Auslandssemesterberichterstattung + Internetentzugsphobie

Badomen

Rare-Mob
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Tach zusammen, wie versprochen erzähle ich nun auch mal etwas zu meiner derzeitigen "Wohnsituation" hoch im Norden, da scheinbar ein paar Leute dafür Interesse gezeigt hatten.

Ich hatte ja eigentlich "versprochen" es bereits letzte Woche abzuliefern, und hatte es mir auch für Sonntag vorgenommen. Wie es der Zufall aber so will, ist genau an diesem Tag eine Aufrüstung der Server vorgenommen worden (was ich erst später durch Zufall erfahren habe), was einen Ausfall des Internets bis gestern Abend zur Folge hatte. Nach 2 Tagen ohne Internet musste ich dann gestern Abend natürlich erstmal durchzocken :w00t:

Es ist erschreckend, wie ich auf Internetentzug reagiere. Obwohl man da glaube ich auch differenzieren muss zwischen "kontrolliertem" und "ungewolltem" Internetentzug. Bei ersterem, z.B. im Urlaub, kann man sich leichter damit abfinden. Es war aber eher so, dass ich krampfhaft versucht habe die Ursachen für den Ausfall zu erkunden und eine Lösung zu finden, womit ich gefühlt Stunden verbracht habe. Die Informationspolitik der verantwortlichen Organisation war sehr... mager, gelinde gesagt.

So, getz aber ma Butter bei die Fische.

Wie ich das eine oder andere mal vielleicht schon erwähnt hatte, befinde ich mich momentan zwecks Auslandssemester in Norwegen, Bergen genauer gesagt. Das liegt an der wunderschönen Westküste des Landes und ist mehr oder minder "offiziell" die regenreichste Stadt Europas (auch wenn Norwegen kein EU-Mitglied ist).



Da ich in Deutschland "Skandinavistik/ Fennistik" (und Linguistik) studiere, war mir von vorneherein klar, dass ich auch mal ein Auslandssemester absolvieren würde, was für die Sprachkenntnisse unerlässlich ist. Wie man erahnen kann, muss man sich am Anfang des Studiums für eine der nordischen Sprachen entscheiden, die eine dann den Rest des Studiums intensiver begleitet. Man kann wählen zwischen Dänisch, Schwedisch, Norwegisch, Isländisch und Finnisch (wobei das einer anderen Sprachfamilie angehört). Wenn man sehr eifrig ist, kann man auch mehrere lernen, was aber eine persönliche Entscheidung ist.

Jedenfalls wohne ich nun hier in Norwegen seit dem August letzten Jahres und fühle mich pudelwohl. Die Berge, die Fjorde, der Regen, die Mentalität der Leute, die Abwesenheit von Asozialen und die Natürlichkeit der Stadt, alles einsame Spitze. Obwohl Bergen die zweitgrößte Stadt Norwegens ist (mit etwa 270k Einwohnern für deutsche Verhältnisse eine Kleinstadt), ist hier nichts von dem Großstadtcharakter zu spüren. Im Gegensatz zu Oslo gibt es hier kaum Hochhäuser und alles ist entlang der Natur errichtet worden. Die Stadt ist umringt von 7 Bergen, die sich wunderbar zum Besteigen eignen, und welche die Wolken regelmäßig dazu zwingen sich abzuregnen.

Der Regen, der für viele eher abschreckend wirkt, gefällt mir mit am meisten hier. Ich liebe Regen! Die Temperaturen sind aushaltbar. Die Sommer sind nicht so brütend heiß (aber trotzdem schon so 25 Grad), bisher war es hier auch nie kälter als -5 Grad, wobei das extrem variiert je nachdem wo man sich in Norwegen befindet. An der Küste ist es recht mild, aber je weiter man nach Norden oder landinwärts fährt, desto kälter. Die Norweger sind nette Leute. Ziemlich hilfsbereit, wenn auch eher zurückhaltend. In Deutschland regt es mich immer tierisch auf wenn ich diese ganzen Spanner sehe, die in der Straßenbahn oder sonstwo einfach nur da sitzen und andere Leute beobachten (da koche ich vor Wut). Das gibt es hier nicht.

Eine Sache der "norwegischen Knigge" ist sehr witzig und ungewohnt für Deutsche. Während es bei uns als unhöflich gilt die Nase hochzuziehen, ist dies hier total üblich. Es gilt hier sogar eher als unhöflich sich die Nase öffentlich zu putzen! Wenn ich im Bus manchmal höre, wie irgendjemand pausenlos seine Nase hochzieht muss ich immer noch schmunzeln.

Und ja, unglaublich aber wahr: es gibt hier kaum Asis! Ich komme aus dem Ruhrgebiet, wo gefühlt 30% der Leute, denen man auf der Straße begegnet (bevorzugt abends) asoziale Jugendliche sind, die gerne andere Leute ohne Grund provozieren, am liebsten ihre Musik volle Kanne aufdrehen in öffentlichen Verkehrsmitteln, meinen mit extremer Lautstärke telefonieren zu müssen... ich denke ihr wisst was ich meine. Ich habe sowas vielleicht 1 oder 2 mal hier erlebt, aber das war wirklich so selten, dass ich mich schon kaum mehr daran erinnern kann. Man kann hier abends rumlaufen, ohne irgendwelche Angst haben zu müssen an der nächsten Ecke überfallen oder angepöbelt zu werden.

Was komisch ist: Ich sehe hier weder diese "Gangster", aber auch kaum irgendwelche Gothics, oder sonstige Untergruppen. Metaler schon ab und zu, aber wirklich recht selten, wobei trotzdem viele Norweger solche Musik hören.

Nerds scheinen aber weltweit gleich zu sein. Ich habe hier in einem meiner Kurse im letzten Semester jemanden kennengelernt, der quasi eine exakte Kopie von einem meiner "Gamer"-Freunde aus Deutschland ist. Bis 6 Uhr morgens Dota am Zocken... ohje
biggrin.png


Ich wohne ja hier in einem sehr internationalem Wohnheim, wo es alles gibt. Am meisten Spanier, Italiener, Deutsche und Franzosen. Aber auch exotischere Leute, z.B. aus Singapur, Mexiko, USA, Australien... alles gesehen. Auf meinem Flur haben bis jetzt gewohnt: Norweger, Isländer, Österreicher, Deutsche, Australier, Singapurianer (?), Polen...

Natürlich gibt es hier diese berüchtigen "Küchenparties", welche die Nachbarn regelmäßig in den Wahnsinn treiben. Aber es ist echt schön z.B. einfach mal die Essgewohnheiten der anderen Nationalitäten zu beobachten.
Polen = Ökosuppe, Konserven en masse
Asiaten = jeden Tag Reis und Hähnchen
Norweger = Fleisch, Fleisch, Fisch, Fleisch...
andere Deutsche = Brot, Brot, Brot
usw. :happy:

Norwegisch konnte ich (zumindest schriftlich einigermaßen fließend) schon als ich herkam und konnte mich verständlich machen. Ich habe seitdem auch sehr viel dazugelernt, bin aber noch weit davon weg es wirklich einwandfrei zu sprechen. Es gibt hier auch echt verdammt viel, was man sich merken muss...

Es gibt hunderte verschiedene Dialekte, die einem Ausländer des Verständnis erschweren, zwei Schriftsprachen, keine festen Aussprachenormen, überall Wahlfreiheit in der Grammatik, unterschiedliche Geschlechter im Gegensatz zur deutschen Sprache (z.B. das Küche, der Auto, der/die Sonne, das Kopf, der Stadt, das Sprache, die/der Buch usw.)... es hat schon seine Tücken. Aber ich finde die Sprache nach wie vor toll und bemühe mich auch den lokalen Dialekt mir langsam anzugewöhnen.

Tja... was kann ich noch erzählen... ich glaube das genügt erstmal.
Bilder oben in der Galerie.

Achja: Bier in ner gewöhnlichen Kneipe kostet hier umgerechnet 10 Euro, das günstige aus dem Supermarkt immer noch knapp 3 Euro (also eine Dose!), Zigaretten ebenso (und Tabak gut 5 mal so teuer). Teuer, teuer, teuer... wie auch fast alles andere hier ^^

Vennleg helsing frå Bergen, den vakraste byen i Noreg!
(MfG aus Bergen, der schönsten Stadt Norwegens
smile.png
)
BadOmen
 
Warst schonmal hier? :)
 
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