Puabi
Rare-Mob
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Und wieder einmal öffnet Puabis Bücherstübchen für die MyBuffed-Gemeinde. Ich schreibe diesmal über das Buch DIE LETZTE HERRSCHERIN von CORY DANIELLS.
Ich möchte an dieser Stelle schon mal darauf hinweisen, dass es sich hier um einen recht langen Blog handelt.
Der Preis des Buches liegt bei 9,90. So richtig aufgepasst beim Kauf habe ich wieder mal nicht, denn erst im Nachhinein habe ich herausgefunden, dass es sich bei DIE LETZTE HERRSCHERIN um den letzten Teil einer Trilogie handelt. Der erste Teil stammt aus dem Jahr 2001 (DIE INSELKÖNIGIN), der zweite aus dem Jahr 2002 (DIE DUNKLE PRINZESSIN) und der Teil, über den ich diesmal schreibe ist aus dem Jahr 2003.
Von der Autorin CORY DANIELLS hatte ich bisher auch noch nichts gehört, also habe ich wieder einmal gegoogelt, um etwas über sie herauszufinden. Auf jeden Fall scheint die Trilogie das einzige zu sein, was sie geschrieben hat, mehr Bücher weist die Bibliografie von ihr nämlich nicht auf. Biografische Daten habe ich keine gefunden, also muss ich wohl auf das beschränken, was im Buch über sie stehtie Autorin
Cory Daniells lebt zusammen mit ihrem Mann und sechs Kindern in Brisbane, Australien.
Über den Inhalt
Als die barbarischen Ghebite-Armeen unter der Führung ihres mächtigen Generals Tulkhan die Strahlende Insel erobert und deren traditionell friedliebende Bewohner unterworfen hatten, war Prinzessin Imoshen, eine der letzten reinen T'En, bereit, ein großes Opfer zu bringen, um ihrem Volk die verlorene Freiheit wiederzugeben. Sie verführte Tulkhan, gab sich ihm hin und empfing ein Kind von ihm. Doch obwohl Imoshen die Nähe dieses verstörend fremdartigen Mannes zunächst nur widerwillig und aus reinem Machtkalkül suchte, entdeckte sie, wie sich ihr Hass allmählich in Liebe verwandelte. Auch Tulkhan fühlte sich anfänglich von der Andersartigkeit der schönen Prinzessin eher abgestoßen und betrachtete die Verbindung zu ihr lediglich als notwendigen politischen Schachzug, um das labile Gleichgewicht auf der Insel zu wahren und den Ausbruch von Unruhen zu verhindern. Doch auch er musste sich bald eingestehen, dass aus seiner anfänglichen Abneigung ein unzügelbares Verlangen geworden war.
Mit ihrer Liebe zu Tulkhan bricht Imoshen ein altes Gelübde, durch das sie noch vor der Invasion an ihren entfernten Verwandten Reothe gebunden war. Reothe, der inzwischen den Aufstand der T'En gegen die Ghebiten anführt, will nicht auf Imoshen verzichten und seinen Anspruch notfalls mit Gewalt durchsetzen. Als sich die beiden in einem Duell der Zauberkräfte gegenüberstehen, siegt Imoshen - und Reothe verliert seine magischen Fähigkeiten. Verletzt und in Imoshens Gefangenschaft, scheint von Reothe keine Gefahr mehr auszugehen. Doch als Tulkhan in die Schlacht gegen seinen Halbbruder Gharavan zieht und Imoshen auf der Strahlenden Insel zurück lässt, wird sie sich wieder des starken Bandes bewusst, durch das ihre und Reothes Schicksalslinien eng miteinander verknüpft sind. Nur er kann Imoshen helfen, ihre zum größten Teil noch verborgenen Kräfte zu entdecken, und nur gemeinsam ist es ihnen möglich, dem untergegangenen Reich der T'En zu seinem alten Glanz zu verhelfen.
Das Buch und seine Geschichte
Das Buch beginnt nach dem magischen Kampf zwischen Imoshen und Reothe, der inzwischen als Gefangener auf der Strahlenden Insel verweilt. Er ist geschwächt, verkrüppelt und ohne seine Kräfte, in den Augen Tulkhans stellt er allerdings immer noch eine Gefahr dar. Durch eine List gelang es Reothe, Imoshen zu schwängern und dadurch ist das Vertrauensverhältnis zwischen Imoshen und Tulkhan sehr gestört. Doch Tulkhan kann sich nicht in Ruhe darum kümmern, er muss gegen seinen Halbbruder Gharavan in den Krieg ziehen und Imoshen alleine lassen. Diese kann sich kaum gegen die Anziehungskraft Reothes wehren, bleibt aber zunächst hart und verwehrt Reothe die von ihm gewünschte Heilung.
Das Buch teilt sich in zwei Handlungsstränge auf, zum einen die Geschehnisse auf der Strahlenden Insel rund um Imoshen, Reothe und die Rebellen, zum anderen Tulkhans Erlebnisse bei seiner Reise und den Angriff auf seinen Halbbruder. Diese beiden Stränge sind zwar an verschiedenen Orten, dennoch sind sie eng miteinander verknüpft, denn Tulkhans Erfolg bei seiner Schlacht beeinflusst unmittelbar die Zulunft der Strahlenden Insel und Reothes Ränkespiele rund um Imoshen, besiegeln quasi ebenso ihr Schicksal wie das Tulkhans.
Tulkhans anfängliche Pläne bezüglich der Schlacht schlagen fehl und auch sein Ersatzplan führt nicht zum gewünschten Erfolg. Eine lange Belagerung wirft ihre Schatten voraus und je länger er fort ist, desto länger ist Imoshen der hintergründigen Gefahr ausgesetzt, die von Reothe ausgeht. Denn nur Reothe, der ebenso wie Imoshen ein T'En ist, kann sie richtig verstehen und ihr die Geheimnisse der T'En-Kräfte vermitteln. Eine Besonderheit der T'En möchte ich hier auch noch erwähnen: Sie haben weinrote Augen, silbernes Haar und an jeder Hand sechs Finger.
Reothe erinnert Imoshen immer wieder an ihre Vergangenheit und entfacht damit wiederum die Leidenschaft. Er bittet sie ihn zu heilen und ihm seine Kräfte zurück zu geben und bietet ihr dafür sein Wissen um das Geheimnis der T'En-Kräfte. Sie versagt ihm die Heilung.
Tulkhan ist auf dem Festland bei der fortdauernden Belagerung. Ihn erreichen Gerüchte, die besagen, dass Imoshen Reothe als Geliebten genommen hat. Er will es nicht glauben, aber die Saat des Zweifels ist gepflanzt.
Imoshen hingegen kämpft gegen ihre Leidenschaft an und entzieht sich Reothe immer wieder, auch wenn es ihr immer schwerer fällt. Nicht nur bei Tulkhan entstehen Zweifel, auch Imoshen zweifelt, denn Reothe sagt einige Dinge, die sie nicht versteht. Erneut bittet er sie ihn zu heilen, doch sie ist noch nicht bereit dazu. Reothe täuscht Imoshen mit List und Tücke, um seine eigenen Ränke und Intrigen zu weben. Erst wenn sie ihren Schwur gegenüber Tulkhan bricht und ihn heilt, will er ihr helfen, die wahren T'En-Kräfte zu lernen.
In Tulkhans Reihen scheint es einige Geheimnisse zu geben: Zwistigkeiten, geheimnisvolle Söldner, untreue Gefolgsleute und dergleichen.
Aufgrund Reothes Interesse an den strategischen Plänen Tulkhans und der Verteidigung der Strahlenden Insel ist Imoshen froh, ihn noch nicht geheilt zu haben. Er will sie angeblich unterstützen, aber Imoshen kann und will ihm nicht trauen. Keiner traut Imoshen zu, mit der politischen Lage auf der Strahlenden Insel und den verbündeten Reichen fertig zu werden, da sie ja "nur" eine Frau ist.
Sie verreist zusammen mit Reothe zu politischen Verhandlungen. Bei ihrer Rückkehr auf die Strahlende Insel wird sie allerdings verhaftet, ebenso wie Reothe. Man hält ihn für ihren Geliebten, die Anhänger Tulkhans (die Ghebiten) fühlen sich von ihr verraten und haben sich gegen sie und Reothe gewandt. Imoshen kann sich befreien, alle anderen wie Reothe oder die Gebieterin der T'En-Kirche sind allerdings noch unter Arrest. Inzwischen bereut Imoshen, Reothe nicht geheilt zu haben. Mit Hilfe einer Verbündeten im Palast will sie die Bevölkerung der Hauptstadt dazu bringen, sich gegen die Ghebiten aufzulehnen. Es gelingt Imoshen nicht, Reothe zu befreien.
Ein Prozess wird anberaumt, in dem Imoshen wegen des Vergehens Tulkhan betrogen zu haben verurteilt werden soll. Sie kann ihre Unschuld beweisen, macht sich dann aber des Todesurteils würdig, weil sie mittels ihrer T'En-Kräfte einen Menschen tötet.
Tulkhan weiss nichts von den Geschehnissen auf der Strahlenden Insel. Die Belagerung dauert an und er hat Verräter und Mörder in den eigenen Reihen. Schließlich verlassen die Verteidiger die Stadt Sumair, in der Gharavan residiert, und greifen an, Tulkhans Armee ist jedoch gut vorbereitet. Es kommt zu einer blutigen Schlacht. Beinah scheint es so, als würde Tulkhan siegen, doch es kommt zu einem folgenschweren Zwischenfall. Letztendlich ist Tulkhan aber siegreich, die Stadt kapituliert, sein Halbbruder jedoch ist geflohen.
Reothe und Imoshen werden wieder gefangen genommen, ihnen gelingt aber die Flucht und sie versuchen erneut, die Rebellen und Stadtbewohner gegen die Ghebiten zu vereinen und aufzuwiegeln. Dies gelingt auch und die Lage in der Hauptstadt der Strahlenden Insel beruhigt sich wieder, die ghebitischen Verräter sind geschlagen.
Die beiden Handlungsstränge laufen wieder zusammen, als Tulkhan zu Imoshen zurückkehrt. Noch weiß er nichts von dem Verrat der ghebitischen Aufrührer und dem Leid, das Imoshen widerfahren ist. Nachdem er alles erfahren hat, leitet er alles nötige in die Wege, um die Schuldigen zu bestrafen.
Das Zusammentreffen Tulkhans mit Reothe ist zornbehaftet, aber es kommt zu keinen überstürzten Handlungen. Die anschließende Verhandlung gegen den ghebitischen Priester nimmt jedoch eine unerwartete Wendung. Imoshen entkommt wieder einmal nur knapp dem Tod und Tulkhan muss erkennen, dass ihm die Macht über die Strahlende Insel von Imoshen abgenommen wurde. Er plant Reothes Tod.
Imoshen hat eine Vision, in der sie den Tod von einem der beiden Männer voraus sieht. Just zu der Zeit plant Reothe eine Reise über die Strahlende Insel, Tulkhan will ihn unbedingt begleiten. Erneut teilt sich die Handlung in zwei Stränge auf: Einer, der die Reise von Tulkhan und Reothe weiterverfolgt, der andere bleibt bei Imoshen in der Hauptstadt.
Wie sieht die Zukunft der Strahlenden Insel aus?
Wen ereilt auf der Reise der Tod und wer gewinnt letztendlich den Kampf um Imoshen?
Welche Rolle wird der Halbbruder Tulkhans noch spielen?
Wer eine Antwort auf diese Fragen haben will, der sollte sich das Buch beschaffen und es lesen, denn ich werde nichts mehr verraten.
Meine Meinung zum Buch
Ich musste beim Lesen des Duches feststellen, dass ich eindeutig zu nah am Wasser gebaut bin. Schlimm, diese Tränenflut gegen und am Ende, da verschwimmen die Buchstaben immer so. Das Ende ist einfach schön, aber mehr verrate ich wirklich nicht. Ich wollte eigentlich nur damit aussagen, dass es sich wirklich lohnt, sich auf das Buch einzulassen.
DIE LETZTE HERRSCHERIN ist einfach spitze geschrieben, lebendig und voller Ausdruckskraft. Es ist in gewissem Sinne ausführlich, oft auch ausschmückend, jedoch wirkt dies nie "überladen" und ist immer den Gegebenheiten angepasst. Ganz vereinzelt taucht mal ein Rechtschreibfehler auf, aber gemessen an der Seitenzahl des Buches (540 Seiten) fallen diese kaum auf und werten das Buch keinesfalls ab. In dem Buch ist alles enthalten: Liebe, Leidenschaft, Verlangen, Politik, Strategie, Mystik und Macht und noch einiges mehr. Man identifiziert sich mit den einzelnen Figuren des Buches und zumindest ich konnte oder wollte mich nicht nur auf die Seite eines der Charaktere stellen. Jedes Schicksal hat seine eigenen Reize und man fiebert mit, was der Person als nächstes widerfährt.
Stichwort mit fiebern. Ja, das Buch ist auf seine Weise spannend, auch wenn man diese gar nicht so genau definieren kann. Es ist nicht so eine Art von Spannung wie z.B. in einem Kriminalroman oder anderen Lektüren dieser Art. Man kann auch nicht unbedingt von einem klar gezeichneten Spannungsbogen ausgehen, der vielleicht auf- und wieder absteigt. In dem ganzen Buch liegt eine gewisse Spannung und je nachdem, wie sehr man sich auf dieses Buch einlässt, ist die Spannung bei dem einen vielleicht vordergründiger als bei dem anderen. Gerade zum Ende hin baut sich vielleicht doch eine höhere Spannung auf, weil dort auch viele Ereignisse zusammentreffen, doch diese Verkettung von Ereignissen begegnet einem auch schon an früheren Stellen des Buches.
Meine Bedenken, dass es vielleicht etwas ausmacht, dass ich die ersten Bände nicht gelesen habe, wurden recht schnell zerstreut. Es ist zwar vieles in den vorherigen Teilen des T'En-Zyklus geschehen, was in diesem Buch wieder aufgegriffen wird, jedoch wird alles gut erklärt und in der Geschichte aufbereitet, so dass man nie das Gefühl hat, man müsste das Buch beiseite legen und sich die ersten beiden Teile beschaffen, um erst diese zu lesen. Alles wichtige, wie die Unterschiede der T'En und der Ghebiten, oder das Rollenverhalten der Frau in der ghebitischen Lebenseinstellung werden gut dargestellt, ebenso wie der Machtkampf der beiden Männer (Reothe und Tulkhan) um die Frau (Imoshen). Beide Männer lieben die T'En-Kaiserin und auch diese fühlt sich zu beiden hingezogen, zu jedem aus verschiedenen Gründen, die sich während des Buches immer deutlicher zeigen.
Dabei wird das Buch zu einem großen Teil durch Gedanken, Gefühle und Dialoge beherrscht, aber nicht nur durch jene der eigentlichen Hauptfiguren, sondern auch die der einzelnen Charaktere, die während der Entwicklung bzw. Geschehnisse auf der Strahlenden Insel und auf dem Festland die Wege des Lesers kreuzen. Gewiss sind Reothe, Tulkhan und Imoshen die eigentlichen Hauptfiguren, aber auch Personen wie Khaleen, Wharrd, Gharavan, Landlos oder Drake tragen einen großen Teil dazu bei, dass die Ereignisse sich so entwickeln, wie sie sich entwickeln und lassen die Geschichte rund um die letzte Herrscherin lebendig wirken.
Ich kann dieses Buch uneingeschränkt weiter empfehlen. Man kann auch gar nicht genau sagen, ob diees Buch einer gewissen Leserschaft besonders zu empfehlen ist, weil halt so viele verschiedene Dinge behandelt werden. Manch einem liegt vielleicht die Liebe nicht so, die hier eine große Rolle spielt, der andere mag keine Machtkämpfe und Intrigen usw..
Ob ich mir jetzt, nachdem ich den letzten Band des Zyklus gelesen habe, noch die ersten beiden Teile besorge, kann ich nicht genau sagen. Einerseits reizen sie mich ja schon, andererseits weiß ich ja jetzt, wie es letztendlich endet und das nimmt mir ein wenig den Reiz, die ersten beiden Bände zu lesen. Falls dies einer getan haben sollte und einen der Bände kennt, kann er mir ja mitteilen, wie sie so sind.
Kleine Leseproben
Kurze Worterklärung noch vorweg: Das Wort "Dhamfeer", das vorkommt, ist ein anderes Wort für die T'En. Und ein "Cadre" ist vergleichbar mit einem Priester.
"Schweig!", tobte der Cadre. "Ich werde deinen vergifteten Worten nicht lauschen. Du hast dich mit deinen eigenen Taten verurteilt, Dhamfeer. Morgen wirst du sterben. Aber zuerst musst du über Nacht gefangen gesetzt werden."
Er sah sich um, als dachte er darüber nach, wo man sie und Reothe festhalten sollte. Dann nahm er ihr Messer und ging zu Reothe. Imoshen erwartete, dass er die Fesseln durchschneiden würde, die Reothe noch am Handgelenk hielten. Stattdessen drückte er Reothes Hand gegen den Pfosten und hackte ihm mehrere Finger ab.
Reothe schrie auf und Imoshen schrie ebenfalls.
Zufrieden warf der Cadre die abgeschnittenen Finger beiseite und durchschnitt die Fesseln, die Reothe hielten. Reothe fiel auf die Knie und umklammerte seine Hand. Blut schoss aus den Fingerstümpfen. Imoshen riss den Saum von ihrem Unterkleid, um die Blutung abzubinden. Sie versuchte, mithilfe ihrer Kräfte die Wunde zu schließen.
Der Cadre sah erfreut zu. "Ich habe gehört, ihr könnt klettern wie Bergziegen. Dann zeigt mal, ob ihr das auch jetzt könnt. Bringt sie oben auf den höchsten Turm und riegelt die Falltür ab."
Soldaten rissen Imoshen von Reothe weg. Sie entzog sich ihrem Griff. "Er wird am Blutverlust sterben, wenn ich die Wunden nicht verbinde."
"Dann solltest du ihn lieber gleich heilen, Miststück", sagte der Cadre. "Jarholfe hat behauptet, dass es deine Kräfte verringert, wenn du heilst. Also heile ihn, wenn du kannst. Und dann sehen wir, wie viel Ärger ihr Murgons Traktarianern noch machen könnt, wenn ihr erst eine Nacht draußen auf dem Turm verbracht habt."
Ich habe mich dazu entschlossen, noch eine Leseprobe zur Verfügung zu stellen, eine etwas sanftere als die erste. Da ging es ja doch recht rau zur Sache *g*.
Tulkhan hob den Arm, um die Stadtbewohner zu grüßen.
"Lächle für dein Volk, Imoshen."
Sie hob den Kopf und winkte, aber sie konnte durch den Tränenschleier kaum etwas erkennen. Dann salutierte Tulkhan seinen Männern, und als er lächelte, bildeten seine weißen Zähne einen deutlichen Kontrast zu der kupferfarbenen Haut. Imoshen schlang ihm den Arm um den Hals und stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihn zu küssen. Sie spürte seine Überraschung und die Leidenschaft seiner Reaktion. Sie Sehnsucht nach ihm drang bis tief in ihre Seele. "Vergiss mich nicht."
Er drückte ihre Hand auf sein Herz und riss sich dann widerstrebend von ihr los.
Allein auf dem Kai, sah sie dem General hinterher, der auf sein Schiff zuging. Die Gangway bog sich unter seinem Gewicht. Die Seeleute jubelten, dann zogen sie die Planke zurück. Taue zuckten über die größer werdende Kluft zum Kai. Die Fackeln an Bord wurden kleiner, als das Schiff sich in Bewegung setzte, aber Imoshen sah nur Tulkhans maskenhaftes Antlitz, seinen Blick, mit dem er sie fixierte, als wollte er sich ihre Gesichtszüge ganz genau einprägen.
Während seine Gestalt langsam verschwand, hatte Imoshen das Gefühl, dass sie eine lange Schnur verband und sich nun dehnte, um die Entfernung zu überwinden, und ihr dabei beinahe die Seele aus dem Leib riss. Ein Teil von ihr segelte davon, und sie wusste nicht, ob sie je wieder vollständig sein würde.
Info-Ecke
* Erschienen: 2003
* Dieser Titel ist leider vergriffen. Es ist keine Neuauflage geplant.
* Aus der Reihe: «Blanvalet Taschenbuch Nr.35465»
* ISBN-10: 3-442-35465-X
* ISBN-13: 9783442354658
* Einband: Kartoniert
* Sonstiges: 18,5 cm
* Erschienen bei: Blanvalet
* Seitenzahl: 539
* Gewicht: 352 g
* Stilrichtung: Roman
* Sprache(n): Deutsch
Homepage der Autorin (englisch)
Homepage des Verlags
Puh, ich wusste gar nicht mehr, dass ich so viel zu dem Buch geschrieben hatte. Ich hoffe, ihr seit jetzt aufgrund dieser Textmasse nicht total erschlagen.
Eure Dani
Diese Buchbesprechung wurde unter dem Nicknamen Knusperratte bereits bei Ciao.de veröffentlicht.
Ich möchte an dieser Stelle schon mal darauf hinweisen, dass es sich hier um einen recht langen Blog handelt.
Der Preis des Buches liegt bei 9,90. So richtig aufgepasst beim Kauf habe ich wieder mal nicht, denn erst im Nachhinein habe ich herausgefunden, dass es sich bei DIE LETZTE HERRSCHERIN um den letzten Teil einer Trilogie handelt. Der erste Teil stammt aus dem Jahr 2001 (DIE INSELKÖNIGIN), der zweite aus dem Jahr 2002 (DIE DUNKLE PRINZESSIN) und der Teil, über den ich diesmal schreibe ist aus dem Jahr 2003.
Von der Autorin CORY DANIELLS hatte ich bisher auch noch nichts gehört, also habe ich wieder einmal gegoogelt, um etwas über sie herauszufinden. Auf jeden Fall scheint die Trilogie das einzige zu sein, was sie geschrieben hat, mehr Bücher weist die Bibliografie von ihr nämlich nicht auf. Biografische Daten habe ich keine gefunden, also muss ich wohl auf das beschränken, was im Buch über sie stehtie Autorin
Cory Daniells lebt zusammen mit ihrem Mann und sechs Kindern in Brisbane, Australien.
Über den Inhalt
Als die barbarischen Ghebite-Armeen unter der Führung ihres mächtigen Generals Tulkhan die Strahlende Insel erobert und deren traditionell friedliebende Bewohner unterworfen hatten, war Prinzessin Imoshen, eine der letzten reinen T'En, bereit, ein großes Opfer zu bringen, um ihrem Volk die verlorene Freiheit wiederzugeben. Sie verführte Tulkhan, gab sich ihm hin und empfing ein Kind von ihm. Doch obwohl Imoshen die Nähe dieses verstörend fremdartigen Mannes zunächst nur widerwillig und aus reinem Machtkalkül suchte, entdeckte sie, wie sich ihr Hass allmählich in Liebe verwandelte. Auch Tulkhan fühlte sich anfänglich von der Andersartigkeit der schönen Prinzessin eher abgestoßen und betrachtete die Verbindung zu ihr lediglich als notwendigen politischen Schachzug, um das labile Gleichgewicht auf der Insel zu wahren und den Ausbruch von Unruhen zu verhindern. Doch auch er musste sich bald eingestehen, dass aus seiner anfänglichen Abneigung ein unzügelbares Verlangen geworden war.
Mit ihrer Liebe zu Tulkhan bricht Imoshen ein altes Gelübde, durch das sie noch vor der Invasion an ihren entfernten Verwandten Reothe gebunden war. Reothe, der inzwischen den Aufstand der T'En gegen die Ghebiten anführt, will nicht auf Imoshen verzichten und seinen Anspruch notfalls mit Gewalt durchsetzen. Als sich die beiden in einem Duell der Zauberkräfte gegenüberstehen, siegt Imoshen - und Reothe verliert seine magischen Fähigkeiten. Verletzt und in Imoshens Gefangenschaft, scheint von Reothe keine Gefahr mehr auszugehen. Doch als Tulkhan in die Schlacht gegen seinen Halbbruder Gharavan zieht und Imoshen auf der Strahlenden Insel zurück lässt, wird sie sich wieder des starken Bandes bewusst, durch das ihre und Reothes Schicksalslinien eng miteinander verknüpft sind. Nur er kann Imoshen helfen, ihre zum größten Teil noch verborgenen Kräfte zu entdecken, und nur gemeinsam ist es ihnen möglich, dem untergegangenen Reich der T'En zu seinem alten Glanz zu verhelfen.
Das Buch und seine Geschichte
Das Buch beginnt nach dem magischen Kampf zwischen Imoshen und Reothe, der inzwischen als Gefangener auf der Strahlenden Insel verweilt. Er ist geschwächt, verkrüppelt und ohne seine Kräfte, in den Augen Tulkhans stellt er allerdings immer noch eine Gefahr dar. Durch eine List gelang es Reothe, Imoshen zu schwängern und dadurch ist das Vertrauensverhältnis zwischen Imoshen und Tulkhan sehr gestört. Doch Tulkhan kann sich nicht in Ruhe darum kümmern, er muss gegen seinen Halbbruder Gharavan in den Krieg ziehen und Imoshen alleine lassen. Diese kann sich kaum gegen die Anziehungskraft Reothes wehren, bleibt aber zunächst hart und verwehrt Reothe die von ihm gewünschte Heilung.
Das Buch teilt sich in zwei Handlungsstränge auf, zum einen die Geschehnisse auf der Strahlenden Insel rund um Imoshen, Reothe und die Rebellen, zum anderen Tulkhans Erlebnisse bei seiner Reise und den Angriff auf seinen Halbbruder. Diese beiden Stränge sind zwar an verschiedenen Orten, dennoch sind sie eng miteinander verknüpft, denn Tulkhans Erfolg bei seiner Schlacht beeinflusst unmittelbar die Zulunft der Strahlenden Insel und Reothes Ränkespiele rund um Imoshen, besiegeln quasi ebenso ihr Schicksal wie das Tulkhans.
Tulkhans anfängliche Pläne bezüglich der Schlacht schlagen fehl und auch sein Ersatzplan führt nicht zum gewünschten Erfolg. Eine lange Belagerung wirft ihre Schatten voraus und je länger er fort ist, desto länger ist Imoshen der hintergründigen Gefahr ausgesetzt, die von Reothe ausgeht. Denn nur Reothe, der ebenso wie Imoshen ein T'En ist, kann sie richtig verstehen und ihr die Geheimnisse der T'En-Kräfte vermitteln. Eine Besonderheit der T'En möchte ich hier auch noch erwähnen: Sie haben weinrote Augen, silbernes Haar und an jeder Hand sechs Finger.
Reothe erinnert Imoshen immer wieder an ihre Vergangenheit und entfacht damit wiederum die Leidenschaft. Er bittet sie ihn zu heilen und ihm seine Kräfte zurück zu geben und bietet ihr dafür sein Wissen um das Geheimnis der T'En-Kräfte. Sie versagt ihm die Heilung.
Tulkhan ist auf dem Festland bei der fortdauernden Belagerung. Ihn erreichen Gerüchte, die besagen, dass Imoshen Reothe als Geliebten genommen hat. Er will es nicht glauben, aber die Saat des Zweifels ist gepflanzt.
Imoshen hingegen kämpft gegen ihre Leidenschaft an und entzieht sich Reothe immer wieder, auch wenn es ihr immer schwerer fällt. Nicht nur bei Tulkhan entstehen Zweifel, auch Imoshen zweifelt, denn Reothe sagt einige Dinge, die sie nicht versteht. Erneut bittet er sie ihn zu heilen, doch sie ist noch nicht bereit dazu. Reothe täuscht Imoshen mit List und Tücke, um seine eigenen Ränke und Intrigen zu weben. Erst wenn sie ihren Schwur gegenüber Tulkhan bricht und ihn heilt, will er ihr helfen, die wahren T'En-Kräfte zu lernen.
In Tulkhans Reihen scheint es einige Geheimnisse zu geben: Zwistigkeiten, geheimnisvolle Söldner, untreue Gefolgsleute und dergleichen.
Aufgrund Reothes Interesse an den strategischen Plänen Tulkhans und der Verteidigung der Strahlenden Insel ist Imoshen froh, ihn noch nicht geheilt zu haben. Er will sie angeblich unterstützen, aber Imoshen kann und will ihm nicht trauen. Keiner traut Imoshen zu, mit der politischen Lage auf der Strahlenden Insel und den verbündeten Reichen fertig zu werden, da sie ja "nur" eine Frau ist.
Sie verreist zusammen mit Reothe zu politischen Verhandlungen. Bei ihrer Rückkehr auf die Strahlende Insel wird sie allerdings verhaftet, ebenso wie Reothe. Man hält ihn für ihren Geliebten, die Anhänger Tulkhans (die Ghebiten) fühlen sich von ihr verraten und haben sich gegen sie und Reothe gewandt. Imoshen kann sich befreien, alle anderen wie Reothe oder die Gebieterin der T'En-Kirche sind allerdings noch unter Arrest. Inzwischen bereut Imoshen, Reothe nicht geheilt zu haben. Mit Hilfe einer Verbündeten im Palast will sie die Bevölkerung der Hauptstadt dazu bringen, sich gegen die Ghebiten aufzulehnen. Es gelingt Imoshen nicht, Reothe zu befreien.
Ein Prozess wird anberaumt, in dem Imoshen wegen des Vergehens Tulkhan betrogen zu haben verurteilt werden soll. Sie kann ihre Unschuld beweisen, macht sich dann aber des Todesurteils würdig, weil sie mittels ihrer T'En-Kräfte einen Menschen tötet.
Tulkhan weiss nichts von den Geschehnissen auf der Strahlenden Insel. Die Belagerung dauert an und er hat Verräter und Mörder in den eigenen Reihen. Schließlich verlassen die Verteidiger die Stadt Sumair, in der Gharavan residiert, und greifen an, Tulkhans Armee ist jedoch gut vorbereitet. Es kommt zu einer blutigen Schlacht. Beinah scheint es so, als würde Tulkhan siegen, doch es kommt zu einem folgenschweren Zwischenfall. Letztendlich ist Tulkhan aber siegreich, die Stadt kapituliert, sein Halbbruder jedoch ist geflohen.
Reothe und Imoshen werden wieder gefangen genommen, ihnen gelingt aber die Flucht und sie versuchen erneut, die Rebellen und Stadtbewohner gegen die Ghebiten zu vereinen und aufzuwiegeln. Dies gelingt auch und die Lage in der Hauptstadt der Strahlenden Insel beruhigt sich wieder, die ghebitischen Verräter sind geschlagen.
Die beiden Handlungsstränge laufen wieder zusammen, als Tulkhan zu Imoshen zurückkehrt. Noch weiß er nichts von dem Verrat der ghebitischen Aufrührer und dem Leid, das Imoshen widerfahren ist. Nachdem er alles erfahren hat, leitet er alles nötige in die Wege, um die Schuldigen zu bestrafen.
Das Zusammentreffen Tulkhans mit Reothe ist zornbehaftet, aber es kommt zu keinen überstürzten Handlungen. Die anschließende Verhandlung gegen den ghebitischen Priester nimmt jedoch eine unerwartete Wendung. Imoshen entkommt wieder einmal nur knapp dem Tod und Tulkhan muss erkennen, dass ihm die Macht über die Strahlende Insel von Imoshen abgenommen wurde. Er plant Reothes Tod.
Imoshen hat eine Vision, in der sie den Tod von einem der beiden Männer voraus sieht. Just zu der Zeit plant Reothe eine Reise über die Strahlende Insel, Tulkhan will ihn unbedingt begleiten. Erneut teilt sich die Handlung in zwei Stränge auf: Einer, der die Reise von Tulkhan und Reothe weiterverfolgt, der andere bleibt bei Imoshen in der Hauptstadt.
Wie sieht die Zukunft der Strahlenden Insel aus?
Wen ereilt auf der Reise der Tod und wer gewinnt letztendlich den Kampf um Imoshen?
Welche Rolle wird der Halbbruder Tulkhans noch spielen?
Wer eine Antwort auf diese Fragen haben will, der sollte sich das Buch beschaffen und es lesen, denn ich werde nichts mehr verraten.
Meine Meinung zum Buch
Ich musste beim Lesen des Duches feststellen, dass ich eindeutig zu nah am Wasser gebaut bin. Schlimm, diese Tränenflut gegen und am Ende, da verschwimmen die Buchstaben immer so. Das Ende ist einfach schön, aber mehr verrate ich wirklich nicht. Ich wollte eigentlich nur damit aussagen, dass es sich wirklich lohnt, sich auf das Buch einzulassen.
DIE LETZTE HERRSCHERIN ist einfach spitze geschrieben, lebendig und voller Ausdruckskraft. Es ist in gewissem Sinne ausführlich, oft auch ausschmückend, jedoch wirkt dies nie "überladen" und ist immer den Gegebenheiten angepasst. Ganz vereinzelt taucht mal ein Rechtschreibfehler auf, aber gemessen an der Seitenzahl des Buches (540 Seiten) fallen diese kaum auf und werten das Buch keinesfalls ab. In dem Buch ist alles enthalten: Liebe, Leidenschaft, Verlangen, Politik, Strategie, Mystik und Macht und noch einiges mehr. Man identifiziert sich mit den einzelnen Figuren des Buches und zumindest ich konnte oder wollte mich nicht nur auf die Seite eines der Charaktere stellen. Jedes Schicksal hat seine eigenen Reize und man fiebert mit, was der Person als nächstes widerfährt.
Stichwort mit fiebern. Ja, das Buch ist auf seine Weise spannend, auch wenn man diese gar nicht so genau definieren kann. Es ist nicht so eine Art von Spannung wie z.B. in einem Kriminalroman oder anderen Lektüren dieser Art. Man kann auch nicht unbedingt von einem klar gezeichneten Spannungsbogen ausgehen, der vielleicht auf- und wieder absteigt. In dem ganzen Buch liegt eine gewisse Spannung und je nachdem, wie sehr man sich auf dieses Buch einlässt, ist die Spannung bei dem einen vielleicht vordergründiger als bei dem anderen. Gerade zum Ende hin baut sich vielleicht doch eine höhere Spannung auf, weil dort auch viele Ereignisse zusammentreffen, doch diese Verkettung von Ereignissen begegnet einem auch schon an früheren Stellen des Buches.
Meine Bedenken, dass es vielleicht etwas ausmacht, dass ich die ersten Bände nicht gelesen habe, wurden recht schnell zerstreut. Es ist zwar vieles in den vorherigen Teilen des T'En-Zyklus geschehen, was in diesem Buch wieder aufgegriffen wird, jedoch wird alles gut erklärt und in der Geschichte aufbereitet, so dass man nie das Gefühl hat, man müsste das Buch beiseite legen und sich die ersten beiden Teile beschaffen, um erst diese zu lesen. Alles wichtige, wie die Unterschiede der T'En und der Ghebiten, oder das Rollenverhalten der Frau in der ghebitischen Lebenseinstellung werden gut dargestellt, ebenso wie der Machtkampf der beiden Männer (Reothe und Tulkhan) um die Frau (Imoshen). Beide Männer lieben die T'En-Kaiserin und auch diese fühlt sich zu beiden hingezogen, zu jedem aus verschiedenen Gründen, die sich während des Buches immer deutlicher zeigen.
Dabei wird das Buch zu einem großen Teil durch Gedanken, Gefühle und Dialoge beherrscht, aber nicht nur durch jene der eigentlichen Hauptfiguren, sondern auch die der einzelnen Charaktere, die während der Entwicklung bzw. Geschehnisse auf der Strahlenden Insel und auf dem Festland die Wege des Lesers kreuzen. Gewiss sind Reothe, Tulkhan und Imoshen die eigentlichen Hauptfiguren, aber auch Personen wie Khaleen, Wharrd, Gharavan, Landlos oder Drake tragen einen großen Teil dazu bei, dass die Ereignisse sich so entwickeln, wie sie sich entwickeln und lassen die Geschichte rund um die letzte Herrscherin lebendig wirken.
Ich kann dieses Buch uneingeschränkt weiter empfehlen. Man kann auch gar nicht genau sagen, ob diees Buch einer gewissen Leserschaft besonders zu empfehlen ist, weil halt so viele verschiedene Dinge behandelt werden. Manch einem liegt vielleicht die Liebe nicht so, die hier eine große Rolle spielt, der andere mag keine Machtkämpfe und Intrigen usw..
Ob ich mir jetzt, nachdem ich den letzten Band des Zyklus gelesen habe, noch die ersten beiden Teile besorge, kann ich nicht genau sagen. Einerseits reizen sie mich ja schon, andererseits weiß ich ja jetzt, wie es letztendlich endet und das nimmt mir ein wenig den Reiz, die ersten beiden Bände zu lesen. Falls dies einer getan haben sollte und einen der Bände kennt, kann er mir ja mitteilen, wie sie so sind.
Kleine Leseproben
Kurze Worterklärung noch vorweg: Das Wort "Dhamfeer", das vorkommt, ist ein anderes Wort für die T'En. Und ein "Cadre" ist vergleichbar mit einem Priester.
"Schweig!", tobte der Cadre. "Ich werde deinen vergifteten Worten nicht lauschen. Du hast dich mit deinen eigenen Taten verurteilt, Dhamfeer. Morgen wirst du sterben. Aber zuerst musst du über Nacht gefangen gesetzt werden."
Er sah sich um, als dachte er darüber nach, wo man sie und Reothe festhalten sollte. Dann nahm er ihr Messer und ging zu Reothe. Imoshen erwartete, dass er die Fesseln durchschneiden würde, die Reothe noch am Handgelenk hielten. Stattdessen drückte er Reothes Hand gegen den Pfosten und hackte ihm mehrere Finger ab.
Reothe schrie auf und Imoshen schrie ebenfalls.
Zufrieden warf der Cadre die abgeschnittenen Finger beiseite und durchschnitt die Fesseln, die Reothe hielten. Reothe fiel auf die Knie und umklammerte seine Hand. Blut schoss aus den Fingerstümpfen. Imoshen riss den Saum von ihrem Unterkleid, um die Blutung abzubinden. Sie versuchte, mithilfe ihrer Kräfte die Wunde zu schließen.
Der Cadre sah erfreut zu. "Ich habe gehört, ihr könnt klettern wie Bergziegen. Dann zeigt mal, ob ihr das auch jetzt könnt. Bringt sie oben auf den höchsten Turm und riegelt die Falltür ab."
Soldaten rissen Imoshen von Reothe weg. Sie entzog sich ihrem Griff. "Er wird am Blutverlust sterben, wenn ich die Wunden nicht verbinde."
"Dann solltest du ihn lieber gleich heilen, Miststück", sagte der Cadre. "Jarholfe hat behauptet, dass es deine Kräfte verringert, wenn du heilst. Also heile ihn, wenn du kannst. Und dann sehen wir, wie viel Ärger ihr Murgons Traktarianern noch machen könnt, wenn ihr erst eine Nacht draußen auf dem Turm verbracht habt."
Ich habe mich dazu entschlossen, noch eine Leseprobe zur Verfügung zu stellen, eine etwas sanftere als die erste. Da ging es ja doch recht rau zur Sache *g*.
Tulkhan hob den Arm, um die Stadtbewohner zu grüßen.
"Lächle für dein Volk, Imoshen."
Sie hob den Kopf und winkte, aber sie konnte durch den Tränenschleier kaum etwas erkennen. Dann salutierte Tulkhan seinen Männern, und als er lächelte, bildeten seine weißen Zähne einen deutlichen Kontrast zu der kupferfarbenen Haut. Imoshen schlang ihm den Arm um den Hals und stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihn zu küssen. Sie spürte seine Überraschung und die Leidenschaft seiner Reaktion. Sie Sehnsucht nach ihm drang bis tief in ihre Seele. "Vergiss mich nicht."
Er drückte ihre Hand auf sein Herz und riss sich dann widerstrebend von ihr los.
Allein auf dem Kai, sah sie dem General hinterher, der auf sein Schiff zuging. Die Gangway bog sich unter seinem Gewicht. Die Seeleute jubelten, dann zogen sie die Planke zurück. Taue zuckten über die größer werdende Kluft zum Kai. Die Fackeln an Bord wurden kleiner, als das Schiff sich in Bewegung setzte, aber Imoshen sah nur Tulkhans maskenhaftes Antlitz, seinen Blick, mit dem er sie fixierte, als wollte er sich ihre Gesichtszüge ganz genau einprägen.
Während seine Gestalt langsam verschwand, hatte Imoshen das Gefühl, dass sie eine lange Schnur verband und sich nun dehnte, um die Entfernung zu überwinden, und ihr dabei beinahe die Seele aus dem Leib riss. Ein Teil von ihr segelte davon, und sie wusste nicht, ob sie je wieder vollständig sein würde.
Info-Ecke
* Erschienen: 2003
* Dieser Titel ist leider vergriffen. Es ist keine Neuauflage geplant.
* Aus der Reihe: «Blanvalet Taschenbuch Nr.35465»
* ISBN-10: 3-442-35465-X
* ISBN-13: 9783442354658
* Einband: Kartoniert
* Sonstiges: 18,5 cm
* Erschienen bei: Blanvalet
* Seitenzahl: 539
* Gewicht: 352 g
* Stilrichtung: Roman
* Sprache(n): Deutsch
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Homepage des Verlags
Puh, ich wusste gar nicht mehr, dass ich so viel zu dem Buch geschrieben hatte. Ich hoffe, ihr seit jetzt aufgrund dieser Textmasse nicht total erschlagen.
Eure Dani
Diese Buchbesprechung wurde unter dem Nicknamen Knusperratte bereits bei Ciao.de veröffentlicht.