Geschichte von Tojingo und Tanzil: Das ist es also, was mir gefehlt hat....

Le bizarre

Rare-Mob
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(Das ist der aktuelle Stand der Geschichte, der nächste Teil wird auch bald dazukommen. Ich werde dann den neuen Teil am Anfang immer farbig markieren.)

Das ist es also, was mir gefehlt hat…

Tojingo saß in Beutebucht mal wieder in der Zeche und wartete. Auf wen? Das wusste er selbst nicht so genau. Man hatte ihm nur gesagt, dass jemand ihn hier sprechen wollte um ungefähr die Uhrzeit, die seine kleine selbstgebaute Taschenuhr gerade anzeigte. Die Rädchen drehten sich immer fort und fort…
Die Zeit verrinnt… Es war wieder einer der Tage, wo Tojingo viel nachdachte…
Die Totmacherbrille auf seiner Stirn surrte herum. Er hatte schon wieder vergessen, sie auszuschalten und holte das sofort nach, als er es nach einiger Zeit bemerkt hatte.
Der Tag war wieder einmal heiß und langweilig, sein Liebling hatte sich schon einige Zeit nicht mehr blicken lassen und die Sonne brannte wie fast immer auf das Schlingendorntal hinab…
Tanzil ist wohl zu viel mit eigenen Studien beschäftigt… Tränke hier Tränke da …Ist das sooo spannend? Oder was macht er, dass er sich ewigst nicht meldet? Aber na ja… Er heilt ja mittlerweile fast nur noch, obwohl er in seiner Jugend so aggressiv gewesen sein soll, hat er gesagt... Nun kümmert er sich nun mal um andere, denen es schlecht geht. Eifersucht ist da total fehl am Platze! dachte sich Tojingo und drehte dabei Däumchen. Er seufzte und blickte dabei ein wenig resigniert drein.
Es gab ja nichts zu tun… Doch, eigentlich schon - aber er hatte weder Lust, sich auf Schlachtfeldern rumzutummeln, noch sich schon wieder den Arsch für andere aufzureißen, zumal es keinen Druck von irgendwelchen Seiten gab. Tojingo hatte sich etwas Ruhe verdient. Aber Tanzils ständigen Belehrungen fehlten ihm irgendwie… genauso wie sein Rumgemeckere und seine innige Zuneigung.
Tojingo musste lachen.
Wie sich unsere Hauer beim Küssen immer verheddern… Aber wenigstens passen die so zusammen. Ham ma Glück gehabt…
Irgendwie tat dem Piraten die Freizeit nicht gut. Sein Unterbewusstsein spielte ihm in diesen Zeiten immer nur zu gern Streiche.
Wenigstens hatten die Goblins zwergisches Starkbier, das einzige alkoholische Gesöff, was Tojingo jemals zugesagt hatte. Bei dem Zeug war berauschende Ablenkung gewiss. Aber bis er einmal betrunken wurde, dauerte es… viel zu lange!
Wie gern würde ich einfach ma alles vergessen.
Tojingo verschluckte sich an seinem eigenen Bier, als er merkte, was er sich da gerade gewünscht hatte. Er konnte es nicht wirklich wollen, denn sein größtes Problem lag wohl in der Zeit begründet, die er ‚vergessen’ hatte.
Tojingos bester Freund war in Nethersturm beschäftigt – in der Scherbenwelt. Tojingo war auch schon dort in der Scherbenwelt gewesen, sehnte sich jedoch schnell wieder nach der alten Welt. Nur Nethersturm und die Zangarmarschen hatte es ihm angetan. Die ganze ‚Natur’ dort reizte seine Neugier bis aufs äußerste und auch die Astralen vom Konsortium waren überaus interessante Wesen, die ebenso einen Hang zur Ingenieurskunst hatten wie die Goblins. Aber nirgendwo ließ es sich wirklich lange aushalten, außer hier, an dem Ort, der ihm am liebsten war. Hier in Beutebucht hatte er meist seine Ruhe und wenn ihm doch nach ein wenig Gemetzel zumute war, musste er sozusagen nur vor die Türe gehen.
Im Dschungel fühlte sich Tojingo zu Hause, obwohl er auch den Wald des Eschentals liebte, selbst wenn die, die er abgrundtief hasste, dort lebten. Diese Waldlandschaft dort kam ihm so vertraut vor…
Die Taverne in Beutebucht war auch diesem Nachmittag schon wieder gerammelt voll. Es hatten anscheinend viele keine Lust, sich bei größter Hitze körperlich zu betätigen.
Die Leute kamen und gingen, der Troll schenkte wenigen von ihnen Beachtung. Am lustigsten fand Tojingo immer noch die Gnome, die es hier öfters zu sehen gab.
Er kicherte unweigerlich in sich hinein.
Hehe, obwohl se zu Allianz gehören, sind es putzige kleine Wesen…Aber es wundert mich immer, wie SOWAS Krieger werden kann…
Irgendwie schien Tojingo heute keinen klaren Kopf zu haben, was jedoch nicht nur auf den Alkohol zurückzuführen war, und seine Gedanken waren mal hier, mal da, mal sinnvoll, mal total sinnlos.
Nach einiger Zeit betrat ein Nachtelf mit weißen, zurückgebundenen Haaren und heller violetter Haut die Kneipe. Er war schlicht in einfachem schwarzen Leder gekleidet und man konnte nicht ausmachen ‚was’ er war – anscheinend Absicht. Der Nachtelf begab sich leichten Schrittes zum Tresen. Tojingo wandte sich reflexartig ab, stand auf, wollte so schnell wie möglich bezahlen und die Biege machen, bevor der Nachtelf in seiner Nähe war. Er ertrug vielerlei Gesellschaft, aber solche nicht!
Der Schurke war sogar so hastig beim Aufstehen, dass sein niedriger Stuhl mit viel Ach und Krach umkippte.
Der Barkeeper, ein etwas älterer Goblin, der ihn bereits gut kannte, musterte ihn ungläubisch mit hochgezogenen Augenbrauen, während er ein paar Gläser mit einem Handtuch trocknete. So verstört hatte er den Troll ja noch nie gesehen! Und eben das war er bis zum jetzigen Zeitpunkt an diesem Ort auch noch nie gewesen, weil ihn hier noch nie ein Nachtelf über den Weg gelaufen war.
Dieser Nachtelf ist doch wohl nicht der, der mich sprechen wollte?!
Es lief Tojingo eiskalt den Rücken herunter.
„Was’n los, Alder?“ fragte der Goblin neugierig, aber auch sichtlich besorgt.
Tojingo blickte ihn indessen kurz boshaft an, zahlte und machte ohne ein Wort auf der Stelle kehrt, um sich blitzschnell zum Ausgang zu begeben.
Das geht absolut NIEMANDEN was an!
Daraufhin zog er seine Totmacherbrille genervt schnaubend ins Gesicht zurück und drängelte sich durch die Gäste nach draußen bis er sanft aber fest an der linken Schulter gepackt wurde.
Tojingo zuckte zusammen und begann zu zittern. Wenn er sicht nun umdrehte, würde er ausflippen. Er wusste instinktiv, wer ihn da gepackt hatte und er wollte diesen Jemand absolut nicht sehen.
Und diese verdammte Fiedelmusik nervt, maaan! Tojingo war angespannt und über alle Maßen gereizt.
Dieser Jemand hinter ihm sprach ihn dann auch noch auf Darnassisch an – vor allen Leuten: „Sei bitte so gut und komm mit, Tojingo.“
Die Leute kümmerten sich normalerweise einen Dreck darum, was andere Gäste taten, aber dass ein Nachtelf einen Troll ansprach und dann noch einen so Zwielichtigen, zog die Aufmerksamkeit vieler auf sich. Nachtelfen waren ohnehin eher eine Seltenheit in der Taverne von Beutebucht, weil es schien, dass viele von ihnen sich zu fein waren, sich in so einer Spelunke abzusetzen.
Gut… Nun galt es, die Ruhe zu bewahren. Tojingo konnte nun nicht einfach seine Klingen ziehen und den unliebsamen Kerl hinter sich mal eben aufspießen. Dann würde man hundertprozentig auf ihn losgehen. Dennoch war der Pirat bereit, sofort seine riesigen Faustwaffen, die auf seinem Rücken wie scharfkantige Insektenflügel ruhend in einem ledernen Tragegurt befestigt waren, zu ziehen.
Tojingo probierte es auf die einfache Tour, sich der Aufmerksamkeit des Nachtelfen zu entziehen, tat, als ob er kein Darnassisch verstehe und ging unbeirrt weiter.
„Ich weiß, dass du Darnassisch kannst, Tojingo und es ist überaus wichtig, was ich dir zu erzählen habe.“ setzte der Nachtelf nun sehr bestimmt auf Trollisch hinzu.
Wieso kann der meine Sprache?!
Zum Glück waren keine anderen Trolle zugegen, denn sonst wäre er in was weiß der Teufel für Schwierigkeiten gekommen.
Würde irgendwer herausbekommen, dass er die Sprache der Nachtelfen verstand, könnte er sich nirgends bei der Horde jemals wieder blicken lassen – vermutlich zumindest und es war schlau, es nicht allzu sehr darauf ankommen zu lassen. Na ja, die Horde als ganzes interessierte ihn ja ohnehin nicht so sehr, aber Tojingo hielt sich doch sehr oft in deren Gebiet auf und auch seine Zieheltern waren treu ergebene Mitglieder dieser, aber vor allem Tanzil zuliebe musste er darauf achten, sich nicht allzu unbeliebt bei der Horde zu machen. Tanzil hatte schon damals seine hohe Position im Stamm der Dunkelspeere für Tojingo aufgegeben und nun konnte er ihn unmöglich enttäuschen, indem er irgendeinen Verdacht erweckte, eventuell mit den Nachtelfen irgendwelche komischen Beziehungen zu pflegen. Tojingo hatte wirklich Angst auf seine Reaktion für den Fall, dass er es irgendwann einmal herausfinden sollte.
Tojingo hatte außerdem keine Ahnung, was passieren würde, wenn sich so etwas herumspräche und wollte es auch gar nicht wissen.
Ich hab schon genug Feinde, da muss ich mir nicht noch mehr machen als nötig ist, schon gar nicht, wegen solch einem läppischen Umstand, den doch bestimmt 90% der Leute total überbewerten würden.
Läppisch? Ach ja?
Tojingo sah ein, dass er den Typen wohl nicht einfach loswerden würde und sagte so leise es ging in flüssigem Darnassisch ohne Akzent: „Dann lass uns bitte wohin gehen, wo niemand sonst ist...“ Der Nachtelf nickte bloß und folgte Tojingo so unauffällig wie möglich nach draußen, aber man blickte den beiden nach und das Gemurmel begann. Tojingo war das erste Mal froh, dass sich nur Mitglieder der Allianz heute sonst noch hier aufhielten. Die ganzen Hordler hielten sich glücklicherweise eher in Grom’gol auf.
Dieser Sache bezüglich verspürte er Erleichterung, aber sein anderes Problem lief immer noch neben ihm.
Am besten wir verschwinden in den Dschungel, da kann ich ihn ohne Probleme beseitigen… Einmal ordentlich aufspießen, die Klingen durchziehen und dann hat sich die Sache! Vielleicht schmeckt er sogar ganz gut. Bei diesen Gedanken umspielte ein hämisches Grinsen seine Lippen.
„Ich sag’s dir gleich: Wenn du mich umbringst, wirst du deinen Schatz nie wieder sehen.“
Tojingo blieb abrupt stehen und wurde auf der Stelle bleich. Was hatte der Elf da gerade gesagt?
„Ich weiß, was für einen Hass du auf die Nachtelfen hast und das durchaus zu Recht… in deinem Falle… Man könnte sogar sagen, dass ich Schuld daran bin… Und deshalb habe ich mir auch deinen Hexendoktor besorgt, damit du nicht auf dumme Gedanken kommst und den großen Fehler begehst, mit den Gar auszumachen, bevor du nicht etwas Wichtiges weißt. Eine Geisel war unumgänglich, denn ich weiß von deiner abgrundtiefen Verachtung für die Nachtelfen…“
Dieses Schwein von Nachtelf! Hätte ich Tanzil nur nicht mit in mein verkorkstes Leben reingezogen! Verdammt! Er hätte mich nie wieder sehen dürfen, dann wäre er nicht wegen mir irgendwo gefangen und wird wohlmöglich genauso gefoltert, wie ich leider viel zu oft!
Tojingo schwieg. Würde er nun was sagen, würde aus den Worten im nächsten Augenblick zu einem Gebrüll werden, dass ganz Beutebucht es hören musste.
Er grummelte und knurrte in sich hinein, damit er wenigstens etwas Dampf ablassen konnte.
Die alten Hassgefühle loderten wieder in ihm auf. Hier in Beutebucht durfte er sich jedoch keinen Ausrutscher erlauben. Seine Goblinfreunde gehörten zu den wenigen Personen, mit denen er es sich nicht verscherzen wollte.

Der Nachtelf indessen musterte den bereits erwachsenen Troll mit einem anfangs etwas amüsierten aber schnell ins Traurige umschlagenden Blick.
„Toji, ich weiß, dass du dich unwohl fühlst, aber ich bitte dich, zu versuchen, mich nicht als einen der Nachtelfen zu sehen, die dir das ganze Leid angetan haben. Es sind NICHT alle gleich! Auch ich habe dir zuliebe Dinge auf mich genommen, die man am besten nicht freiwillig auf sich nimmt.“
Der Angesprochene schwieg weiter. Er musste sich mit aller Kraft darauf konzentrieren, nicht die Nerven zu verlieren. Er inhalierte die salzige Meeresluft und ging mit einem Tunnelblick in Richtung Ausgang von Beutebucht.
Er hörte dem Wesen, was nun an seiner Seite ging, überhaupt nicht richtig zu.
Er hatte zu dem Zeitpunkt noch nicht wirklich realisiert, dass der Elf ihm etwas über seine Vergangenheit erzählen wollte und sollte es bei diesem einen Zusammentreffen auch nicht tun.
Er ist nicht da! Er ist EINFACH NICHT DA! brüllte es in seinem Inneren, während die Holzbretter unter seinen Füßen knarrten.
Verdammtes Nachtelfenpack! Die werden immer schlimmer! ging es weiter.
Ja, er war in der Tat paranoid, was Nachtelfen betraf, und es war noch schlimmer geworden. Eine krankhafte Phobie hatte sich eingestellt und er konnte nur tote Nachtelfen in seiner Gegenwart ertragen.
Er hatte in seinem Hass und seiner Panik nie wirklich realisiert, wie viel er mit den Nachtelfen gemein hatte. Er hatte sich noch nie gefragt, warum er so gut Darnassisch verstand und auch die Schrift der Nachtelfen lesen konnte.
Der immer noch unbekannte Nachtelf sah mit Schaudern zu, wie sich der verzweifelte inner Kampf der Schurken in seiner Haltung, seiner Mimik, seiner Gestik und überhaupt in seinem ganzen Äußeren widerspiegelte.
„Du, ich geh ja schon. Aber bereite dich darauf vor, dass ich die nächsten Tage noch einmal auftauchen werde. Tanzil wird sicher nichts passieren. Das versichere ich dir, so wahr ich hier stehe.“ Er meinte die Worte ernst. Es war schrecklich für den Nachtelfen, diesen Jungen so leiden zu sehen, der einst ein so fröhliches, aufgewecktes Kind war.
Wenn man es nicht besser gewusst hätte, hätte man glauben können, dass Tojingo auf der Stelle sterben würde – und das allein durch die Präsenz eines lebenden Nachtelfen. So fühlte Tojingo sich.
Der Nachtelf war auf der Stelle verschwunden, als Tojingo sich nun umsah und so machte er sich ohne Umschweife auf den Weg in seine Hütte. Er fühlte sich nicht in der Lage, draußen zu bleiben. Nicht jetzt, wo irgendwo ein lebendiger Nachtelf in seiner Nähe war.

Tojingos Herz pochte immer noch wie wild und er fühlte sich miserabel. Jetzt wusste er, warum Tanzil sich über eine Woche nicht gemeldet hatte. Er war in der Gefangenschaft von diesem Nachtelfen…
Argh! Warum muss ich den Typen denn eigentlich wieder sehn? Er hat gesagt, ich soll mich vorbereiten… Toll! Davon wird es sicher nicht besser… Was wird so einer mir schon zu erzählen haben? Oder WIE soll ich mich bitteschön VORBEREITEN?
Immerhin bin ich nicht ausgetickt maaan…
Aber wieso glaubt der wohl, dass ich das nächste Mal gelassener sein werde?!
Kagge! Der Alk setzt mir auch noch zu! So komm ich nie dazu, meine Gedanken zu ordnen!

Der Troll merkte langsam, dass sich im Moment nur Schwachsinn oder eher Wahnsinn in seinem Kopf herumtummelte und stieß einen verzweifelten Seufzer aus.
Als er an seinem kleinen Holzbau ankam, musste er erst einmal den Schlüssel aus seiner Gürteltasche kramen. Um sein eigenes Schloss zu knacken, war der Tojingo schlichtweg viel zu faul und auch im Moment nicht konzentriert genug.
Nachdem er den kleinen silbernen Schlüssel im Schloss zweimal mit großer Mühe rumgedreht hatte, da er immer noch total bebte, hörte man ein leises Knacken und die Tür war offen. Tojingo drückte sie sanft nach innen und trat ein.
Er blickte sich um und stellte, nachdem er die Kohleschale links neben der Tür angezündet hatte, zufrieden fest: Alles wie immer.
Wenigstens war der Raum hier etwas, was in seinem Leben Bestand hatte.
So liebend gern er auch rumreiste: Tojingo brauchte sein kleines bisschen Beständigkeit. Diese kleine Hütte war sein einziges festes Zuhause, zumindest bis auf Tanzils kleines Hütte in Sen’jin, die er immer noch ab und zu bewohnte, auch wenn er nicht mehr offizielles Mitglied des Stamms war. Sonst lebte Tojingo auf seinem Luftschiff, aber das lag in den Wolken versteckt und war immer woanders. Fester Boden unter den Füßen tat auch mal ganz gut.
Das Zimmer war nicht großartig eingerichtet und hatte keine Fenster – eine einfache Holzhütte in Beutebucht eben, die dennoch signalisierte, man soll ihr nicht zu nahe kommen. Die Elfenschädel, die an der Tür hingen, sprachen Bände.
Von der einen Wand zur anderen war eine große mit Wolldecken ausgelegte Hängematte gespannt, wo auch ein großer Troll drinnen Platz fand. Unter der Hängematte lag ein schäbiger, alter roter Samtteppich, der lediglich dazu da war, den, der gelegentlich bei zu unruhigem Schlaf aus der doch recht schaukeligen Hängematte fiel, wenigstens nicht direkt auf die Holzdielen krachen zu lassen.
Nun ja, man konnte auch andere Dinge auf dem Teppich machen, aber das tut nichts zur Sache.
Des Weiteren lagen hier und da technische Bauteile aller Art herum, weil der Gobliningenieur mit Ordnung absolut nichts anfangen konnte. Die meistern seiner Tüftlermaterialien lagen zwar auf der Bank, aber ein oder ein paar mehr Teile von jeder Sorte mussten schon ‚vorrätig’ zu Hause sein.
Es gab auch noch einen relativ kleinen hölzernen Stuhl mit einem doch um einiges größeren Tisch neben der Kohlepfanne zu bestaunen, auf dem sich aber keineswegs Bauteile stapelten. Den größten Teil nahm ein kleines Giftlabor ein, auf der restlichen freien Fläche lagen Schleifsteine für die Klingen, Schmuck und vereinzelt sah man auch Obst oder andere essbare Gegenstände herumliegen, die man aber entgegen aller Vermutung durchaus noch essen konnte. Tojingo schnappte sich auf der Stelle eine Kiwi und schob sie, so wie sie war, in seinen Mund.
Er verzog das Gesicht, da sie verdammt sauer war, aber immerhin hatte er etwas gegessen.
Tojingo war nicht nur psychisch sondern auch physisch total fertig von dem Vorfall eben, sodass jener beschloss, sich endlich hinzulegen, um sich einfach für ein paar Stunden auszuruhen. Sodann entledigte er sich seiner Kleidung und kroch zwischen die Wolldecken.
Puh… eigentlich viel zu warm zum Zudecken… und schob sie auch schon wieder von sich herunter.
Tojingo starrte an die Decke- die Arme und Beine weit von sich gestreckt.
Er sah nichts als Holz – er wollte seine Augen schließen, aber es geht nicht.
Der Gepeinigte wollte nur noch schlafen, aber etwas ließ ihn nicht. Er wusste eigentlich mittlerweile, wie er diese seelischen Torturen verdrängen konnte, doch es klappte nicht so ganz, wie er es sich vorgestellt hatte – heute nicht. Tojingo wälzte sich herum, schlug wie verrückt um sich und landete schließlich unsanft auf dem besagten Samtteppich.
„MEINE FRESSÄÄÄ! WAS SOLLN DE SCHEI.SS!?“ entfuhr es Tojingo und es stiegen ihm langsam die Tränen in die Augen – aus Wut.
„Diesä beschissne Phobie zerstört ma einfach alläs! Imma werd isch getretn und kann auch nischt richtich machen, oda wie?! Was hab isch vor Schaddenflucht falsch gemacht, eh? Könn mich diese blödn Viechär nich EINMA in Ruh lassn? Isch hab langsam kein Bock mehr, diese dummän Visagn immer wieda zu sehn! Und Tanzil hat gar nischt damit zu schaffn!“ Während Tojingo dieses erhitzte Selbstgespräch führte, versammelten sich einige Neugierige - angezogen von dem trollischen Herumgezetere - vor Tojingo Hütte.
Der einzige, der sich traute einzutreten, war Rilli Schmierklump, hervorragender Gobliningenieur und Tojingos bester Freund unter den winzigen Grünhäuten.
Sie hatten sich einst in Orgrimmar in der Ingenieurswerkstatt kennen gelernt.
Der Goblin hatte dabei zugesehen, wie Tojingo stolz seine neusten Bauteile und Gerätschaften seinem Lehrmeister präsentiert hatte.
Der kleine Rilli war von so viel Sorgfalt und Geschick, was der Troll mit den auffällig feinen Gesichtszügen und dem geraden Gang an den Tag legte, beeindruckt gewesen. Hätte man ihm bei den Händen mit nur drei Fingern vermutlich nicht zugetraut.
Die beiden kamen ins Gespräch. Zu Anfang drehte sich alles um Technik, später gingen sie auch mal einen trinken und erzählten sich Geschichte aus dem Leben. Überhaupt war es immer recht heiter, wenn die beiden sich trafen und manchmal allerlei technischen Unfug anstellten, um andere zu ärgern.
Als Rilli jetzt eintrat, sah er einen sich auf dem Boden wälzenden, in Decken eingewickelten, hysterisch keifenden Troll vor sich.
So hatte er Tojingo noch nie gesehen.
Sobald dieser den Goblin bemerkt hatte, kniff er die Augenbrauen zusammen und funkelte jenen böse an.
Rilli erschrak.
„HAB ISCH IRGENDJEMANDÄM ERLAUBT, HIA REINZUKOMMÄN?!“ brüllte Tojingo nun in der Sprache der Goblins herum. Wenn er mit Goblins redete wechselte er grundsätzlich automatisch ihre Sprache, seitdem Rilli sie ihm vor ein paar Jahren beigebracht hatte.
„E-e-entschuldige, Tojingo. I-ich wusste nicht – ähm- ach, lass dich nicht stören!“ Und so schnell der kleine Rilli hereingekommen war, verschwand er auch wieder.

Der Tag neigte sich dem Ende zu und Tojingo hatte einige Stunden unruhigen Lesens hinter sich. Er hatte ein paar interessante neue Baupläne ergattert oder besser gesagt geschenkt bekommen, weil Rilli seine neuesten Kreationen unbedingt testen lassen wollte (auf eigenen Gefahr natürlich) und Tojingo überlegte nun, welche Gerätschaft wohl am anspruchsvollsten war beziehungsweise welcher Sprengstoff wohl die beste Wirkung haben würde. Er war die letzten Tage nicht dazu gekommen und Ablenkung war jetzt, was er brauchte. Aber seine Aufmerksamkeit auf das Geschriebene und Gezeichnete schwand mit jedem Buchstaben und jedem Strich, bis er schlussendlich beschloss, die Hütte zu verlassen, um seinen Kopf etwas frei zu bekommen. Wenigstens in Beutebucht sorgte der Meereswind für ein wenig Abkühlung am Abend.
Tojingo verschloss seine Tür wieder sorgfältig mit dem selbstgebauten Spezialschloss und spazierte durch den Tunnel zum Dschungel hinaus.
Vor der Stadt angekommen pfiff Tojingo einmal tief in seine Muschelpfeife und Flummi kam angestürzt. Der in verschiedenen Blau- und Grüntönen schimmernde Raptor tätschelte Tojingos Gesicht mit seinem großen bedrohlichen Maul. Tojingo streichelte ihm kurz über den Kopf und blickte im nächsten Augenblick gedankenverloren in den Abendhimmel. Dieser hatte sein Rot schon fast verloren und ging bereits in tiefes Blau über.
Wo will ich eigentlich hin? kam es ihm plötzlich.
’Zu mir!’ tönte Tanzils Stimme von irgendwo her. Oder war es nur das Rascheln des Windes in den Baumkronen?
Ja… genau… doch ich weiß nicht, wo du bist…
Tojingos eigene Unfähigkeit, in diesem Moment etwas für seinen Geliebten zu tun, versetzte ihm ein Stich ins Herz. Er senkte beschämt den Kopf.
’In Sicherheit…’ wisperte Tanzils Stimme augenblicklich.
Das ließ den Schurken aufhorchen. War das denn möglich? Die Gesellschaft von Nachtelfen war alles andere als sicher, besonders, wenn man Gefangener war! Das wusste Tojingo nur allzu gut.
Ach… Was will dieser Nachtelf eigentlich von mir? Und er will mir ja anscheinend nichma wehtun… sonst hätt er das doch schon längst versucht, ebenso wie die vielen anderen Nachtelfen, die mich entweder gequält haben oder es wollten, welche ich aber schnell genug umlegen konnte.
Jetzt, wo Tojingo sch wieder einigermaßen gefasst hatte, kam er ins Grübeln.
Der Elf war sogar freundlich gewesen…WIRKLICH freundlich.
Tojingo schüttelte aber plötzlich erbittert den Kopf.
Nein, nein und nochmals NEIN! Ich denk ja schon wieder an diese Drecksviecher!
Immer bevor er einen Schritt weiter denken konnte, errichtete sein Unterbewusstsein eine Blockade, als ob es nicht wolle, dass Tojingo etwas über seine wahre Abkunft und die rätselhaften Zusammenhänge erfuhr.
Neben ihm scharrte sein stattlicher Raptor nervös und ungeduldig auf dem Boden herum.
„Ja, ich mach ja schon!“ gab Tojingo Flummi zu verstehen und schwang sich geschickt auf dessen Rücken.
Sie gelangten nach kurzer Zeit durch den tiefen Dschungel an die Westküste, wo die Felsen sich dem Meer entgegenstellten. Hier konnte man wunderbar baden.
In Beutebucht war das Ganze zwar an sich sicherer, aber da kamen einfach zu viele Besoffene darauf, sich ins angenehme Nass zu stürzen. Tojingo wollte lieber ein wenig allein planschen, denn es war ihm nicht nach fröhlicher und ausgelassener Gesellschaft zumute.
Er wollte einfach nur in sich gehen… Da Flummi auf seine Sachen aufpasste, musste Tojingo keine Angst haben, dass etwas verschwunden sein würde, wenn er aus dem Wasser kam.
Er begann zu tauchen – hinab in den dunklen Ozean. Ohne Tanzil war es ihm egal, was passierte. Er sollte in Sicherheit sein? Wie lächerlich! Er tauchte wie in Trance immer weiter, bis wieder Tanzil aus dem Nichts zu sprechen schien: ’Tojingo HÖR AUF! HÖR AUF MAAAN!’.
Das riss ihn zurück in die Wirklichkeit und dabei sah er fast schon die Wasseroberfläche nicht mehr.
Verdammt! Ich ersauf, wenn ich nicht schnell oben bin! Was hab ich mir eigentlich dabei gedacht?! Ich will – ich kann nicht so einfach sterben!
Tojingo paddelte wie wild mit den Armen, um noch rechtzeitig an die Meeresoberfläche zu gelangen, aber ein Seeriese machte ihm da einen Strich durch die Rechnung und ergriff Tojingos Fußgelenk, kurz bevor er an der Oberfläche angelangt war.
Flummi bemerkte, dass der Strudel im Wasser nichts Gutes verhieß und stürmte ohne zu zögern aufs Meer zu. Er konnte nicht zulassen, dass Tojingo etwas passierte.
Tojingo wand sich vor Schmerzen, weil der Riese drohte, ihm den Fuß zu brechen. Als er dann auch noch seinen großen, massiven Streitkolben rausholte, schloss Tojingo die Augen.
Jetzt hat hoffentlich alles ein Ende… Es ist eh unausweichlich… Irgendwann erwischt’s nunma jeden…
Doch dann brüllte der Riese plötzlich, soweit man ein Brüllen im Wasser überhaupt wahrnehmen konnte.
Als Tojingo die Augen wieder geöffnet hatte sah er Flummi, der dem Riesen die Hand mit seinem kräftigen Kiefer abgebissen hatte.
Aber Flummi kann doch überhaupt nicht schwimmen! Der Raptor hatte zwar kräftige Hinterbeine, konnte aber mit seinen dünnen Ärmchen seinen Kopf nicht wieder über Wasser bringen.
Da sich der Riese mit der noch heilen Hand automatisch an den verstümmelten anderen Arm griff, um die Blutung zu stoppen, konnte Tojingo sich befreien und schwamm auf Flummi zu. Diese war am Ertrinken und versuchte zu brüllen, aber die Schreie wurden vom Wasser erstickt.
Tojingo griff ihm unter die Arme und versuchte ihn mit sich nach oben zu ziehen. Flummi erkannte, dass noch nicht alle Hoffnung verloren war und fing an mit den Hinterbeinen zu paddeln, sodass er und Tojingo wieder heil an der Wasseroberfläche ankamen.
Tojingo hechtete heraus, schnappte sich seine Sachen, sprang auf Flummis Rücken und machte sich mit ihm aus dem Staub. Beide waren völlig erschöpft, als sie in Beutbucht ankamen.
„Danke, mein Guter. Du hast mir mal wieder das Leben gerettet.“ Und mit diesen Worten entließ Tojingo Flummi wieder in den Dschungel. Nun stand Tojingo nackt vor Beutebucht. Niemand war zu sehen. Wahrscheinlich verbrachten wieder mal die meisten die Nacht beim Saufen.
Er zog sich schnell seine schwarze Lederhose über und ging mit den restlichen Sachen in der Hand zurück zu seiner Hütte.
Mein Leben ist mir in letzter Zeit ein wenig ZU aufregend…

Das Schloss war nicht mehr an der Tür. Jemand war in seinem Haus oder hatte darin herumgeschnüffelt. Zunächst machte sich ein ungutes Gefühl breit.
Was erwartet mich nun schon wieder?
Tojingo trat ein und zündete die Kohlepfanne an.
Als er sah, wer da in seiner Hängematte lag, blieb ihm fast das Herz stehen.
Die schlanke anmutige aber muskulöse Gestalt lag auf dem Bauch, das schlafende Gesicht zur Tür gewandt.
Lange dunkelrote Haare umschlungen ein blasses, violettes, friedlich ruhendes Antlitz, was hier und da mit roten Tätowierungen, die nach typisch trollischer Kriegsbemalung aussagen, versehen war.
„T-T-Tanzil!“ begann Tojingo zu stottern und ging mit wackeligen Beinen auf den Troll zu.
Dieser schien die leise Stimme Tojingos auch in tiefstem Schlummer wahrzunehmen und öffnete schläfrig die goldenen Augen und als er die Silhouette seines Gefährten auf ihn zukommen sah, streckte er ihm die Arme entgegen.
„Ohne dich isses so kalt im Bett, wo warst’n so lange?“ fragte Tanzil, jedoch nicht mit vorwurfsvollem Unterton, sondern eher ein wenig ironisch.
„Isch hattä Angst um dich…“ flüsterte Tojingo, ohne auf die Frage zu antworten, während er den Hexendoktor umarmte.
Tanzil erwiderte die Umarmung, löste sie aber nach einer Weile wieder, um zu sprechen: „Ich will es nicht lange hinauszögern. Ich habe hier was für dich.“ Tanzil griff nach einem dicken Buch, was unter der Hängematte lag.
„Zarnarion haddes mir mitgegeben.“
„Wer is’n Zarnarion, wänn isch fragän darf?“ erkundigte sich Tojingo misstrauisch.
„Du dürftest ihn kennen… Vor einiger Zeit standest du ihm näher, als du es vielleicht jetzt für möglich hältst. Und nun ja… du tust es genauso genommen imma noch…“
Ich habe das dumpfe Gefühl, dass ich diese Nacht noch etwas herausfinden werde, was mir gar nicht gefallen wird… dämmerte es Tojingo und seine Eingeweide verkrampften sich.
Tanzil streckte ihm unterdessen immer noch das Buch entgegen uns drängte ihn mit seinem fordernden Blick, es doch bitte endlich anzunehmen.
Schließlich nahm Tojingo es in die Hände. Das Buch hatte einen schwarzen ledernen Einband, der völlig schmucklos und ohne Titel war.
Tojingo legte sich auf dem Bauch vor das Buch, was er auf dem Teppich vor sich platziert hatte und schlug es langsam auf.
Er stieß auf.
Es war auf Darnassisch – eine Handschrift in schwarzer Tinte.
Tanzil kannte die Sprache des Buches, denn er hatte zuvor einen Blick hinein geworfen, es jedoch wieder zugeklappt, als er nichts lesen konnte.
Tojingos Mund stand offen und er blickte hoffnungslos zu Tanzil auf. Er wusste nun also durch diesen Zarnarion Tojingos bis jetzt wohl gehütetes Geheimnis bezüglich seiner Sprachbegabung.
Tanzil beuget sich von der Hängematte herab und flüsterte Tojingo ins rechte Ohr: „Was ich seit ungefähr ein paar Tagen weiß und du heute endlich erfahren wirst, ändert nichts, rein gar nichts an unserer Beziehung… Ich habe dich schon seit langem so angenommen, wie du bist. Daran ändert GAR NICHTS etwas!“ Und der Hexendoktor fügte noch hinzu: „Man kann sich seine Eltern eben nicht aussuchen…“
Tojingo lächelte wie ein kleines Kind bei diesen ersten Worten. Zum Glück hatte der Schurke nicht auf den Nachsatz geachtet, sonst wäre ihm wohl das Lächeln im Gesicht auf der Stelle zu einer gequälten Maske des selbigen erstarrt.
„Dank䅓 sagte er liebevoll und gab Tanzil einen innigen Kuss, nachdem er diesem sein Gesicht zugewandt hatte, aber Tanzil löste seinen Griff mit seinen eigenen Händen, als Tojingo ihn zu sich herunterziehen wollte.
„Nun lies es… Es sind die fehlenden Kapitel deines Lebens…Ich kann warten, deine Vergangenheit nicht. Es wird nach so vielen Jahren langsam Zeit, dass du weißt, was los is’…“

Also begann Tojingo mit dem Lesen und übersetzte alles nebenbei ins Trollische, damit Tanzil die Geschichte auch mitverfolgen konnte - aber dieses mal ohne den Akzent, den er sich angewöhnt hatte:
“Meine druidischen Pflichten riefen mal wieder und ich begab mich wie fast jeden Tag in den Hain der Uralten. Dort angelangt merkte ich jedoch schnell, dass etwas nicht stimmte. Ich hörte Flüche in einer Sprache, die mir nicht ganz unbekannt war, von der ich aber kein Wort verstand. Wer konnte das sein? Nachdem ich mich umgesehen hatte, jedoch niemanden ausfindig machen konnte, ging ich in die Richtung, aus der die Stimme kam und fand eine mit Schlamm beschmierte Trollin vor mir auf dem Boden liegen. Sie sah körperlich total am Ende aus und blickte mich flehend an, als sie mich bemerkte - aber ich war misstrauisch. Was machte eine Trollin hier in der Gegend? Auch wenn sie nicht zu Meinesgleichen gehörte, konnte ich sie nicht einfach da liegen lassen. Ihre Kleidung war zerlumpt und sie fror sichtlich. Sie war wohl wirklich allein. Soweit ich wusste hatten die Frauen bei den Trollen nicht viel zu sagen und dass sie so zugerichtet hier herumlag, ließ wohl darauf schließen, dass sie eine Ausgestoßene war. Nur wie sollte ich ihr helfen? Ich konnte sie unmöglich mit nach Auberdine nehmen. Ein sofortiger Tod wäre ihr ziemlich sicher gewesen. Ich überlegte… Ja, sie brauchte erst einmal etwas zu essen. Aber bevor ich loszog, legte ich ihr noch meinen Umhang über die Schultern, damit die Kälte sie nicht ganz zerfraß. Sie war wohl eine Dschungeltrollin und nicht an das Klima hier gewöhnt, aber sie lächelte. Das hätte ich überhaupt nicht erwartet, lächelte aber freundlich zurück. Ich bedeutete ihr alsdann mit Gesten, zu warten, nachdem ich sie gestützt zu einem der nahen Bäume gebracht hatte. Hier in der Nähe des Hains war sie vor Wildtieren größtenteils sicher, also sollte es kein Problem sein, sie eine Weile hier alleine zu lassen.
Als ich zurückkam schlief sie. Sie sah trotz des ganzen Schmutzes auf ihrem Gesicht aus wie ein Engel. Ich streichelte ihr über die Haare und weckte sie sanft. Sie nahm das Essen, was ich ihr anbot entgegen und sagte etwas auf Trollisch, was wohl ‚danke’ bedeuten sollte. Hmmm… sie musste auch baden, kam mir in den Sinn, jedoch wo? Wenn ihr die Luft schon zu kalt war, als wie kalt würde sie dann wohl das Wasser empfinden? Aber es half ja alles nichts. Ich führte sie zum Wasser und sie verstand sofort, was ich meinte. Sie zog sich aus, zögerte jedoch, sich ins kalte Wasser gleiten zu lassen, bis ich ihr zunickte und sie sich schließlich doch überwand. Als die Trollin aus dem Wasser stieg, war sie endlich sauber und man konnte ihre wahre Gestalt erkennen. Sie hatte türkise Haut und rostrote lange Haare, die zu vielen kleinen Zöpfen geflochten waren. Sie war schön – wirklich schön. Ich hatte Trolle noch nie als hässlich empfunden wie viele meiner Artgenossen, aber sie übertraf meine Erwartungen. Als die Trollin auf mich zukam übergab ich ihr einen einfachen Kilt, eine Weste und einen Umhang mit Kapuze. Wir sprachen die Sprache des anderen nicht, aber es schien, dass wir uns auch so verstanden. Sie gab mir zu verstehen, dass sie Tajingo hieß und ich nannte ihr in Gegenzug meinen Namen. “


Hier stockte Tojingo das erste Mal. Der Erzähler beschrieb eine Trollin, die auffallende physische Merkmale mit Tojingo teilte und deren Name so ähnlich klang.
Er rieb sich die Augen. Das konnte doch wohl nicht sein, oder?
„D-d-diese Trollin ist - meine Mutter…“ stellte er schluckend fest.
Tanzil nickte.

Tojingo richtete den Blick wieder zurück auf das Buch und las weiter:
„Im Laufe der Zeit lehrte sie mir ihre Sprache und bald war es kein Problem mehr, sich zu verständigen. Ich merkte anfangs nicht, wie sehr ich mich in sie verliebt hatte, aber irgendwann überfielen mich meine Gefühle doch. Ich kannte solche überschwänglichen Emotionen bis dahin überhaupt nicht. Tajingo erwiderte diese Liebe zu meiner eigenen Verwunderung, denn ich hätte nicht erwartet, dass sich eine Trollin auf so etwas einlassen würde und bald darauf bekam sie ein Kind von mir. Der kleine Halbtroll oder –elf sah aus wie seine Mutter – durch und durch wie ein Troll, zumindest fast.“

Tojingo brach in Angstschweiß aus und wurde weiß wie Kreide. Seine Augen weiteten sich und er begann wie ein Verrückter zu brüllen: „NAIN! DAS KANN GAR NICH SAIN! NAIN! Nain! Nain…“ Aus dem Gebrüll wurde ein verzweifeltes Wimmern.
Tanzil hatte fast befürchtet, dass so etwas passieren würde und er begab sich nun von der Hängematte herab zu seinem Schatz auf den Boden und nahm ihn in den Arm.
„Schhhh… Es ist alles gut…“ Es war genau wie früher…
„Gar nischt is gut!“ schniefte Tojingo in Tanzils Schulter. „D-d-das kann ja wohl nich wah sain…“ redete er sich ein, seine Augen hatten sich geweitet und er starrte ins Leere.
„Hast du dich bis jetzt etwa noch nie gefragt, warum du so aufrecht gehst, so kleine Hauer hast und so zarte und nicht annähernd harte Gesichtszüge? Warum dein Gesicht eher dem einer Trollfrau gleicht anstatt dem eines Trollmannes? Man würde nie auf die Idee kommen, dich nicht für einen Troll zu halten, aber wenn man es weiß, ist es offensichtlich…“
„Aber warum verfolgn se mich dann und foltärn mich so?“
„Lies weiter, auch wenn’s nu schwer sein mag.“
„Können we das nich morgän machn? Isch bin am Ände und möcht erst einma nua noch vergessn…“
„Natürlich könn’ we das…“ und Tanzil fing die Tränen, die Tojingos Wangen herunterliefen zärtlich mit seiner Zunge auf.
Sie krochen gemeinsam zwischen die Wolldecken, die mittlerweile auf dem Teppich lagen und schliefen eng umschlungen ein.
Gemeinsam waren sie in Sicherheit.

Tanzil wachte als erster auf und er strich dem schlummernden Tojingo durch die Haare.
Ich glaub, wenn du mich nicht hättest, würdest du nicht mehr leben und das macht mich traurig… Fast all deinen Lebenswillen haben sie dir genommen. Bin ich wirklich das Einzige, was dich am Leben hält? Oder ist es gar deine Technik? Ich will keinen sterben lassen, den ich liebe… Der Troll seufzte, als er seinen Blick auf die ganzen mechanischen Teile im Zimmer warf, und stand auf. In die Bude musste etwas frische Luft hereingelassen werden.
Also schritt er auf die Tür zu und öffnete sie weit. Vor der Tür spazierte gerade eine Goblindame vorbei und als Tanzil in seiner ganzen Größe vor die Tür trat, um sich zu recken und zu strecken, pfiff sie ihm zu und zwinkerte ihn schelmisch an.
Der Hexendoktor konnte sich wahrlich ein Grinsen nicht verkneifen und zwinkerte zurück, dabei hatte er ganz vergessen, dass er nackt war.
Tanzil wusste nicht, dass es Rillis Freundin war und dieser schnauzte ihn an, als er kurz darauf vorbeikam: „Spann du mir nicht meine Liebste aus oder reicht dir Tojingo etwa nicht?!“ Die Augen des kleinen Goblins blitzten böse.
Das Grinsen verschwand nicht von Tanzils Gesicht, als er antwortete: „Doch, doch, keine Sorge…“
Tojingo schnarchte währenddessen immer noch fröhlich vor sich hin, als Tanzil sich zu ihm umwand.
Wenn er nur immer so glücklich sein könnte, wie er es gerade im Schlaf ist… Zarnarion ist kein schlechter Kerl. Ich weiß immer noch nicht wie er mich gefunden hat, aber als ich gerade in Tirisfal den Verlassenen mit den dortigen Überbleibseln der Geißel half, stand er plötzlich hinter mir und redete mich, ohne zu zögern, auf Trollisch an. Weil er sich meiner Reaktion nicht sicher sein konnte, fesselte er mich unterdessen so blitzschnell, dass ich gar keine Möglichkeit mehr hatte, mich zu wehren. Ich war auf vieles vorbereitet, aber nicht auf Wurzeln, die aus dem Boden schossen und mich umschlangen. Er bat mich, Tojingo das Buch zu überbringen, nachdem ich mir seine Geschichte angehört hatte und sie überzeugte mich, muss ich gestehen. Ich habe es über mich ergehen lassen, weil ich nicht mehr unnötig Gewalt anwenden wollte. Davon hatte ich zu viel während meinen dreiunddreißig Jahren gesehen… Ich wusste zwar damals noch nicht, dass Tojingo Darnassisch konnte, aber ich hab es ja gestern Nacht miterlebt. Und so hatte sich alles bewahrheitet. Tojingos ganzem Verhalten gestern nach zu urteilen, hatte er höllisch Angst, mich wegen der Sache zu verlieren. Ich habe nie daran gedacht, ihn wegen ‚so etwas’ zu verlassen. Er war so und nicht anders, als ich ihn kennen gelernt habe und auch seine Vergangenheit ist ein unverzichtbarer Teil von ihm und sie macht aus ihm niemand anderen, sondern sie gehört zu ihm.
Ich verstehe so auch endlich, warum einige Nachtelfen ihn verfolgen… Tojingo ist in ihren Augen wohl die größte Schande für ihr Volk…
Ich bin mir nicht sicher, aber vielleicht hat er ja auch die Unsterblichkeit von seinem Vater mitbekommen. Das würde sich wohl früher oder später zeigen.
Hmmmm… Zarnarion wollte eigentlich heute vorbeigucken, soweit ich mich erinnern kann… Das wird kein leichtes Wiedersehen von Vater und Sohn werden… Aber ich freue mich für Toji… Einer seiner leiblichen Eltern lebt und hat für ihn die komplette Ächtung in Kauf genommen. Schön dass es so was in dieser kriegsverseuchten Welt noch gibt…



Tojingo schlug die Augen auf und gähnte. Oh, ich hab ja auf dem Boden geschlafen…Wieso das denn?
Tanzil saß neben Tojingo, spielte mit dessen Haaren herum und grinste ihn an. Als Tojingo in das Gesicht seines Lieblings blickte, kamen die Erinnerungen zurück.
„Rilli hat mich schon angemault, dass ich ihm die Freundin ausspanne!“
Ein Kichern war von Tanzils Seite du vernehmen.
„Häh? Rilli is wieder da?“ Tojingo wusste jetzt nicht, was er von der Aussage halten sollte. Er rollte sich auf den Rücken, rieb sich erst einmal die Augen und blickte Tanzil forschend an.
„Häh?“ wiederholte er.
„Ach vergiss’es!“ lachte Tanzil, der über Tojingo gebeugt dasaß und streckte Tojingo die Zunge heraus. Tanzil war seit dem Vorfall mit Rilli eben etwas albern drauf. Der Anblick des kleinen Goblins war zu lustig gewesen.
Tojingo sah das als Aufforderung, packte Tanzil an den Hauern, zog in zu sich hinunter und biss leicht, aber unerwartet schnell in dessen Zunge.
„Aaaaaou!“ zeterte Tanzil, dessen Zunge immer noch zwischen den Zähnen Tojingos klemmte, weil dieser nicht locker lassen wollte.
„Lassssssssch dassssch!“ kam es nun bereits ein wenig amüsiert aus Tanzils Mund - Tojingos Zähne und Hände ließen locker.
Tanzil warf die Haare zurück und guckte Tojingo schief an.
„So verspielt hab ich dich schon lang nich’ mehr erlebt…“ Tanzil lächelte glücklich.
Tojingo hob eine Augenbraue und grinste verschmitzt.
„Isch bin ainfach froh, dasste wieda da bis… Ich hatt ächt Angst um dich… Denn die Vorstellung, dass… ein Nachtelf… dich irgendwo festhält…“ Tojingo wurde von Tanzil unterbrochen.
„Toji?“
„Hm?“
„Auch wenn du vielleicht nich’ dran erinnert werd’n willst: Das Buch geht noch weiter…“
Tojingos Gesicht verzerrte sich zu einer enttäuschten Fratze. Das gestern war etwas zu viel des ‚Guten’ für ihn gewesen.
„Guck mich nich’ so an maaan! Und lauf nich’ immer weg vor den Tatsachen!“
Anstatt seinen Blick jedoch wieder auf das Buch zu lenken, blieb Tojingos Blick an Tanzil haften.
Er sagte schmollend: „Isch würd mich aba vial lieba mit dia beschäftign… Du siehst sooo… verlockind aus…“
Tanzil rollte mit den Augen und erhob sich.
„Das hat Rillis Freundin auch schon festgestellt…“ bemerkte er geradezu beiläufig.
„Du warst SO vor där Tüär?!“ Tojingo zeigte entgeistert auf den unbekleideten Tanzil.
„Und? Hab ich was zu verbergen?“ Der Hexendoktor musste unweigerlich grinsen.
„Ne, aba dich muss doch nich jeda so sehn… Wozu glaubst, gibt’s Klamoddn? Du hättst dia wenigstns was untn rum anziehn könn!“
Tanzil zuckte mit den Achseln und holte Zarnarions Buch aus der Ecke, in die Tojingo es gestern Nacht gebracht – oder eher geworfen - hatte.
Es hatte ihn ohnehin niemand außer Rilli und seiner Freundin so früh am Morgen gesehen.
Plötzlich riss Tojingo Tanzil zu Boden und biss ihm von der Seite aus in das linke Ohr mit den beiden Rissen.
„Die markiern dich als Mains…“ knurrte er.
Tanzil schmunzelte über die offensichtliche Eifersucht des jüngeren Trolls wegen so einer unbedeutenden Kleinigkeit. „Und die an deinem linken Ohr markieren dich als Meins, also tu nich’ schon wieder so, als ob du der einzige mit Ansprüchen hier bist!“
Wir ham uns die Ohren immerhin gegenseitig angeknabbert, als du wieder aufgekreuzt bist!

Tojingos und Tanzils Wiedersehen nach langer Zeit lag nun nicht ganz zwei Jahre zurück…
Tanzil stand damals im Eschental:
Die Geister haben mir erzählt, dass Tojingo aus Dunkelküste stammt, wo es so ähnlich aussieht wie hier… Ich hab mich immer gewundert, woher er eigentlich kommt… aber ihn nie gefragt, denn er wusste es anscheinend selbst nicht. Auch hier leben viele Nachtelfen, jene Wesen, die ihn nicht in Ruhe lassen… Ich muss zugeben, ich bin das erste Mal in so einer Gegend.
Tanzil hatte niemanden, dem er wirklich wichtig war. Nun ja, es gab jemandem, der ihm unglaublich wichtig war, aber dieser Jemand war einfach weg.
Der Hexendoktor seufzte, während er sich eine dunkelrote Strähne seines langen welligen Haares aus dem Gesicht wischte. Der Wind hatte es total durchwühlt und Niedergeschlagenheit zeichnete sein Gesicht. Die Ketten und vielen kleinen Phiolen an seinem Beutel klapperten.

Tanzils Gedanken drifteten langsam in eine andere Richtung ab, während er immer weiter in den Wald hineinging… denn er war schön… so wunderschön…
Magie umwob dieses Tal zwischen den Bergen.
Tanzil blickte verzaubert in die bunten Baumkronen und einige Eulen flogen vorbei… sie gaben dann und wann Schreie von sich… Warnrufe?
Warum fliegen sie jetzt schon? Es ist doch erst früher Abend und durch Blätter schimmert noch der hellblaue Himmel…
Aber das Eschental wirkte trotzdem immer auf irgendeine Weise dunkel…
Der warme Abendwind strich dem Hexendoktor über das violette Gesicht, welches sich wieder dem Weg zuwandte. Plötzlich jedoch umwehte ihn Kälte, der göttliche Hauch gab ihm zu verstehen, dass er sich beeilen sollte. Warum, sagte wusste er nicht.
Der Troll folgte dem steinigen Weg in Richtung Astranaar, bis er bald links abbog. Dort sollte er den heiligen Mondbrunnen finden, den er verderben sollte – warum auch immer… Er hatte nicht gefragt, denn das war Tanzil irgendwo egal. Er tat sich ohnehin immer schwerer, Dinge ernst zu nehmen beziehungsweise sich um auch nur irgendetwas zu kümmern. Die Lust an allem war geschwunden. Das war früher so viel anders gewesen – bevor jemand in sein Leben trat, der es wert war, den Rest zu vergessen, jemand, der ihm zeigte, dass es nicht nur die Bedürfnisse anderer gab, wenn man selber möglichst keine Gewalt mehr anwenden wollte, auch wenn Tanzil das auf eher unangenehme Weise zu spüren bekam. Er wollte plötzlich etwas. Vorher lebte er für andere, seit er seine Gemütswandlung durchgemacht hatte, jetzt wollte er vor allem wieder für sich leben – aber anders als vorher. Das änderte zwar nichts an seiner ‚hilfsbereiten’ Ader, aber Prioritäten wurden anders gesetzt. Dennoch war das, was er wollte, auf einmal weg – unerreichbar – hat sich einfach aus dem Staub gemacht, ohne etwas zu sagen.
Aber die Leute, an die er sich vorher immer geklammert hatte, kamen nach dem diesem Ereignis nicht zurück, obwohl er versuchte, so wie früher zu leben; jedoch fühlte er sich stattdessen immer allein - auch umgeben von Leuten, die ihn respektierten. Keiner tat dies um seiner selbst willen. Man respektierte ihn nicht für das, was er war, sondern nur für das, was er tat. Er leuchtete ihm zwar irgendwo ein, wieso, aber es machte Tanzil traurig. Er zog sich immer mehr in sich zurück und kapselte sich auch körperlich von allen ab – bis er fast gewaltsam zum Stamm zurückgeholt worden war, um seine ‚Aufgaben’ als Hexendoktor zu erfüllen.
Es ist hier unheimlich ruhig in diesem Wald… Ich sehe Tiere, aber sie geben keine Laute von sich… irgendwie… Oder kann ich sie nur nicht hören? Sie blickten ihn an – schienen stumm und kalt.
Bald erspähte er ein steinernes Etwas in der Ferne, was bläulich schimmerte.
Hmmm… Da vorn ist also der heilige Brunnen der Elune…
Tanzils Schritte wurden hastiger. Er wollte die ganze Sache hinter sich haben. So schön es in diesem Wald auch war, so unwohl fühlte er sich hier.
Er versicherte sich noch einmal in seinem kleinen roten Lederbeutel, ob er die giftgrüne Substanz auch wirklich dabei hatte und holte sie heraus. Tanzil musterte die Phiole noch einmal. Die Flüssigkeit darin schwappte hin und her und sprudelte bedrohlich.
Wer weiß, was er da wieder fabriziert hatte. Er konnte sich seltsamerweise nicht daran erinnern.

Tanzil beugte sich sachte, aber bestimmt über den steinernen Brunnenrand, blickte in den Spiegel des Brunnenwassers und sah Bilder, die ihn in seinen Träumen oft verfolgen.
Er fuhr zusammen.
Da war Tojingo, derjenige, den er lieben gelernt hatte… der ihm aber nie Hoffnung auf irgendetwas gemacht und ihn letztendlich allein gelassen hatte.
Ich mache mir schon wieder zu viele Gedanken über ihn… Er ist WEG! Warum sehe ich das nicht endlich ein? Tanzil versuchte, die unliebsamen Gedanken irgendwie zu verscheuchen.
Seine Hände wurden zu Fäusten und seine Zähne knirschten.
Nun das Gift über dieses Gesicht schütten… Ja, das wäre genau das, was er verdient hätte!
Er ist wirklich weg und ich werde ihn wohl nie wieder sehen! Womöglich ist er sogar schon tot… in blinder Wut gestorben… Dieser Egoist, der nur von Zorn beherrscht wird!

Aber als der Heiler genau hinsah, schlug die Erbitterung in Mitleid um, wohl sowohl für sich selber als auch für Tojingo.
Na jaaaaa… eigentlich ist es auch egoistisch von mir, zu verlangen, dass er immer da ist und mir sagt, wo er ist… Es war damals in Schattenflucht das erste Mal, dass ich überhaupt ‚Ansprüche’ stellen wollte und auch irgendwo stellte.
Das Bild im Wasser lächelte so traurig. Er ist glücklich, mich wiederzusehen…Dieses sanfte Gesicht bekam ich nicht oft zu sehen. Auch wenn das, was er sah nicht der Realität entsprach, so gab ihm dieses Bild doch ein kleines bisschen des verlorenen Glücks zurück, was einst allein darin bestanden hatte, dass er ‚da’ gewesen war.
Und dennoch hätte er nicht einfach so abhauen dürfen…

“Ssssch…“
Das war es schon wieder! Tojingo spitzte die Ohren. Er sah sich nervös um.
Im sonst so stillen Eschental waren Geräusche dieser Art schon etwas Ungewöhnliches und geradezu Verdächtiges.
Es war Zeit, in die Schatten zu verschwinden…
War es vielleicht nur das Flüstern des Windes wie sonst? Das Geräusch erinnerte ihn jedoch daran, wie Tanzil in immer beruhigt hatte, wenn er zerschunden und ausgelaugt nach ein paar Tagen der Folter zurück in Schattenflucht gewesen war, besonders das erste Mal.
Er wollte jetzt nicht daran erinnert werden und hielt sich mit aller Kraft die Ohren zu.
Nein! Ich werde nicht daran zurückdenken, niemals! Die Gegenwart ist schon beschissen genug! Warum soll ich mir Illusionen machen, dass Tanzil mich jemals wieder so in den Arm nimmt? Das macht alles nur noch schlimmer!
Aber die Neugier trieb ihn dann doch. Tojingo verfolgte das Geräusch in die Richtung, aus der es gekommen war. Er schlich sich durch das dichte Unterholz und gelangte so auf eine Lichtung.

Tanzil streckte die Hände aus in der verzweifelten Hoffnung, Tojingos Bild im Wasser zu fassen zu kriegen, aber er wurde, bevor er das Wasser überhaupt berühren konnte, zärtlich an den Schultern gepackt und zurückgezogen.
Jemand schlang seine Arme um ihn.
Er erschrak, aber sie fühlen sich so vertraut an… diese – türkisen - Arme.
D-d-das sind Hauer in meinem Nacken! stellte Tanzil dann auch noch fest.
Eine Stimme hauchte leise, aber gerade so für den Hexendoktor hörbar: „Tanzil…“
Der leichte Atem in Tanzils Genick ließ ihn erschauern und seine Augen weiten sich in Erstaunen. Er zitterte merklich und begriff nur langsam, was eigentlich vor sich ging. Sein Herz raste. Das kann jetzt nicht wahr sein, oder?
Tojingo hätte sich nicht im geringsten Träumen lassen, dass er Tanzil wieder sehen würde, schon gar nicht hier - im Eschental.
Als Tanzil seinen Kopf nach hinten wendete, blickte Tojingo in die zwei bernsteinernen Augen, die so lange fort waren.
Aller Zorn war aus Tanzils Gesicht gewichen.
Tojingo grinste. Für Tanzil war dieser Gesichtsausdruck etwas ganz Neues. Dieses Mal liefen Tojingo Freudentränen übers Gesicht.

Tanzil ließ sich nach hinten gegen Tojingos stählernen Körper sinken - dessen Umarmung wurde fester.
Dieses Mal war Tanzil derjenige, der sich in den Abgrund der Gefühle fallen lassen durfte. Ein entspanntes Lächeln machte sich auf seinem Gesicht breit.
Es tut gut, nicht immer die Haltung bewahren zu müssen, wenn mir gar nicht danach ist…
Als Hexendoktor hatte ich bisher stark zu sein. Auch nach Tojingos Verschwinden, habe ich mich dazu gezwungen, die Tatsache, dass er weg war, einfach zu ignorieren.
Man brauchte mich in Schattenflucht, denn die Angriffe der Naga waren noch nicht verebbt. Ich bin nur wegen Tojingos Zieheltern da geblieben, denn die Trolle dort waren nicht gut auf mich zu sprechen, denn sie wussten, dass Tojingo eine schreckliche Tat an einem ihrer Mitglieder wegen mir verübt hatte.
Beim letzten endgültigen Schlag gegen die Feinde, war auch ich diesmal an vorderster Front dabei. Es war furchtbar, aber wir schlugen die Naga nach langer Schlacht endlich erfolgreich… Ihr Bestand in Desolace war bis auf eine wenige ausgelöscht.
Ich verließ Schattenflucht bald, denn irgendwann konnte ich den Verlust nicht mehr ertragen und ich glaube, man hat es mir angemerkt… Ich musste fort von diesem Ort der Erinnerung. Außerdem konnte ich es nicht länger an jenem Ort aushalten, wo derjenige gelebt hatte, der mich am meisten voll allen Wesen gehasst hatte und grausam zu Tode gekommen war, denn der tiefe Schnitt, der sein Gesicht gezeichnet hatte, als man ihn tot auffand, stammte von der Person, die ich am meisten vermisste. Jeden brachte er so um… Ich kehrte nach Sen’jin zurück und widmete mich einige Jahre hauptsächlich der Meditation in den Bergen Durotars, denn die meisten der dort anwesenden Dunkelspeer nervten mich unbeschreiblich und ich kehrte selten zurück ins Dorf. Dann wurde ich ins Eschental geschickt und nun… ist auch Tojingo wieder da.
Es ist das erste Mal, dass mir Tränen übers Gesicht laufen…


„Isch hab dich värmisst, Tanzil …“ flüstert Tojingo von hinten in Tanzils Ohr und seine Umarmung wurde langsam aber sicher erdrückend.
Er hat Angst…
Dennoch fragte Tanzil das, was Tojingo wohl am wenigsten hören wollte: „Warum bist du gegangen, häh?“ Und während er das sage, löste er Tojingos Griff und drehte sich ihm zu, um ihm fest in die Augen blicken zu können.
Wieso sieht Tanzil mich verdammt noch mal so an?!
Tojingo versuchte, Tanzils Blicken auszuweichen, bis dieser sein Gesicht grob zwischen seine eigenen Handflächen nahm, um ihn zum Blickkontakt zu zwingen. Mit zusammengekniffenen Augen fauche Tanzil Tojingo an: „ANTWORTE MIR! Du haust ohne auch nur EIN Wort ab, mordest noch schnell einen hochrangigen Troll! Dann bist du plötzlich wieder da und weißt keine Antwort oder wie?!“
Ich kann in Tojingos Gesicht sehen, wie sehr er die Antwort weiß aber gleichzeitig gewillt ist, sie möglichst NICHT preiszugeben! Das machte den Hexendoktor rasend. Ich will froh darüber sein, ihn wieder zu haben, aber – Sein Verhalten hat sich nicht gebessert! Immer noch will er nur nehmen und nicht geben – dieser Troll, der meine Zuwendung immer als selbstverständlich hinnahm! Ich will auch mal nehmen können und nicht immer nur geben! Wieso verdammt merkt er es denn nicht?!
„Gut! Du willst es wohl nicht anders!“ und Tanzil erhob sich einfach und wollte gehen.
Wieso hänge ich so an diesem Aas?! Tanzil schüttelte aufgeregt den Kopf und die Tränen stiegen ihm wieder in die Augen, doch diesmal nicht aus Freude.
Doch bevor er auch nur einen Schritt machen konnte, wurde er von Tojingo gepackt und auf den weichen Waldwiesenboden gedrückt.
Tanzil wandte sich unter Tojingo, gab aber resigniert auf. Er konnte Tojingo nicht entkommen.
Wieso kann ich mich einfach nicht wehren? Tanzils ganzer Körper bebte und er seine Augenlider senkten sich.

Tojingo begann, mit brüchiger Stimme zu reden:
„Tanzil… Isch wollt dich nich in de ganzä Miserä mitreinziehn! Du solltäst nich wegen meine Problemä auch wälchä kriegn!“
Tanzil schlug die Augen wieder auf, sah Tojingo fest an und begann zu lachen, schneidend zu lachen.
„Wahahahah! Schonmal daran gedacht, dass ich das möchte!?! – dass ich an DEINEM Leben TEILHABEN möchte?! Da würd ich auch so was absolut in Kauf nehmen! Ohne dich ist mein Leben viel schlimmer! Sicher ist man in dieser Welt ohnehin nicht! War man nie und wird man nie sein! Man kann NIEMANDEN in Azeroth mehr vor Gefahr schützen! KEINER ist sicher! Ich war selbst so einer, der das Leben vieler ohne Rücksicht auf nur irgendetwas ausgelöscht hatte, viele davon Leute, die auch geliebt wurden und eine Familie hatten! Nun treibe ich mich hier im Eschental herum! ALLEIN! Und das ohne dein Zutun. Ich bin an einem Ort, wo deine quasi Erzfeinde sich zu Hauf aufhalten! Du müsstest wissen, dass Hexendoktoren ständig in Kämpfe verwickelt sind! Ob we woll’n oder nich’ spielt nicht die leiseste Rolle! Und ich will schon lange nicht mehr! Wir sitzen nicht immer nur bei den Verletzten und Kranken herum! Ganz in Gegenteil! Das in Schattenflucht war eher die Ausnahme! Solange du DA warst! Ich musste endlich mal nicht mitten im Gemetzel stehen! Nach deinem Verschwinden hörten die Angriffe jedoch nicht auf! Und ab da stand auch ich mitten im Kampfesgeschehen! Außerdem musste ich den Hass von Razzlins Familie und die dauernden Sticheleien ertragen! Ich bin nur wegen deinen Eltern da geblieben! Indem du mich schützen wolltest, hast du mich in Gefahr gebracht! Aber viel wichtiger ist, dass du mich seelisch so verletzt hast…“ Tanzil brach leise wispernd ab.
Tojingo bemerkte Tanzils aufbrausendes Minenspiel und sein Gesichtsausdruck war plötzlich noch verzweifelter als vorher schon.
Ja… du hast Recht…
Tojingo legte seinen Kopf an Tanzils Hals und umarmte ihn wieder aus Angst, dass er versuchen würde, sich ihm zu entziehen und in der Tat war Tanzil kurz davor, es zu versuchen.
Und doch konnte dieser nicht anders, als seine Arme um Tojingo zu schließen.

„Tanzil, ich liebe dich… Bleib bitte da…“ haucht Tojingo gegen die Kehle seines Schatzes, bevor er sie mit Küssen bedeckte und langsam zu dessen Lippen wanderte, um ihn in einen leidenschaftlichen Kuss zu drängen. Es war das erste Mal, dass sich ihre Lippen so berührten.
„Ja, ich dich auch… Du hast dir ganz heimlich mein Herz erschlichen und ich habe es nicht mehr zurückbekommen, so sehr ich mich auch angestrengt habe, als du weg warst, denn du hast es mitgenommen… und es wird immer bei dir bleiben“ seufzte Tanzil und drückte Tojingo noch fester an sich.
Ich habe glaube ich auf diesen Moment gewartet, solange ich dich kenne. dachte Tanzil.

The darkest of all hours

I read the words you send me
Addicted to the joy
Of someone’s caring
I cannot help it but hunger still for more
How beautiful
to lean back
and smile out to the world

Make peace, Mr. Conscience says to me
I take a moment
and figure out the spell
I let go all of my doubts
and open up my heart
Come in and conquer what you find
be sure that I don’t mind

So here I am
All the shadows did return
Release me from this room that I call home
And bring light into the darkest of all hours
and guide me back to the holy ground of life


Yes I know it is difficult
to find some answers
to enter to see my secret world
Be patient and feel trusted in return
Be gentle with this heart of mine, it still is torn
in pieces

--Lyrics by Diary of Dreams, Nekrolog 43

---------FOLGENDES IST NEU---------

Fortsetzung

 
;; Geil... not more to say....
 
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