Hier ein paar Gedanken eines 4players-Redakteur. Besser könnt ich es nicht zum Ausdruck bringen:
Free-to-play: Die teure Zukunft
Free-to-play gehört die Zukunft! Dieser Meinung sind nicht länger nur unbekannte Gesichter, die mit nichtssagenden Browser-Spielen der trügerischen Vorstellung vom kostenlosen Zocken Aufmerksamkeit verschaffen wollen. Nein, mittlerweile sagen selbst bekannte Entwickler wie God of War-Vater David Jaffe oder Branchen-Veteran Peter Moore dem Konzept einen Siegeszug voraus, der unausweichlich scheint. Verdammt, wenn selbst schon ein renommiertes Studio wie Crytek ausdrücklich auf diesen Zug aufspringen und in Zukunft nach den kostspieligen AAA-Konsolen- und PC-Titeln nur noch F2P-Spiele produzieren will, dann muss doch was an dem Hype dran sein, oder?
In gewisser Weise ergibt der kostenlose Zugang zu Videospielen selbstverständlich Sinn: Allein die Vorstellung, etwas ohne Gegenleistung zu bekommen, ist schon verlockend. Hinzu kommt, dass unter diesen Voraussetzungen selbst solche Menschen vielleicht einen Blick riskieren, die sonst mit Videopielen nichts am Hut haben. Es erfordert bei einem „Ich guck mal, kost ja nix“ halt weniger Überwindung als Preise von bis zu 70 Euro zu zahlen und im schlimmsten Fall enttäuscht zu werden. Ich kenne in meinem Bekanntenkreis einige Beispiele - vornehmlich Frauen -, die über kostenlose Facebook-Spiele angefixt wurden, dabei geblieben sind und mit ihren Einladungen diese Seuche auch noch weiterverbreiten. Mit Erfolg, denn sonst hätten Unternehmen wie Zynga nicht einen solch steilen Aufstieg erlebt oder würden plötzlich selbst große Namen wie Will Wright zu den Lobgesängen auf Free-to-play einstimmen…
Dabei ist alleine der Begriff schon irreführend, da suggeriert wird, dass für den Spieler keine Kosten entstehen. Das mag im Ansatz stimmen, doch dabei darf man nie vergessen: Die Hersteller wollen auch mit Free-to-play Geld verdienen - im Idealfall sogar mehr als mit den üblichen Konsolen- und PC-Produktionen. Ein Widerspruch? In gewisser Weise schon, wenn man der romantischen Illusion erliegt, dass die Publisher hier tatsächlich großzügige Geschenke verteilen wollen. Dem ist trotz aller Begrifflichkeiten definitiv nicht so. Ich wage sogar zu behaupten, dass man im Vergleich zu einem 60 Euro-Konsolenspiel noch draufzahlt, wenn man die meisten F2P-Titel ausgiebig und regelmäßig nutzen will. Das Zauberwort heißt Mikro-Transaktionen - für mich der schlimmste Trend in der heutigen Spielebranche, der selbst das Zerstückeln von Spielinhalten durch die unsägliche DLC-Politik mancher Publisher noch in den Schatten stellt. Wenn ich alleine an Auto Club Revolution denke, kommt mir die Galle hoch: 15 Euro für ein einziges Auto - geht’s noch? Und selbst für eine blöde Lackierung soll ich zahlen? Da hat wohl jemand den Schuss nicht gehört - das ist eine unverschämte Abzocke deluxe. Und es ist ein Phänomen, das ich immer wieder bei Free-to-play-Spielen beobachte. So auch bei The Treasures of Montezuma auf der Vita, das gerade in der Anfangsphase eine Zumutung war: Fünf mal eine Minute durfte man dort kostenlos spielen - weitere Runden mussten für teures Geld gekauft werden, wenn man nicht warten wollte, bis sich die „Leben“ nach etwa 30 Minuten oder einer Stunde automatisch regenerieren. Und ohne Extras, für die man bei häufiger Verwendung ebenfalls zahlen muss, kommt man im internationalen Punktevergleich oder in den wöchentlichen Turnieren nicht besonders weit. Was soll dieser Mist? Dann kann ich auch gleich zurück in die Spielhalle gehen und dort mein Geld sinnvoller verprassen.
Ich finde es abstoßend, wenn man zwingend in Mikro-Transaktionen investieren MUSS, um Erfolg zu haben und im Spiel weiterzukommen. Und diese sind dann in der Regel auch noch zeitlich begrenzt, so dass man kurze Zeit später den gleichen Mist schon wieder kaufen muss. Dass es auch anders geht, zeigt u.a. F1 Online: The Game: Hier wird man zwar ebenfalls mit kostenpflichtigen XP-, Geld- und Zeit-Boosts überschüttet, doch hat man hier zumindest die Wahl, ob man lieber mehr Zeit oder Geld ins Browser-Spiel investieren möchte. So lasse ich mir Free-to-play gefallen. Selbst mit Werbeeinblendungen könnte ich leben, falls der Spielablauf nicht zu sehr darunter leidet. Alles, nur nicht diese elendigen Mikro-Transaktionen, die sich frei nach dem Motto „Kleinvieh macht auch Mist“ zu einem Geldgrab entwickeln können.
Doch offensichtlich kommt diese Abzocke bei zu vielen Spielern an - genau wie die DLC-Ausbeute. Während sich Letzteres noch als eine Bereicherung für einen Titel herausstellen kann - sei es durch einen neuen Handlungsstrang oder Fahrzeuge, die bei der Erstveröffentlichung des Rennspiels noch gar nicht existierten - fehlt mir das Verständnis für die Leute, die für irgendwelche Mini-Items, Boosts oder Spielvorteile immer wieder die Geldbörse zücken.
Ganz zu schweigen davon, dass die Qualität der meisten Free-to-Play-Produktionen noch unterirdisch schlecht ist und bei weitem nicht an moderne Konsolen- oder PC-Titel mit ordentlichem Budget heran reicht - sei es hinsichtlich Technik oder Inhalt, obwohl es in der Richtung einige Fortschritte gibt. Trotzdem bilden hochwertige Titel wie einige Online-Rollenspiele (Runes of Magic; Herr der Ringe online) neben manch kreativen Indie-Projekten noch die große Ausnahme. Von daher ist das Ziel von Crytek & Co, diesem Sumpf aus Softwaremüll mit einer höheren Produktionsqualität entgegen zu wirken, sicher positiv zu bewerten. Doch Qualität hat bekanntlich ihren Preis. Und die hohen Entwicklungskosten wird man vermutlich mit noch mehr Zerstückelungen in Form von aufgezwungenen Mikro-Transaktionen, einer Flut an DLC-Erweiterungen und einer schamlosen Abzocke wieder reinholen wollen. So also soll die Zukunft der Spieleindustrie aussehen?
Michael Krosta
Redakteur