Gesicht.

Plötzlich bewegte sich alles wieder, die Kinder schrien, Eltern kamen gerannt und sprachen mit lauten Stimmen. Nur Tar blieb ruhig sitzen, den Arm erhoben, absolut ruhig. Und Mank - Mank lag im Staub. Er bewegte sich nicht.

Die Dörfler kamen auf Tar zu. Er sah auf, in ihre wütenden Gesichter. Dann brach der Sturm mit aller Heftigkeit über den Wald und das Dorf herein. Regen strömte herab, der Wind riß an Bäumen und Häusern, Blitze zerrissen vier Bäume fast zur gleichen Zeit, und der Donner erstickte jedes andere Geräusch.

Tar saß auf dem Bett im Zimmer seiner Eltern, draußen tobte der Sturm. Seine Mutter hatte ihn geheißen, dort zu bleiben. Sein Vater hatte ihn nur wütend und verwirrt angesehen. Er hörte sie im Nebenzimmer reden. Er verstand nicht, warum alle so böse waren.

- Mank hätte mich nicht stoßen sollen. Ich hab's ihm gegeben. Oh ja!

Er stand auf und legte ein Ohr an das rauhe Holz der Tür. Jetzt konnte er verstehen, was seine Eltern sagten. "- ben es versucht, wirklich versucht. Aber wir haben es gewußt, als wir ihn fanden. Wir hätten ihn im Wald lassen sollen."

Seine Mutter weinte. Sie beruhigte sich etwas, um sprechen zu können: "Und w - was können w - wir nun tun?" - "Die anderen werden ihn töten. Sie halten ihn für einen Dämon, " antwortete sein Vater. Seine Mutter weinte wieder. Tar stellte sich vor, wie sein Vater zu ihr ging und sie in den Arm nahm.

"Hab keine Angst, mein Herz, ich habe eine Idee. Wir bringen ihn zu Latheoz, dem Zauberer. Er wird wissen, was zu tun ist."

Tar sah zum Dorf zurück, als sein Vater mit ihm gen Norden in die Hügel ging. Er sah seine Mutter, doch sie beachtete ihn nicht. Sie hatte immer noch geweint, als sie ihn zum Abschied küßte. Die anderen Dörfler standen um sie herum. Mit wütenden Blicken sahen sie ihm nach, als wäre er eine Abscheulichkeit. Die Kinder versteckten sich hinter ihren Müttern. Er wollte wieder schauen, doch sein Vater zog ihn mit sich um eine Wegbiegung. Er sah das Dorf nie wieder...

Zur Nacht schlugen sie ein Lager auf. Tars Vater briet ein Kaninchen, daß er gefangen hatte, über dem Feuer. Sie aßen schweigend und legten sich früh schlafen. Seit sie unterwegs waren hatte sein Vater kein Wort mehr mit ihm gesprochen.

Am nächstenTag erreichten sie das Haus von Latheoz, einem alten Mann in grauer Robe. Er lebte allein in seinem kleinen, steinernen Haus mit all den geheimnisvollen magischen Objekten und großen mysteriösen Büchern. Tars Vater sprach ihn voller Respekt an. Der Zauberer grummelte und wollte wissen, warum sie gekommen seien.

"Es ist wegen ihm," sagte Tars Vater und zeigte auf ihn. "Er hat einen anderen Jungen getötet. Mit Zauberei. Die anderen wollten ihn töten. Sie sagen, er ist ein Dämon. Ich versprach seiner Mutter...meiner Frau, ihn zu Euch zu bringen."

Tar sah zu seinem Vater auf. "Bist du nicht mehr mein Vater?" Sein Vater sah ihn an, als sähe er ihn zum erstenmal an diesem Tag. Nach einer Weile wandte er sich wieder Latheoz zu, der ebenfalls Tar ansah. Der Alte murmelte etwas, stand auf und wühlte in einer dunklen Ecke. Nach einer Weile kehrte er mit einem großen Kristall zurück.

"Halte das!" sagte er zu Tar. Tar nahm den Kristall in beide Hände. Er hatte einen Schock oder ein seltsames Gefühl erwartet, doch der Kristall fühlte sich blos wie ein großer Stein an. Latheoz legte seine alte, runzelige Hand auf den Kristall und schloß die Augen. Eine Weile stand er still, dann runzelte er die Stirn, sein Gesicht wurde naß von Schweiß. Plötzlich riß er die Hand zurück und öffnete die Augen. Er starrte Tar an, dann seinen Vater.

"Nur eine große, schwarze Hand..." murmelte er verwirrt. Dann riß er sich zusammen und sagte: "Ich schlage vor, du schickst ihn zu den Suchern des gefährlichen Wissens. Vielleicht wissen die, was mit ihm zu tun ist."

Eine Weile sahen sie sich nur an. Dann fragte Tars Vater: "Gut. Aber wie findet er sie?" - "Ich führe ihn; ich kenne ein paar von den Suchern."

Tar hatte noch nie etwas gesehen, was den Ländern gleichkam, durch die Latheoz ihn führte. Sie reisten durch die Vorberge der Bollgar-Kette und erklommen nun einen steilen Pfad zu einem Paß durch die Berge selber. Latheoz sprach nicht viel, aber er starrte Tar auch nicht an. Nur manchmal hatte er ein seltsames funkeln im Blick.

Tar sah, daß dem Alten die Reise schwerfiel. Und trotzdem rastete Latheoz nur kurz und aß wenig. Nach zwei Tagen kamen sie in ein kleines, felsiges Tal. In seiner Mitte stand ein Turm aus kaltem Stein.

"Was ist das?" fragte Tar. "Der Turm der Sucher," antwortete Latheoz.

"Was suchen sie?" - "Das gefährliche Wissen." - "Wie man tote Dinge bewegt?" Latheoz sah Tar an.

"Ja, zum Beispiel."

Tar war an mehr interessiert. Er starrte den Turm an.

Endlich, nachdem sie sich mühsam durch das Tal gekämpft hatten, standen sie am Fuße des Turms. Latheoz sah sehr müde aus. "Du bist angekommen. Ich kehre nun um." - "Wartet. Kommt Ihr nicht mit hinein?" fragte Tar. Latheoz sah den Turm hinauf und schüttelte sich. "Nein, ich werde ihn nicht betreten." - "Aber...sie werden nicht wissen, wer mich gebracht hat, warum ich hier bin!" - "Keine Angst...Sie wissen, daß wir hier sind."

Latheoz drehte sich um und ging seinen Weg durch die Berge. Tar sah ihm nach, wie er in der Ferne kleiner und kleiner wurde. Dann drehte er sich um und betrachtete das hölzerne Doppeltor des Turmes. Er hob die Hand, um zu klopfen, doch bevor seine Faust das Holz berührte, öffnete sich das Tor und eine Stimme fragte: "Was ist, willst du den ganzen Tag dort draußen bleiben, oder kommst du endlich rein?"

Tar sah in die dunkle Halle, konnte aber nichts erkennen. Er trat ein. Das Tor schloß sich hinter ihm.

Tar stand in der dunklen Halle. Ein Mann in einer ebenfalls dunklen Robe gab ihm mit einer Fackel ein Zeichen zu folgen. Es ging eine sich windende Treppe hinauf, dann einen Korridor entlang. Schließlich wurde Tar in einen kleinen Raum geschoben, in dem ein bärtiger Mann, auch mit einer dunklen Robe bekleidet, hinter einem großen Holztisch saß. Der Mann sah Tar fest an. Tar fühlte sich unter diesem Blick alles andere als wohl, senkte die Augen jedoch nicht.

Nach einer Weile meinte der Mann: "Latheoz glaubt also, du könntest ein Magier sein." Er sah auf seine Papiere und schrieb etwas auf.

"Wie ist dein Name?" fragte er ohne aufzusehen.

"Tar." Der Bärtige hob den Blick und sah ihn an, als würde er ihm nicht glauben. Dann schrieb er den Namen auf.

"Gut. Du hast Talent. Soviel ist sicher." Tar verstand nicht, warum, aber blieb ruhig. Der Mann sah ihn an. "Hast du Fragen?" Tar dachte nach. "Bin ich nun ein Sucher?" Der Mann lächelte: "Noch nicht. Doch mit ein wenig Glück wirst du es eines Tages sein."

So kam Tar zu den Suchern des gefährlichen Wissens. Er mußte hart arbeiten, doch bekam er genug zu Essen und sein Bett war warm und trocken. Und sie lehrten ihn Lesen und Schreiben, und als sie merkten, daß er gut und schnell lernte, brachten sie ihm die Grundbegriffe der Elemente und des dämonischen Reiches bei. Tar nahm alles mit einer Geschwindigkeit auf, die selbst die Sucher überraschte. Er stieg schneller durch die Ränge auf, als jemals ein Mensch zuvor. Und er hatte niemals Freunde.

2. Zauberer

"Nun, Tar, morgen ist deine Meisterprüfung. Wirst du sie schaffen?" Tar hob den Blick von der Schriftrolle, die er las, und sah in die Augen des Meisters, der ihn angesprochen hatte. Er lächelte leise: "Natürlich, Meister Zanthi. Ich denke nicht, daß sie ein Problem sein wird."

Meister Zanthi lachte gepreßt. Er hatte wohl den Ton des Widerstands bemerkt. "Ha! Du wirst der jüngste Adept sein, der jemals in die Meisterprüfung gegangen ist. Überschätze dich nicht! Einen Dämon der dritten Stufe zu rufen ist kein Kinderspiel."

Tar lächelte und wandte sich wieder seinen Studien zu.

- Dummkopf. Die Dämonen fressen mir aus der Hand. Ich habe immerhin schon einen Dämon der vierten Stufe gerufen.

Doch dann wunderte er sich. Die Dinge fielen ihm leicht. Zu leicht? Er führte Beschwörungen mit Leichtigkeit aus, die andere Sucher für sehr schwer hielten.

- Sie sind Dummköpfe.

Er lächelte über sich und las weiter.

Als der nächste Morgen dämmerte, wurde Tar vor das Konzil geführt. Die Zwölf starrten ihn an, doch Tar blieb ruhig.

- Sie denken, ich sei zu jung.

Großmeister Kantuon strich sich über den Hals und sagte: "Bruder Tar, du wirst nun dein Sein riskieren bei dem Versuch einen Dämon der dritten Stufe zu beschwören, um zu beweisen, daß du den Rang eines Meisters erreicht hast. Willst du zurücktreten?" Freundlich sah er Tar an. Der lächelte und antwortete: "Nein, Großmeister."

Kantuon sah ihn mit unverändertem Ausdruck an: "Ich wiederhole: Willst du zurücktreten?" Ohne zu blinzeln sah Tar ihm in die Augen: "Nein, Großmeister."

Kantuon seufzte und sah auf die Rolle, die er in der Hand hielt. "Nun gut. Gehe durch jene Tür." Er zeigte auf eine Tür zu Tars Rechter. "Wir werden deinen Erfolg von hier aus prüfen."

Tar nickte, ging zu der Tür und betrat den Prüfungsraum. Er war klein und dunkel, nur von einer schwarzen Kerze spärlich erhellt, die wilde Schatten an die rauhen Wände warf. Tar setzte sich und ging in Trance. Ohne zu zögern sank er durch die äußeren Ebenen des dämonischen Reiches, wies die Angriffe und Belästigungen der niederen Dämonen zurück. Auf der fünften Ebene verweilte er kurz, um eine Gruppe von Dämonen, die ihn aufhalten wollten, zu vernichten.

Dann sank er in die vierte Ebene. Ein beeindruckender Dämon versperrte ihm den Weg und griff ihn an. Mit einem Stirnrunzeln schlug Tar ihn zurück und über den Horizont des dämonischen Reiches in den Nichtraum. Geduldig wartete er, ob der Dämon zurückkehrte, doch der blieb fern.

Tar sank weiter auf die dritte Ebene. Ein mächtiger Dämon wartete auf ihn. Mit seinen stärksten Binde-Sprüchen hielt Tar diesen Dämon. Der wehrte sich, versuchte Tar anzugreifen, doch Tar drückte mit seiner mentalen Hand zu, bis der Dämon ruhig blieb. Tar hielt seinen Griff. Die Zwölf würden seine Kontrolle über den Dämon der dritten Ebene registrieren, und er würde als Meister zurückkehren.

Eine riesige Hand kam von unten, ergriff ihn, umfaßte ihn komplett und warf ihn nieder. Tars Binde-Spruch war gebrochen.

- Höllenfeuer. Ein Dämon der zweiten Ebene?

Er blieb ruhig, wohl wissend, daß Widerstand zwecklos war, und wartete. Ein wildes Gefühl durchströmte ihn, als er in die zweite Ebene vordrang. So tief war er noch nie vorgestoßen. Und immer noch ging es abwärts, er fühlte, wie er die zweite Ebene verließ, die letzte Barriere überwand. Ein Schock traf ihn, als er verstand, was geschah.

- Nur ein Lord-Dämon ist dazu fähig!

Die Hand öffnete sich und setzte ihn auf der ersten Ebene ab. Er fühlte die übermächtige Kraft, die ihn heruntergeholt hatte, das mächtige Sein, daß seine Menschlichkeit zwergenhaft erscheinen ließ. Er fühlte Angst in sich aufsteigen, aber seine Neugier war noch größer.

"Wer seid ihr?" fragte er mit seiner mentalen Stimme. Würde der Lord-Dämon seinen Namen nennen, könnte er erneut gerufen werden.

- Falls ich hier herauskomme.

Der Höllenkönig veränderte seine Erscheinung von reinem Chaos in eine Form, die von menschlichen Sinnen erfaßt werden konnte. Ein Grinsen durchkreuzte das gigantische Gesicht.

"Ich grüße dich, Tarbos. Ich bin Thornahuun, dein Vater." Die Stimme donnerte, Tar war sprachlos.

- Tarbos...Die Höhle...Mein Vater? Lächerlich!

Das Grinsen des Dämons wurde breiter. "Lebe wohl, Tarbos, wir werden uns wiedersehen." Tar fühlte, wie er hochgeschleudert wurde, schneller und schneller. "Warte! Thornahuun! Kehre zurück!", schrie er, doch alles, was er von dem Lord-Dämon hörte, als er durch die neun Ebenen raste, war ein lautes Lachen.

Schreiend erwachte Tar aus seiner Trance. Die Zwölf kamen in den Prüfungsraum und stellten sich um ihn.

"Tar, was ist geschehen?" wurde er gefragt. "Wir fühlten, wie du den Dämon der dritten Ebene kontrolliert hast, als du plötzlich verschwandest...Wo...?"

Tar gewann die Gewalt über sich zurück, stand ohne zu antworten auf, schob die helfenden Hände beiseite und wandte sich Kantuon zu, der seinen Blick ruhig erwiderte. Die anderen Meister schwiegen. "Ich weiß nicht, was dir dort unten geschah, Tar, aber du hast deinen Wert unter Beweis gestellt. Du bist nun einer der Sucher des gefährlichen Wissens."

Tar verbeugte sich, vollkommen ruhig. Doch unter dieser Ruhe brannten große Wut und Ehrgeiz.

Tar saß in seinem kleinen Raum. Mit wütendem Schlag schloß er den großen Spruchband, in dem er gelesen hatte. Nirgends war das Wissen zu finden, das er suchte, das er brauchte, um Thornahuun zu beschwören und zu binden, um ihn dann zu zwingen, die Wahrheit zu sagen. Erneut dachte er über den Erdhügel und den Kadaver des Bären nach, über seine Eltern, die ihn gefunden hatten und über den Lord-Dämon, der ihn Tarbos genannt hatte. Wie sonst hätte er seinen Namen kennen können, wenn er nicht die grauenvolle Macht hinter den Vorkommnissen in dem Erdhügel gewesen wäre?

Tar schlug mit der Faust auf das Buch der Macht. Sinnlos. Es beschrieb Kräfte, von denen die meisten Menschen nur träumten. Doch sie reichten nicht, einen König der Hölle zu beschwören. Er brauchte ältere, dunklere Spruchbände, in denen mächtigere Kräfte zu finden wären.

Tar ging zu Kantuons Studierzimmer und klopfte an die hölzerne Tür.

"Komm herein."

Tar betrat das Zimmer. Kantuon war nicht allein. In einem großen Sessel saß eine junge Frau, nicht älter als Tar, aber auch nicht viel jünger. Tar war überrascht. Kantuon bemerkte seine Reaktion und sagte: "Ach ja. Tar, dies ist meine Nichte, Prinzessin Mylneh - Mylneh, das ist Tar."

Mylneh hob die Hand. Tar ergriff sie und beugte sich darüber, berührte sie kurz mit seinen Lippen. Sie lächelte ihn an. Tar wandte sich wieder Kantuon zu und hob seine Augenbrauen. "Prinzessin?" - "Äh ,ja..." Kantuon wirkte etwas verlegen. "Es ist nicht allzu bekannt, aber König Marakahn ist mein Bruder. Ich bitte dich, das für dich zu behalten."

"Natürlich, Großmeister." Tar lächelte. Kantuon sah einen Stoß Papier auf seinem Tisch an. "Vielleicht zeigst du Mylneh den Turm. Sie wird eine Weile bei uns bleiben, und ich habe im Moment wenig Zeit." Tar überlegte, dachte an seinen eigentlichen Grund, weswegen er gekommen war, lächelte dann Mylneh an und sagte: "Natürlich, Großmeister. Eure Hoheit?" Er bot der Prinzessin seinen Arm an. "Verrückt, nennt mich Mylneh", sagte sie lachend und nahm seinen Arm. Sie verließen den Raum. Kantuon beobachtete sie, seufzte und kehrte an seine Arbeit zurück.

"Ich bin überrascht über eure Manieren, Tar. sagte Mylneh, als sie durch die größeren Räume des Zentrums des Turmes gingen. Tar war erschrocken. "Habe ich Euch irgendwie beleidigt, Milady?" Sie lachte. "Nennt mich Mylneh! Nein, ich habe nur gedacht, daß jemand, der in einem dunklen Turm wohnt, weit ab von allem lebt, kaum weiß, wie ein Mädchen aussieht, geschweige denn, wie es angesprochen wird."

Jetzte war es an Tar, zu lächeln. "Nun...Mylneh...Unsere Erziehung betrifft nicht nur dunkle Dinge, und Ihr würdet kaum glauben, welchen Versuchungen man widerstehen muß, wenn man mit den dunkleren Seiten der Magie arbeitet."

Sie gingen die Treppen zur Spitze des Turms hinauf. Tar fühlte sich durch ihr Interesse an ihm geschmeichelt. Er sah von der Seite ihr langes, haselbraunes Haar und ihre blauen Augen an. Ihr Gesicht und ihre Figur waren nicht so perfekt schön, wie bei den Dämonen, die ihn verführen wollten, doch sie war warm und real. Mylneh machte einen freundlichen Eindruck und schien ihn nicht vernichten zu wollen - ein angenehmer Unterschied.

Als sie das Dach des Turmes betraten, genoß Mylneh die Aussicht auf die Bollgar-Kette. Tar stand neben ihr. Er mußte zugeben, daß der Ausblick beeindruckend war. In jeder Richtung standen die zerklüfteten, kompromißlos schönen Berge. Mylneh sah ihn an, mit funkelndem Lächeln in den Augen. "Es ist wundervoll!" sagte sie. "Ja, ist es." - "Aber Ihr schaut in die falsche Richtung." Ärger huschte über ihr Gesicht.

"Ja."

Mylneh lachte ihn aus. "Verrückt!" Dann wurde sie ernster: "Weißt du, ich dachte schon, daß das ein furchtbar langweiliger Aufenthalt würde. Doch nun scheint es hier doch noch interessant zu werden." - "Wie das?" - "Nun, ich dachte, die einzigen Menschen, mit denen ich hier reden könnte, würden alte Männer sein." Sie lächelte ihn an.

Am nächsten Tag besuchte Tar den Großmeister erneut. "Ja, Tar, was gibt es?" Er sah von seinen Rollen und Büchern auf. Tar sah ihm gerade in die Augen: "Ich möchte die verbotenen Bücher lesen. Die, die am Ende der Bibliothek unter Verschluß gehalten werden."

Kantuon setzte sich auf. "Du solltest nicht einmal über ihre Existenz wissen!" Tar zuckte die Schultern: "Das war kein Problem. Darf ich sie lesen?" Kantuon sank mit ernstem Blick in seinen Sessel zurück. "Wozu brauchst du sie?"

Tar sah weg, dann sagte er: "Ich möchte ein Experiment durchführen. Ich will...einen Lord-Dämon beschwören."

"Was! Bist du verrückt geworden? Nicht einmal ich würde den Versuch wagen, einen König der Hölle zu rufen! Ich verbiete dir dieses Experiment!" Tar schaute wütend, beruhigte sich wieder.

- Alter Dummkopf. Ich werde die Bücher auch ohne deine Erlaubnis bekommen.

"Natürlich, Großmeister. Ich werde meine Aufzeichnungen sofort vernichten." Tar drehte sich um und ging. Kantuon beobachtet ihn, als er das Zimmer verließ und überlegte, warum Tar einen Lord-Dämon beschwören wollte.

In den nächsten Tagen trafen Tar und Mylneh sich oft. Tar zeigte ihr den Turm und erzählte ihr von der Arbeit der Sucher. Mylneh berichtete Tar von ihrem Vater und dem Hof. Tar fühlte sich wohl in Mylnehs Nähe, all die Wut und all seine Schwierigkeiten waren verschwunden.

Eines Nachts stiegen sie erneut auf das Dach des Turmes, um die Sterne zu beobachten. Mylneh war vom Himmel der Nacht wie verzaubert. Tar stand neben ihr. Nach einer Weile legte er ihr seinen Arm um die Schultern. "Tar?" Er sah ihr in die Augen. Sie wirkte gleichzeitig traurig und glücklich.

"Ja?" - "Küß mich."

Tar hob die Augenbrauen. Sie meinte, was sie sagte. Er nahm ihr Kinn in die Hand und legte seine Lippen auf ihre. Eine Ewigkeit verging. Mylneh zog sich zurück. Ihre Augen waren feucht.

"Tar?" fragte sie erneut. "Ja?" - "Ich gehe morgen."

Eine Weile blieb er ruhig. "Was?" - "Ich wollte es dir so spät wie möglich sagen, um dir die letzten Tage nicht zu verderben." - "Und deshalb habe ich den Kuß bekommen?" Er klang bitter. "Als Bezahlung?" Weil ich ein guter Unterhalter war?"

"Tar...Mach es uns doch nicht so schwer. Du wußtest doch, daß ich irgendwann wieder gehen würde." Er drehte sich weg und lehnte sich auf die Brüstung.

"Tar?"

Nach einer Weile antwortete er: "Ich hätte dich gerne dabeigehabt. Du hättest es sehen sollen." - "Was?" Er wandte sich ihr wieder zu, ein seltsames Brennen in den Augen: "Ich werde einen Lord-Dämon beschwören. Ich werde mit ihm kämpfen."

Mylneh trat einen Schritt zurück, erschrocken von der Veränderung in ihm. "Aber du hast mir erzählt, daß die Lord-Dämonen die mächtigsten aller Dämone sind." - "Sind sie auch. Und ich werde einen fangen. Bedenke die Macht, die ich erreiche." - "Oh, Tar! Tu es nicht. Wie kannst du einer solchen Macht wiederstehen? Er wird dich wie eine Fliege zerquätschen!" Kühl sah er sie an: "Wird er nicht. Ich weiß es!"

"Tar, du darfts nicht..." Er unterbrach sie. "Niemand sagt mir, was ich tun und was ich lassen soll. Das ist doch alles akademisch, oder? Du wirst sowieso nicht dabei sein. Ich bitte dich nur einmal, Mylneh: Bleibe! Es dauert nicht lange. Ich habe meine Vorbereitungen bald abgeschlossen."

Doch Mylneh schüttelte nur den Kopf, trat ein paar Schritte zurück. "Nein, Tar. Ich will nicht in deiner Nähe sein, wenn du so etwas versuchst." Sie drehte sich um und rannte die Treppen hinab. Tar hielt sie nicht zurück. Er lehnte sich wieder auf die Brüstung und ließ den Blick über die im Sternenlicht liegende Landschaft schweifen.

- Dumme Göre. Du bist genauso kleinmütig, wie die anderen.

Als Mylneh am nächstenTag den Turm verließ, blieb Tar fern. Er saß statt dessen in der Bibliothek und las in den verbotenen Büchern. Er hatte die magischen Siegel gebrochen. Und nun saß er da, studierte intensiv, von Zeit zu Zeit eine Notiz machend.

Die Zeit verging. Er fand den Spruch, den er brauchte, und kopierte die wichtigsten Sequenzen. Tar schrieb gerade die letzten Beschwörungen nieder, als die Tür der Bibliothek mit lautem Knall aufgestoßen wurde. Wütend stand Großmeister Kantuon im Eingang. Mit langen Schritten kam er an den Tisch, an dem Tar saß und las, sah auf die Bücher vor Tar nieder, dann Tar an, während er eines der Bücher zuschlug.

"Tar! Ich hatte dir ausdrücklich verboten, diese Bücher zu lesen! Sie dürfen nur mit Zustimmung und unter der Kontrolle der Zwölf und von mir benutzt werden! Du hast eine direkte Anweisung mißachtet und wirst die Konsequenzen tragen müssen! Bei Sonnenuntergang wirst du diesen Turm verlassen haben. Du darfst deine Studien in der kleinen Hütte in den nördlichen Hügeln fortsetzen." Kantuons Augen weiteten sich wütend, als er sah, daß seine Worte keinen Eindruck auf Tar machten.

"Schon gut, Großmeister." Tar war völlig ruhig. "Ich habe gefunden, was ich gesucht habe. Ich brauche den Turm nicht länger."

Er stand auf und verließ die Bibliothek, einen völlig konsternierten Großmeister hinterlassend.

Am gleichen Nachmittag verließ Tar den Turm und wanderte zu der kleinen Hütte im Norden. Sie hatte eine Weile leergestanden, doch Tar machte sie sich wieder wohnlich. Er kehrte nie zum Turm der Sucher zurück.

Tar sah aus dem Fenster. Es war nun dunkel genug. Ein Sturm braute sich über der Hütte zusammen. Er wandte sich ab und bereitete sich vor. Sein Wissen müßte ausreichen, Thornahuun zu finden und zu kontrollieren. Ein Frösteln lief seinen Rücken hinab. Die verbotenen Bücher waren furchtbar gewesen. Sein Wesen, sein Geist fühlten sich beschmutzt, als er in den alten, grausigen Büchern gelesen hatte. Doch nun war er bereit.

Er atmete tief durch und versetzte sich in magische Trance. Schneller als jemals zuvor sank er durch die ersten acht Ebenen, durchschnitt die wachenden Dämonen wie ein heißes Messer weiche Butter. Dann überwand er erneut die letzte Barriere, diesmal aus eigener Kraft. Er war auf der ersten Ebene.

Er zögerte nicht, sondern sprach sofort den Namen des Einen aus, den er suchte.

- Thornahuun!

Überraschenderweise erschien der Dämon sofort. Tar sah in das kochende Chaos seiner Gestalt, beobachtete, wie sie sich in eine menschenähnliche Form zwang. Der König grinste.

"Ich grüße dich, Tarbos!" Sein Grinsen wurde breiter. "Was kann ich für dich tun, mein Sohn?" Er lachte in sich hinein. Tar fühlte Wut in sich aufsteigen, blieb aber nach außen gefaßt und kühl. "Warum nennst du mich deinen Sohn?" fragte er. "Weil du es bist. Erinnerst du dich an unser Treffen in der Höhle des Erdhügels?" Tar fühlte, daß Thornahuun die Wahrheit sagte. "Also...fanden meine Eltern mich wirklich...im Wald?"

Der König lachte wieder in sich hinein. "Ja. Deine echte Mutter war eine Hexe. Sie war mehr als glücklich, von einem Lord-Dämon besucht zu werden. Sie hat nie begriffen, was es bedeutet, welch exquisite Qualen die Folge sind. Nach nur sieben Monaten hast du dir deinen Weg nach draußen erkämpft. Du hattest einen gesunden Appetit!" Der Dämon lachte grausam. Tar unterdrückte seine Wut, hielt seine Ruhe und Gelassenheit aufrecht. Er hatte die Frau nie gekannt.

"Warum hast du das getan?"

Der König sah auf ihn herab, immer noch lächelnd. "Nun, weil ich große Pläne mit dir habe, Tarbos. Du wirst für mich die Welt erobern."

Tar fühlte, wie ihm seine Wut entglitt. "Vorher werde ich dich erobern!!!" schrie er und schleuderte Ströme der Macht aus seinem Sein auf Thornahuun. Der König wurde von den Gewalten zurückgeschleudert, kehrte jedoch schon bald zurück. Sein Lächeln wurde grimmiger: "Das ist also der Weg, den du gehen willst? Nun gut. Ich habe dich erschaffen. Jetzt werde ich dich vernichten." Er hob seinen Klaue und ging zum Angriff über.

Der magische Kampf, der folgte, erschütterte die Fundamente des dämonischen Reiches. In der realen Welt wütete über Tars Hütte ein Sturm von einer Stärke, wie es ihn noch nie gegeben hatte. Im Turm der Sucher fühlte Kantuon die immensen magischen Vibrationen und versetzte sich in tiefe Trance, um ihre Quelle zu finden.

Nach einer unmeßbaren Zeit hörten beide, Tar und Thornahuun auf zu kämpfen. Sie waren erschöpft. Tars neue Kräfte konnten denen des Königs standhalten, aber keiner konnte den anderen besiegen. Thornahuun grinste müde. Er würde seine Pläne ändern müssen. Er sah eine Möglichkeit, noch mehr Chaos in die Welt zu bringen. Er rief seinen Bruder.

- Bralkur.

Es dauerte nicht lange. Das ganze Reich hatte den Kampf verfolgt.

- Thornahuun, mein Bruder.

Thornahuun dachte nicht einmal daran, für sich selbst um Hilfe zu bitten.

- Bralkur, ich werde besiegt werden.

Bralkur zeigte keine Reaktion.

- Meine Essenz wird in meinen Sohn eindringen. Ich bitte dich, ihm zu helfen, wenn er deine Hilfe braucht.

Bralkur zögerte nicht.

- Kein Problem, wie du es wünschst, mein Bruder. Lebe wohl.

Thornahuun erhob sich zu einer letzten Anstrengung. Tar bemerkte die Bewegung und griff an. Thornahuun versuchte nicht, den Strömen der Macht von Tar zu widerstehen, sondern flüchtete auf Tar zu, kam dichter und dichter, laut lachend. Dann drang er in Tars Sein ein. Tar fühlte, wie er verzerrrt und gedehnt wurde, als der Geist des Dämons in ihn eindrang. Er versuchte auszuweichen, zu fliehen, sich zu verbergen, es nützte nichts. Sein Geist wurde über den des Lord-Dämons gezogen, vermischte sich mit ihm, wurde eins mit ihm. Für eine Ewigkeit war sein Universum zerstört. Dann merkte er, wie sein Geist den neuen Zustand akzeptierte und er halb bewußtlos durch die Ebenen des dämonischen Reiches aufstieg. Kein Dämon stellte sich ihm in den Weg.

Kantuon öffnete seine Augen, zutiefst geschockt. Er versuchte zu begreifen, was Tar getan hatte.

- Sich mit einem König der Hölle vereinigen...Die Macht, die das bedeutet...

Er stand auf und bedeckte das Gesicht mit seinen Händen. Er durfte nicht daran denken. Ein Wesen mit genug Macht, um Berge zu versetzen, in einem menschlichen Wesen konzentriert. Doch war Tar wirklich menschlich? Er konnte es nicht länger sein. Er rief nach seinem Diener.

- Das Konzil muß zusammentreten. Diese Wesenheit muß zerstört werden.

Er sah den Sucher an, der eingetreten war. "Rufe die Zwölf zusammen!" Seine Stimme klang alt, älter, als er tatsächlich war.

- Gleichgültig...Der König! Ich muß Marakahn warnen.

Langsam kam Tar zu sich. Sein Körper fühlte sich an, als würde er tausendmal schneller arbeiten. Irgendwie hatte er die Essenz von Thornahuuns Sein unter Kontrolle gebracht. Er war nicht mehr Tar, er war zu Tarbos geworden. Noch immer konnte er die neue Macht, die er gewonnen hatte, nicht voll erfassen.

- Ich habe meinen Vater besiegt. Ich habe nun seine Macht. Ja. Ich bin nun ein Gott! TARBOS, GOTT DES CHAOS!

Er fing an zu lachen, lauter und lauter, er konnte nicht aufhören. Er wollte nicht aufhören, nicht einmal, als die Hütte von seinem Lachen anfing zu beben.

3. Götter

Kantuon sah sich im Kreis der Meister um. Dies waren die Zwölf, die machtvollsten Zauberer der Sucher in Lyramion.Nur wenige würden sie herausfordern wollen.

- Aber nun...Was können wir gegen diese neue Bedrohung tun?

Er strich sich über den Hals. "Meine Brüder. Wir sind in einer schlimmen lage. Unser ehemalige Bruder Tar...hat sich mit einem König der Hölle vereint." Alle begannen zugleich zu reden. "Aber..." - "Wie konnte er...?" - "Das ist unglaublich!"

Kantuon hob die Hand, bat um Ruhe. "Es ist wahr, meine Brüder. Ich habe König Marakahn bereits eine Botschaft gesandt. In der Zwischenzeit müssen wir ihn aufhalten."

Die Zwölf sahen sich an. Zusammen waren sie eine Macht, die keinen Vergleich hatte. Doch jetzt merkte jeder von ihnen, daß sie in diesem Kampf ihr Leben verlieren konnten - oder schlimmeres. "Laßt uns gehen, meine Brüder."

Tarbos saß auf einem Thron, den er aus einem großen Stein des Fundaments seiner alten Hütte gebrannt hatte. Er kicherte und sah auf das verwüstete Land um ihn herum herab. Ein Geräusch ließ ihn aufblicken. Eine Gruppe von Menschen erreichte die Reste seiner Hütte. Geduldig wartete er. Es waren Kantuon und die Zwölf.

"Kantuon! Du bist gekommen, mich zu verehren. Gut." Kantuon blieb stehen.

- Es ist wie ich befürchtete. Die Macht war zuviel für ihn.

"Wir sind nicht gekommen, dich zu verehren, Tar. Wir sind gekommen, dich zurückzuhalten. Wir..." Tarbos' lautes Lachen unterbrach ihn.Es wurde lauter und immer verrückter. Die Zwölf sahen sich an. Tränen liefen über Tarbos' Gesicht. Es schien als wollte er nie wieder aufhören. Langsam beruhigte er sich bis auf ein gelegentliches Kichern. "Du...Ihr wollt mich aufhalten? MICH!?"

Wieder brach er in lautes Gelächter aus. Doch diesmal beruhigte er sich schneller und sah auf Kantuon und die Zwölf hinab.

"Jetzt mal im Ernst: Erstens nennt ihr mich Tarbos. Zweitens bin ich nun ein Gott, der Gott des Chaos, und ich erwarte die mir zustehende ordentliche Verehrung. Wenn ihr also leben wollt, kniet nieder."

Die Zwölf waren von dieser verrückten Ruhe geschockt. Kantuon wandte sich ihnen zu. "Meine Freunde, es ist, wie ich es befürchtet habe. Wir müssen unsere Kräfte zusammenlegen und ihn vernichten." Sie starrten sich an. Dann nahmen sie sich bei den Händen und gingen, einer nach dem anderen, in die magische Trance des Kreises der Dreizehn. Zusammen sanken die dunklen Magier immer tiefer in Trance. Schweiß bildete sich auf ihren Stirnen. Im Zentrum ihres Kreises bildete sich eine Sphäre reiner Energie, wachsend und in allen Farben pulsierend. Mit der Geschwindigkeit eines Blitzes schleuderten sie sie auf Tarbos. Ohne mit der Wimper zu zucken und mit nur einer Hand wehrte Tarbos die furchtbaren Energien ab. Er stand auf, nicht mehr amüsiert, und sprach mit einer Stimme, die nichts menschliches mehr an sich hatte: "Ihr wollt euch also nicht vor eurem rechtmäßigen Herren beugen? Kleine Dummköpfe! Ihr werdet alle zugrunde gehen! Hier und jetzt!"

Tarbos hob die Hand. Aus der Handfläche sprang eine Fontäne schwarzer Energie auf den Magischen Kreis der Dreizehn. Der Effekt war furchtbar. Bevor sie auch nur reagieren konnten, wurden sie in alle Richtungen auseinandergesprengt.

In der Zwischenzeit hatte König Marakahn die Nachricht seines Bruders erhalten und saß nun mit seinen Beratern in der Halle seiner Zitadelle. "Nun, Mandek, was haben die Magier dazu zu sagen?"

Mandek, ein alter Mann in der grauen Robe der Bewahrer, stand auf und sagte mit Grabesstimme: "Eure Majestät, meine elf Brüder und ich haben dieses Thema die ganze Nacht erörtert. Diese Bedrohung muß vernichtet werden, bevor sie unser aller Untergang bedeutet."

Der König dachte kurz über das Gesagte nach. "Nun gut. Ich denke dies ist ein Fall, wo Magie die beste Lösung ist. Jedoch - kann er aufgehalten werden?" Er wandte sich erneut Mandek zu, der hüstelte und antwortete: "Es ist möglich, Eure Majestät. Wir verfügen über uralte Sprüche, die auch die Kontrolle eines Lord-Dämon ermöglichen, zu dem Tar geworden ist, wenn wir Großmeister Kantuons Geschichte glauben."

"Mandek, ich traue meinem Bruder in diesen Angelegenheiten ohne Vorbehalt. Er würde mir niemals eine Nachricht wie diese geschickt haben, wäre er sich nicht vollkommen sicher gewesen."

Mandek senkte den Blick. "Natürlich, Euer Majestät, bitte um Vergebung." - "Schon gut, wir müssen alles bedenken. Ich habe unterdessen einen Boten zu Tar gesandt, der ihm mitteilen wird, daß er unser Land nicht betreten darf. Ich bezweifle, daß er sich an solche Verbote halten wird, wenn die Lage so ist, wie beschrieben, doch wir müssen alles versuchen."

Sir Mando ritt die Hänge der Berge von Bollgar hinab in das Tal. Sein Pferd war müde. Zu seiner Rechten stand der Turm der Sucher. Etwas nördlich davon sollte die Hütte, sein Ziel, stehen. Doch er sah nichts. Die Sonne sank bereits, als er den Turm erreichte. Wie ein schwarzer Grabstein stand er vor ihm. Er rief, doch niemand antwortete. Also ritt er weiter, in die Richtung, wo die Hütte liegen sollte. Das Land um ihn war ohne jedes Leben, vollkommen still. Einmal glaubte er, etwas hinter einem Felsbrocken verschwinden gesehen zu haben. Doch als er nachsah, fand er nichts. Sein Unwohlsein nahm mit jedem Schritt seines Pferdes zu.

Mando erreichte den Hügel, auf dem die Hütte hätte stehen sollen. Doch sie war nicht da. Beunruhigt band er sein Pferd an einen abgestorbenen Baum und kletterte den steilen Pfad auf den Hügel hinauf. Weiter oben lag etwas auf der steinigen Kuppe des Hügels. Es sah aus, wie eine menschliche Hand. Er kletterte zu dem Gegenstand. Dann erkannte er, was es war. Mando wurde blaß und sank auf die Knie. Es war die Hand eines menschen, an der Wurzel abgetrennt, vollkommen schwarz. Er drehte sie mit seinem Messer um, stand erschüttert auf und erstieg die Spitze des Hügels.

Tarbos saß auf seinem Felsenthron. Er langweilte sich. Seit zwei Tagen saß er hier. Er brauchte keine Nahrung mehr, keine Getränke. Aber etwas anderes fehlte ihm.

- Mylneh

Er war wütend auf sie. Er wollte sie bestrafen, ihr zeigen, wie sehr sie sich geirrt hatte, wie mächtig er nun geworden war. Und er wollte sie im Arm halten, sie küssen, die Erfahrung der einfachen Freude, die er mit ihr gehabt hatte, wiederholen...

Etwas Lebendiges kam, unterbrach ihn in seinen Überlegungen. Jemand kam den Hügel herauf. Seit er die Magier vernichtet hatte, war kein Leben mehr um ihn gewesen - jeder Mann, jede Frau und jedes Kind, jedes Tier, jeder Vogel und jedes Insekt hatte das Tal verlassen. Keine Pflanze, kein Gras, kein Moos und keine Flechte hatte überlebt. Tarbos setzte sich auf, konzentrierte alle Sinne auf dieses Ereignis.

- Es ist menschlich...Eisen...Ein Ritter. Der erste, der sich dem Gott des Chaos unterwirft.

Tarbos grinste.

Die geschwärzte Hand war nicht das einzige, was Mando auf seinem Weg zum Gipfel des Hügels fand. Es gab weitere Spuren eines Massakers: Stücke schwarzer Kleidung, an den Kanten versengt, Reste von Fleisch, weitere Gliedmaßen, ein Ohr. Horror und Abscheu erfüllte ihn, als er den Hügel erstieg.

Auge in Auge standen sie sich gegenüber. Mando blinzelte und sah weg, mied Tarbos' furchtbaren Blick. Ein tiefes, böses Licht drang aus diesen Augen. Er wußte, dieser Mann oder Dämon war Schuld an dem Massaker, das hier stattgefunden hatte. Er machte seine Kehle frei und sprach.

"Der gütige König Marakahn hat mich geschickt. Er ist von Großmeister Kantuon von deiner unglaublichen Tat unterrichtet worden und teilt dir mit, daß du in unserem Land nicht länger willkommen bist. Wenn du innerhalb unserer Grenzen erwischt wirst, wirst du festgenommen und hingerichtet." Die letzten Worte kamen nur sehr leise.

Als Tarbos nach einer Weile immer noch nicht reagiert hatte, sah Mando auf. Tarbos saß da, ausdruckslos. Dann kicherte er. Und noch einmal. Er lachte. Lachte lauter, lauter und immer lauter, bis der Boden unter Mando anfing zu beben. Plötzlich sprang Tarbos auf und brüllte: "KNIE NIEDER VOR MIR, DU WURM!!!"

Von diesem Ausbruch von Wut geschüttelt fühlte Mando sich auf die Knie niedersinken. "Jämmerliches, kleines Menschlein! Wie kannst du und dein kleiner Möchtegern-König es wagen, mich so anzusprechen, mich, den Gott des Chaos?! Ich habe eine Nachricht für deinen KÖNIG."

Tarbos hob die Hand und Rüstung und Kleidung wurden von Mandos Bauch gerissen. Etwas zerrte an seinem Nabel, die Pein nahm zu. Er versuchte es mit den Händen aufzuhalten, aber es war sinnlos. Nach einer Weile senkte Tarbos die Hand, und Mando sah auf seinen Körper hinab, das Gesicht vom Schock verzerrt. Tarbos grinste: "Keine Angst. Du wirst nicht sterben. Nicht, bevor du meine Botschaft deinem König überbracht hast."

Tarbos grinste grimmig, als der Bote ihn wieder verlassen hatte.

- Dieser König will mir also Befehle erteilen. Schon bald wird er mir zu Füßen kriechen, und ich werde seine Tochter nehmen - vor seinen Augen!"

Doch dazu brauchte er eine Armee. Wie Tentakeln senkte er seine Sinne in den Boden und suchte nach den Kriegern, die auf den Schlachtfeldern um das Tal gestorben waren. Mit seinem Willen zwang er die verrottenden Leichnahme aufzuerstehen. Mit seinen Gedanken öffnete er tausend Tore des Dämonischen Reiches und rief seine Dämonen, die die Leichen mit neuem, üblen Leben füllen sollten.

So kamen sie über die Hügel geschlurft, abscheuliches Leben in den leeren Augenhöhlen, einige noch mit Resten von Fleisch an den Knochen, die meisten jedoch als nackte Skelette. Tarbos betrachtete seine Armee und grinste breit.

"Ich grüße euch, meine ergebenen Diener. Wir werden ein Königreich erobern." Die Erde erzitterte, als die Dämonen mit lautem Geheul antworteten und die rostigen Schwerter gegen die Schilde schlugen.

Mando ritt derweil, als ob er Dämonen auf den Fersen hätte. Sein Pferd fühlte das Unmenschliche an seinem Reiter und war ständig am Rande der Panik. Mando fühlte nur die Pein seines Bauches, die mit jeder Meile zunahm. Nur die Ehre seines Rittertums und die Nachricht, die er seinem König zu überbringen hatte, bewahrten in vor dem Wahnsinn.

Ein einsames Pferd näherte sich langsam der Burg des Königs. Es war sichtlich erschöpft, zitterte auf den Beinen. Als es herankam bemerkten die Wachen einen Ritter, der auf dem Pferd hing, und führten es in den Hof. Mit lautem Krachen fiel der Ritter dort zu Boden. Als kräftige Hände ihn hochhoben, kam er zu sich. Dann sahen die Männer, was mit dem Ritter war, und sie wichen voller Schreck zurück. Doch der Ritter bemerkte sie nicht und stolperte in die Halle der Burg.

König Marakahn hörte gerade der Geschichte eines armen Händlers zu, der überfallen worden war, als mehrere Diener mit Panik in den blassen Gesichtern hereingestürmt kamen, als würden sie vor etwas fliehen. Der Kanzler trat vor den König, öffnete den Mund, am ganzen Körper zitternd, alle anderen waren sofort ruhig. Ohne ein Wort schloß der Kanzler den Mund und drehte sich um, das Gesicht vor Angst und Horror verzerrt, die Figur ansehend, die hereingekommen war. Der König, stark beunruhigt, hob den Blick zur weit offenen Tür der Halle. Die Person, die dort stand, stolperte weiter. Marakahn keuchte, als er den gebrochenen Mann erkannte.

"Mando!" Er sprang vor, um dem Mann zu helfen. Als er ihn erreichte und an der Schulter packte, wich er erschrocken zurück. Dies war nicht mehr der Mann, den er mit einer Nachricht losgeschickt hatte. Sein Gesicht war blaß wie das einer Leiche, sein Haar weiß und leblos. Seine Augen tote Kugeln, tief in die Höhlen gesunken. Doch das Schlimmste war die furchtbare Wunde im Bauch des Mannes. Ein großes Loch in Rüstung und Kleidung gewährte Einblick in die zerfetzte Öffnung der Bauchdecke, unter der nur noch Reste der Eingeweide zu sehen waren. Von Ekel geschüttelt taumelte der König zurück. Voller Pein begann Mando zu sprechen: "Er sagte, ich würde nicht sterben, bevor ich seine Nachricht überbracht hätte."

Zitternd stand Marakahn vor ihm. "W - was ist die...", stammelte er, unterbrach sich. Er sah Mando in die Augen, Mitgefühl im Gesicht. "Mando...", flüsterte er, "Vielleicht können die Magier..."

Mando zog nur eine Grimasse. Marakahn erkannte, daß Mando zu lächeln versuchte. Mando schlug die Augen nieder. "Nein, mein Herr." Er sah auf, sein Ausdruck hatte gewechselt. "Bitte..."

Marakahn schüttelte es. Dann fragte er, immer noch flüsternd: "Was ist seine Botschaft?"

Nach einem tiefen Atemzug antwortete Mando: "Lord Tarbos, Gott des Chaos, läßt Euch ausrichten, daß er schon bald kommen wird, dieses Land zu erobern, und das er gnädig zu jenen sein wird, die sich ihm unterwerfen, und daß..und daß..." Häftiger Husten schüttelte den geschwächten Körper Mandos. Mühsam beherrschte er sich, und mit Tränen in den Augen fuhr er fort, sprach seine letzten Worte: "Und das er Prinzessin Mylneh zu seiner Braut machen wird."

Ein paar Herzschläge lang war alles still. Plötzlich blutete Mandos Wunde, erst nur ein Tröpfeln, dann ein stetiger Fluss. Seine Knie knickten ein und er fiel in König Marakahns Arme. Tränen rannten dem König über das Gesicht, als er den sterbenden Ritter sanft in seinen Armen hielt. Noch nie zuvor hatte er einen glücklicheren Ausdruck in einem Gesicht gesehen, als den des sterbenden Ritters.

Vorsichtig legte Marakahn den toten körper auf den Boden der Halle und drückte die gebrochenen Augen zu. Als er aufstand, sah er seine Tochter in einem Nebeneingang der Halle stehen. Sie starrte ihren Vater an, der mit grimmigem Gesicht und blutiger Kleidung in der Pfütze des Blutes des gestorbenen Ritters stand.

"V - vater? W - was ist gesch - schehen?"

Der König sah auf den Leichnam hinab, schnippte dann mit den Fingern. Ängstlich und die Hände ringend kam der Kanzler näher. "Nehmt Sir Mando hier weg!" befahl der König mit harscher Stimme. "Bereitet ihn zur Beisetzung vor." Dann kehrte er zu seinem Thron zurück.

Mit einem gestammelten "Ja, Euer Majestät" wandte der Kanzler sich den Dienern zu und scheuchte sie an die Arbeit.

Mylneh ging zu ihrem Vater hinüber. "Vater, was ist geschehen?" Der König wandte sich ihr zu und schaute sie an, als hätte er sie noch nie zu Gesicht bekommen. "Mando hat eine Botschaft von Tar...Tarbos überbracht." Er starrte in die Blutpfütze. "Es hat ihn das Leben gekostet." Er zitterte und sah weg. Mylneh erkannte die Schwere des Schocks, unter dem ihr Vater stand. "Was war das für eine Botschaft?" fragte sie sanft. "Er ist nun ein Gott. Lord Tarbos, Gott des Chaos. Er wird hierherkommen...Dieses Königreich erobern..Und...er will dich zu seiner Braut machen..."

Mylneh wurde blaß, Traurigkeit erfüllte ihr Herz, die Augen wurden ihr feucht. "Ich wußte, er würde zu weit gehen." Sie sah ihren Vater, den König an: "Werden wir ihn aufhalten können?" - "Ich hoffe es, mein Liebling," seufzte Marakahn. "Ich habe Mandek mit den Vorbereitungen beauftragt. Er soll kommen."

Kurze Zeit später erschien Mandek, leicht verärgert. Marakahn erzählte, was vorgefallen war und fragte dann, ob Mandek und seine Bruderschaft die richtigen Zauber gefunden hätten. Mandek mußte sich mehrfach räuspern, bevor er in der Lage war zu antworten: "Wir haben einen gefunden, Euer Majestät, doch es gibt ein Problem." Er schlug die Augen nieder. "Der Spruch muß von einem Kreis aus Dreizehn gesprochen werden: Vier weiße Magier, vier graue Magier, vier schwarze Magier werden gebraucht und jemand...der Tarbos kennt." Er warf einen kurzen Blick zu Mylneh hinüber. Mylnehs Augen wurden groß. Sie öffnete den Mund, aber der König unterbrach sie mit einer Geste. "Wo liegt die Gefahr?"

Mandek sah nieder. "Ja, es gibt eine Gefahr. Es hängt alles von, ähh...der Person ab, die als ähh... als Fokus für den Spruch eingesetzt wird." Wieder warf er Mylneh einen Blick zu.

Der König lehnte sich im Thron zurück: "Ich werde nicht erlauben, daß meine..."

"Ich werde es tun!" unterbrach Mylneh ihn. Nach einem langen Blick auf seine Tochter wandte der König sich wieder Mandek zu: "Nun gut, bereite sie vor." - "Ja, Euer Majestät," seufzte Mandek. Als er sich abwandte, um zusammen mit Mylneh die Halle zu verlassen, hielt ihn der König auf: "Warte. Muß der Spruch an einem bestimmten Ort gesprochen werden?" - "Ummm...Nein, Euer Majestät. Warum?"

Der König lächelte. "Es gibt eine alte Burg im Nordosten der Hauptstadt. Es wird dort sicherer sein." Mandek verneigte sich: "Natürlich, Euer Majestät. Wie ist der Name der Burg?" - "Der Name ist vergessen. Nennt sie Godsbane."

Dunkle, ölige Wolken hingen über dem Schlachtfeld. Tarbos betrachtete seine Armee von Untoten und lächelte. Die Reste der Armee, die sich ihm in den Weg gestellt hatte, floh in Panik, erbarmungslos von seinen untoten Männern verfolgt, die keinen Schlaf, keine Rast und keine Erholung brauchten. Schon bald würde er die Hauptstadt und die Burg des Königs erreicht haben. Dann würde Mylneh sein werden und alle anderen vor ihm im Staub kriechen.

"Eure Majestät, ein weiterer Melder der Armee ist eingetroffen." König Marakahn seufzte. Weitere schlechte Nachrichten. "Gut. Nenne deine Botschaft, Soldat."

Der Melder sah auf. Deutlich stand ihm der Horror über das, was er gesehen hatte ins Gesicht geschrieben. Geduldig wartete der König, daß der Mann anfangen würde zu sprechen.

"G - grüße, Euer Majestät. S - sir Laneanor hat mich gesch - schickt, um Euch mitzuteilen, daß die Prov - vinz Nord-Danormia von Tarbos' Armee erobert w - wurde. Wir w - wurden zurückgedrängt, Euer Majestät. Es w - waren Däm - monen! Untote M - monster! W - wir..." Mit einer Geste unterbrach der König den Mann.

"Ja, ich habe schon davon gehört." Mit tiefer Sorge im Gesicht fiel der König in Gedanken.

- Wenn nur Mylneh in Sicherheit ist und der Spruch funktionieren wird.

Er schob sein Zweifeln beiseite und zwang ein Lächeln auf sein Gesicht.

- Er muß nicht wissen, wie schlimm die Dinge stehen.

"Gut. Ich danke dir. Sei nicht ängstlich. Wir werden ihn aufhalten." Doch in seinen Gedanken sah er die untoten Horden der Armee Tarbos', die sein Land durchschnitt wie ein scharfes Schwert zartes Fleisch, nichts als grauen Tod hinterlassend.

Als Tarbos, die Armee vor sich herscheuchend, nur noch zwei Tage von der Hauptstadt entfernt war, bemerkte er eine hohe Konzentration von Magie nordöstlich der Stadt. Besorgt ging er in Trance und schickte seine Fühler auf schwarzen Schwingen aus, die Quelle der Magie zu erkunden. Er erkannte, welche Art von Spruch dort gewoben wurde und wer der Fokus sein sollte.

- Mylneh.

Er konzentrierte sich auf den Ort.

- Eine Burg...Godsbane...

Dann kehrte er in seinen Körper zurück. Wütend änderte er die Marschrichtung seiner Armee mit einem einzigen mentalen Befehl.

"Mylneh? Was ist?"

Sie sah auf. Soeben hatte sie gefühlt, wie dunkle, obszöne Finger ihren Geist berührt hatten. Sie schüttelte sich, fühlte sich unrein. "Es ist schon gut," sagte sie zu Mandek, und wandte sich wieder dem Gesang des großen Spruches zu. Mandek runzelte die Stirn, dann arbeitete auch er weiter.

Marakahn durchmaß die große Halle, wütend und frustriert in seiner Hilflosigkeit.

- Wie kann ich den Leuten erzählen, alles sei in Ordnung, wenn ich mir selber so unsicher bin? Wenn nichts stark genug scheint, Tarbos aufzuhalten?

Er reib sich die Augen, er hatte seit Tagen nicht mehr richtig geschlafen. Ein erschöpfter Bote betrat die Halle und kniete vor ihm nieder. Marakahn zog eine Grimasse und fragte: "Ja? Was ist deine Botschaft?" - "Eure M - majestät," stammelte der Mann: "Lord Tarbos' Armee hat die Marschrichtung geändert! Sie marschiert nicht mehr auf die Hauptstadt zu!"

Angst stieg in ihm auf, und noch bevor er die Frage aussprach, kannte er die Antwort.

"Welche Richtung?" - "Nach Nordosten, Eure Majestät."

Der König setzte sich, geschlagen.

- Nach Nordosten...nach Godsbane.

Tarbos stürmte mit langen Schritten durch die Reihen seiner Dämonen nach vorne, erbarmungslos jene aus dem Weg stoßend, die nicht schnell genug auswichen. Als er sich dem Zentrum der Schlacht näherte, zog er sein großes, vergiftetes Schwert und ging entschlossen weiter. Macht und Heiterkeit durchströmten ihn. Schon bald würde Godsbane fallen, auch wenn die gesamte Armee des Königs hier zur Verteidigung aufmarschiert war.

Tarbos erreichte die Frontlinie und grinste in die vor Horror und Abscheu verzerrten Gesichter der Verteidiger. Er hob sein Schwert und hackte auf seine Gegner ein. Wie Getreide mähte er die Männer vor sich um, kämpfte sich so den Weg frei zu den Toren Godsbanes. Er hätte sie alle mit einer Geste hinfortschleudern können, doch so machte es ihm mehr Spaß.

Drinnen lauschte Mylneh dem tobenden Krachen der Schlacht vor der Burg, dem Klirren von Metall und den Schreien der Sterbenden. Eingeschüchtert sah sie zu den zwölf Magiern, doch die waren murmelnd mit ihren Teilen des Großen Spruches beschäftigt. Fest schloß sie ihre Augen und setzte ihren Gesang fort.

In einem letzten verzweifelten Versuch hatte Laneanor die verbliebenen menschlichen Ritter neu vor den Toren Godsbanes verteilt. Sie stellten sich den dämonischen Kriegern entgegen und hielten sie zurück, so gut sie es vermochten. Doch sie waren erschöpft und müde. Laneanor wußte, daß sie hier alle sterben würden. Grimmig focht er weiter. Wenn sie mit ihrem Leben kostbare Zeit erkaufen konnten, dann sollte es so sein.

Er sah den großen Krieger, der durch die Reihen der Feinde kam und seine Augen weiteten sich vor Angst. Lord Tarbos. Er sah aus wie der Dämon, der in ihm war, sein Gesicht war eine Maske aus Haß und Schadenfreude, seine Augen brannten von übelstem Leben, seine Waffe war von kältestem, schärfstem Sathl. Er hob sein großes, gezacktes Schwert und griff an.

Laneanor versuchte zu parieren, doch nach zwei heftigen Schlägen war sein Schwert zerbrochen. Er stand mit dem Rücken am hölzernen Tor, schaute sich verzweifelt nach einem anderen Schwert um. Er war der letzte der Krieger. Enrodar, der in so vielen Kriegen tapfer gekämpft hatte, lag im Staub, einen tiefen Hieb von der Schulter bis in die Brust. Gambon, seit mehr als zehn Jahren sein Freund, lag an das Tor gelehnt, aus unzähligen Wunden blutend. Über und unter ihnen die anderen Ritter.

- Alle tot.

Laneanor ließ den Rest seines Schwertes fallen und schaute über die Armee des Feindes. Der Himmel kochte. Und unter der Decke der dunklen Wolken sah er eine Reihe der untoten Krieger Tarbos', wahnsinnigen, roten Glanz in den Augen, Brocken von Fleisch von ihren Knochen verlierend. Dann fiel sein Blick auf das Gesicht von Lord Tarbos.

Für einen kurzen Moment sahen sie sich nur an. Mühelos hob Tarbos das riesige Schwert und hieb es durch Laneanor.

Mylneh satnd im Zentrum des Kreises der zwölf Magier, das sternenförmige Juwel in ihren Händen. Es war der Amberstar, die Linse, die Tarbos erfassen und an einen Ort weit, weit weg bannen sollte.

Lange Tage und Nächte waren vergangen, um ihn zu erzeugen, doch zuletzt war die Arbeit getan. Jetzt kam der schwierigste Teil der Aufgabe: die Zwölf würden all ihre Kraft auf Mylneh konzentrieren, die die Energien mit ihrem Sein aufnehmen und auf Tarbos richten mußte. Mylneh schluckte. Mandek hatte erklärt, daß die geringste Ablenkung eine plötzliche Streuung der zusammengelegten Energien zur Folge hätte. Sie schloß die Augen wieder, ignorierte das Murmeln der Magier. Alles, woran sie zu denken hatte, war Tarbos.

Tarbos hatte das Tor weit aufgestoßen, die wenigen Verteidiger im Inneren hingeschlachtet. Er fühlte, daß die Ausstrahlung der Magie von weit über ihm kam und rannte zum Zentralturm der Burg. Das Tor an der Basis des Turms zerschmetterte er in tausend Stücke. Ein Ritter, der hier als Wache postiert war, kam schreiend herausgerannt, nur um von Tarbos' Schwert zerfetzt zu werden. Tarbos erstieg die Stufen des Turmes.

Mylneh fühlte, wie sich ihr die Haare aufstellten, als die Magier ihre Energien auf sie richteten. Schnell ignorierte sie das seltsame Gefühl und konzentrierte sich wieder auf Tarbos.

Fast rannte Tarbos die Treppen hinauf, die Konzentration der Magie über sich fühlend. Er erreichte die letzte Tür, zerschmetterte sie, dann hatte er die Quelle der magischen Ausstrahlung erreicht. Seine Augen weiteten sich, als er Mylneh im Fokus der Energien der zwölf Magier erkannte. Er stürmte los, in das Zentrum des Zirkels, das Schwert in seiner Hand bereit. Die Magier setzten ihre Beschwörungen fort, zu tief in Trance, um etwas zu fühlen oder zu reagieren. Mylneh bewegte sich nicht, starrte Tarbos einfach nur an, zutiefst erschreckt.

- Wie sehr er sich verändert hat...

Sie fühlte, wie die Kraft in ihr wuchs. Tarbos stand vor ihr, sein Gesicht eine Maske aus Haß und Wut. Er hob das Schwert. Mylneh fühlte, wie die Kraft in ihr einen Höhepunkt erreichte und hob den Amberstar. Ihre Augen immer noch in Verwunderung weit aufgerissen drückte sie das Juwel gegen Tarbos' Brust. Dann kam die Energie aus ihr frei, floß durch sie zu Tarbos.

Tarbos sah auf seine Brust hinab, sah, wie unter dem Glühen des Amberstar seine Rüstung schmolz. Dann brannte sein Hemd weg und das Juwel berührte sein Fleisch. Sein Schrei ließ den Turm erzittern. Er versuchte, die Arme zu bewegen, Mylneh mit Magie zu vernichten, doch all seine Kraft hatte ihn verlassen. Langsam sank der Amberstar t
 
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