Pre-Cataclysm: World of Warcraft aus meinen Augen

Khanor

Dungeon-Boss
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Ich las vorgestern einen Blog in dem der ungefähre Wortlaut "einen Tag vor 4.0" benutzt wurde. Ist es tatsächlich schon soweit? Sollte es nun soweit sein, dass "meine" alte Welt von Blizzard quasi zerbombt würde?

Der Gedanke beschäftigte mich, während ich kurze Zeit später das Bett aufsuchte. In mir kamen Wehmut und Bedauern auf, der Wunsch wie so oft im Spiel nach den mir gegebenen Waffen oder Zaubern zu greifen und gegen das aufziehende Unheil anzutreten. Auf Gedeih und verderb, keinen Schritt zurückweichend und sollte es auch meinen Tod fordern.

Doch da war nichts, keine Möglichkeit, kein Questgeber, keine dafür aufgewendeten Erfolgspunkte, weder ein vergessener noch ein neu hinzu gefügter Spielinhalt der es zumindest annähernd in Erwägung zog.

Das nennt man Realität.

Oder höhere Gewalt, wie man es nimmt.

Für mich selbst blieb nur Resignation.

Ich habe allzu oft angepriesen, dass in World of Warcraft eine zweite Realität Platz genommen hat, vom Handels- bis hin zum Berufssystem oder besonders dem Rollenspiel auf RP-Servern. Auch die verschiedenen Story-Lines bergen oftmals in sich einen kleinen, nahezu unscheinbaren oder gar überflüssigen Teil des "großen Ganzen" - so wie es beispielsweise mein eigenes Leben auch ist. Was ich tue oder unterlasse spielt auf den Lauf der Weltereignisse gesehen wahrscheinlich keinerlei Rolle - trotzdem liebe ich es und mache weiter.

Kann man es nicht auch einfach so in World of Warcraft sehen, wenn man es nur will? Solang es Spaß macht einfach an das Neue anpassen und schauen, wie man durch kommt, wie es weiter geht und es genießen?

Doch dann bekomme ich wieder Kleinigkeiten beim Überfliegen von einigen Blogs mit, die mich sehr traurig stimmen. Es ist schon lange alles anders - und das nicht nur von meinem Gefühl her, sondern tatsächlich - als es einmal war. Die Abenteuer sind zweitrangig für die meisten Spieler, es bleibt nur noch der Einzelspaß oder das Kräftemessen in Instanzen. Die Kombination aus beidem oder aber, so wie einst, das Gruppen- und Zusammenspiel, die teilweise wirklich ausgeklügelten Taktiken oder aber schlicht das gute Funktionieren einer Gruppe sogar in niedrigleveligen Instanzen (für die Unwissenden: früher ging es nicht nur um Schadens-Output, sondern um das Beherrschen aller Talente
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) oder der Forschungsdrang, das Entdecken der Welt und der Möglichkeiten, all das und mehr ist schon lang vergangen. In einzelnen schlummert das "Talent" dazu vielleicht noch, alles als etwas besonderes zu sehen und so zu spielen, als wär es gestern, doch schlichtweg fehlt dieser Zauber weitestgehend.

Es wird alles umgeworfen, was einmal da gewesen war. Die Frage nach dem "warum" drängt sich auf, denn es hat ja funktioniert - und lange Jahre sogar sehr gut. Muss man auf diese Weise mit der Zeit gehen um die Spieler bei Laune zu halten oder wäre nicht doch ein anderer Weg möglich gewesen? Wie beispielsweise der Todesritter, der es Spielern ermöglichte auf die langatmigen Level von 1 bis 54 zu verzichten und gleich bei 55 einzusteigen. Sicher, das hat mich persönlich doch alles andere als begeistert, bin ich doch eher der Meinung "ganz oder gar nicht", aber wenn das nunmal nur die Möglichkeit war die Attraktivität für andere Spielertypen zu wahren - bitte.

Doch von Zeit zu Zeit gab es weitere Änderungen, sowohl vor als auch nach dem Todesritter. Verkürzung der Level, erleichtern vieler schwerer Questgebiete, Umtrimmung aller Klassen auf maximale Schadensverteilung, die neu implementierten Instanzen erforderten nur noch minimales taktisches Gefühl, erst die Abstufung der Reittalente auf Level 30, dann auf Level 20 für das erste, 40 für das zweite und das Flugtalent sogar schon ab Level 60.

Ich will mich nicht gegen alles stellen, doch stellt sich mir stets die Frage, wo denn das Gefühl dafür bleibt im Spiel wirklich etwas geleistet zu haben, die Herausforderungen gemeistert zu haben, wenn man es nach ein oder zwei Charakteren nicht mehr aushalten kann und sich nur noch nach dem schnellen Level 80/85 sehnt und all diese Änderungen einfach so annimmt und für gut befindet. Wo bleibt die Vielseitigkeit des Spiels, wenn lediglich der Content an Instanzen regelmäßig erweitert wird und neue tägliche Questgebiete für noch mehr Instanzen und Fraktionen gepflegt und erweitert wird, die anderen Spielinteressen aber vernachlässigt und als unwichtig unter den Tisch gekehrt werden?

Die bekannten Gebiete werden verändert und bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt. Lang geliebte Questreihen entfernt und/oder durch leichtere erstetz. Spielinhalte, die für den einen essentiell waren wird es schlicht nicht mehr geben. Die Ruhe in den Östlichen Königreichen und auf Kalimdor wird einfach der Moderne angepasst gestört und nur noch auf diejenigen zugeschnitten, die stets das neue suchen. Sicher, man darf nicht nur an altem festhalten und auch konservative Spieler müssen sich auf neue Inhalte einstellen, keine Frage. Doch kann man nicht genauso von den anderen Spielern erwarten sich auf altbewehrtes einzurichten? Ich erinnere mich gut, dass es mit der Einführung der ersten Flugreittiere für die niedriger im Level stehenden Charaktere schwer wurde vernünftig dem Kräuterkunde- oder Bergbauhandwerk nachzugehen, da die Spieler mit den Flugmöglichkeiten punktgenau landen konnten und ihnen das heiß ersehnte Jagdgut vor der Nase wegschnappen konnten. In der alten Welt war es schon schwer genug mit dem langsamen Reittier vor einem anderen Spieler an ein Erzvorkommen zu gelangen - wie wird das erst, wenn nun die geflügelten Gefährten auch jenseits von Scherbenwelt und Nordend einzug halten?

Doch auch abseits dieser Befürchtungen und Problematik bleiben noch Fragen offen, zum Beispiel wieso es regelmäßig nötig ist Inhalte zu entfernen. Wenn ich mich recht erinnere gab es einst einen Reitbären in Zul Aman für Auserwählte zu ergattern, der jedoch vor der Veröffentlichung von Wrath of the Lich King entfernt wurde, weil es in späteren Zeiten ähnliche Bären zu kaufen gab. Der blaue Protodrache konnte im Sholazarbecken aus Eiern gebrütet werden, wenn auch mit geringer Chance - nach einem halben Jahr wurde dies schlicht heraus genommen. Die Questreihen für das Level 60 Reittier von Paladinen und Hexenmeistern wurden einfach aus dem Spiel entfernt, weil sie zeitlich nicht mehr angemessen waren - dabei bekommen diejenigen, die sich damals noch kräftig dafür eingesetzt haben (finanziell und ausdauernd) noch immer leuchtende Augen, wenn sie davon erzählen oder ihr Tier mit Stolz präsentieren. Was ist mit dem Reittier aus Stratholme geworden, das dort einstmals beim letzten Boss als Kampfeslohn verteilt wurde? Ich bin traurig über die Entwicklung, dass es beispielsweise Zul'Gurub nicht mehr geben wird. Ich selbst konnte leider nur zwei mal dort mit einem zeitlich nicht ganz angemessenen Raid vorbei schauen, doch sogar mit 15 Personen um Level 80 und fünf weiteren darunter gab es gewaltig auf die Mütze, weil wirklich Taktik, Timing und vor allem Teamplay gefordert war, wo heute in Instanzen das Höchstmaß an Taktik darauf besteht im rechten Moment die Position zu wechseln oder den Schaden kurzzeitig einzustellen. Wisst ihr noch, wie schwer es die Krieger damals hatten einen Gegner oder gar eine ganze Gruppe davon an sich zu binden? Heute heißt es dagegen einfach nur "jetzt abspotten", der Boss lässt vom einen Ziel ab und greift sich ein anderes ohne große Probleme.

Nun gut, an dieser Stelle wollen wir einmal damit aufhören, denn Fazit des ganzen soll wohl schlicht sein: Wer keine Lust dazu hat soll es schlicht sein lassen, das ist das einzig gesunde und ratsame. Vielleicht ist auch genau diese Einstellung der Grund dazu, warum ich nie auf die Idee kommen würde meine Spielesammlung von Nintendo aufzulösen, denn wenn mir ein Spiel so sehr gefällt kann ich es jederzeit einfach einlegen und losspielen, es wird sich nichts verändern. Der Dauerspielspaß hängt jedoch davon ab wie sehr man sich mit dem ewig gleichen auseinander setzen will.

Das wiederum begründet wohl meine zweieinhalbjährige Aktivzeit in World of Warcraft. "Am Ende" angelangt konnte ich erneut beginnen, da die Anfänge schon Monate zurück lagen. Zwischenzeitlich wurden vielleicht Einzelheiten im Spiel geändert, die aber irgendwie verschmerzbar waren und um mir selbst eine neue Herausforderung zu stellen wechselte ich die Rasse, die Klasse, die Berufe und suchte mir neue Questgebiete aus, die ich noch nicht gesehen hatte - oder irgendwann wieder die, die ich schon so lang nicht mehr gesehen hatte.

Doch durch diesen Patch, das kommende Addon und weitere Aktualisierungen wird mir leider etwas genommen. Schlicht die Möglichkeit mich wieder an altbekanntem zu erfreuen, so wie es mich einmal begeistert hat. All das bleibt Erinnerung und schlicht nur noch Erinnerung. Doch woran liegt es, dass alte Spiele noch 10 bis 20 Jahre nach ihrer Veröffentlichung immer wieder in den Läden aufgefüllt werden und Absatz finden? Vielleicht daran, weil ich nicht der einzige bin mit der Meinung, dass Spiele schlicht Spiele sein sollten und man fertige Dinge nicht mehr ändern sollte.

Wenn ein Tischler einen Stuhl verkauft hat fährt er nicht jedes Jahr zu seinem Kunden und baut eine zusätzliche Platte an oder sägt ein Loch hinein. Der Tischler fragt den Kunden eher, ob er nicht vielleicht noch einen Beistelltisch oder eine Sitzgruppe haben möchte, die dazu passt. Versteht ihr, worauf ich hinaus will?

Yvonne fragte mich vorhin, warum ich denn die ganzen WoW-Patches herunterladen würde, ob ich wieder spielen wollen würde. Nun, klar, das ist kein Geheimnis. Der Grund dafür, warum ich es nicht schon vor vielen Monaten getan habe ist einfach die Angst mit dem, was ich nun dort erleben würde, meine schönen Erinnerungen zu zerstören bzw. zerstört zu bekommen. Ja, ich werde mal wieder spielen. Cataclysm ist schon seit vielen Monaten vorbestellt - aber ich weiß weder wann noch wie lang. Vielleicht einfach nur um noch einmal Abschied zu nehmen, vielleicht um wieder Twink für Twink auf Level 60 oder höher zu bringen, vielleicht um noch einmal ganz neu zu beginnen. All das wird man sehen, wenn es soweit ist.

Doch ist es wirklich nur noch ein Spiel um das es hier geht? Wie seht ihr das? Wenn ich mich hier in Blogs und Kommentaren umsehe kommt es mir so vor, als wäre ich der einzige Mensch, der es so sieht. Bei den wenigsten lese ich Wehmut, die aber schnell vergessen und vollkommen verdrängt scheint, bei allen anderen scheint pure Euphorie für das neue da zu sein: die neuen Items, die neuen Tiere, neu hier, neu da... und ich frage mich stets ob denn niemand Spaß an den Dingen hat, die er jetzt besitzt oder die er einmal besessen hat, erlebt und erlebt hat, entdeckt und entdeckt hat, ob all das gewesene nichts mehr bedeutet.

Wie gesagt, mit der Zeit gehen ist wichtig. Doch um welchen Preis?



Inspiriert wurde dieser Blog von Das Sebastian, der es mit seinem allerersten Blog gleich zu dem gebracht hat, was andere seit Monaten versuchen - den beliebtesten Blog der Woche zu erlangen. Meinen Glückwunsch dazu, guter Mann.

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Eigentlich wollte ich in meinem "Konter"-Blog viele meiner alten und schönen Erinnerungen an und mit World of Warcraft auspacken, kleine Anekdoten erzählen und versuchen ein Stück des Zaubers an euch weiter zu geben, den besonders meine Wege bis Level 60 noch immer in mir auslösen. Dazu begann ich viele meiner gut sortierten Screenshots zu sichten, kam jedoch gar nicht bis zu meinem ersten halben Jahr (Ende 06, Anfang 07), bevor ich zur Hochschule aufbrechen musste. Eiligst verschickte ich die Bilder an mein NEtbook um auf der Busfahrt mit dem Schreiben beginnen zu können, doch das morgendliche trübe Schwarzgrau und die aufkeimende Übelkeit bei den Fahrkünsten hessischer Busfahrer lenkten meine Stimmung wohl etwas um.

So schnell kanns gehen
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Wir sind mal wieder der gleichen Meinung =) du schreibst es nur besser bzw.schneller als ich. Ich denk mir das meistens nur.^^
Jaa...was ich von den Neuerungen halte...ich weiss es noch nicht. Jedenfalls hab ich (noch ) nicht dieses "Muss-ich-unbedingt-sehen-Gefühl", wie es das erste Mal oder zu dann BC-Beginn bei mir war.
Irgendwie kann ich mir auch nicht vorstellen, dass es besser wird, es spielen ja höchstwahrscheinlich immer noch die gleichen Leute mit, die mir jetzt schon auf die Nerven gehen. *g* Anschauen werd ich mirs schonmal, aber ob ich so viel Spass dran haben werd wie zu anfang, ist fraglich.
 
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