Kapitel 68

Evilslyn

Rare-Mob
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Das dichte Haar auf Vodans breitem Schädel stellte sich auf, als er die gewaltige Fläche seiner Stirn in überraschte Falten legte. Seine kleinen Augen blickten überrascht von Arled über Ragi zu Hun und wieder zu Arled. „Nicht?“, fragte er, und ließ geräuschvoll Luft durch seine breiten Nüstern entweichen, „ja was bringt man denn den Kindern heut zu Tage bei? Also dann will ich die Sache mal zusammenfassen.“
Dann begann er zu erzählen, und stürzte Arled, Ragi und Hun, die gebannt an seinen Lippen hingen in ein Abenteuer, voller Verzweiflung, Schrecken, aufkeimender Hoffnungen und Intrigen die jene wieder im Keim erstickten.
Arugals Geschichte, war die Geschichte eines Mannes. Eines Mannes, der es trotz bester Absichten mit traumwandlerischer Sicherheit schafft, sich in Situationen zu manövrieren, die alles nur immer schlimmer werden ließen. Viele Jahre hatte der Mann in Dalaran - der Hauptstadt für alle Magiebegabten – verbracht, und hatte es nach Jahren der Ausbildung auch zu einem angesehenen Rang, in den Reihen der Magier gebracht. Jahre vergingen, und denen der junge Arugal sein Leben in vollen Zügen genoss.
Er feierte lange und ausgiebig, trieb Schabernack, in dem er die Nutzungsmöglichkeiten neu erlernter Zauber austestete, oder wanderte einfach Stunden über die grünen Hügel des Hinterlandes. Die jungen Damen der Stadt hatten ohnehin eine Vorliebe für die Magierzunft – was zweifelsohne an den Möglichkeiten lag, jenen durch die Macht über das Arkane zur Verfügung stand lang – sei es in Alltags, oder in Liebesdingen. Doch wie bereits erwähnt, brachten all diese Vorzügen auch mindestens ebenso viele Probleme mit sich. Wahrscheinlich hätte es Arugal eines Tages seinen Kopf gekostet. War er doch nicht in der Lage Gelegenheiten ungenutzt verstreichen zu lassen. Doch dann kam der Krieg. Arugal, der das Leben stets als eine Art großes Spiel wahrgenommen hatte, zog auch in die Schlacht, träumte von Ruhm, und davon wie er jedwede Bedrohung seiner Heimat in kleine weg kehrbare Aschehäufchen verschmoren würde. Ein lachender Arugal zog aus, und kehrte nie zurück. Der Arugal der zurück kam, war ein anderer. Traurigkeit und Entsetzen hingen wie ein finsterer Schatten über seiner Seele. Sein Lachen war zu einem sarkastischen Grinsen geworden. Das Feuer seiner Augen zeugte von schwelendem Hass, und nicht mehr vom Schalk der in seinem Nacken saß. Er schwor sich Rache. Rache an all den Bestien und lebenden Toten.
Als sie im Feld die Nachricht erreicht hatte, das Lordaeron gefallen und König Terenas erschlagen war, hatte er insistiert sofort den Bürgern der Stadt zur Hilfe zu eilen, den Prinzen welcher angeblich mit einer verfluchten Klinge bewaffnet aus dem eisigen Norden zurück gekehrt war gefangen zu setzen und die Ordnung wieder herzustellen. Schließlich musste er sich jedoch den Befehlen seiner Vorgesetzten beugen. Zu gering waren ihre verbliebenen Truppen und zu groß die Zahl ihrer Verletzten.
Es war frustrierend und schockierend zu gleich. Egal wie viele Untote Arugal mit seinem Feuerverzehrte, egal wie viele stinkende Kadaver er mit seinen arkanen Geschossen in Stücke zerriss, es strömten immer neue nach. Doch damit nicht genug. Hatten sie zu beginn noch gegen namenlose Schrecken gekämpft, erlebten sie erst am zweiten Tag das volle Ausmaß des Entsetzens. Die Soldaten, welche am Vortag noch als Gefallene betrauert wurden, standen ihnen nun auf der Gegenseite gegenüber. Ihr Körper noch immer von Wunden übersäht, die keinerlei Heilung aufwiesen. Ihre Augen erfüllt vom unheilvollen Glühen, welches die Macht ihres neuen Meisters widerspiegelte. Es war ein Kampf gegen Windmühlen.
Zurück in Dalaran zog sich Arugal mehr und mehr zurück. Er hielt sich fast nur noch in seinem Studierzimmer auf, und verließ jenes nur für ausgiebige besuche der dalaranischen Bibliothek, der mit abstand größten Sammlung an Schriftstücken die in Azeroth existieren dürfte. Allein Medivhs Sammlung in Karazhan dürfte annähernd an die Fülle an Bücher heran reichen. Wobei Medivhs Sammlung nur aufgrund seiner dunklen Verbündeten so groß geworden sein dürfte. Und viel Werke umfasste, welche man in Dalaran umgehend vernichtet hätte.
Arugal wühlte sich durch die Seiten, offenbar besessen einen Ausweg zu finden. Bis er eines Tages verschwand. Es dauerte Wochen bis es jemand bemerkte, da er kaum noch Umgang mit seinen Mitmenschen pflegte. Anfangs glaubte man noch er habe sich per Portalzauber auf eine Reise gemacht, und würde sicher bald wiederkehren, doch Wochen vergingen und Arugal kehrte nicht zurück.
„Wie? Das wars? Er ging weg und kam nie wieder?! DAS ist deine Geschichte?“, Ragi polterte direkt in die Stille die nach Vodans letztem Satz entstanden war, während Arled und Hun ihn noch immer gebannt anstarrten und auf eine Fortsetzung warteten.
„Nein, “ Vodan schüttelte sein großes Haupt hin und her „dass war der bekannte Teil der Geschichte. Der Rest ist Lückenhaft. Aber ich will euch erzählen was ich weiß.“

„Nicht weit von Greymanewall entfernt, liegt die Burg Schattenfang, doch sie hieß sie nicht immer müsst ihr wissen. Früher war es das Anwesen des Baron Silberlein. Bei ihm fand Arugal mit ziemlicher Sicherheit Unterschlupf. Er musste in Dalaran auf irgendetwas gestoßen sein, worin seiner Meinung nach die Rettung für ganz Azeroths zu finden sei. Es ist nicht viel bekannt über seine Zeit dort, doch es ist bekannt was geschah, als er wieder auftauchte.
Arugal kam wieder, und nicht allein. Er hatte eine Armee gefunden, von der er glaubte sie würde die Wende bringen. Es war ein Heer aus Worgen.“
„Aus Worgen?!“, blaffte Ragi hervor.
„Wie wir?“, staunte Hun.
Arled sagte nichts. Er saß da, und langsam begann die Geschichte in seinem Kopf Form anzunehmen.
„Ja, Worgen so wie ihr. Nun ja, nicht genau so. Diese Worgen waren schon lange nicht mehr in Azeroth gesehen worden. Arugal musste sie mittels eines Portalzaubers in unsere Welt gebracht haben.“
Nun schaltete sich Arled doch in das Gespräch ein: „Lange nicht mehr?“ wiederholte er Vodans Satz.
„Ah, gut aufgepasst mein Junge.“, Vodan lächelte ihm mit einem zufriedenen Lächeln zu. „Hier scheiden sich die Geister. Es gibt so gut wie keinerlei Aufzeichnungen über die ursprüngliche Herkunft der Worgen. Und genau hier ist es auch wo wir auf meine Textstelle zu sprechen kommen.“ Vodan tätschelte mit seiner Rechten das Buch, welches er noch immer auf seinem Schoß hielt.
„Wie die Herkunft? Das ist ne Seuche! Ne miese Infektion, die irgendwann von diesen verlausten Wald und Wiesen Worgs ausging!“ schnaubte Ragi wütend.
„Das wäre schon möglich“, stimmte Vodan zu, „jedoch gibt es Grund zu der Annahme dass die Worgen auf ein viel früheres Ereignis zurück gehen. Der kurze Text, den ich euch zuvor vorlas, ist alles was der Irdene Ring bisher über die Vorgänge herausfinden konnte. Er stammt von einer Schrifttafel, welche von den Druiden des Bund des Cenarius unter Verschluss gehalten wird. Selbst dieser kleine Auszug war nur unter größten Gefahren in Erfahrung zu bringen.“
„Was haben denn nun die Baumschmuser damit zu tun?!“, Ragi brauste wieder zwischen Vodans Worte.
„Die „Baumschmuser“ wie du sie nennst, sind eins mit der Natur wie es selbst für uns Schamanen unerreichbar ist. Während wir uns die Elemente zum Untertan machen, machen sie sich die Elemente zu Freunden. Hast du schon mal einen Druiden versucht in einem Wald zu fangen, oder auch nur zu finden? Wenn sie es nicht selbst wollen, wirst du keinerlei Chance haben. Ihre Symbiose mit der Natur, befähigt sie zu außergewöhnlichen Leistungen. Sie vermögen es, ihre Form zu verändern, und so von den Fähigkeiten der Tiere zu profitieren. Sie können schnell sein wie Katzen, stark wie Bären. Manche können angeblich sogar fliegen. Du solltest es dir wirklich zwei Mal überlegen, wie du von ihnen sprichst. Vor allem hier draußen. Du kannst dir nie sicher sein, ob der Stein auf dem du sitzt, oder der Baum unter dem du Schatten suchst, nicht vielleicht gar kein Stein, oder Baum ist.“
Ragis Augen zogen sich zusammen, und er blickte sich beunruhigt um. Dann nahm er sein Messer aus dem Gürtel und stach in den Stein auf dem er saß. Knirschend rutschte die Klinge über das Gestein und hinterließ eine weise Kratzspur. „Das wäre schon mal geklärt. Ich will es auch keinem geraten haben hier zu lauschen! Habt ihr das Gehört?!“, hob Ragi seine Stimme, worüber ein Vogelschwarm seinen Unmut bekundete, als er in der Nähe mit lautstarkem Gezwitscher aus einer Baumkrone aufflog.
Vodan blickte abwertend auf das Messer in Ragis Hand, und schüttelte resignierend den Kopf.

„Wie dem auch sei“, griff er das Gespräch wieder auf, „halten es einige Ältesten des Irdenen Rings für mehr als wahrscheinlich, dass die Druiden etwas mit der Entstehung der Worgen zu tun hatten. Es gab Gerüchte das ein Zweig des Bundes des Cenarius einen Mondkult ins Leben riefen, der noch weit über die generelle Verehrung des Mondes, als einem Teil von zwei Hälften, hinaus ging. Was jedoch genau ihre Absichten waren; Wo genau sie operierten; und was das Ziel ihrer Studien war; ist nicht bekannt.“
„Was geschah mit den Worgen die Arugal folgten?“, wollte Arled wissen.
„Das mein Junge, ist es ja, was Arugal zu einer so tragischen Figur macht. Er glaubte die Rettung für Azeroth gefunden zu haben. Und zog mit seiner neuen Streitmacht gen Lordaeron. Anders jedoch als erwartet, schallten ihm keine Jubelhymnen entgegen. Angst und Misstrauen erfüllte die Herzen der Menschen beim Anblick der zweibeinigen Worgen. Sie schmähten ihn, und seine Gefolge. Wollte nichts mit ihm zu tun haben. Sie spürten offenbar die Gefahr, welche von diesen Wesen ausging und der gegen über Arugal so blind zu sein schien. Noch bevor sie Lordaeron erreichten, hintergingen die Worgen Arugal. Auf das Geheiß ihres Anführers, Gamrei löschten sie ein ganzes Dorf aus, und dass in einer ihrer ersten Nächte. Aber Arugal bemerkte nichts. Er zog mit seiner Streitmacht weiter und weiter ins Feindesland, und so kam es wie es kommen musste. Einige Lordaeron treue Soldaten schlossen sich Arugal schließlich doch an, und zogen vor die Tore der Stadt, in deren Gassen nur mehr die lebenden Toten wandelten. Es entbrannte eine große Schlacht, und für eine gewisse Zeit sah es tatsächlich so aus, als ob die Wildheit der Worgen, welche sie im Kampf entfesselten, die Waagschale zu Gunsten der Lebenden würde wenden können. Doch alles kam anders. Unvermittelt, fielen die Worgen auch über ihre menschlichen Verbündeten her. Es war ein fürchterliches Blutbad. Arugal, der nun die wahre Natur seiner „Verbündeten“ erkannte, tat alles was in seiner Macht stand die Worgen wieder unter Kontrolle zu bringen, doch vergebens. Als dies nicht klappte, beschwor er einen Portzauber, der ihn und alle jene in seiner Umgebung auf das Anwesen der Silberleins teleportierte. Dem Ort, den er für den Notfall als Rückzugsstelle gesichert hatte. Doch auch dort, erwartete ihn eine grausame Entdeckung. Die Bewohner des Silberleinanwesens waren ausnahmslos tot. So ist es zumindest überliefert. Seit jenem Tag gibt es das Silberleinanwesen nicht mehr. Nun ist kennt man den Ort nur noch als Burg Schattenfang. Noch heute soll Arugal in diesen Gemäuern wandeln. Tot, untot, oder als Geist ist mir nicht bekannt. Aber es gibt Geschichten, dass viele einige der Worgen zu ihm zurück kehrten nachdem Gamrei ein Ende gefunden hatte. Er nahm sie demzufolge auf, da er sich verantwortlich fühlte, für alles was nach seinem Eingriff in den Lauf der Geschehnisse statt gefunden hatte.“
„Armer Mann,“ seufzte Hun, „wirklich traurig.“
„Ach was, dass hätte er sich früher überlegen müssen. Wer mit dem Feuer spielt verbrennt sich nun eben. Idiotischer Magier.“, fuhr ihm Ragi über den Mund.
„Wie weit ist es von hier bis zu dieser Burg?“, äußerte Arled die Frage, während sein Blick bereits in die Richtung streifte in der die Burg gelegen sein musste.
„Circa eine Tagesreise zu Fuß würde ich sagen. Aber wir sollten uns dort fernhalten. Die Informationen die ich über Schattenfang habe, sind schon älter, aber ich halte für ausgesprochen wahrscheinlich das diese Bestien dort noch immer hausen.“, Vodan klang beunruhigt.
„Bestien? Und was sind wir dann Vodan?“, fragte ihn Arled und schaute ihm direkt in die Augen.
„Diese Worgen sind anders als ihr es seid. Sie sind verschlagen, und bösartig. Wenn nur die Hälfte der Geschichten stimmt die man sich erzählt, ist es der letzte Ort, den ich diesseits des Walls, besuchen möchte.“, Nervosität gab Vodans Stimme eine völlig ungewohnte Klangfarbe.
„Ich muss in diese Burg. Ihr könnt mich begleiten, was ich mir erhoffe. Doch ich akzeptiere auch wenn ihr von hier allein weiter ziehen wollte.“, Arleds Stimme ließ keinen Zweifel daran, dass er über diesen Punkt nicht diskutieren würde.
„Tja mein gehornter Freund. Sicher hast du in deinem Buch auch einen Eintrag darüber, dass es meist anders läuft als man es sich erhofft.“, grinste Ragi und gab Vodan einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter. Dann begann er seine Sachen zu packen.
 
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