Broken Sunday

Khanor

Dungeon-Boss
Mitglied seit
09.01.2008
Beiträge
672
Reaktionspunkte
0
Kommentare
1.795
Buffs erhalten
162
Eigentlich sollte er gestern sein, der Tag den ich mir schon zu Beginn der Weihnachtspause gönnen wollte: Ein Tag mit meinem Lieblingsprinzen. Hinsetzen, loszocken und abends den GameCube bzw. die Wii ausschalten und The Sand Of Time durch gespielt haben. Aber wie vielleicht ersichtlich ist gehen in letzter Zeit nicht all meine Pläne auf.

Ich fing gegen kurz nach zehn an und legte dann in der Mittagszeit eine Pause ein, da ich ausnahmsweise mal wieder mit "kochen" dran war. Der Spielstand zeigte eine Spielzeit von 2:11 und einen Spielfortschritt von 33 %. Ein wenig merkwürdig, denn so kurz hatte ich das Spiel nicht in Erinnerung. Aber schlechter macht es das nicht.

Während ich so Kartoffeln schälte und Paprika schnitt eroberte Yvonne die Macht der Wii und gab sich einer Runde Zack & Wiki hin. Muss auch mal sein. Nach dem Essen allerdings sehnte ich mich nach nichts mehr als Schlaf und ich vertröstete den Prinzen gedanklich noch um einige Stunden.

17:00 Uhr, die Augen bleiben gerade so wieder auf, ein Käffchen in Ehren und gleich zum Prinzen, schließlich will man Hochwohlgeboren nicht warten lassen.

So gegen !7:20 Uhr könnte es an der Tür geklopft haben (vor den Wohnungstüren gibt es bei uns im Haus keine Klingeln). Aber sicher war ich nicht. Kurz darauf ein bestätigendes Klingeln an der Haustür. Ich öffne und meine Nachbarin steht etwas bleich mit Rucksack vor der Tür und fragt mich, ob ich sie kurz ins Krankenhaus fahren könne, da sie beim Rausstellen der Papiertonnen unglücklich gefallen sei und nun den Arm aufwärts des Ellenbogens nicht mehr bewegen könne und starke Schmerzen habe.

Kurzerhand schlüpfte ich aus meiner Gammelhose und wir fuhren, nach ein wenig Eiskratzen und viel Rangierarbeit auf dem Hof los. Anschnallen konnte sie sich aufgrund der Bewegungseinschränkung allein nicht und jede Bodenwelle, von denen es besonders auf der Nieder-Ramstädter-Straße unendlich viele gibt, kommentierte sie mit einem schmerzhaften einziehen der Luft.

Im Klinikum angekommen war erst einmal etwas Sucharbeit von Nöten um überhaupt erstmal irgendwo weiter zu kommen. Warten mussten wir dann "nur" eine halbe Stunde, bis sie endlich im Untersuchungszimmer verschwinden konnte. Für mich hieß es weiter warten.

Ich finde es ja eigentlich schrecklich mit Wildfremden Gespräche zu führen, weil... ich weiß auch nicht. Uns Norddeutschen sagt man nach, dass wir einfach nicht für die Belange Dritter geschaffen sind und uns nur um unseren eigenen Dreck kümmern.

So wollte ich eigentlich nicht wissen, wie es um den Katheter des Herren mir gegenüber stand und dass er sich am Sonntag abend hier habe herfahren lassen, da sich das Teil verabschiedet hatte und er hier nun auf Behandlung warte um nicht daheim seinen Wohnzimmerteppich einzusauen...

Dann kam eine junge Frau herein (wobei "jung" sich in einem Bereich von meinem Alter bis ca. +10 Jahre bewegt) und fragte nach der Anmeldung für gebrochene Hände. Wenig später schlurfte ganz entspannt ein großer, schlacksig-schlanker Herr herein, der seine Hand irgendwie gebrochen vor sich her trug.

Die Unterhaltungen mit diesem Pärchen waren allerdings durchaus witzig. Der Typ war bei Nachbarn vor der Haustür auf einem kleinen Umtrunk, während sie mit den Nachbarskindern daheim ein wenig Fasching feierte. Ironisch daran war, dass er eine herrliche Faschingsstimmung verbreitete, aber normalerweise Fsching saublöd findet.

Trotz gebrochener Hand war er wirklich gut drauf, sah sich Skispringen auf dem Fernseher in der Wartehalle an und kommentierte fleißig mit.

"Der Sprecher sagt, der Sprung war mit 95 Metern nicht schlecht, ich sag aber, der war scheiße. Ich glaub bei dem ist kein Fasching, der ist noch zu nett."

Ich hab mich einfach köstlich amüsiert, da sein Trunkenheitsgrad noch nicht im peinlichen Bereich lag. Er war eben einfach albern, aber seine Sprüche lagen meistens noch in einem Bereich, den man zwar übermütig, aber nicht flach nennen könnte.

Die Schwester brachte ihm ein Mulltuch um den blutenden Finger provisorisch zu versorgen, dann schlappte sie los um noch einen Eisbeutel zu holen, was er mit dem Ruf "aber bitte Vanille, die hat ich schon lang nicht mehr" kommentierte.

Er bekam das Eis, legte das Beutelchen auf die Hand, die Schwester verschwand und kurze Zeit später flog der Beutel auf die Bank neben ihm.

"Das tut ja noch mehr weh als wie mit ohne, das ist doch scheiße."

Ich zumindest hatte meinen Spaß.

Als seine Begleitung mal kurz weg war meinte er:

"Ich hätte doch Zigaretten holen fahren sollen, wie ich es erst vor hatte." Auf einen dementsprechend fragenden Blick: "Ich war mir nicht einig mit dem Automaten." Wie kann man sich bitte an einem Automaten so die Hand brechen? (Man muss dazu sagen, dass die Hand tatsächlich etwas deformiert aussah.) "Naja, das blöde Ding wollt mir die Zigaretten nich' geben und hat mir dann nur vier Euro zurück gegeben, obwohl ich ihm fünf zu futtern gegeben habe... Ich hätte so weiter machen sollen wie ich angefangen habe! Der Fuß hat nämlich nix!"

Ich fand das ganze sehr unterhaltsam.

jensrq.jpg


Das ist Jens, wie er sich feixend nach eineinhalb Stunden Wartezeit einem vorbeilaufenden Arzt hinterher dreht und ihm seine lädierte Hand präsentiert. Warum er die Mütze so komisch auf hat? Da ist der Eisbeutel drunter
wink.png


Irgendwann waren seine Zigaretten alle. Klingt logisch, nachdem er den Kampf gegen den Automaten verloren hat. Jens gehört wohl zu der Sorte Mensch, die Nikotinmangle einfach nicht ertragen (so erzählte mir Heike, seine Begleitung, dass sie sich nur gezofft haben, als er mal versucht hat aufzuhören und sie ihn bat doch bitte wieder anzufangen, da sie das nicht aushalte ^^).

Er begann unruhig zu werden.

Er tigerte auf und ab, auf der Suche nach einem Automaten.

Dann schließlich die Erleuchtung: gegenüber ist doch eine Trinkhalle, wo er mit seinem 5 Euro Schein weiter kommen würde.

Als er nach zehn Minuten zurück kam ließ er sich von Heike erst noch einmal die Taschen durchsuchen, da er "doch vor eineinhalb Stunden einen scheiß 5-Euro-Schein in diese Tasche" gesteckt habe. Aber erfolglos.

Er konnte Heike davon überzeugen den Einkaufseuro aus dem Wagen zu holen und mit seinen verbleibenden vier Euro bei der Trinkhalle Erlösung für ihn zu holen.

"Aber vorsicht, der Schankwirt ist unfreundlich... Der lässt nicht anschreiben."

Lange Rede, wenig Sinn: Als Heike gerade auf der Toilette war und Jens unter Schmerzen die Schachtel geöffnet hatte wurde er endlich aufgerufen. Ein ungünstiger Zeitpunkt. Nach kurzer Untersuchung kam Heike zurück.

"Ich wollt ja mitkommen, aber die Schwester meinte, dass er ja erwachsen sei... Das mag ja sein, aber er ist auch rotzevoll." Gelächter.

Nach 25 Minuten schlurfte ein zerknirscht aussehender Jens um die Ecke und verdeutlichte mir, dass er tatsächlich ohne Zigaretten nicht gut zu sprechen sei.

"Kann das denn wahr sein? Jetzt sitz ich seit 20 Minuten da rum und keine sau kommt zum röntgen. Wollen die mich verarschen? Das kann doch wohl nich' so schwer sein, ich könnt den Kopf unterm Arm haben... Oder den Zigarettenautomaten.
Ich bin mal vor der Tür."


Das war so der Punkt, ab dem es Heike dann tatsächlich peinlich wurde, allerdings schätze ich, dass der Alkohol langsam an Wirkung verlor und die Schmerzen ihr übriges taten.

Wie die ganze Geschichte ausging weiß ich leider nicht, aber ich vermute mal, dass er noch einen riesigen Spaß beim richten der Knochen gehabt haben wird. Gegen 20:45 Uhr schlurfte meine Nachbarin um die Ecke, noch immer sehr blass und teilte mir mit, dass sie nicht umsonst den Rucksack vorsorglich gepackt habe. Montag gäbe es eine Computertomographie, alles was am Sonntag mit der Notfallbesetzung festgestellt werden konnte war, dass sie es tatsächlich geschafft hat sich Oberarm und Ellenbogen zu brechen.

Nachdem ich einn Bankautomat gefunden hatte um Mitsu aus dem Parkhaus freizukaufen ging es dann Richtung kuschelwarmer Wohnung und wenig später ins Bett. Der Prinz muss also dann heute den Großvisier erledigen.



Heute beim Aufwachen dann verspürte ich ein unheimliches Verlangen danach, meinen WoW-Account zu enteisen. Das Verlangen war so stark, dass ich ihm einfach nicht nachgeben durfte. Kennt ihr das Gefühl, wenn man manche Dinge einfach nicht zulassen darf? Ich kann es nicht genau in Worte fassen, aber dieses Gefühl war so intensiv, dass es einfach mal gar nicht gut gewesen wäre ihm nachzugeben.

Trotzdem läuft der Rechner gerade um die letzten Updates zu ziehen. Nur zur Sicherheit. Jetzt wird aber erst einmal das Prinzlein ins Ziel gebracht und dann schau ich weiter. Ich hoffe mal, dass mein 7-Tage-Speilzeit-Geschenk von Blizzard nicht nur auf die Weihnachtszeit begrenzt war.

7 Tage wären ganz okay. Ein ganzer Monat... das trau ich mich wirklich nicht!
 
Zurück