Interaktives Studium 3

Khanor

Dungeon-Boss
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Mahlzei, alle miteinander.

Vielleicht erinnert sich noch der eine oder andere an meine Online-Abstimmung zur Wahl meines Wahlfaches im Bereich SuK. Ich möchte hier nun mal den aktuellen, entgültigen Stand kundgeben.

Ich habe mich, trotz vielen anderen Überlegungen, letztendlich doch dazu entschieden, mich im Bereich "Was ist Macht - Was ist Denken" eine Hausarbeit über unser aller hier versammelten Lieblingsfreizeitbeschäftigung zu schreiben. Die Entscheidung dazu fiel mir insofern nicht leicht, da nach einigen Vorlesungen und auch einem Referat zu einem verwandten Thema ("Killerspiele") sehr deutlich wurde, dass der Dozent eine recht... sagen wir "faschistische" Einstellung zum Zeitvertreib am PC hat.

Ich will diese Einstellung nicht groß vertiefen, wenn allerdings Aussagen seinerseits wie "wie arm muss man sein um so seine Zeit zu verbringen?" oder ähnliches - und härteres, persönlich angreifendes - fallen, überlegt man sich doch ernsthaft wie objektiv eine Benotung ausfallen würde, wenn man eine doch relativ eindeutige contra-Meinung vertritt.

Interessant waren auch Debatten darüber, ob es denn nun notwendig sei, sich in Spiele zu vertiefen, in denen es darum geht andere zu töten - egal ob nun Monster oder Menschen. Seine Haltung dazu war eindeutig ablehnend mit einem Verweis darauf, dass schließlich früher solche Spielinhalte nicht vorhanden waren und sich die Menschen trotzdem zu beschäftigen wussten. Auf meine Frage hin, ob es beim Schach denn nicht darum ginge, den gegnerischen König zu töten drifteten seine Argumente allerdings leider in einen Bereich ab, der diese Argumentation als lächerlich hinstellte. Wenn man allerdings genau darüber nachdenkt ist eine Weiterentwicklung zu Spielinhalten, wie wir sie heute nicht anders kennen, wohl einzig logisch.

Meiner Meinung nach.

Wie dem nun auch sei, ich möchte hier nun meine Hausarbeit an die Interessenten weiterreichen. Die Absatzführung ist aufgrund der unterschiedlichen Dateiformate leider verloren gegangen (Edit: weitestgehend überarbeitet) und der Text könnte anstrengend auf die Augen wirken, aber dem Inhalt tut das wohl kein Leid an.



Nachdem in den 1960er Jahren allmählich die Entwicklung von individuell programmierbaren Computern begann zeichnete sich ab, dass diese Geräte nicht nur für den Ingenieurbereich interessant sein könnten. In den folgenden Jahren ging die Forschung in verschiedene Richtungen weiter um immer komplexere Rechnungen zu ermöglichen, allerdings auch der breiten Bevölkerung einen Einstieg in das bald einläutende neue Zeitalter zu gewähren.

In der Nachkriegsgesellschaft war Vergnügen ein wichtiger und stark expandierender Wirtschaftszweig. Allerdings richteten sich die Unternehmen nicht mehr länger nur an Familienväter und erfolgreiche Geschäftsmänner und -frauen, sondern erkannten auch Kinder und Jugendliche als potentielle Zielgruppe.

Trotz der Entwicklung immer komplizierterer Programme entstand im Jahre 1972 das erste populäre Computerspiel. Das von der Firma Atari veröffentlichte Pong war in der Lage, zwei steuerbare Balken auf einem Bildschirm zu zeigen, mit deren Hilfe man einen Ball hin und her spielen konnte. Eine virtuelle Simulation von Tischtennis, wenn man so will. Pong nahm seinen Einzug in annähernd jede Spielhalle und zog Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in seinen Bann.

Im Laufe der Jahre entstanden immer weitere und immer aufwendigere Produktionen, von - den heute klassischen - Jump'n'Runs über Sportspiele bis hin zu Flugsimulationen. Ein starkes Augenmerk wurde hierbei auch darauf gelegt nicht nur bei einzelnen Nutzern für Kurzweil sorgen zu können, sondern auch eine große Anzahl an Mehr-Spieler-Möglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Immer mehr Computer nahmen Einzug in private Haushalte und wurden auch dort nicht nur für Textverarbeitung und Tabellenkalkulationen genutzt.

Diese Entwicklung ging so weit, dass man sich bei der Leistungsfähigkeit heute moderner Computer schon fragen muss, ob diese überhaupt für gängige Anwendungen ausgelegt sind oder vielmehr für die Nutzung von Spielen, welche die vorhandene Leistung voll auszunutzen vermögen.

Während sich in den 1980er Jahren die Computer immer unaufhaltsamer ihren Weg in die Arbeitszimmer bahnten entwickelten sich parallel dazu auch neue Wege der Datenübertragung.

Bereits im Jahre 1969 entstand unter der Leitung des US-Verteidigungsministeriums das so genannte ARPANET, welches dazu diente verschiedene Universitäten und Forschungseinrichtungen zu vernetzen. Nachdem dieses Netzwerk im Jahr 1990 von der amerikanischen National Science Foundation für kommerzielle Zwecke freigegeben wurde setzte sich das Internet, wie wir es heute kennen, erst 1993 endgültig durch, nachdem Mosaic als erster Browser in der Lage war auch grafische Inhalte aus dem Datennetz darzustellen.

Die Nutzung des Internets und die Entmachtung des Menschen durch Computer wurde bereits 1983 von John Badham in seinem Film WarGames aufgegriffen. Ein findiger Jugendlicher, der sich in seiner Freizeit gern einmal Einstieg in das Netzwerk seiner Highschool verschaffte um Benotungen zu seinen Gunsten zu verändern, stieß auf der Suche nach neuen und unveröffentlichten Computerspielen auf ein vermeintliches Spiel namens „weltweiter thermonuklearer Krieg“. Die selbstdenkende Software startete ein Programm um einen strategischen Atomschlag gegen Russland zu führen, was anfänglich weder von den Militärs noch vom Hauptdarsteller bemerkt wurde. Die Hauptperson begeisterte sich allerdings stark für die künstliche Intelligenz des Computerspiels und die Fähigkeit, das Spiel über das Netzwerk auszuführen, ohne die Software auf dem eigenen Computer installieren zu müssen.

Da es nun mit gängigen Mitteln und relativ geringem finanziellen Aufwand möglich war in Echtzeit mit Internetnutzern auf der ganzen Welt in Kontakt zu treten war es nur eine logische Entwicklung, dass dieser Umstand auch in die Mehr-Spieler-Option von Computerspielen Einzug nahm und allgemein bekannte Brett- und Kartenspiele über das Internet spielbar entwickelt wurden.

Im Jahre 1997 veröffentlichte Electronic Arts mit dem Titel Ultima Online das erste massentaugliche MMORPG (Massively Multiplayer Online Role Play Game), in dem es nun möglich war in einer kompletten virtuellen Welt das Dasein und das Handeln seines, nach den eigenen Wünschen erstellten, Charakters zu steuern und ebenso tausenden Spielern zu begegnen, die durch ganz Deutschland und Amerika verstreut waren.

Bis zum heutigen Tage hat sich die Entwicklung von Online-Spielen in jedes erdenkliche Genre durchgesetzt und ermöglicht es Fantasy-, Science Fiction-, rennsimulations- und strategiebegeisterten Spielern im Onlineverbund gegeneinander anzutreten oder Aufgaben gemeinsam zu bewältigen. Rund um all die Möglichkeiten hat sich eine Gemeinschaft gebildet, die all die verschiedenen Menschen auf eine gewisse Art eine Übereinkunft finden lässt.

Was nun auf der einen Seite positiv klingt wird andererseits von immer neuen Meldungen getrübt, dass es Spieler gibt, die sich von der Gewalt in einigen dieser Spiele so sehr angesprochen fühlen, dass sie diese Gewalt auch in der Öffentlichkeit an den Tag legen. So wundert es nicht, dass nach jeder Gewalttat an einer Schule als erstes die Verbindung des Täters zu einem „Killerspiel“ hergestellt wird.

Auf diesen Zug möchte ich hier nun nicht aufspringen, sondern ich möchte auf die mannigfaltigen anderen Entfaltungsmöglichkeiten anhand eines Beispiels hinweisen. Hierzu werde ich das Spiel World of Warcraft von Blizzard Entertainment genauer beleuchten, welches zum einen als Steckenpferd der Branche bekannt ist, zum anderen aber auch vor einigen Monaten die Spielergrenze von elf Millionen überschritten hat. Ich möchte aufzeigen, dass dieses Spiel, ebenso wie der mir bekannte Rest der Computerspiele, weit mehr ist, als nur eine Anhäufung roher, offen zur Schau gestellter Gewalt.


Man könnte mich als Befangen ansehen, da ich selbst seit zweieinhalb Jahren aktiv am Spielgeschehen in World of Warcraft teilnehme. Dennoch habe ich mir eine kritische Meinung gebildet, die auf Erfahrungswerten beruht. Ich möchte in dieser Arbeit das Wort "Macht" vermeiden, denn vielmehr geht es hier um eine Ohnmacht von Einzelpersonen, wie ich später - aus meiner Sichtweise - verdeutlichen möchte.

Was nun also bringt elf Millionen Menschen dazu, sich regelmäßig mit diesem Spiel zu befassen? Warum spielt ein großer Anteil davon täglich mehrere Stunden und warum stecken in diesem Spiel Gefahren, die nichts mit der Gewaltverherrlichung zu tun haben, was allerdings ein Großteil der Bevölkerung schlicht nicht realisiert oder realisieren will?

Es gibt eine Antwort, bestehend aus einem einzigen Wort: Vielfalt.

Die Vielfalt, die in den spielerischen Aspekten von World of Warcraft präsentiert wird, macht dieses Spiel für annähernd jeden Spielertypen in jeder Altersstufe interessant. Vorausgesetzt natürlich, dass sowohl das Genre einer Fantasy-Welt mit Monstern und Drachen als auch der Kampf mit Magie, Schwertern und Streitkolben für den Einzelnen ansprechend sind.

Das ganze Spiel ist durchzogen von Auswahlmöglichkeiten, die jede erstellte Spielfigur (im weiteren Verlauf „Avatar“ oder schlicht „Charakter“ genannt) individuell erscheinen lassen und jeder Spieler eine andere Entwicklung im Spielverlauf erfährt, die ihn anders prägen und dementsprechend anders spielen lassen als andere Spieler, anders auf neue Situationen reagieren lässt oder einfach das Vorankommen im Spiel anders vonstatten gehen lassen.

Um den grundlegenden Einstellungen der Spieler entgegen zu kommen gibt es bereits vor Beginn des eigentlichen Spiels eine Unterteilung. Nämlich die der Wahl der Etikette. Die eigentliche Spielwelt, die Ereignisse, die Tag- und Nachtwechsel ebenso wie Wettereinflüsse sowie die Bewegungen von Spielfiguren, die nicht von Spielern sondern einer künstlichen Intelligenz gesteuert werden („NPC“ - Non-Player Character) wird auf mehreren Servern weltweit koordiniert. Diese Server sind in vier Kategorien unterteilt, welche es den Spielern einfacher machen, das Spiel mit anderen Mitspielern nach ihren Vorlieben zu interpretieren. So findet man beispielsweise 'normale' Rollenspielserver, auf denen sich die Spieler wie im Rollenspiel eine Geschichte zu ihren Charakteren ausdenken und sich in mittelalterlicher Sprache über Dinge unterhalten, die gerade in der Spielwelt aktuell sind. Ebenso gibt es Rollenspielserver, auf denen sich die beiden Hauptfraktionen im Krieg befinden und man andere Gegenspieler unaufgefordert angreifen kann. Auf den beiden verbleibenden Serverarten gibt es im Allgemeinen kein Rollenspiel. Hier unterhält man sich im üblichen Internetjargon und hat die Wahl zwischen einem 'friedlichen' und einem 'kriegerischen' Fraktionsverhältnis.

Bei der Erstellung des eigenen Avatars bieten zuerst die Wahl einer von zehn verschiedenen Rassen, die Entscheidung für eine Klasse und anschließend optische Unterschiede in den Gesichtszügen sowie der Wahl von Haarfarbe und Frisur und gegebenenfalls der Gesichtsbehaarung die Möglichkeit sich die Figur nach den eigenen Vorstellungen zu erstellen. Die Klassenwahl gibt nun an, in welcher Art man sich den Rest des Spiels seinen Aufgaben stellt, ob nun beispielsweise als Krieger mit Schwert und Plattenrüstung im Nahkampf, als Magier im Stoffgewand mit Distanzzaubern oder als Priester, der sich unter anderem darauf versteht mit Heilzaubern umzugehen. Abschließend wird der Charakter mit einem Namen versehen, der einzigartig auf dem Server ist.

Wird das Spiel nun gestartet wird eine kurze Videosequenz abgespielt, die eine Einleitung in die Geschichte der gewählten Rasse gibt und den Spielern, die sich darauf einlassen gibt es die Möglichkeit, in eine Welt abzutauchen, die der Welt eines Films oder eines Buchs ähnelt, an deren Geschichte man aber interaktiv teilhaben kann. Von nun an ist das Spiel mit tausenden von kleineren und größeren Aufgaben, im Spiel „Quests“ genannt, gespickt, die nur ausführbar sind, wenn der Charakter die dazu nötigen Fähigkeiten bereits erlernt hat. So beginnt jede Rasse in einem eigenen kleinen Heimatgebiet und die dort verfügbaren Quests dienen sowohl dazu die derzeitige Situation in der Spielrealität darzustellen, als auch mit den Fähigkeiten des Charakters umzugehen zu lernen.

Man wächst nun also mit seinem Charakter. Die Herausforderungen der Aufgaben werden größer, je weiter der Charakter in den Stufen aufsteigt, aber auch die Fähigkeiten steigen mit jeder Stufe an und der Spieler kann sich seine ganz eigene Art mit diesen Fähigkeiten umzugehen anlernen. Besitzt der Avatar anfangs nur zwei bis drei primäre Angriffs- oder Verteidigungsfertigkeiten so sind es auf der Höchststufe zwischen 30 und 50 verschiedenen Attacken und Zaubern, von denen sich jeder Spieler die für ihn am sinnvoll erscheinensten in seine Benutzeroberfläche legen kann, um diese ohne großes Suchen zu benutzen.

Zusätzlich besitzt nun auch jede Klasse noch die Möglichkeit, sich in drei verschiedenen Richtungen zu spezialisieren und mit jeder Stufe ein weiteres Talent ausbilden. Auch diese Talentvergabe folgt nach dem Prinzip des Individualismus. So kann sich zum Beispiel ein Magier auf den Umgang mit Feuerzaubern spezialisieren, andererseits aber auch seine Talente für Frostzauber aufwenden. Sagt ihm dies beides nicht zu, so ist es auch möglich als dritte Alternative die Künste von „arkanen“ Zaubern erlernen. Selbstverständlich besteht aber auch die Möglichkeit all diese Talente bis zu einem gewissen Grad zu kombinieren.

Allein schon anhand dieser Gesichtspunkte wird wohl deutlich, dass es im Spiel annähernd unendlich viele Möglichkeiten gibt sich zu entwickeln. Und genau diese Formulierung ist es, die aufzeigt, wie sich die meisten Spieler in das Spiel einbringen: sich entwickeln. Man entwickelt nicht den Charakter, den man eigentlich steuert, sondern man wird - egal ob Rollenspieler oder nicht - selbst zu dem Wesen auf dem Monitor. Die Figur tut genau das, was man von ihr verlangt und wann man es von ihr verlangt. Die Figur lernt die Dinge, die der Spieler ihr aussucht und die Figur bewältigt die Quests auf die Art, wie der Spieler an der Tastatur die Fähigkeiten des Avatars benutzt. Jeder Spieler auf seine ganz eigene Art und Weise. Ebenso wirkt sich der gesamte moralische Standpunkt des Spielers auf sein Verhalten im Spiel aus und somit auch auf das Spielerlebnis der Mitspieler.

Doch das Kampfsystem, mit dem man sich verteidigt oder selbst einen Kampf beginnt, ist nicht die einzige Möglichkeit, sich seinem Charakter verbunden zu fühlen und ihn nach den eigenen Wünschen auszubilden. Im Spiel werden auch Berufe angeboten, von denen man einige erlernen kann. So ist es möglich, sich in der Schmiedekunst ausbilden zu lassen, oder aber als Lederverarbeiter oder Schneider oder einem der weiteren Berufe. Bis zu zwei Primärberufe ist ein Avatar im Stande zu lernen und man kann sich nun aussuchen, ob die Kombination aus Schmiedekunst und Juwelenschleiferei für den eigenen Charakter in Frage kommt oder ob man vielleicht lieber die Schmiedekunst mit der Bergbauerei verbindet. Denn irgendwo her müssen schließlich auch die Rohstoffe für die Schmiedeerzeugnisse kommen.

Diese sind natürlich auch auf anderem Wege zu beziehen, denn in World of Warcraft gibt es ein Handelssystem, welches es jedem Spieler ermöglicht Waren und Güter an andere Spieler zu verschenken, zu verkaufen oder sogar per Post zu schicken - auf Wunsch auch per Nachnahme. Die hierzu nötige Währung, aufgeteilt in Gold-, Silber- und Kupferstücken, erhält man für den erfolgreichen Abschluss von Quests oder kann diese auch von erlegten Gegnern plündern. Manches mal finden sich auch brauchbare sowie unbrauchbare Ausrüstungsgegenstände, die entweder an andere Spieler verkauft, selbst angelegt oder sogar an NPC-Händler abgetreten werden können. Sollte sich nicht in der unmittelbaren Nähe ein potentieller Käufer für einen Gegenstand finden gibt es noch immer die Möglichkeit, die Waren in einem Aktionshaus anzubieten, welches vergleichbar mit dem Internetauktionshaus eBay ist.

Nimmt man all diese Faktoren - und auch die, welche das Spiel sonst noch vorrätig hält, welche hier aber den Rahmen sprengen würden - zusammen, zeichnen sich die versteckten Gefahren deutlich ab: ein nachgeahmter Realismus. Eine bunte Welt mit teilweise unrealistischen Proportionen und Lebewesen, die sich in einer Art zweiter Realität befinden, in der es aber erstrebbarer scheint einen gewissen Status zu erreichen, hebt man sich doch als einer von elf Millionen Spielern deutlicher heraus als ein Otto-Normal-Verbraucher unter sechs Milliarden Menschen weltweit. Hier bieten sich Möglichkeiten zum Aufstieg und zu flüchtigem Ansehen, die manch einem Spieler in der realen Welt nicht vergönnt sind.

Auf hohen Stufen können Gruppen von fünf bis 25 Spielern gemeinsam Areale betreten, in denen die Gegner und Hauptgegner die Fähigkeiten von einzelnen Charakteren weit überschreiten würden. Hier wird Teamfähigkeit und strategische Leistung gefordert. Und wie immer, wenn eine Gruppe einer Strategie folgt, gibt es jemanden, der die Führung der Gruppe übernimmt. Und geduldig nimmt nun jedes Gruppenmitglied die ihm vom Leiter zugeteilte Position und Aufgabe ein und versucht diese, nach besten Möglichkeiten zu erfüllen. Sollte der Kampf dann allerdings scheitern gibt es Analysen, wo welche Fehler von einzelnen begangen wurden. Je nach schwere des Fehlverhaltens kann es auch zu hitzigen Diskussionen kommen.

Wirklich noch ein Spiel? Besonders hier tritt oftmals der oben erwähnte moralische Standpunkt eines jeden Spielers zu Tage. Würde man sich im realen Umgang mit Respektspersonen höflich, zurückhaltend und einsichtig verhalten kommen hier manchmal derbe Kommentare durch. Die Anonymität über das Internet macht es möglich, denn der Gegenüber sieht nur ein Fabelwesen und genauso sieht man von seinem Gegenüber nur ein Fabelwesen, anhand dem man eindeutig erkennt, dass es sich hier lediglich nur um ein Spiel handelt. Unangenehmerweise suchen sich einige Spieler hier nur die Argumente aus Ernsthaftigkeit und Spielspaß heraus, die ihnen in der Kombination den größten Nutzen bringen. Aus der Ernsthaftigkeit zieht man beispielsweise den Faktor heraus, dass man einen gerechten Anspruch auf erbeutete Gegenstände hat oder von einem heilenden Charakter dafür gesorgt wird, dass man sich nicht unnötig nah am Ableben seines Charakters bewegt. Aus dem Spielspaß müsste man hier logischerweise die Fairness anwenden, die Hilfsbereitschaft, die Höflichkeit und die Kritikfähigkeit, die man von den Mitspielern ebenso verlangt, damit die Spielzeit eine Freude für jedermann wird. Leider geschieht es nur allzu oft, dass schlicht der egoistische Part des Spielspaßes betrachtet wird und man übermäßige Ansprüche stellt oder einfach unkameradschaftlich handelt, was zu Missstimmungen und unschönen Situationen führen kann.

Im Normalfall sehnt sich jeder Spieler nach Eintracht und Gruppenleiter sorgen nicht nur für strategische Inhalte, sondern auch für ein angenehmes Klima. Doch wo auch immer Machtpositionen zu finden sind lässt sich auch jemand finden, dem es nicht gegeben ist, diese Position in angemessener Weise auszufüllen. Hinter so mancher Gruppe steht ein Leiter, dem es nur um den schnellen Erfolg geht, der die Rahmenbedingungen im Vorfeld nicht angemessen auswertet und der bei einem Fehlschlag in Wutausbrüchen mit teilweise unflätigen Beschimpfungen endet. Hier fühlt man sich im Recht, schließlich hat man selbst diese Gruppe aus lauter Unbekannten zusammengestellt und interpretiert allein in diese Tatsache als Argument genug, sich selbst als unanzweifelbar anzusehen. Dass eine solche Position, und sei sie auch nur für 60 bis 180 Minuten vorherrschend, ein gehöriges Maß an Verantwortung in sich trägt scheint hinfällig. Ich selbst hörte Beleidigungen, die meine Denkfähigkeit angriffen und mir nahe legten, „lieber Solitär zu spielen anstatt die Elite mit“ meiner „Anwesenheit zu quälen“.

Egal wie bewusst man sich des vermeintlich begangenen Fehlers ist oder wie genau man weiß, dass es sich lediglich um ein Spiel handelt, so greifen solche Kommentare doch die Persönlichkeit an und hinterlassen Kränkungen. Denn hier wird nun doch nicht mehr die bunte Spielfigur angegriffen, sondern die Person dahinter, eine Person mit Gefühlen und vielleicht sogar Schuldgefühlen. Auf der anderen Seite wird Ehrgeiz geweckt. Man will es sich selbst, aber ebenso den restlichen Spielern, die dieser Schmach beiwohnten, beweisen. Die Beleidigungen waren ungerechtfertigt, man kann es besser, auch wenn es mit ein wenig Zeit zum Üben von bestimmten Situationen verbunden ist oder mit der Beschaffung von besseren Rüstungsteilen. Man beginnt sich Tipps von anderen Spielern einzuholen, aber auch im Internet finden sich zahlreiche Homepages mit Tipps und Strategien, wie sich ein Charakter am besten spielen lässt. In den meisten Fällen sind diese Ansichten so zahlreich, wie es Spieler gibt, denn jeder dieser Kommentare und Texte wurde von jemandem verfasst, der seine Interpretation seines Charakters als die ausgefeilteste unter allen versteht.

Was ursprünglich als Spiel begann, als ein Zeitvertreib, als eine Entdeckungsreise über farbenfrohe Kontinente wird im Laufe der Zeit für viele Spieler zu mehr als einem Freizeitvergnügen, ohne dass sie es realisieren - oder realisieren wollen. Das Geltungsbedürfnis in der Gemeinschaft wächst heran, man beginnt regelmäßig an Gruppenveranstaltungen teilzunehmen in der Hoffnung, einen der heiß ersehnten Ausrüstungsgegenstände für sich gewinnen zu können und so die Fähigkeiten seines Avatars noch weiter zu steigern.

Doch nach einem Erfolg müssen weitere folgen. Das Ende der Möglichkeiten ist noch lang nicht erreicht, denn immer weitere, immer bessere Gegenstände gibt es zu erbeuten und in unregelmäßigen Abständen implementiert die Firma Blizzard neue Spielinhalte, welche neue Herausforderungen bieten, neue Strategien erfordern - welche aber auch erst in langwierigen Versuchen erstellt werden müssen - und neue Rüstungsgegenstände bereit halten. Ist der Spieler in diesem Bereich aktiv ist er oftmals auch an diesen neuen Herausforderungen interessiert. Weltweit gibt es Ranglisten, welche Spieler es wie schnell geschafft haben diese neuen Aufgaben zu erledigen. Manchmal dauert es Wochen, oftmals aber sogar Monate, bis es der ersten Gruppe gelingt, die Inhalte abzuarbeiten. Es ist schon seit Jahren ein ehrgeiziger Wettkampf zwischen Spielerzusammenschlüssen, so genannten „Gilden“, entbrannt, was auch in der Szene um World of Warcraft ein gewisses Maß an Popularität mit sich bringt. So werden regelmäßig die Mitglieder der in Deutschland erfolgreichsten Gilde zu Computerspiel-Messen eingeladen um dort, über eine Videoleinwand für alle sichtbar, einen dieser neuen und schweren Spielinhalte zu bestreiten - nach Möglichkeit erfolgreich.

Es kommt nicht selten vor, dass sich übereifrige und, in meinen Augen, unreife Spieler dementsprechend äußern, sich bei einer dieser Gilden beworben zu haben. Diese Spieler sind so sehr von sich selbst überzeugt, dass es einem 'normalen' Spieler fraglich erscheint, ob diese Person den Bezug zur Realität verloren hat oder einfach nur unerfahren ist. Man bedenke, dass es weltweit elf Millionen Spieler gibt, von denen nur ein geschätzter Promilleanteil in diesen Gilden aktiv ist, aufeinander eingespielt seit Monaten oder Jahren. Erschreckend an dieser Tatsache ist allerdings, dass es sich bei diesen Spielern fast ausschließlich um Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren handelt und sich die Frage aufdrängt, was diese halben Kinder denn zu tun haben, wenn sie nicht gerade vor dem PC sitzen. Solch ein ehrgeiziges Ziel sei jedem vergönnt, keine Frage, doch ist jedem Spieler, der sich näher damit befasst, längst bekannt, dass ein solches Ziel einen enormen Zeitaufwand mit sich bringt. Vergleichbar sind solche Aktivitäten mit der Mitgliedschaft in einem Sportverein. Da gibt es Übungstermine, es gibt Freundschafts- und Ranglistenspiele, aber genauso muss auf das Sportgerät geachtet werden und, bei Bedarf, Ersatz organisiert bzw. gekauft werden.
Was in der Realität allerdings meist dadurch bezahlt wird, dass sich diese Jugendlichen bei den Eltern Geld organisieren um sich neue Fußballschuhe und Trikots zu kaufen muss im Spiel selbst erspielt werden. Werden hier neue Heiltränke oder ähnliches fällig, ist es nicht möglich sich irgendwo - außer von befreundeten Spielern - Geld zu leihen, sondern es müssen Quests erledigt werden um sich seinen Goldbeutel etwas aufzufüllen. Ein Beispiel: Eine täglich wiederholbare Quest wird mit ca. 10 Goldstücken belohnt, hat dabei einen Zeitaufwand von mindestens fünf, manchmal auch bis zu 15 Minuten. Um genügend Goldstücke für einen Stapel der Tränke zusammen zu bekommen muss man allerdings zwischen vier und acht dieser Aufgaben erledigen, was selbst im zeitlich günstigsten Rahmen bereits knapp 40 Minuten täglich in Anspruch nimmt - oftmals weit mehr.

Dann geht es meist abends mit einer Gruppe in eines der besagten Areale, was manches mal bis zu vier oder fünf Stunden dauern kann. Je nach Schwere der Gegner und dem Ausrüstungsstand der einzelnen Mitglieder kann diese Zeit schwanken.

Am nächsten Tag werden diese und ähnliche Prozeduren wiederholt um sich noch besser in die einzelnen Kampfsituationen einzubringen. Mir selbst sind Menschen bekannt, die nach genau diesem Prinzip drei bis vier Abende in der Woche verbringen. Zuzüglich gestalten sie die Wochenenden auch mit diesem Spiel, wenn auch hier nun vielleicht etwas zwangloser. Die Firma Blizzard hat es ermöglicht, dass Spieler insgesamt bis zu 50 Charaktere erstellen können und so treibt es einige Spieler, wenn einmal der Stress mit dem ersten Charakter zu groß wird, auf diese „jüngeren“ Avatare, um ein wenig auszuspannen und einfach nur für sich spielen zu können.

Auch hier stellt sich wieder die Frage, wie sehr man den Bezug dazu verloren haben muss, dass es sich doch nur um ein Spiel handelt. Man erstellt sich also einen Charakter, mit dem man 'nur' spielt zum entspannen, weil man mit dem eigentlichen Charakter, mit dem man am meisten spielt in eine Rolle hinein geraten ist, die der Realität sehr nahe kommt: einem Arbeitnehmer, beispielsweise. Man muss funktionieren, man muss diese oder jene Dinge können oder anderes vorrätig halten, was aber mit Arbeitsaufwand zu tun hat, der erst einmal erbracht werden muss.

Wann, so frage ich mich oft, machen Jugendliche, die sich in diese Schiene gut einfinden können, ihre Hausaufgaben oder lernen angemessen für Tests und Klassenarbeiten?

Ich will nicht darauf hinaus, dass diese Kinder mehr hinaus in die Natur gehen oder sich direkt mit ihren Freunden treffen sollten, denn das sollte dem Spaß und dem Willen jedes einzelnen obliegen. Denn auch innerhalb dieses Spielgeschehens ist es möglich nicht nur alte Freundschaften aus der Realität zu erhalten oder zumindest dieses Spielerlebnis zu teilen, sondern es entwickeln sich auch innerhalb des Spiels Bekannt- und Freundschaften, manches mal sogar Beziehungen. Ich selbst zum Beispiel habe langjährige Freunde, von denen ich weiß, dass diese auch in World of Warcraft unterwegs sind oder einmal unterwegs gewesen sind, habe aber ebenso Menschen im Spiel kennen gelernt mit denen ich mich mehrfach persönlich getroffen habe obwohl diese über ganz Deutschland verteilt waren. Zu einigen davon halte ich noch immer Kontakt, obwohl diese seit teilweise über einem Jahr nicht mehr am Spielgeschehen teilnehmen. Nicht zuletzt sei erwähnt, dass ich meine Partnerin über eine Internetplattform kennen gelernt habe, die sich auf die Berichterstattung von und für Spieler von Online-Rollenspielern ausgelegt hat.

Was ich hingegen für bedenklich halte ist, dass es oftmals Jugendlichen - aber ebenso Erwachsenen - manchmal schwer fallen kann die Prioritäten auf die richtigen Werte zu setzen. Ein Vorankommen scheint in diesem nachgeahmten Realismus einfacher als in der wahren Realität, sei es in punkto Erforschung der eigenen Charakterfähigkeiten als auch im Ausbilden des Berufs. Je nach Zeitaufwand ist es zwar nicht einfach (im herkömmlichen Sinne) einen Beruf bis auf die höchste Fertigkeitsstufe zu erlernen, aber dennoch in einem Bruchteil der Zeit geschafft die eine Ausbildung in einem reellen Beruf benötigt.

Besonders in der Pubertät und nach dem Abschluss der Schule befinden sich Jugendliche in einer Selbstfindungsphase, in der es auch ohne Einflüsse von außen schon schwer genug für die Einzelperson ist herauszufinden, wo die eigenen Stärken und Schwächen liegen, wie weit man unter gewissen Umständen in manchen Situationen gehen kann und darf oder schlichtweg der Umgang mit Respektspersonen wie Lehrern, Gesellen oder Beamten im öffentlichen Dienst. Wird allerdings die Zuflucht in diesen Online-Realismus zu weit getrieben scheint ein Jugendlicher - den ich in emotionaler Haltung hier als 'labil' bezeichnen möchte - mit seinem vielleicht sogar unflätigen Verhalten dennoch voran zu kommen und übernimmt derlei Tugenden auch für den realen Umgang an. Er lernt die wahren Grenzen nicht kennen, kann zu Unhöflichkeit neigen und gegebenenfalls vollkommen den natürlichen Lernprozess verpassen sich in nötigen Situationen unterzuordnen oder kritikfähig zu sein.

Auch wenn man sein Hauptaugenmerk nicht auf die Gruppenszenarien legt, wie es im übrigen bei geschätzten 90 % der Spieler der Fall ist, so ist ein regelmäßiger Besuch der Spielwelt fast an der Tagesordnung. Denn auch nach erreichen der Höchststufe gibt es noch so viele Dinge zu sehen und zu erleben, dass es scheinbar unmöglich scheint die Grenzen des Spiels zu erreichen. Manch ein Spieler stürzt sich in gesonderte Areale die eigens dafür ausgelegt sind gegen andere Spieler zu kämpfen und sich im direkten Vergleich zu messen. Andere Spieler holen all die Aufgaben nach, die sie bis zu ihrem erreichen der Höchststufe 'verpasst' haben oder die einfach auf einem anderen der Spielkontinente stattgefunden haben und nicht von der Geschichte, die sie erzählen, miteinander verknüpft waren. Wieder andere befassen sich mit ihren Berufen um die höchsten Fertigkeiten zu erreichen aber ebenso auch alle Rezepte und Vorlagen zu erlernen. Da ein Großteil dieser Vorlagen jedoch nicht bei einem herkömmlichen Lehrer zu erlernen ist sondern zu geringen Prozentsätzen (oftmals unter einem Promille) im Beutegut in bestimmten Gebieten zu finden ist gibt es auch hier genug Zeitaufwand zu erbringen. Doch auch unter diesen Spielertypen gibt es wohl kaum jemanden, der nur einen einzigen Avatar erstellt hat, sondern die meisten spielen mehrere Charaktere abwechselnd und haben mit allen unterschiedliche Ziele, die es zu erfüllen gilt - manche nehmen sich aber auch vor, mit allen Charakteren alles zu erreichen.

Doch wieso? Warum hört man nicht, wie bei 'normalen' PC- und Spielkonsolenspielen nach durchschnittlich ein bis vier Monaten eines Tages auf und wendet sich einem anderen Spiel oder einer anderen Freizeitbeschäftigung zu?

Auch hier gibt es wieder eine Antwort, die so simpel ist, dass man in den herkömmlichen Gedankengängen nicht einmal darauf kommen würde: Das Spiel hat kein Ende.

Zumindest nicht im herkömmlichen Sinn. Ist bei anderen Spielen irgendwann der Punkt erreicht, an dem der letzte Gegner besiegt und die Geschichte, um die sich das Spiel strickt, erzählt ist gibt es meist eine abschließende Video- oder Textsequenz, die den menschlichen Hang zu einem Abschluss von allem befriedigt oder zumindest soweit zufrieden stellt, dass sich die Hersteller einen möglichen Anschluss an einen weiteren Teil einer Spielreihe offen halten. Ausnahme bieten hier wohl Sportspiele, in denen man das Spiel auch bis ins Endlose fortsetzen kann, sofern der Erfolg stimmt. Doch wird es hier meist nach gewisser Zeit langweilig sich immer überlegen zu fühlen und kaum eine Niederlage einstecken zu müssen.

In MMORPG's, die in den letzten Jahren nach dem Erfolg von World of Warcraft an Zahl und Vielfalt stark zugenommen haben, ist dies nicht der Fall, denn es wird immer etwas zu tun geben. Hier eine Kleinigkeit, die man noch nicht erledigt hat. Hier ein Spielinhalt, den man gern noch einmal bestreiten möchte, vielleicht hilft man auch gern anderen Spielern in deren Vorankommen, eventuell wird auch gerade eine weitere kostenfreie Implementierung von Spielinhalten durchgeführt in welcher man sich gern unter den ersten Bezwingern neuer Aufgaben sehen möchte.

Und nicht zuletzt gibt es auch hier noch eine riesige Hintertür: in unregelmäßigen Abständen wurde bisher eine kostenpflichtige Erweiterung ins Spiel eingeführt, die beispielsweise einen weiteren Kontinent aus dem nichts entstehen lässt und neue Spielstufen, Berufsmöglichkeiten, Entdeckungen, Aufgaben und vielleicht sogar ganze Rassen und Klassen neu ins Arsenal an verschiedenen Spielmöglichkeiten einbringt. Diese Erweiterungen sind untereinander verknüpft, doch auch ohne die Erweiterung bleibt das Spiel spielbar. So ging World of Warcraft am 13. November 2008 in die 'dritte Runde' und veröffentlichte mit Wrath of the Lich King einen weiteren Spielinhalt und Hauptgegner der gesamten Spielwelt, nachdem die Schurken in der zweiten Erweiterung The burning Crusade zu Genüge von Spielergruppen herausgefordert und besiegt wurden. Denn schließlich darf man nicht vergessen, dass ein Spieler auch ein zahlender Kunde ist, den sich die Firma Blizzard nicht entgehen lassen kann, darf und will. Doch was gibt es schlimmeres als einen Spieler, der unzufrieden und gelangweilt ist? Wohl nichts, denn dieser orientiert sich neu und könnte im schlimmsten Fall sogar zur Konkurrenz übersiedeln und sich in der Welt von Der Herr der Ringe Online, Warhammer Online oder Age of Conan einen neuen Erfolgsweg beschreiten.

Doch wie steht es nun um die Ohnmacht, von der ich eingangs sprach?

Ich nehme, aufgrund meiner eigenen Erfahrungen, Abstand davon, dass dieses Spiel süchtig macht. Die Sucht an sich kann durch dieses Spiel allein nicht entstehen, ebenso wie sich der Körper zwar an Nikotin gewöhnt, das eigentliche Verlangen aber im Kopf ausgelöst wird und keine Suchtreaktion des Organismus darstellt. Was World of Warcraft allerdings eigen ist und was sich nicht weg diskutieren lassen kann ist ein Suchtpotential, das in einzelnen Menschen nach einer immer neuen Stillung schreit. Es ist die Ohnmacht in Einzelnen, die sie dazu bringt sich darauf zu besinnen, dass es sich hier nur um ein simples Spiel handelt und keinerlei reale Zwänge darin zu finden sind. Niemand wird gezwungen zu einem bestimmten Zeitpunkt im Spielgeschehen irgendetwas zu tun - sofern nicht Verabredungen getroffen wurden. Auch wenn es in der Spielwelt Aufgaben gibt, die täglich erledigt werden können und für das Erreichen mancher Spielinhalte auch täglich erledigt werden müssten: niemand wird gezwungen sie zu erledigen und niemandem wird ein merklicher Nachteil daraus entstehen. Denn einige Inhalte werden so nur für den Spieler aufgeschoben, andere kann er so vielleicht nicht erreichen, was aber seine Chancen in allen anderen Gelegenheiten des Spiels nicht schmälert einen Kampf zu gewinnen oder eine Aufgabe erledigen zu können.
Die Ohnmacht liegt in der Differenzierung, die in jedem Fall von jedem einzelnen Spieler individuell getroffen werden muss. Ein schwieriger Lernprozess, ohne Frage, doch ein nötiger, will man nicht Gefahr laufen den Blick zur Realität zu verlieren.

Anhand meines eigenen 'Werdegangs' diesbezüglich kann ich bestätigen, dass es in vielen Fällen eine gewisse Zeit braucht um die anfänglich überhand nehmende Faszination der Komplexität zu überwinden, doch darf man seine Augen dann auch nicht davor verschließen die Erkenntnis gewonnen zu haben, dass es eine Flucht sein kann oder vielleicht schon ist. Eine Flucht in eine viel einfachere Welt, in der man sich mit der Zeit so heimisch fühlen kann und die auch nach vielleicht Jahren noch nicht langweilig wird.

Ich habe anfänglich jede freie Minute im Spiel verbracht. Nach Feierabend in meiner Ausbildung kam ich gegen 17.30 Uhr nach hause und nahm mein Abendessen bereits vor dem laufenden PC ein und blieb auch dort manchmal bis 1.00 Uhr nachts sitzen und spielte, entdeckte, lernte und trieb mich voran, weil in mir das Gefühl entstand alles gesehen zu haben und die Angst wuchs irgendetwas zu verpassen. Und am kommenden Tag stand ich um 5.30 Uhr wieder auf, manchmal vollkommen übernächtigt, und ging zur Arbeit. Die Wochenenden waren von morgens bis abends erfüllt mit dem Spiel und auch in meinem Urlaub sah ich selten Tageslicht, bis eines Tages die Erkenntnis wuchs, dass ich Zeit für dieses Spiel aufwendete, die ich eigentlich nicht dafür zur Verfügung hatte. Mein Schlaf litt darunter, doch mit zunehmender Näherung der Gesellenprüfung geriet ich auch hier mit meiner Lernzeit in Konflikt bis es beinahe zu spät war.

Den Punkt der Ohnmacht konnte ich überwinden und habe meine Spielzeit Schritt für Schritt an meine Möglichkeiten angepasst. Wenn auch heute manche meiner Bekannten nicht verstehen, wie ich trotz dieser Gefahren an dem Spiel festhalten kann so kann ich für mich eindeutig klar stellen, wann ich mir eine oder mehr Stunden erlauben kann mich in diese Welt einzufinden oder wann ich vielleicht einige Tage oder Wochen keine Zeit habe auch nur an das Spiel zu denken.

Denn genau das ist es: ein Spiel. Ein Spiel soll beschäftigen und vielleicht ablenken, aber in erster Linie soll es Spaß und Freude bereiten. Ein Spiel soll vielleicht sogar trainierende Wirkungen haben auf die Hand-Augen-Koordination und soll unsere Fantasie anregen.

Was ein Spiel nicht können darf und worin eine Gefahr besteht ist, dass es unser Denken, unser Handeln und unsere Sichtweisen beeinflusst und uns aus der Realität reißt. Und dazu ist auch keines der derzeit verfügbaren Spiele in der Lage, sondern nur der Mensch selbst, der das Spiel durch seine eigenen Schwächen im Umgang mit der Realität in diesen Status erhebt.



Bewertet mit 1,7
 
Dickes GZ, nicht einmal mein jüngerer Bruder hat es alles gelesen ;)

Den Bezug zwischen den Vorlesungen und den gehörten Referaten habe ich auch nie verstanden. Für mich war bis zum Schluss fast nicht klar, worauf wir in unseren Arbeiten eigentlich hinauslaufen sollten. Im Endeffekt war lediglich folgendes gefordert: "Denken Sie nach." Es gab Referate über ADS (ein Komillitone erzählte ganz einfach seine Lebensgeschichte), über Erziehung, Medien und auch ein wenig Philosophie, im Grunde ging es einfach nur darum einige Dinge zu hinterfragen, sich selbst einzubringen (und das nicht unbedingt nur anhand eines persönlichen Fazit am Ende), etwas über Machtverhältnisse nachzudenken und, ja, im Grunde simples Denken. Vielleicht einfach ein bisschen "anti sein" und das in seine eigenen Worte zu verpacken.

Das mit dem Korrekturlesen stimmt. Ich hätte das auch gern beherzigt, allerdings... Ein Semester ist kurz ^^ Die Aufgabe war seit der zweiten Vorlesung gestellt und wie Studenten nun einmal so sind beginnt man dann doch erst drei Abende vor der Abgabe damit und erschrickt, wenn man feststellt am ersten Abend gerademal die Einleitung geschafft zu haben.
Hierzu hat aber auch die undurchsichtige Aufgabenstellung beigetragen, sodass ich auch bei der Abgabe nicht wusste, ob ich den Kern seiner Forderung getroffen habe.
Ich wurde leider wirklich erst auf die letzte Minute fertig und bin selbst nicht zufrieden gewesen. Im Normalfall lasse ich solche Dinge noch zwei Tage ruhen, lese sie noch einmal und im Endeffekt schreibe ich tatsächlich alles noch einmal um und bekomme am Schluss fast die doppelte Seitenanzahl heraus. Die Zeit fehlte mir hier leider, daher auch keine Korrekturlesung.
Zu den Kommata: Das ist immer Ansichtssache ^^ Leider. Es gibt Leute, auch Professoren, die setzen gar keine. Dann wiederum gibt es welche, die zu viele setzen. In manchen Büchern stehen so viele, dass man meint die Taste hätte eine Auto-Hit-Funktion, in anderen fragt man sich ob die Taste defekt war. Früher sagten mir meine Lehrer, dass ich bezüglich der Kommata der Beste in der Klasse wäre, ab da begann ich unsicher zu werden und mache manchmal viel zu wenige, manchmal viel zu viele ;)
Problematik bei Kommata: sie werden oft auch einfach aus Betonungsgründen gesetzt. So wohl auch hier geschehen. Und diese Setzung ist meist falsch, das stimmt.

Danke für das Lob :)
 
Es stehen leider noch mindestens drei Klausuren an. Vielleicht auch mehr, was ich nicht glaube. Ich denke nicht, dass ich irgendwo durchgefallen bin, aber obwohl bis heute alle Klausurergebniss im System stehen müssen fehlen natürlich noch immer zwei Stück, sodass ich das nicht mit Bestimmtheit sagen kann.
Die drei Knack-Späßchen warten dann im Oktober auf mich. Sind natürlich auch die drei Schwersten im Semester :clap:
 
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