Die Sterne über Dalaran - Dritter Abschnitt, Teil 7 (3.7)

Melian

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Die Eindrücke des Nachmittages brannten ihr auf der Seele, sie wollte mit jemandem reden. Da Imenia sich natürlich sofort darum gekümmert hatte das Relikt der Haushofmeisterin zu übergeben, konnte sich Ylaria nicht mit ihr unterhalten. Sie wusste auch gar nicht, ob sie das wollte. Imenia war immer noch ihre Vorgesetzte.
Ylaria seufzte und fuhr sich mit den Fingern durch die Haare. Sie konnte einfach nicht anders. Sie musste jetzt mit jemandem reden. Gerade wollte sie das kleine magische Feuer ansteuern, welches immer noch brannte und um welches die Gefährten sassen, als ihr Blick an einen anderen Ort fiel. Sie sah, wie Verian und Leireth in einer Ecke an einer Säule standen, sich unterhielten.
< Unterhalten ist das falsche Worte >, dachte sie, als sie sah, wie Leireth an die Wand lehnend dastand, eine Hüfte leicht eingeknickt und die Hand auf der anderen abgestützt, den Oberkörper leicht vorschiebend, so dass sie ihre weiblichen Attribute gegenüber dem um zwei Köpfe grösseren Verian vorteilhaft präsentierte. Ylaria sah auch, wie Verian eine Hand neben Leireths Kopf an der Wand hatte und lächelte wie ein verliebter Idiot. Zwischen den beiden Körpern war kaum mehr eine Handbreit Platz.
Ylaria konnte nicht anders als die beiden Elfen anzustarren. Jeden Moment erwartete sie die Enttäuschung körperlich spüren zu können. Ein flaues Gefühl breitete sich in ihrem Magen aus, dann schüttelte sie den Kopf und wandte sich endlich ab, nach einer gefühlten Ewigkeit. Sie wollte sich hier nicht zum Affen machen, indem sie ihren besten Freund anstarrte, wie er flirtete. Sie wollte es ihm gönnen. Sie gönnte es ihm. „Du gönnst es ihm, du gönnst es ihm, du gönnst es ihm“, murmelte sie vor sich hin, als sie sich ganz mit dem Körper drehte und die Tempelhalle schnurstracks wieder verliess.

Schon nach wenigen Schritten blieb sie stehen. Vor ihr tat sich nur die endlose Weite der Drachenöde auf. Die Sonne ging gerade unter und beleuchtete jede einzelne Schneeflocke noch mit einem letzten Tropfen Licht, liess die Ebene glitzern, wie wenn sie von hunderten Diamanten bedeckt wäre.
Als sich rechts neben ihr etwas bewegte, blickte sie in diese Richtung und entdeckte Leyan, wie er gerade etwas in seinem Beutel verstaute. Noch ehe sie sich wirklich im Klaren war, was sie tun sollte, hatten ihre Schritte sie schon zu ihm geführt.
„Guten Abend Leyan“, sagte sie und liess sich im selben Moment neben ihm nieder, setzte ein hoffentlich überzeugendes Lächeln auf. Er wandte den Kopf nach rechts, lächelte.
„Hallo Ylaria. Schon zurück von der Audienz?“
Ylaria lehnte sich ebenso an die Wand wie Leyan und zog die Beine etwas hoch. Dann nickte sie, immer noch lächelnd. „Ja.. Oh, es war so toll Leyan. Ich hab die Drachenkönigin gesehen. Stell dir vor! Alexstrasza! Oh bei der Sonne.. ich kann es noch gar nicht wirklich glauben.“, sprudelte es auch schon aus ihr hervor. Ihre Hände unterstrichen den Redefluss mit hektischen Gesten.
„Sie war.. Oh, sie ist so schön, wirklich. Das kann ich doch sagen, oder? Ich mein wirklich. Sie hat Hörner. Stell dir vor! Hörner. Aber es sieht nicht irgendwie komisch aus, nein es.. passt. Es sieht gut aus. Und dann trägt sie fast nichts, das muss so kalt sein, aber sie ist ja ein Drache, vielleicht friert sie gar nicht. Aber es wirkt so schön, so edel. Und ihre Stimme.. Ich hab mich gefühlt wie ein Murloc als ich diese Stimme gehört hab. Und dann haben wir auch noch Krasus getroffen, also den eigentlich zuerst, weil....“ Sie unterbrach ihren Redeschwall kurz um Luft zu holen. Als sie Krasus erwähnte, schien sie einen Augenblick eine Besorgnis in Leyans Mienenspiel wahrzunehmen, aber dann sprach sie weiter. Der Eindruck verging rasch.
„Wir haben gesagt, wir brauchen Hilfe und er hat gesagt, dass ein Sonnenhäscher ein Buch geholt hat, welches uns helfen würde. Die Sonnenhäscher sind hier, stellt dir das vor! Aber er wollte nicht sagen, wer es war, das war dann auch gar nicht mehr wichtig, weil Imenia hat ja das Relikt da. Wir haben es gerade überbracht, die Drachen selbst werden es untersuchen, stell' dir vor.“
Leyan klappte den Mund auf und starrte sie an. „Echt.. Jetzt? Die Sonnenhäscher? Ohje.“, sprach er, ihren Redefluss unterbrechend. „Und du glaubst wirklich, dass dieses Dings die Klinge ist?“
„Das wissen wir doch nicht, deswegen untersuchen die das jetzt doch auch. Wusstest du überhaupt, worum es in dieser Mission ging? Ach.. egal, jetzt weisst du's. Und dann kam übrigens noch ein Drache, ein Blauer. Wir haben gesehen, wie der sich verwandelt hat. Ich sag dir, das war gruselig. Wirklich. Aber irgendwie auch sehr.. interessant. Er hat kaum mit uns gesprochen, sehr arrogant. Er meinte auch, Sterbliche könnten die Klinge niemals führen, wir seien nicht würdig. Aber dann haben die beiden roten Drachen sich für uns eingesetzt.“
Plötzlich merkte Ylaria, dass sie ohne Punkt und Komma redete und errötete heftig, blickte zur Seite.
Leyan lächelte. „Das klingt sehr spannend. Ich beneide dich, dass du auf die Drachen getroffen bist“, erklang dann seine Stimme. Ylaria seufzte leicht. Am liebsten hätte sie sich an ihn gelehnt.
„Ja“, murmelte sie. Ihre Stimme war mittlerweile etwas belegt, soviel hatte sie in den wenigen Minuten, seit sie sich gesetzt hatte, erzählt. Als sich das Rot auf ihren Wangen etwas zurückgezogen hatte, blickte sie Leyan an, der immer noch ein warmes Lächeln auf den Lippen hatte.
„Ich fühle mich geehrt, dass du deine Erfahrungen mit mir teilst, Ylaria.“
Sie schnaubte. „Pha.. Mit wem sonst? Verian ist ja damit beschäftigt, Leireth abzuschlecken und Imenia.. ist meine Vorgesetzte.“
Leyan lachte sein kehliges Lachen. „Abschlecken? Wirklich? Als ich vorhin hinaus gegangen bin, waren sie noch mit Reden beschäftigt.“
„Ach, selbst wenn.. Wird nicht mehr lang dauern. Leireth hat jetzt ja offensichtlich überraschend Gefallen an ihm gefunden“, brummelte sie.
„Überraschend?“
„Ja. Überraschend“, erwiderte Ylaria und strich sich erneut durch die Haare. Langsam mutierte dies zu einem nervösen Tick. „Verian liebt sie seit langer Zeit. Bereits am ersten Tag, als wir im neu errichteten Dalaran Dienst hatten, erblickte er sie. Man würde denken, dass sie sein Werben erwiderte oder ihn zurückwies, aber nein. Sie nahm ihn schlicht nicht wahr. Er wär' fast dran verzweifelt.“
„Und nun.. nicht mehr?“
„Siehst du ja.. Der Idiot lässt sich vollständig von ihr einwickeln, vergisst völlig, dass er so lange gelitten hat unter ihrer Nichtbeachtung.“
Leyan schmunzelte. „Bist du sicher, dass er ein Idiot ist? Freust du dich nicht für ihn? Ich dachte, ihr seid befreundet.“
Erneut wurde Ylaria rot. Sie blickte auf den Boden vor sich. < Ertappt..>, dachte sie.
„Ich.. ich weiss nicht.. Ich würde es ihm gern gönnen, er wartet schliesslich so lang.. Aber..“
Plötzlich spürte sie Leyans Arm um ihre Schultern und den sanften Druck, den er ausübte. Sie gab dem bereitwillig nach und lehnte sich an ihn. „.. ich glaube, sie wird ihm nur wehtun“, murmelte sie um den Satz zu beenden. „Das mag sein.“, sagte Leyan dann, und strich ihr mit der Hand, die nicht auf ihrem Oberarm lag, über ihre Wange, blickte sie an. Sie erwiderte den Blick.
„Ist es nicht viel eher so, dass du es ihm aus einem anderen Grund nicht gönnen kannst?“, sagte er da leise. Ylaria erschrak und blickte schnell wieder weg. Sie suchte nach Worten, doch fand keine.
„Man sieht es dir an, Ylaria. Aber mach dir keine Gedanken. Ich werde natürlich nichts sagen.“
„Ich.. ehm.. aber..“
„Scht..“, murmelte Leyan und legte ihr einen Finger auf die Lippen. „Sag nichts, Ylaria. Sag nichts. Ich verstehe es schon, und glaub mir, ich bin nicht enttäuscht oder dergleichen. Ich war nicht so töricht davon auszugehen, dass eine so schöne Frau wie du sich nicht bereits jemanden für sich ausgesucht hat.“
Ylaria wandte den Blick wieder zu ihm, als er fortfuhr zu sprechen.
„Ich finde dich sehr anziehend, und ich bin der Überzeugung, dass ich es schaffen kann, dass du deinen besten Freund nur noch als das siehst, was er ist: deinen besten Freund. Sofern du das willst. Und sofern es eine Chance gibt, dass du mir dies erlaubst.“
Ylaria blickte ihn an, schwankte zwischen Freude und Fassungslosigkeit. Wie schaffte es dieser Elf, nahezu in jeder Situation die richtigen Worte zu finden? In ihrem Bauch breitete sich erneut ein flaues Gefühl aus, doch im Gegensatz zu dem vorher empfand sie es als angenehm. Es schien, als könnte Leyan in ihre Gedanken blicken. All die Fragen, die sie hatte, die sie ihm noch nicht gestellt hatte. Die Gedanken, die sie in der letzten Nacht vom Schlafen abgehalten hatten und die ihr schwer auf dem Gemüt lasteten. Längst war sie sich nicht mehr sicher, ob sie in Verian immer noch mehr als nur einen Freund sah, was es zu bedeuten hatte, dass sie sich zu Leyan hingezogen fühlte. In ihr herrschte nur eine einzige grosse Verwirrtheit.
Sie schluckte. „Ich.. ich würde es mir.. wünschen.. Ich möchte nicht mehr.. Es..“, stammelte sie nur.
„Scht“, sprach er erneut und legte die Hand seitlich an ihr Gesicht.
Als er sich mit dem Gesicht leicht zu ihr herunter beugte um sie zu küssen, schloss sie die Augen und lächelte.
Das flaue Gefühl in ihrem Magen wandte sich zu einem warmen Kribbeln.

XXXX
 
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