Die Geschichte von Ninva Schattenschreiter 4

Tayury

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Dort unten ist er, rollt immer noch den steilen Hang hinab ohne Möglichkeit anzuhalten.
Ninva, teils rutschend, teils springend, beeilt sich ihn einzuholen, will ihm noch unten, bevor er vollends zum Stillstand gekommen ist, den Gnadenstoß geben.
Sie ist jedoch zu langsam, der gestürzte Reiter schafft es auf die Füße zu kommen noch ehe Ninva ihn erreicht hat. Zornig geht die Schurkin zum Angriff über, rammt der noch schwankenden Gestalt ihre Dolche zwischen die Rippen.
Hierauf tanzen jedoch nur blaue Funken verpuffender, arkaner Energie anstatt warmen Blutes über ihre Hände hinweg. Ein Zucken geht durch den Körper des Reiters, arkane Magie wird beschworen, gesammelt, geballt und mit einem gewaltigen Knall entladen. Wuchtig wird die Schurkin zurück geschleudert.
Sie reagiert jedoch schnell, landet geschickt auf den Füßen, nimmt augenblicklich wieder Kampfhaltung an und stürzt sich erneut auf ihren Feind.
Der Reiter, ohne Zweifel ein Magier, atmet tief und schwer aus, hält ein dünnes Schwert zur Verteidigung vor sich. Die Klinge zittert in der Luft, der Allianzler ist am Ende seiner Kräfte.
Ninva zögert keinen Moment diesen Vorteil für sich zu nutzen, schlägt ihrem Gegner die Waffe blitzartig aus der Hand um selbigen dann kraftvoll gegen einen Baum zu drücken. Der Magier ächzt unter seiner Kapuze, versucht vergeblich seine arkane Macht zu beschwören. Eine wenige harmlose Funken sind jedoch alles was noch von seiner Magie übrig geblieben ist.

Ninvas Hand schließt sich fester um ihren Dolch, ihr Blick legt sich auf dei Brust ihres Feindes, jenen kleinen Fleck unter dem sie das rasende Herz des Menschen schier schlagen hören kann.
Ein Stich, mehr braucht es nicht um ein Leben zu beenden. Sie weiß das denn sie hat es in diesem Krieg unzählige Male getan...
Die tödliche Klinge hebt sich bereits, funkelt düster im erlischenden Schein arkaner Energien.
Ein Wimmern dring unter der Kapuze hervor, gefolgt von einem hohen Schluchzen welches Ninva, nach einen kurzem Moment der Verwirrung, dazu veranlasst den blauen Stoff zurück zu ziehen und damit das Gesicht ihres Feindes zu enthüllen.
Blondes Haar, gesponnenen Gold gleich, fällt ihr entgegen, saphirblaue Augen blicken tränenfeucht aus einem porzellangleichen Gesicht in Ninvas verhülltest Antlitz.
Ninva fühlt wie ihr Körper in eine eisige Starre verfällt, fast als hätte der Lichkönig selbst die Hand auf sie gelegt, während die Magiern in ihrer melodisch-geschwungenen Sprache auf die Schurkin einzureden beginnt.
Kein Wort versteht die Untote davon doch reichen Tonfall und Blick der Menschenfrau aus um die Situation zu begreifen.
Die Frau bettelt.
Bettelt und fleht um ihr Leben, winselt um Gnade, etwas das sie und der Rest des gescheiterten Hinterhaltes, vor wenigen Stunden noch, niemanden von Ninvas Gefährten hätten zukommen lassen. Ihr Flehen ist daher nicht mehr als Verhöhnung, keinerlei Anhörung würdig und doch...doch fühlt Ninva wie ihre Dolchhand sich zu versteifen beginnt, ihr Körper protestiert, sich weigert diesen Leben vor sich zu beenden.

So schön...so rein....die Haut so weich und zart, das Haar noch voll und schimmernd, die Augen so strahlend...so strahlend und voller Leben...reines...schönes Leben...
Die Kälte in und um Ninvas Herz nimmt zu, sämtliche Kraft scheint aus ihrem Körper zu fließen. Trauer...so unendlich tiefe Trauer lähmt sie, ihre Augen brennen, verzweifelte, erfolglose Versuche bittere Tränen zu vergießen.
Ninva senkt den Blick...und im nächsten Moment schlägt die Magierin zu.

Ein harter, von Panik geleiteter Schlag trifft den Kopf der Schurkin, gefolgt von einem hysterischen Kreischen und weiteren, panischen Faustschlägen.
Ninva ist wie erstarrt, lässt die von hysterischen Überlebenswillen geleiteten Attacken vollends über sich nieder gehen ehe doch endlich einer ihrer Arme nach oben schnell und ihre behandschuhte Hand sich um das Handgelenkt der verzweifelte Magierin schließt.
Die Frau schreit entsetzt auf, zerrt wie ein Fuchs in der Falle an ihrer gefangenen Extremität ohne sich wirklich gegen den eisernen, untoten Griff durchsetzen zu können.
Ninva derweil bewegt sich nicht, hält einfach nur weiter den Arm der Magierin gefangen während ihre Gedanken mehr und mehr in dunkle Tiefen hinab sinken.
Erst als eine panische Had sich in ihre Kapuze krallt und ihr selbige, wie auch Maske, auf einmal vom Kopf reißt, weicht die Starre schlagartig aus ihr.

Die Magierin verstummt einen Augenblick, scheint von der unerwarteten Weiblichkeit ihres Gegners überwältigt zu sein.
Ninva will auf einmal die Flucht ergreifen, fühlt nun selbst Panik in sich aufsteigen angesichts des Entsetzen in den wunderschönen, blauen Augen vor sich.
Sämtliche Lektionen und Verschleierungstechniken sind mit einem Schlag vergessen, ihr Körper verrät ihre Unsicherheit, lässt ihr Angst schlagartig sichtbar werden.
Jenes Preisgeben von Blöße bleibt nicht ungesühnt, die Magierin erkennt ihre Chance.
Ein kleines Messer blitzt wie aus dem Nichts aus, geweihtes, gold schimmerndes Metall rast auf Ninvas Gesicht zu.
Reflexartig reißt die Schurkin ihren Dolcharm hoch, blockt mit ihrer eigenen Waffe die der Frau ab. Die Allianzlerin schreit zornig auf, stemmt sich mit aller Macht gegen Ninvas Hand um die Klinge doch noch weiter herab sinken zu lassen.
Ninvas Hand zittert, die von heiliger Energie schimmernde Klinge nähert sich unaufhaltsam, ihr Körper scheint sie im Stich zu lassen.
Die Augen der Schurkin sind weit aufgerissen, ihr ganzer Körper vibriert, Todesängste scheinen die Untote zu durchfluten...doch dem ist nicht so.

Ninva starrt auf die Klinge vor sich doch es ist nicht das heilige Metall an sich dass sie sieht...die Schurkin starrt auf ihr Spiegelbild...starrt auf die Hälfte ihres Gesichtes das in der heiligen Klinge reflektiert wird und gleichzeitig das Gesicht der Magierin vor ihr halbiert.
Zwei Gesichter...ein Gesicht aus zweien...das Leben...und das nach dem Tod...das Reine...und das Zurückgeholte...
Das Zittern in Ninva wird stärker, ihr Atem schwerer, etwas steigt in ihr hoch, beginnt zu brüllen und zu toben, sich gegen seine Ketten zu werfen mit dem einem Ziel aus ihr hervor zu brechen.
Die Magierin ist völlig verwirrt, versteht nicht wieso es ihr auf einmal nicht mehr möglich ist die Klinge weiter herab zu drücken, warum die Untote auf einmal so zittert, wieso die fahl schimmernden Augen der unreinen Kreatur auf einmal aufflammen wie der Odem eines Drachens. Erneut fühlt die Frau Furcht in sich aufkommen, an dieser Situation stimmt nichts mehr, etwas geht hier vor, etwas über das sie keine Kontrolle haben wird.

Entsetzt aufkeuchend versucht sie ihre Hand mit dem Messer zurück zu ziehen doch Dolch und Messer haben sich zu sehr ineinander verkeilt, sie kommt nicht los, zudem ist immer noch ihr Arm gefangen.
Die Magierin schreit schrill auf, versucht sich loszureißen, nach der Untoten zu treten.
Ein letzter schriller Schrei löst sich aus ihrer Kehle als die untote Schurkin auf einmal nun selbst einen Schrei ausstößt, so voll Hass und Zorn, dass sich das Herz der Allianzlerin zusammen krampft ehe eine krallenfingrige Untotenhand es ihr kraftvoll und vernichtend aus der Brust reißt.

Ninva lacht schrill auf als sie den zuckenden Muskel in ihrer Hand fühlt, selbigen in ihrer Faust zerquescht und das Geschrei der Magierin damit abbricht.
Blut...so viel Blut...warm und rot, es sprudelt aus dem Loch in der Brust der Allianzlerin, sprudelt hervor wie Wasser aus einer Quelle. Ninva fletscht die Zähne, beginnt auf den Leichnam mit Dolch und Hand einzustechen und zu prügeln, schlitzt weißes Fleisch auf, reißt blondes Haar aus, kratzt die blauen, nun trüben Augen, aus dem einst so schönen Gesicht um selbige unter ihren Stiefeln zu zertreten.
Ihre Kleidung ist von Blut bereits getränkt, Fleisch und Eingeweide liegen um sie herum im braunen Gras verstreut doch immer noch kann die Schurkin nicht von dem Leichnam ablassen, will ihn zerfleddern und zerstören bis nichts mehr an seine einstigen Schönheit erinnert. Ihre Umgebung hat sie völlig aus den Augen verloren, jedigliche Vorsicht ist vergessen...und etwas hat sie bereits entdeckt.

Sie sieht es nicht. Ninva sieht nur Blut, Blut und noch mehr Blut, rotes, warmes Blut das sie wütender und wütender macht je länger sie es sieht, es riecht, es schmeckt.
Ihr Dolch hebt sich gerade für einen weiteren Stich in die rote Masse die einmal ein Mensch gewesen ist, da hört sie es...einen Ruf. Ihren Namen. Jemand hat ihren Namen gerufen.
Vom Blutrausch vernebelt dreht Ninva sich verwirrt um, sieht wie jemand auf sie zuläuft, ihr immer wieder etwas zurufend. Azaet...?

Das nächste was Ninva sieht ist ein grauenerregendes Gesicht das sie mit weit aufgerissenen Maul von der Seite anzuspringen versucht ehe einer von Azaets Wurfdolchen es zwischen die Augen trifft und es schwer und wuchtig gegen Ninva prallt.
Die Schurkin geht zu Boden, sieht noch verschwommen wie mehrere undeutliche Schemen Azaet, der immer noch auf die zuläuft, zu Boden werfen, dann verliert sie das Bewußtsein...
 
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