Kapitel 67

Evilslyn

Rare-Mob
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Ellenora öffnete die Augen und blickte direkt in das zarte Blau des Himmels, der sich -umrahmt von in ihr Sichtfeld ragenden Baumkronen – über ihr erstreckte. Sanft Winde, ließen die Blätter beruhigend wogen, und entlockten ihnen ein heimeliges Rauschen. Ellenoras Geist, schwebte in einer Blase des Wohlbefindens. Unwillkürlich verzogen sich ihre Mundwinkel zu einem breiten, zufriedenen Lächeln, während sie sich ausgiebig streckt. Dabei gab sie ein wohliges stöhnen von sich. Sie fühlte sich wundervoll. Sie konnte sich ehrlich gesagt nicht erinnern, sich je zuvor so gut gefühlt zu haben. Es kam ihr vor als habe sie einhundert Jahre geschlafen.
Dann kehrte die Erinnerung zurück. Der Worg, Marl – einst einer ihrer engsten Freunde, nun eine reisende herzlose Bestie - ein Kampf – brechende Augen – vorwurfsvoll – flehend …
Trotz der wärme die noch immer Ellenoras Geist umspülte, zog sich bei diesen Erinnerungen ihr Herz schmerzlich zusammen. Was hatte sie nur getan. Anderseits war sie sich sicher, das nur das brechen des Fluchs, welchen nur der Tod zu brechen vermochte, den alten Marl hervorgebracht hatte.
Sie drehte den Kopf und blickte sich auf der kleinen Lichtung um. Sie musste nicht lange suchen. Nur wenige Schritte von ihr entfernt lag der nackte Leichnam Marls. Doch er lag nicht so da, wie sie es erwartet hatte. Bis auf das Blut welches sein Gesicht verschmierte, lag er völlig friedlich als würde er schlafen. Er lag auf dem Rücken, seine Augen geschlossen. Seine Beine lagen parallel, seine Arme waren auf der Brust gefaltet. Seine Scham war mit einer kleinen Decke bedeckt. Ellenora verstand nicht. Wer hatte das getan? Und warum? Es waren sicher keine Worgen. Die hätten ihn mitgenommen, oder was wahrscheinlicher war, hätten ihn liegenlassen, oder gar gefressen. Aber Menschen konnten es auch schlecht gewesen sein. Wäre jemand von der Zuflucht hier gewesen, sie hätten sicher nicht Marl würdevoll platziert, und sie liegen lassen. Dann erinnerte sich Ellenora an den Jungen. Der Junge der sie gerettet hatte. Aber natürlich, da war noch etwas. Kurz bevor sie in Ohnmacht gefallen war. Das Bild eines weißen Worgen schoss in ihr Gedächtnis zurück. Ein Worg, von dem sie geglaubt hatte er würde sie töten.
Dann gab es nur eine Lösung. Es mussten fremde auf ihren Kampf aufmerksam geworden sein. Diese hatten dann nach ihr gesucht, und den Toten, sowie den Worgen bei ihr vorgefunden. Den Worgen hatten sie wohl in die Flucht geschlagen, und um ihn nicht zu verlieren, direkt die Verfolgung angetreten. Warum sie dabei allerdings Zeit fanden, den Leichnam richtig hinzulegen, sie aber einfach liegen ließen, war ihr ein Rätsel. Wie dem auch sei, es musste wohl eine Sache von Sekunden gewesen sein.
Was zählte war, sie lebte. Alles andere musste sie für den Augenblick akzeptieren. Sicher würde früher oder später Licht in die Angelegenheit kommen. Sie stand auf, und ging langsam zu Marl hinüber. Er wirkte so friedlich. Andauernd erwartete sie er würde die Augen öffnen und sie ansehen. Schauder liefen ihr über den Rücken. Sie blieb weit genug entfernt stehen, um rechtzeitig reagieren zu können und stieß ihn mit der Stiefelspitze an der Schulter an. Nichts. Er war eindeutig tot. Diese Erkenntnis legte in Ellenoras Verstand einen Hebel um. In diesem Moment war für sie Marl wieder Marl. Und es lag kein Worg mehr vor ihr, sondern ihr alter Freund. Ein weiterer Namen auf ihrer List. Der Liste derer, welche die Worgen ihr genommen hatten. Ein weitere Namen, den es zu Rächen galt.
Sie stand über Marl, und auf ihren Backen zeichnete sich das Mahlen ihrer Kiefer ab. Ihre Fäuste ballten sich. Tränen stiegen in ihre Augen, schafften es jedoch nicht über das Lied, bevor sie sie störrisch wegblinzelte. Sie hatte genug Tränen vergossen. Das hatte sie damals im Wald beschlossen. Keine ihrer Träne würde sie mehr für ihre Freunde vergießen, einzig und allein Blut, Blut der Worgen würde als Wiedergutmachung den Boden tränken.
Dann wendete sie sich ab. Orientierte sich am Stand der Sonne, und schlug den Weg zurück ins Lager ein. Sie schaute nicht zurück.

Arled saß am Feuer mit Ragi, Vodan und Hun welche ihn alle anschauten, und offenkundig auf die Fortsetzung seines Berichts warteten.
„Du bist dir also sicher, dass sie den Worgen getötet hatte?“, hakte Ragi nach. „Und trotzdem hieltest du es für eine gute Idee dieses Mädchen zu retten?“
Als Arled nicht reagierte setzte er hinzu: „Also ich weis ja nicht wie du das siehst, aber ich wüsste da so ein paar gute Gründe, warum wir auf eine Worgentöterin verzichten könnten.“
„Aber sie hat sich doch nur verteidigt.“, setzte sich Hun für Arleds Entscheidung ein.
„Aber sie hat sich doch nur verteidigt.“, äffte Ragi Hun nach. „Es ist mir völlig egal. Ich mag einfach keine Messer in meiner Haut. Und wenn es der erste Worg war den sie je getötet hat, beim zweiten wird es nur umso leichter. Ich weis dein Hirn ist überf….“
„Wir halten uns einfach fern von den Menschen. Unsere Sinne sind gut genug ausgeprägt, um sie zu hören bevor sie uns hören. Sie zu sehen, bevor sie uns sehen. Und sollte das alles nicht reichen, dann können wir sie immer noch rechtzeitig riechen.“, unterbrach Arled Ragi, der gerade dabei war in eine Art Rage zu verfallen, wie sie Arled schon öfter beobachtet hatte, wenn Ragi und Hun Meinungsverschiedenheiten zu klären hatten.
„Ja aber…“, platzte Hun hervor, wurde aber durch einen tödlichen Blick von Seiten Ragis zum Schweigen gebracht. Arled beobachtete wie Hun mit Ragi einen Blick tauschte, dann schuldbewusst die Augen niederschlug und nickte.
„Das ist kein Problem. So machen wir es.“, nicht wahr Hun. „Gar kein Problem.“
„Ja, kein Problem.“, nickte der Hüne mit noch immer zu Boden gerichtetem Blick.
„Was ich noch immer nicht verstehe, sind die Erinnerungen des Mädchens.“, grübelte Arled, während er ins Feuer starrte. „Ich weis noch immer nicht wie ich das mit dem Heilen anstelle. Aber was ich bisher verstehe, ist das ich im Moment der Heilung eine Verbindung mit dem geheilten eingehe. Und dann kann ich einen Teil seiner Seele, seiner Vergangenheit, nennt es wie ihr wollt sehen. Ich glaube das funktioniert auch in die andere Richtung. Bin mir aber noch nicht vollends sicher. Aber was mich so verwirrt, ist was ich in den Gedanken des Mädchens sah. Sie hat großes Leid erfahren. Soviel steht fest. Ich weis nicht exakt was geschehen ist, aber es hatte mit Worgen zu tun.“
„Dann gibt es noch mehr von uns hier?“, Hun blickte verwirrt auf. „Aber wie kann das sein. Ich dachte wir waren die erste Worgen die durch den Wall kamen, nachdem er lückenhaft geworden ist.“
„Wie es scheint, waren hier schon länger Worgen. Aber ich weis auch nicht wo sie herkamen.“, Arled zuckte die Achseln.
„Nun ja. Ich hätte da vielleicht eine Erklärung.“, dröhnte Vodans Stimme unvermittelt.
Er packte seine Tasche, die er wie immer umgehängt trug, und nestelte an den Verschlüssen herum, die in seinen riesigen Händen winzig wirkten. Dann förderte er eines seiner Bücher zu tage, und begann zu blättern.
Hun regte den Hals, um einen Blick in das Buch zu erhaschen. Ragi beobachtete ihn dabei, und schüttelte nur resignierend den Kopf. Arled war gespannt. Was würde der Taure wohl über ihre Lage in seinen Büchern finden. Womöglich würde sich die Tasche ja doch als mehr, als unnützes Reisegepäck entpuppen.
„Also, hier müsste es irgendwo sein.“, mit seiner riesigen Zunge leckte sich Vodan über den Daumen seiner Hand und blätterte noch einige Seiten weiter. „Ah hier. Ihr müsst wissen, ich verfüge hier nicht über das gesamte Wissen, welches der irdene Ring zusammen getragen hat. Zum anderen handelt es sich hierbei um eine äußerst delikate Angelegenheit. Ginge es nach dem Willen der Druiden, hätte ich wahrscheinlich nicht einmal dieses bisschen. Aber ginge alles nach deren Willen, würden wir wahrscheinlich noch in Höhlen hausen, diese Baumschmuser.“, ein dickes Grinsen überzog bei diesen Worten Vodans Flotzmaul. Ein äußerst seltener Anblick.
„Was steht denn da nun?“, drängte Ragi.
„Immer mit der Ruhe. Eile mit Eile.“, dröhnte Vodan als Antwort. „Wo haben wir es doch gleich, ah hier: „…so entschlossen sie sich, in einem Refugium Schutz zu suchen. Einem Platz, der alle anderen, und auch sie schützen sollte. Bis sie eines Tages zurück gerufen würden, wenn ihre Hilfe unabdingbar wäre.“
Hun, Ragi und Arled schauten Vodan an und warteten.
Nicht geschah.
„War das alles?“, fragte Ragi gereizt.
Vodan blickte auf, und schien enttäuscht. Er hatte sich wohl mehr Begeisterung ob der paar Zeilen erwartet. „Sagt euch den der Name „Arugal“ etwas?“, beantwortete er daraufhin Ragis Frage, mit einer Gegenfrage.

…to be continued

Mit freundlichen Grüßen
Eure Evi
 
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