Die Einsamkeit der Amokläufer

Pelorusjack

Quest-Mob
Mitglied seit
22.09.2008
Beiträge
35
Reaktionspunkte
0
Kommentare
3
Buffs erhalten
4
Was verbindet die Amokläufer in Deutschland, den Staaten, in Finnland, Belgien, Neuseeland und der Schweiz? a) Es waren junge Männer
cool.png
Sie waren Waffenfreaks c) sie spielten Ballergames d) sie schauten gerne Actionfilme e) sie waren einsam.

Einsamkeit ist gelegentlich selbstgewollt, manchmal selbstverschuldet und meistens ein armseliger Zustand. Der Mensch ist ein soziales Wesen, und wer in die triste Einsamkeit eintauchen will, der sucht. Doch die meisten wollen Gesellschaft, wollen Gemeinsamkeit, Familie, Freunde, eine(n) Partner(in). Nun, leider ist es jedoch nicht für alle gleich einfach, Gleichgesinnte zu finden, aus diversen Gründen. Eines der Hauptprobleme ist das Unverständnis der Umwelt gegenüber dem Einzelnen. In den Zeitungen werden diese Individuen als "seltsam", "zurückgezogen", "in einer Traumwelt lebend" beschrieben. Seltsam sind diese Personen meistens nicht, sie haben nur andere Interessen als ihre Umgebung, und zurückgezogen sind sie, weil sie niemanden kennen und haben, der diese Interessen mit ihnen teilt.
Viele verschwinden in virtuelle Traumwelten, wie WoW, Counter Strike, Sim City. Diese Welten sind wiederum auch nur Ersatz für die Zinnfiguren, LEGO und Playmobilpackungen von gestern. Mädchen erschaffen sich (noch) konfliktfreie Zonen, suchen Harmonie, junge Männer und Jungs hingegen wollen sich beweisen, suchen Bestätigung im siegen. In den USA ist die Kluft bekannt zwischen Freaks, Nerds und den Good Boys, den Basketball, American Football und Lacrosse-spielern. Letzter sind die gut gebauten Jungs, die die ebenso gutgebauten Damen ausführen, während die andern entweder Streber, Loners und Geeks sind. Kein Wunder also stammen die Amokläufer nicht aus der Reihe der "Gewinner" sondern aus der Reihe der "Loser", welche sich an ihren Gegenparts mit echter Waffengewalt rächen.
Einsamkeit kann jeden treffen, und ein paar Jahre fühlte ich mich als Kind auch ganz alleinegelassen, weil meine Interessen sich nicht mit denen des Rests deckten und weil es genug Leute gab, die mich irgendwie hassten, sei es wegen der Hautfarbe, wegen des Elternhauses oder einfach so, weil sie jemanden brauchten, um ihn niederzumachen. Junge Menschen tendieren stark dazu, auf den Schwächsten herumzutrampeln. Es sind wirklich die körperlich schwächsten, die das Opfer sind. Selbst als ich aufs Gymnasium gehen durfte, stellte ich fest, dass es immer noch arme schwarze Schafe gab, obwohl ich keins mehr war. Am schlimmsten war es dann wieder im Internat als ich zwanzig wurde. Hier gab es nur noch Gruppenzwang und Gruppendrang. Zum Glück hatte ich neben einem Haufen eingefleischter Feinde auch einen Haufen Freunde, die akzeptierten, dass ich MAGIC, Pen and Paper Rollenspiele und Warhammer im Internat einführte. Der Weg aus der Einsamkeit führt über das Finden von Gleichgesinnten. Findet man sie nicht, so sollte man versuchen andere von den eigenen Ideen zu überzeugen.

Der Täter T. von heute hat ein "Durchschnittsgesicht" sagt man in den Onlinenachrichten. Aber das ist nicht wirklich ein Durchschnittsgesicht. Es ist eher das Gesicht eines typischen Losers. Schlechte Frise, hässliche Brille, langweilige Fassade. Durchschnittsgesichter sehen durchaus attraktiv aus, denn der Durchschnitt aus allen Gesichter ergibt ein sehr schönes Gesicht.
In seinem Community-Profil bei Kwick.de schrieb er: „Was ich an mir liebe? Nix. Was ich an mir hasse? Nix. Job: Leider immer noch Schüler.“

Das zeigt, dass er sich als quasi farblose Gestalt sieht und auch so darstellt. Er ist das, was seine Umgebung aus ihm macht, nicht das, was er aus sich selber macht. Er ist ein Spiegel der reflektiert, was andere von ihm denken.
Und dennoch hat er ein Innenleben. Er zockt, liebt Waffen, Kampf. Vor siebzig Jahren hätte er einen guten Freiwilligen abegeben, aber so kann er sich nur virtuell ausleben. Was bei ihm vielleicht noch stärker ins Gewicht fallen mag, ist die Stärke seines Vaters, eines erfolgreichen Unternehmers, während er selber kaum akzpetiert wird. Die Zeit, die der Vater nicht für den Sohn hat, bezahlt er ihm als grosszügiges Taschengeld. entlöhnt er ihm mit schönen Geschenken. Aber man kann noch so viel besitzen: im Endeffekt braucht man vorallem Lob und Anerkennung.

Viele suchen letzeres in Games, sehr stark auch in MMORPG's. Wem sind nicht schon die diversen Leute (vorallem Jungs) aufgefallen, die über Gebühr glänzen wollen, die vorallem ein Aufmerksamkeitsdefizit haben, und gerade deswegen - gemieden werden. In den letzten zehn Jahren onlinegaming habe ich viele T.s kennengelernt, wobei etliche davon durchaus liebenswürdig, die allermeisten aber ein enormes soziales Defizit hatten. Es gibt viele Nachwuchsspieler, die regelrecht von der älteren Mitspielerschaft "erzogen" werden, wobei jene dann zu einer Art Ersatzfamilie mutieren. Eine solcher Fall von scheinbar asozialem Kellerkind meinte einmal, dass er nichts dafür könne, dass seine DNA nicht zum Sportler taugt und sein Aussehen brüsk gesagt scheisse ist.

Der typische Amokläufer bringt sich durch seine Tat wieder an die Gesellschaft heran, die ihn zu meiden scheint. Er kriegt Aufmerksamkeit, scheint verwegen zu sein, weil er eine solch scheinbar riskante Tat vollbringt. Der Täter kriegt von allen Beteiligten als erster einen Namen und wird auch, im Gegensatz zu seinen Opfern nicht vergessen. Ich finde, dass ein T mit Punkt genügt.

Der Amoklauf sollte uns lehren, dass wir als Gesellschaft auf alle achten müssen, auch auf die Aussenseiter mit Brille. Gerade MMORPGS sind die Idealplätze für viele sogenannt "Gescheiterte", und es gibt genug Leute, die dieses Verdikt am liebsten auch auf mich, den Verfasser dieses Texts, verwenden würden. Doch man darf sich nicht einfach gehen lassen wie T. und man darf die T.s, die noch irgendwo da draussen sind, nicht mit sich alleine schmoren lassen. Jeder hat Talente und Stärken, auch wenn sie vielleicht verborgen sind, auch wenn sie vielleicht nicht gerade hilfreich sind zu einem bestimmten Zeitpunkt. Der Druck der Medien bezüglich des Äusseren ist ebenfalls gross, denn was früher akzeptabel war ist inwzischen "hässlich", "nerdig" oder "minderwertig". Auch hier versucht man die Menschen mittels Werbung in Gewinner und Loser zu teilen und schafft dabei nur noch mehr Nährboden für die drohende Einsamkeit.
 
Zurück