Daily Kekslaster

Khanor

Dungeon-Boss
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*Klatsch*

Irritiert halte ich im Schritt inne und wende den Blick nach allen Seiten um die Stelle auszumachen, von der dieses Geräusch ertönt.

Nichts mehr.

*Klatsch*

Wieder bleibe ich stehen. Ein Wasserrohrbruch? Vielleicht ist auch einfach das Duschhandtuch herunter gefallen.

*Klatsch*

Meine Verwirrung steigt mit jedem Schritt. Wenn ich genauer darüber nachdenke finde ich in meinem Unterbewusstsein dieses Geräusch schon den ganzen Tag in meinen Erinnerungen. Beinahe rhytmisch. Immer wenn es mich zu Kaffeemaschine zieht. Der Ursprung muss also auf dem Flur oder den angrenzenden Zimmern zu finden sein.

Die Suche beginnt.

*Klatsch*

*Klatsch*

*Klatsch*

Nichts im Badezimmer.

*Klatsch*

*Klatsch*

*Klatsch*

Der Flur scheint auch nicht den Ursprung zu tragen.

*Klatsch*

*Klatsch*

*Klatsch*

In der Küche ist auch alles wie es sein sollte. Nun gut, das nicht gerade, aber es ist alles wie gewohnt. Also kehrt marsch Richtung Aufgabenbuch, technische Mechanik.

*Klatsch*

*Klatsch*

*Klatsch*

*Klatsch*

*Klatsch*

Ich stelle den Kaffee ab und werfe mich in den Schreibtischstuhl.

*Pitsch*

Die Erleuchtung kommt schlagartig und ich frage mich wieso es so schwer war sofort darauf zu kommen. In einem anderen Blog erwähnte ich mein bevorzugtes Beinkleid am Wochenende. Es ist zu vergleichen mit den Hosen, die Perry Cox und Chris Turk in der 5. Staffel Scrubs so amüsant präsentieren. Leichter Stoff mit genügend "Beinfreiheit".

Da ich heute wieder direkt nach dem erwachen das erste Stück Stoff ergriff um mich vor der sibirischen Frische der Küche zu schützen ergriff ich also wieder besagte Hosenform. Keine Unterwäsche. Das schlackernde Geräusch erklärt sich einfach aus anatomischen Beweggründen, gekoppelt mit ein bisschen angewandter Physik. Von einer Sekunde auf die andere wird mir klar, warum der Sport-BH erfunden wurde. Allerdings sehe ich von der Anschaffung eines solchen Kleidungsstückes ab, da ich nicht wüsste wie ich es zwischen meinen Schenkeln arretieren sollte.

Ich beginne die erste Aufgabe zu lesen. Nunja, weniger "Aufgabe" als mehr "Erklärung".

"5.1.3 Spannung und Beanspruchung

Wird angenommen, mit dem Schnittverfahren wurde die innere Kraft, die ein Zugstab aufzunehmen hat, mit F(N) = 300 N..."

In meinem Kopf ertönt ein Motorengeräusch, bewegte Bilder zeigen mir eine Autobahn um den pharadei'schen Käfig unseres roten Polo 1 Coupé und aus den Augenwinkeln sehe ich, dass ich Niedersachsen in südlicher Richtung verlassen habe. Durch das Motorengeräusch knackt mir aus den CD-Radio "30 Seconds to Mars" entgegen während der graue Asphalt nur so dahinfliegt.

Am Himmel der gleißende Ball aus Fusionsenergie, der den Tag in angenehme Temperaturen taucht auch wenn man keine Klimaanlage im fahrbaren Untersatz hat. Am linken Ellenbogen fühle ich die Kante am Übergang von Innenraumverkleidung zu Seitenscheibe, die linke Hand ruht gelangweilt etwa auf halb zehn am schwimmenden Lenkrad, welches die Antriebsräder seit mittlerweile 19 Jahren und doch erst 200.000 km noch immer in der Spur hält. Die Rechte umschließt sanft den Schaltknauf, obwohl ich seit der Autobahnauffahrt nicht mehr schalten musste und der vierte Gang des ebenfalls 19 Jahre jungen Getriebes seine Dienste in Höchstform verrichtet.

In meinem gesamten Körper spüre ich die Vibrationen des Fahrwerks, bei jeder Bodenwelle ein kleines Schwerelossein, ein leichtes Schlackern rüttelt an ein paar überflüssigen Pfunden.

Der Blick schweift über das Armaturenbrett und verweilt einen Moment auf dem Tachometer, doch ich kann die Geschwindigkeit nicht genau ablesen, da die Feder nach 19 Jahren auch ein wenig mit Ermüdung zu kämpfen hat und ebenso jede Bodenwelle genießt und die Nadel zwischen 145 und 175 km/h schwanken lässt. Ein leichtes Unwohlsein macht sich in mir breit und ich entspanne mein rechtes Bein ein winziges bisschen, sodass ich durch den Reibungswiderstand des Windes sehr bald konstante 140 fahre und die Vibrationen ein größeres Maß an Sicherheit spüren lassen.

Das Fenster ist einen Spalt breit geöffnet und der Wind pfeift locker oberhalb meiner Sonnenbrille hindurch und kühlt mir das Gesicht. Weniger locker bläst er in meinen Haaren, die ich heute offen trage, weil Soultris mich für mein rosafarbenes Zopfband auslachte und...

Ein Schlag erfüllt mich und reißt mich aus den Gedanken. Ich sitze abrupt wieder am Schreibtisch, die Bewegung des grauen Asphalts wird zu einer unbeweglichen grauen Schreibtischplatte, die vorbeihuschenden Büsche des Straßenrands manifestieren sich in einem Zamioculcas, der vor mir auf dem Schreibtisch steht. Das Motorengeräusch verebbt zu einem hauchenden surren des PC-Lüfters und das Radio verschwindet und ich stelle fest, dass ich selbst die Melodie von "Oblivion" vor mich hinsinge.

Wo war ich doch gleich?

Mechanik. Was las ich eben? Noch einmal von vorn.

"Wird angenommen, mit dem Schnittverfahren wurde die innere Kraft, die ein Zugstab..."

Während ich mich lese denke ich mir, dass ich mich konzentrieren muss, bloß nicht wieder den Faden verlieren, schließlich willst du es ja verstehen, auch wenn du dich gern in anderen Richtungen mit deinen Gedanken beschäftigst. Arbeite das Thema durch und dann kannst du ja mal schauen, ob du einen Blog schreibst, oder eMails kontrollierst / ggf. beantwortest, ein wenig weiter im Hohlbein blätterst oder etwas anderes tust.

Du kannst dann ja vielleicht davon berichten wie es dir manchmal schwerfällt bei der Sache zu bleiben, weil deine Gedanken viel zu viele Kilometer entfernt verweilen, kannst ja mit dem Satz aus dem Buch beginnen und dann auf einmal in Kursivschrift wechseln um von dem Buchinhalt zu deinen Gedankengängen zu wechseln um das für deine Leser ersichtlich zu machen.

Wie baut man eigentlich kursive Schrift in Blogs ein? Das weißt du gar nicht. Oder andere Schriftarten und Farben? Naja, es ist auch gar nicht so wichtig, aber es wäre ein schönes stilistisches Mittel, wenn du schreibst "[...] wurde die innere Kraft, die ein Zugstab aufzunehmen hat, mit F(N) = *ZACK, kursiv* 300m nach der Autobahnauffahrt hatte ich bereits in den vierten, und somit höchsten Gang geschaltet, meine Hand blieb trotzdem auf dem Schaltknauf liegen. Eine Angewohnheit, die nichts mit Coolness zu tun hat sondern..."

Während ich darüber nachdenke mich wieder ein wenig auszutoben wird mir bewusst, dass ich schon wieder abgeschweift bin. Der Blick auf den Wecker zeigt mir, dass ich seit sechs Minuten versuche diesen Satz zu lesen und durch die Träumereien nicht einmal diesen einen von grob 380 Sätzen + Übungsaufgaben geschafft habe zu lesen, lernen, verinnerlichen.

Ein kleiner Fluch rutscht mir raus und ich schüttele sämtliche Gedanken ab als wäre ich gerade in der Bahn aufgewacht und müsse meine Gedanken ordnen.

Wieder an die Arbeit, nun aber richtig!

Ich beginne zu lesen, lasse das erste Satzende hinter mir, schließlich das zweite und dritte. Mein Blick schweift über die Anzeige des Weckers. Klasse, ein paar Sekunden und so viele Worte gelesen, gar nicht auszudenken was du in den weggeträumten Minuten hättest schaffen können.

Der Wecker steht auf meinem Schreibtisch, damit ich ihn morgens nicht versehentlich ausmache und mich umdrehe um weiter zu schlafen, was in der Vergangenheit häufiger vorkam.

Diese natürlichen Reflexe im Halbschlaf eben.

Zuerst beginnt mein Mobilwecker direkt neben dem Bett Radau zu machen, doch wenn sich fünfzehn Minuten später vom Schreibtisch her dieser nervtötende Piepton meldet und ich aufstehen muss um das ganze zu beenden beginnt meist kurz darauf die Frage, warum ich nicht schon mit dem Handygebimmel erwachte, gefolgt von der Frage wo sich selbiges eigentlich befindet.

Ich finde es dann meist aufgeklappt in irgendeiner Falte des Kopfkissens, kann mich aber nicht erinnern es gehört zu haben.

Dann wieder die Frage warum es diese Tortur bereits zwei Jahre überlebt hat. Ich bin nicht böse darum, zwar steht eine Vertragsverlängerung an, aber ich weiß noch nicht ob ich ein neues Produkt wähle, das alte funktioniert schließlich noch und ich finds noch immer gar nicht schlecht.

Dennoch, um die Weckfunktion auszuschalten und davon abzuhalten nach drei Minuten wieder Theater zu machen muss ich es aufklappen um die entsprechende Taste zu drücken. Meine schlafwandlerischen Fähigkeiten bieten aber nicht genug Können auf um es danach wieder zu schließen, somit wandert es beim Einmummeln ins Kissen in eine unnatürliche Belastungsphase. Das Scharnier ist nicht dafür ausgelegt das Gewicht meines Kopfes und eines Teils meines Pumpfes zu tragen, auch wenn durch das Kopfkissen die Verteilung der Kräfte auf einen geringen mechanischen Druck reduziert wird und...

Verdammt!

Weitere vier Minuten irgendwo gewesen, nur nicht mit den Gedanken bei Mechanik.

Mir fällt zwar auf, dass sich unterbewusst meine Augen bis weit zu Seitenmitte vorgearbeitet haben, aber ich mich an keines der Worte erinnern kann.



Für mich selbst kann ich hin und wieder zum Wortschöpfer werden, denn mir persönlich sind keine Begriffe bekannt, die manchen Zustand von mir beschreiben würden. Lochhirn beispielsweise ist ein von mir definierter Begriff, der mein gelegentlich schwindendes Erinnerungsvermögen beschreibt, allerdings passiert das oftmals in den unmöglichsten Situationen.

Eine weitere Begriffsdefinition ist "Kekslaster" und beschreibt meine Problematik bei der Sache zu bleiben und meine Gedanken zu fokussieren. Klar würde ich es gern mit einem universitären Ausdruck wie ADS erklären um eine medizinisch anerkannte Entschuldigung vorweisen zu können, allerdings grenzt das mehr an Hypochondrie denn an die Realität.

Der oben stehende heutige Lernablauf beschreibt einen für mich typischen "Kekslaster".

Wie kam es nun aber zu dieser Definition?

Vor einigen Jahren gab es mit meiner damaligen Freundin etwas zu klären (was das war weiß ich nicht mehr, ich weiß nur noch, dass es einige dieser Dinge waren die einfach zum Heil der Beziehung geklärt werden müssen). Wir lagen also im Bett und sie teilte mir ihre Meinungen und Beobachtungen mit und fragte die verheerende Frage:

"Und was meinst du dazu?"

Tiefes Durchatmen meinerseits. Sie wusste von meinem Problem mich in geschriebenem Wort besser ausdrücken zu können, dennoch führe ich gern tiefer gehende Gespräche, besonders in solchen Situationen stelle ich gern unter Beweis, dass ich wirklich ein Mann bin und mich nicht drücken will. Ich bat sie um einen Moment Bedenkzeit um mir die Sätze "verständlich" und sinnvoll im Kopf zurecht zu legen.

Nach zehn Minuten fragte sie dann allerdings ob ich schon eingeschlafen sei oder woran ich denn sonst denken würde.

Meine Antwort: "Kekslaster."

Und es war nicht gelogen.

Glücklicherweise kam ein kurzes Gelächter und nicht der Rauswurf in die Minusgrade des Winters 2004. Ich erklärte (auf ihr Bitten) wie das gemeint war und anschließend brachten wir die ursprüngliche Unterhaltung zu einem guten Ende.

Meine Erklärung dazu lief in etwa so ab wie oben beschrieben, allerdings noch weit ausschweifender. Ich begann mit dem ersten Satz meiner Antwort zu überlegen, kam aber nicht weiter, meine Gedanken schweiften ab.

Immer weiter und weiter.

Zwischenzeitlich wurde mir dann bewusst, dass ich auf einer Falte im Bettlaken liege. Daraus entwickelte sich dann der Gedankengang, dass in einer Falte meines T-Shirts einmal ein Schokoladenkrümel einen ärgerlichen Flecken hinterlassen hatte. Dann dachte ich daran, dass wir es uns am vorigen Wochenende mit einer Packung Schokoladenkekse vor dem Fernseher in eben diesem Bett bequem gemacht hatten. Bevor ich dann von ihr aus meinen Gedankengängen gerissen wurde beschäftigte ich mich gerade intensiv mit der Frage, ob ein Liefer-LKW der Firma Bahlsen so gut gekühlt sein könnte bei der Rally Paris Dakar teilzunehmen, ohne das die Schokoladenglasur zu schmelzen beginnt...

Kekslaster. Ganz einfach.

Mittlerweile hat sich diese Definition schon in meinem näheren Umfeld verbreitet, so bekam ich bereits in mehreren Telefonaten den Hinweis, dass ich bescheid sagen solle, wenn ich Paris Dakar erfolgreich beendet hätte.



Im Grunde sind auch die meisten meiner Blogs nichts weiter als Kekslaster. Dieser Blog hier beschreibt nicht nur, was ein Kekslaster überhaupt ist, sondern auch er IST ein Kekslaster.

Ja, wirklich. Eigentlich wollte ich mit *klatsch klatsch* beginnen, das kurz bis zum Lernprozess erklären, dann alleridngs erzählen wie ich zum Einkaufen ging und eine alte Schulkameradin traf die mir einen ultimativ distanzierten Gruß zukommen ließ.

Ihr Blick sprach Bände.

Sven mit einem buffed.de-Cap.

Sie hasst WoW. Ihr Ex-Freund (und früher ein sehr guter Freund von mir) hat zwei Jahre exessiv gezockt (was allerdings erst nach deren Beziehung eintraf) und war an der frischen Luft nicht mehr zu sehen. Dann schloss er mit WoW ab, kurz bevor BC erschien.

Im letzten Sommer auf einer Geburtstagsfeier traf ich ihn und das gesamte alte Betreuerteam der Jugendfeuerwehr wieder und wir hatten viel Spaß (wie schon immer), bis mir nach einem Witz der Kommentar "der kam kritisch mit 2500" rausrutschte (übrigens mein damaliger Rekord mit Khanor, ich find ihn für Level 60 echt gut
tongue.png
).

Anfängliches Stöhnen, die folgenden zwei Stunden standen "die guten alten Zeiten" allerdings wieder im Mittelpunkt.

Mittlerweile zockt er wieder, allerdings mit mäßigem Zeitaufwand.

Als besagte Ex-Freundin allerdings erfuhr, dass er sich nun mit Level 60+ beschäftigt rief sie ihn an und ließ es sich nicht nehmen ihn tierisch rund zu machen.

Wie man denn so bescheuert sein könnte.

Sowas weltfremdes.

Er sei ein Idiot.

All solche Dinge, und die Hörmuschel soll gewaltig gewackelt haben. Der langjährig aufgebauten Freundschaft zwischen den beiden war es nicht sonderlich zuträglich.

Dementsprechend freundlich könnt ihr euch die Blicke vorstellen, als sie mich mit meiner epischen Kopfbedeckung aus dem buffedShop sah.

Wenigstens ein Lichtblick der Situation: Ihr ebenfalls anwesender Freund war höflicher und brachte ehrliches Lächeln auf.

"Ach Bärchen, hab dich ja neulich morgens aus dem Auto gesehen, aber hab das erst gemerkt als ich vorbei war."

Ich deutete eine 5 Millimeterspanne mit den Fingern an und sagte: "Naja, ist doch ganz klar um die Uhrzeit mit solchen Sehschlitzen. Das ist Blindflug. Wie das nunmal immer so ist beim Autofahren."

Lächelnd bestätigender Gesprächsabbruch seinerseits (und dankbares annehmen meinerseits, ich bin kein Liebhaber von Smalltalk) und ich wendete mich der Kassiererin zu, hörte jedoch hinter mir das Getuschel losgehen.

Wems g'foit, ha?

Mir solls egal sein, schließlich habe ich mir das Mützchen aus genau dem Grund zugelegt, da Online-Games (und besonders WoW) in dieser Gegend eigentlich aus dem täglichen Sprachgebrauch verschwunden sind, weil es einfach immer wieder zu Fingerzeigen führt. Ich hingegen bekenne Farbe, ebenso wie ich eine zeitlang eine GameCube-Umhängetasche benutzte, während alle anderen von der PlayStation sprachen.

Gaming is not a Crime.



Nun bleiben mir noch 70 Minuten mich mit TeamSpeak anzufreunden, bevor Hagbart selbiges rocken wird. Mal schauen, ob ich vom Glück gesegnet bin.


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